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Benutzername: 
wordfflow
Wohnort: 
Hannover

Bewertungen

Insgesamt 34 Bewertungen
Bewertung vom 02.07.2024
Insight - Dein Leben gehört mir
Wesseling, Antonia

Insight - Dein Leben gehört mir


ausgezeichnet

Spannende Mischung mit Stalking Thematik

“Insight - Dein Leben gehört mir” von Antonia Wesseling ist ein Romantic Suspense Thriller, der von der Influencerin Valerie Sophie handelt, welche von einer unbekannten Person gestalkt wird. Sie wendet sich an die Polizei, die ihr weder helfen kann noch möchte, allerdings begegnet sie dort einem früheren Bekannten, Paul, der jetzt selber Polizist ist und ihr Unterstützung anbietet. Mit zunehmender Handlung spitzt sich die Situation immer weiter zu und auch die Emotionen zwischen den Protagonist*innen kochen dabei möglicherweise hoch.

Die Dynamik und Spannung in dem Buch, sowohl durch die Handlung als auch durch die Charaktere, fand ich sehr gelungen. Ich hatte die ganze Zeit das Bedürfnis weiterzulesen, da immer etwas passiert ist und ich schnell eine Bindung zu Valerie hatte und mit ihr mitfiebern konnte. Und auch die immer wieder eingestreuten gesellschaftskritischen Aspekte fand ich sehr gelungen und konnten mich abholen.

Valerie ist eine sehr nahbare Protagonistin, die schon sehr genau weiß, was sie will und für ihre Überzeugungen einsteht. Sie kommt aus problematischen Verhältnissen, hat es aber geschafft, ihre Marke als Influencerin aufzubauen und dem zu entkommen. Allerdings hält sie ihre Vergangenheit aus der Öffentlichkeit fern, was ihr zunehmend zum Verhängnis wird.
Paul ist ein sympathischer Charakter, der von Beginn an hinter Valerie steht und sie bedingungslos unterstützt, während seine Kolleg*innen ihr keinen Glauben schenken oder sogar Valerie selbst für ihren Stalker verantwortlich machen. Trotz der belastenden Situation von außen konnte ich die Verbindung der beiden gut nachempfinden und fand den respektvollen Umgang schön mitzuerleben.

Die unbekannte Bedrohung lädt dazu ein, Vermutungen aufzustellen, die in meinem Fall von Kapitel zu Kapitel gewechselt haben, da Antonia Wesseling gekonnt verschiedene Fährten ausgelegt hat und mich damit ganz schön an der Nase herumgeführt hat. Auch das hat natürlich zu der Spannung und dem Drang, weiterlesen zu müssen, beigetragen.

Die Auflösung war dadurch durchaus überraschend, aber nicht unbedingt schockierend, allerdings hat Wesseling auch hier wieder als Besonderheit ein zweites Endes eingebaut, das mich dann wirklich sprachlos und nachdenklich gemacht hat.

“Insight - Dein Leben gehört mir” ist ein durchweg gelungener Roman, der mich begeistern konnte und den ich gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 01.07.2024
Desert Prince
Zwetsch, Lilly C.

Desert Prince


sehr gut

Spannende Ergänzung abseits des Piratensettings

“Desert Prince” von Lilly C. Zwetsch ist eine Novelle im Universum der "Warrior of the Sea”-Trilogie und kann nach Band 2 der Reihe gelesen werden. Es handelt sich um eine Shifter-Romance mit einer guten Portion Spice.

Wir begleiten Asher, den wir in The Rivals Race kennenlernen und welcher sich zum Ende der Handlung von der Piratencrew lösen musste. Nun jagt er seinen inneren Dämonen nach, um einen Schwur zu begleichen, den er vor Ewigkeiten abgelegt hat. Auf seinem Weg lernt er Kitara kennen, die ihn fasziniert, aber auf keinen Fall sein Geheimnis erfahren darf.

Mir hat sehr gefallen, dass wir Asher in dieser Kurzgeschichte nochmal besser kennenlernen und seiner Geschichte der Raum gegeben wird, ausführlich erzählt zu werden. Ich hatte ihn schon in The Rivals Race lieb gewonnen und seine kriegerische Art, vor allem aber sein ehrenhafter Charakter und Gerechtigkeitssinn haben dies nur bestärkt.
Kitara finde ich ebenfalls einen sehr liebenswerten Charakter. Die beiden ergänzen sich gut und auch wenn es nicht von Anfang an harmonisch mit ihnen läuft, spürt man die Verbindung und den gegenseitigen Respekt der beiden sofort.

Ich mochte die Geschichte sehr und fand sie definitiv bereichernd für die gesamte Reihe, auch wenn sie nicht unbedingt für die Handlung in Band 3 notwendig zu kennen ist. Die Länge mit ca. 150 Seiten war auch angenehm und hat insgesamt gut gepasst. Von mir mit 4,5 Sternen eine klare Empfehlung!

Bewertung vom 21.06.2024
Forgotten Garden
Gosling, Sharon

Forgotten Garden


ausgezeichnet

Herzerwärmende Geschichte über die Kraft der Gemeinschaft

“Forgotten Garden” von Sharon Gosling ist ein Roman über eine Gartenarchitektin, die nach einem tragischen Verlust ihre Träume aus den Augen verloren hat und jetzt mit einem gemeinnützigen Gartenprojekt die Möglichkeit hat, diese wiederzufinden. Es ist eine hoffnungsvolle, herzerwärmende und liebevolle Geschichte, die zeigt, dass Gemeinschaft so viel Schlechtes überwinden und Gutes daraus hervorbringen kann.

Neben der Protagonistin Luisa haben wir viele größere und kleine Nebenfiguren, die mir ebenfalls sehr ans Herz gewachsen sind. Cas, Lehrer in dem Ort an der englischen Küste, in dem die Geschichte spielt, der sich seit jeher für die Kinder und Jugendlichen einsetzt und einen gemeinnützigen Boxclub führt. Harper, Schülerin, deren familiäre Situation schwierig ist, die sich um ihren jüngeren Bruder Max kümmert und in der so viel mehr steckt, als man im ersten Moment meinen könnte. Und Max mit seinem eigenen Kopf und seiner Liebe zu Pflanzen, deren Gesellschaft er menschlicher vorzieht. Alle anderen Personen dürft ihr gerne selber kennen und lieben lernen.

Das Buch hat mir unglaublich gut gefallen, nicht zuletzt, da es eines meiner elementaren Interessen abbildet. Die planerischen Prozesse, die Umsetzung dieser und die Beschreibungen und Entwicklung des Garten haben mich angesprochen und inspiriert. Ebenso wie die verschiedenen Charaktere, die so herzlich sind und großes Identifikationspotential bieten.

Der flüssige Schreibstil hat mir gut gefallen und mich regelrecht durch die Seiten fliegen lassen. Neben Luisas Perspektive haben wir auch immer mal wieder aus Harpers und Cas’ Sicht gelesen, was mir ebenfalls sehr zugesagt hat, da man so auch zu ihnen eine engere Bindung aufbauen konnte.

Die Handlung an sich ist eher ruhig, allerdings gibt es auch eine Bedrohung, die durchaus Spannung aufkommen lässt und zu einem Wendepunkt in der Geschichte führt, der Entwicklungspotential für die Charaktere mit sich bringt.

Insgesamt kann ich das Buch jetzt wirklich jedem ans Herz legen, der nach einer herzerwärmenden Geschichte sucht oder Interesse an Gartengestaltung und/oder Gemeinschaftsprojekten hat.

Bewertung vom 19.06.2024
The Rivals Race
Zwetsch, Lilly C.

The Rivals Race


ausgezeichnet

Unvorhersehbare Wendungen


“The Rivals Race” ist der zweite Band der Warrior of the Sea Trilogie von Lilly C. Zwetsch im Selfpublishing und schließt mit einem kleinen Zeitsprung an die Geschehnisse von Tide Horn‘s Call an.

Nachdem Scarlett und ein Teil ihrer Crew in die Verbannung geschickt wurden, schlägt sich Scarlett im wahrsten Sinne als Arenakämpferin durch. Von ihrem eigenen Versagen beschämt und ihrer Berufung als Piratin beraubt, gibt es nichts mehr, was sie am Leben hält, bis sie von einem Wettkampf hört, den ihr ehemaliger Piratenkönig abhält, um die fähigste Crew für einen Spezialauftrag zu rekrutieren. In der Hoffnung, wieder als Piratin anerkannt zu werden, schart sich ihre Crew wieder um Scarlett und sie lassen sich auf die Herausforderung ein.
Dass dort aber nichts mehr so ist, wie es mal war, wird Scarlett dann schnell bemerken und muss sich wieder ganz neuen Gefahren stellen, die sie an die Grenzen ihres Glaubens treiben.

Der Schreibstil ist wie in Band 1 wieder perfekt an das Piratensetting angepasst und hat mich in seiner Derbheit und Schlagfertigkeit immer wieder schmunzeln lassen. Allerdings konnte mich The Rivals Race noch mehr fesseln und begeistern als sein Vorgänger und besonders das Ende hat es wirklich in sich. Mit einer solchen Wendung und Plot Twists habe ich nicht gerechnet. Durch die Elemente ließe sich die Geschichte meiner Meinung nach schon als Horror-Subgenre einordnen. Lilly C. Zwetsch schafft es doch immer wieder, Grauen und Schrecken in mir hervorzurufen.

Die Handlung war durchgehend spannend, geprägt von Kämpfen, Rivalitäten und ein klein bisschen Romantik inklusive Spice, und gerade zum Ende musste ich das Buch zwischendurch nur mal aus der Hand legen, um die ganzen Geschehnisse zu verarbeiten.

Die Charakterentwicklung Scarletts, welche unter anderem durch den Einbau eines dezenten Romance Subplots symbolisiert wird, hat mir sehr gefallen, besonders, da ich die für meinem Geschmack unzureichende Ausarbeitung ihrer Hintergründe in Band 1 noch als kleinen Kritikpunkt angemerkt habe. Im zweiten Teil konnte ich ihr Handeln nun besser nachvollziehen, was auch mehr Identifikation, trotz nach wie vor großer persönlicher Unterschiede, ermöglicht hat.

Zusammenfassend eine rundum gelungene Fortsetzung, die so viele verschiedene Emotionen in mir ausgelöst hat, dass meine Erwartungen nochmal übertroffen wurden. Eine große Empfehlung von mir. Ich warte nach dem fiesen Cliffhanger sehnsüchtig auf den dritten Teil.

Bewertung vom 19.06.2024
Das Ende der Erschöpfung
Mau, Katharina

Das Ende der Erschöpfung


ausgezeichnet

Eine wirtschaftspolitisch gerechte(re) Perspektive

In “Das Ende der Erschöpfung” setzt sich Katharina Mau kritisch mit der globalen wirtschaftlichen Lage auseinander, welche grundlegend auf stetiges Wachstum ausgelegt ist, und beleuchtet dabei ausführlich die daraus resultierenden Probleme Klimakrise sowie soziale Ungerechtigkeit. Dabei differenziert sie die Einflüsse auf den Klimawandel durch den Globalen Norden und Süden, da hier ein starkes Ungleichgewicht herrscht und auch in der Konsequenz immer größere Ungerechtigkeiten abzusehen sind. Während der Globale Norden durch Überkonsum überproportional stark für den Klimawandel verantwortlich ist, ist der Globale Süden überproportional stark von den Folgen des Klimawandels betroffen.

Dass die Menschheit global betrachtet in der Form und dem Ausmaß nicht weiter wirtschaften kann, belegt die Autorin in ihrem Buch und macht deutlich, wie wichtig eine grundlegende wirtschaftspolitische Veränderung ist. Lösungsvorschläge macht Mau mit dem Degrowth-Konzept, welches die menschlichen Bedürfnisse, statt einem kontinuierlichen Wirtschaftswachstum, in den Mittelpunkt stellt und dabei auch Themen wie Umwelt und Klima mitberücksichtigt. Denn Klimakrise und soziale Ungerechtigkeit bedingen sich gegenseitig und sind längst keine Frage mehr nach moralischen Maßstäben, sondern eine Notwendigkeit, die global betrachtet möglichst schnell umgesetzt werden muss.

Da ich zu Wirtschaftswissenschaften oder -theorien bisher keinen tieferen Bezug hatte, hatte ich zunächst großen Respekt davor, das Buch zu lesen. Katharina Mau konnte mich aber durch ihren zugänglichen Stil und kleinere Exkurse in die Thematik Wirtschaft von Beginn an abholen. Sie erklärt den Ist-Zustand, der an vielen Stellen berechtigterweise kritisiert wird und zeigt dann Lösungsvorschläge für eine gerechtere Welt auf, die, wie sie selber auch eingesteht, nicht immer bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und genau so umsetzbar sein müssen. Das wäre im Rahmen des Buches auch nicht möglich gewesen und ist Aufgabe der Politik. Dabei führt sie Vorschläge an, die in ähnlicher Weise bereits erfolgreich umgesetzt worden sind. Bei anderen bemerkt sie, dass diese Vorschläge durchaus als “radikal” wahrgenommen werden könnten, da sie das uns Bekannte übersteigen. Ich persönlich habe das beim Lesen gar nicht so empfunden. Vielleicht weil Katharina Mau ihre Argumentation so schlüssig mit Fakten und Modellen untermauert hat, vielleicht, weil ich selber gerne auf der Suche nach unkonventionellen Methoden bin, wenn ich vor scheinbar unlösbaren Aufgaben stehe. Auch bezogen auf unsere Gesellschaft habe ich schon über ähnliche Maßnahmen philosophiert, ohne das Wort Degrowth gekannt zu haben. Für mich haben sich diese möglichen Perspektiven wie eine Erlösung oder Befreiung von all der vorherrschenden Ungerechtigkeit angefühlt.

Somit möchte ich das Buch aus tiefstem Herzen weiterempfehlen. Es ist ein wichtiges und inspirierendes Werk, das eine Perspektive aufzeigt, die mir Hoffnung für unsere Zukunft gibt. Durch den Klimawandel ist es dringend notwendig, sich über alternative Wirtschaftsformen Gedanken zu machen, die Klima- und soziale Gerechtigkeit einbeziehen, und diese schnellstens umzusetzen. Mau zeigt, dass Degrowth durchaus umsetzbar wäre, auch wenn Details noch geklärt und an einigen Stellen mehr Forschung passieren muss. Weshalb es wichtig ist, mehr Aufmerksamkeit und Sensibilität für die Thematik zu bekommen. Denn je mehr Zeit wir weiterhin verstreichen lassen, desto mehr Kipppunkte überschreiten wir, wodurch ein gutes Leben nicht mehr möglich wäre.

Bewertung vom 19.06.2024
Anna O.
Blake, Matthew

Anna O.


gut

Verschenktes Potential

“Anna O.” von Matthew Blake ist ein psychologischer Thriller, der sich mit dem Schlafwandeln, insbesondere von verübten Morden währenddessen, und dem Resignationssyndrom auseinandersetzt.

Anna O. soll vor vier Jahren im Schlaf einen Doppelmord an ihren beiden besten Freund*innen verübt haben. Seitdem schläft sie ohne Unterbrechung. Ihr Fall und ihre (Un-) Schuld werden seitdem medial diskutiert und spalten die Gesellschaft. Um jetzt ein juristisches Verfahren anstreben zu können, wird Anna in die Obhut des Schlafwissenschaftlers und forensischen Psychologen Dr. Benedict Prince gegeben, der einen neuen Ansatz zur Behandlung von Patienten mit Resignationssyndrom entwickelt hat. Ob es ihm gelingen wird, Anna wieder aufzuwecken und ist sie tatsächlich schuldig?

Meine Erwartungen an die Geschichte waren für mich aufgrund der Thematik schon sehr groß. Ich finde es super interessant, psychologischen und moralischen Fragestellungen nachzugehen und dahingehend war der Fall von Anna O. vielversprechend.
Leider hat sich die Geschichte für meinen Geschmack etwas zu langsam aufgebaut, sodass ich erst die ungefähr letzten 150 Seiten mit Spannung verfolgt habe. Die Moral des Falls und des Verbrechens im Schlaf, die mich von Anfang an neugierig gemacht hat, wurden in meinen Augen zu oberflächlich behandelt und die juristischen Fragen sind mir ebenfalls zu kurz gekommen und wurden zu einfach, wenn auch nachvollziehbar, gelöst.
Gedankengänge und Rückschlüsse auf den Tathergang waren mir häufig zu einfach und kurz gedacht, sodass diese nicht nachvollziehbar waren. Es wirkte, als würde der Autor Argumente suchen, die seine Figuren in die richtige Richtung lenken und dabei zum Teil absurde Erklärungen geben.

Der Schreibstil hat mir grundsätzlich gut gefallen, allerdings gibt es verschiedene Darstellungen, wie psychologische Berichte und Tagebucheinträge, die sich darin nicht unterschieden und somit auf mich nicht authentisch gewirkt haben.

Das Ende konnte mich dann abholen. Es wurden bis zum Schluss Geheimnisse bewahrt und eine unterschwellige, immer größer werdende Bedrohung hat mich die Geschichte dann bis in die Nacht zu Ende lesen lassen. Es wurden durchaus verschiedene Finten gelegt, die mich zwischendurch alle möglichen Personen verdächtigen lassen haben, aber ich muss auch sagen, dass ich den Plottwist schon erahnt habe und mir so der Schock- und Überraschungsmoment zum Schluss fehlte.

Insgesamt hat mir der Thriller gut gefallen, auch wenn er in meinen Augen einiges an Potential verschenkt hat. Wer sich grundsätzlich für die Thematik Verbrechen im Schlaf interessiert, sollte sich das Buch auf jeden Fall genauer anschauen. Lediglich meine Interessenschwerpunkte wurden nicht gänzlich getroffen, sodass ich “Anna O.” persönlich mit 3,5 Sternen bewerte.

Bewertung vom 04.06.2024
Die Kinder der Gaia
Ernst, Anahit

Die Kinder der Gaia


sehr gut

Fesselnde Liebesgeschichte in brutalem Setting

“Die Kinder der Gaia” von Anahit Ernst ist eine queere Enemies-to-Lovers Romance, die im Setting des Zweiten Weltkriegs spielt. Dabei ist die Geschichte rund um die Protagonisten Friedrich und Rick fiktiv. Die beiden sind Soldaten verfeindeter Nationen und bringen ihre eigenen Werte und Geschichten mit. Es entwickelt sich eine spannende, packende, zum Teil auch harte Story, an der ich ein wenig zu knabbern hatte.

Der Schreibstil der Autorin ist trotz der Zeit, in der das Buch spielt, modern, flüssig und ich konnte die Bandbreite an Emotionen gut nachfühlen. Einzig bei der Nutzung der Kraftausdrücke musste ich zum Teil echt schlucken, auch wenn ich sie als passend zu der Geschichte empfunden habe, da es die Brutalität der Zeit symbolisiert. Dies zeigt sich natürlich auch in den vielen Kriegsszenen und zum Teil in dem Umgang innerhalb der Kompanie. Der Aspekt Krieg ist die ganze Zeit über sehr präsent - zerstörerisch, grausam und brutal - und ermöglicht durch die Emotionalität tiefe, zum Teil schwer verdauliche Einblicke. Besonders angesichts aktueller Konflikte hat mich das Buch doch nachdenklich gemacht.

Die Liebesgeschichte ist dazu ein schöner Ausgleich gewesen und wurde authentisch in das Setting eingearbeitet, da sich die Ereignisse um Friedrich und Rick herum, wie auch veraltete Ansichten bezüglich Queerness, auch auf das Zwischenmenschliche auswirken. Trotzdem erlebt man mit den beiden eine Charakterentwicklung, die ich gerne verfolgt habe. Insgesamt konnte ich beide Protagonisten schnell in mein Herz schließen.

“Die Kinder der Gaia” hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen und auch immer noch nicht wieder losgelassen. Besonders der Spagat zwischen der Liebesgeschichte und der harten Realität des Krieges ist in meinen Augen gut gelungen. Trotzdem zeigt die Geschichte dadurch auch eine sehr menschliche Seite des Krieges und dass Liebe Hass und Feindschaft überwinden kann. Mit dieser hoffnungsvollen Erkenntnis möchte ich das Buch nochmal ausdrücklich empfehlen, wenn die emotionalen Kapazitäten es zulassen, die schwere Thematik zu verarbeiten.

4,5 Sterne

Bewertung vom 20.05.2024
Das Gegenteil von Erfolg
Thomas, Eleanor Elliott

Das Gegenteil von Erfolg


gut

Anders als erwartet

“Das Gegenteil von Erfolg” von Eleanor Elliott Thomas erzählt die Geschichte von Lorrie und wie ihr Leben innerhalb eines Tages komplett aus dem Ruder zu geraten droht. Lorrie ist glücklich verheiratet, zweifache Mutter, arbeitet bei der Stadtverwaltung und soll nun das Projekt vorstellen, an dem sie monatelang gearbeitet hat. Nachdem sie eine Beförderung nicht erhält, erleidet sie einen Nervenzusammenbruch, der im Laufe der Geschichte und in Kombination mit Alkohol in einer Katastrophe endet, die ich nicht kommen gesehen habe.

Der Schreibstil der Autorin hat mir grundsätzlich gut gefallen, auch wenn die Erzählweise recht langsam und beschreibend ist. Dies muss man definitiv mögen. Außerdem lesen wir abwechselnd aus Lorries und Alex’ Perspektive, Lorries bester Freundin. Dadurch habe ich beim Lesen sehr lange auf den eigentlichen Hauptteil der Geschichte warten müssen.

Was mir sehr gut gefallen hat, sind Themen wie Feminismus, Klimakrise und Umwelt- und Naturschutz, Aktivismus, Freundschaft und die Frage, wie viel ein Mensch, insbesondere eine Frau, in unserer Gesellschaft leisten muss, um wertgeschätzt und anerkannt zu werden.

Das Buch hatte für mich durch die Grundthematik ein großes Highlight-Potenzial, welches es für meinen Geschmack durch die Umsetzung leider nicht voll ausschöpfen konnte. Zum Ende hin steigert sich die Geschichte in eine Folge absurdester Ereignisse, die ich leider weder unterhaltsam noch glaubwürdig fand. Auch die Handlungen der Protagonistin waren für mich zunehmend unauthentisch und unangenehm zu lesen, auch wenn ich Teile ihrer Gedanken sehr gut nachvollziehen konnte. Für mich ist das Buch letzten Endes wohl am meisten Bestätigung dafür, dass Alkohol, besonders in Krisensituationen, kein Mittel der Wahl sein sollte.

Trotzdem kann ich “Das Gegenteil von Erfolg” grundsätzlich empfehlen, da ich mir auch einige schöne Zitate und Gedanken markiert habe und gut unterhalten wurde. Abzüglich der Kritikpunkte bewerte ich das Buch mit 3,5 Sternen.

Bewertung vom 15.05.2024
Die Tage des Wals
O'Connor, Elizabeth

Die Tage des Wals


sehr gut

Eindrücke einer anderen Welt


“Die Tage des Wals” von Elizabeth O’Connor spielt 1938 auf einer walisischen Insel und wir erleben den harten Alltag, den Gezeiten ausgesetzt und geprägt von einer rauen Abhängigkeit zum Meer, der achtzehnjährigen Manod, die von einem Leben und Studium auf dem Festland träumt. Dann wird im Herbst ein Wal an den Strand gespült und zeitgleich tauchen zwei Ethnographen Oxfords auf der Insel auf, die mit Manod als Übersetzerin die kulturellen Eigenheiten der Insel untersuchen. Inspiriert ist die Geschichte mitunter auch deutlich durch “Die Männer von Aran” von Robert J. Flaherty und die Kritik an der Dokumentation.

Manod als Protagonistin fand ich sehr spannend, auch wenn sie immer über allen anderen Inselbewohnern zu stehen scheint. Sie ist zwischen ihrem Traum und ihrer (Mit-) Verantwortung gegenüber ihrer Familie gefangen. Ihre Art, die Welt um sich herum wahrzunehmen und zu beschreiben fand ich schön, wenn auch der Schreibstil mir mal sehr, mal gar nicht zusagte. Ich denke, es soll zum Teil ungeschönt realistisch geschrieben sein, was auf mich aber nicht authentisch und aufgesetzt klingt. Dies könnte aber auch mit der Übersetzung zusammenhängen. Trotzdem konnte die Geschichte trotz ihrer eher nüchternen Erzählweise am Ende doch einige Emotionen in mir auslösen.

Der Titel "Die Tage des Wals” charakterisiert dabei den Zeitraum, in dem wir Manod begleiten. Eigentlich als Kernelement der Geschichte nimmt er doch eigentlich nur eine kleine, dazu durch seinen (Wesens-) Zustand ebenfalls eine passive Rolle ein. Für mich symbolisiert er den Verlauf der Geschichte, wie auch die Umstände der Insel und des Weltgeschehens um die Insel herum.

Das Buch spielt in einer Zeit, die uns Deutschen bestens vertraut sein sollte und es werden auch immer wieder Verweise auf den nahenden Kriegsbeginn gemacht. Spannend ist hierbei die Perspektive, da auf der abgelegenen Insel das Leben seinen gewöhnlichen Gang nimmt und sie nur vereinzelt Nachrichten vom Festland erhalten. Trotzdem ist dies auch auf der Insel mit fortschreitender Handlung immer deutlicher spürbar.

Ein Aspekt, der ebenfalls eine große Rolle spielt, ist die (Aber-) Gläubigkeit der Inselbevölkerung. Nicht zuletzt durch die Ethnologen spielen Sagen, Volksmärchen und Erzählungen eine große Rolle in der Geschichte und die Inselbewohner deuten in jede kleinste Ungewöhnlichkeit Fluch oder Segen. So bekommt auch der Wal eine eigene, wenn auch nicht ganz eindeutige, Bedeutung.

Das Ende ist eher offen, hat aber gut in die Geschichte gepasst und konnte mich nachdenklich machen. Trotzdem hätte ich mir durchaus vorstellen können, Manod noch weiter zu verfolgen, da sie doch eine gewisse Faszination in mir ausgelöst hat.

Von mir definitiv eine Empfehlung.

Bewertung vom 15.05.2024
Die Schönheit der Rosalind Bone
McCarthy, Alex

Die Schönheit der Rosalind Bone


ausgezeichnet

Das Paradox der Schönheit

“Die Schönheit der Rosalind Bone” von Alex McCarthy erzählt die tragische Geschichte eines Mädchens und jungen Frau und dem kollektiven Versagen einer Dorfgemeinschaft in Wales, wie es aber auch stellvertretend überall anders passieren könnte. Es geht um das Wegsehen, um Missverständnisse, um Neid und Missgunst, um trügerischen Schein, das Paradox der Schönheit und das ein oder andere weitere kleine Geheimnis, das nahezu jeder zu verstecken versucht.

Der Schreibstil Alex McCarthys hat mich beinahe unmittelbar in seinen Bann gezogen. Die Sprache ist trotz ihrer inhaltlichen Abgründe sehr fein und leise, zum Teil poetisch, kann aber auch durch ihre Direktheit sehr plötzlich eine große Stärke und Schlagkraft entwickeln. Ich war an vielen Stellen des ziemlich kurzen Romans (160 Seiten) gerührt, betroffen, angeekelt, unfassbar wütend oder einfach nur fassungslos.

Wir begleiten die verschiedenen Dorfbewohner in ihrem Alltag und können somit selber relativ schnell hinter ihre Fassaden blicken. Man ist den Geschehnissen deshalb immer einen Schritt voraus, was diese aber nicht weniger spannend oder bedrückend macht.

Als namensgebende Hauptfigur dreht sich der Roman um die Schönheit der Rosalind Bone, welche vor Jahren ohne jegliche Mitteilung aus dem Dorf verschwand und nie wieder gesehen wurde. Trotzdem nimmt sie selber neben all den anderen Figuren nur eine Nebenrolle ein, um die sich ihr Mythos dreht.

Ich würde an dieser Stelle wirklich gerne tiefer in den Inhalt und die ganze Tragik um die Figur Rosalind einsteigen, kann dies aus Spoilergründen allerdings nicht machen. Trotz Leserunde habe ich noch immer so viel Redebedarf zu diesem Buch, was für mich der Indikator ist, wie gut mir die Geschichte gefallen hat.

Lediglich eine Triggerwarnung hat mir gefehlt, die ich deswegen ausdrücklich für dieses Buch ausspreche. Es werden einige schwierige Themen behandelt, wer da spezielle Punkte hat, kann sich gerne bei mir erkundigen, ich werde nach bestem Wissen Auskunft geben.

Das Ende hat die Geschichte für mich gut abgerundet und mich nach diesen vielen erdrückenden Momenten etwas erleichtern können. Nachdenklich bin ich jetzt noch einige Tage nach Beenden des Buches und das wird auch noch einige Zeit anhalten. Somit gibt es von mir eine eindeutige Leseempfehlung, wenn sich über die schweren Thematiken bewusst gemacht wurde.