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die buecherweltenbummlerin
Wohnort: 
Rheinland-Pfalz - Mudersbach

Bewertungen

Insgesamt 3 Bewertungen
Bewertung vom 20.08.2024
Ava liebt noch
Zischke, Vera

Ava liebt noch


ausgezeichnet

Die 43-jährige Ava ist das funktionierende Rädchen, das alles im Getriebe "Familie" am laufen hält. Mehr Roboter als Mensch, die Erschöpfung allumfassend. Es ist schließlich ein Donnerstag im Mai, der sie wissen lässt, dass sie noch lebt. Da sieht sie den 19 Jahre jüngeren Kieran zum ersten Mal. Aus ihren Träumen wird Sehnsucht. Aus ihrer Sehnsucht das Bewusstsein, dass sie nie wieder so geküsst wird wie die blonde Frau in Kierans Armen an einem dunklen Abend. Ava soll sich täuschen.

Das ist die Geschichte von Ava und Kieran. Die Geschichte einer Liebe, die nicht sein darf. Sie handelt von Verboten und Aufopferung. Voller Schmerz und Trauer. Doch vor allem von Liebe.

"Ava liebt noch" spricht die Nebenwirkungen der Mutterschaft an. Es erzählt von einem Körper, der enteignet wurde. Davon, dass Mütter die meiste Zeit mit ihren Kindern verbringen und dabei den wenigsten Spaß abbekommen. Sie sind verantwortlich für die Erziehung, für die Organisation des Familienlebens und für den Haushalt. Und dabei werden sie auf eine Existenz reduziert, der keine Bedürfnisse zugestanden werden.

Das Buch ist eine wunderbare Stimme für all die Mütter, die glauben, es der Gesellschaft rechtmachen zu müssen. Die Stimme ist feministisch, ohne wütend zu sein. Gleichzeitig beinhaltet der Roman eine Liebesgeschichte, die mit den Tränen kämpfen lässt. Dabei bricht er auf romantischste Weise mit Konventionen.

Ich habe alles an diesem Buch geliebt.

Vera Zischke, Ava liebt noch, List/Ullstein, 2024.

Bewertung vom 17.09.2021
Greta und Jannis
Kuratle, Sarah

Greta und Jannis


gut

Ein Bild von zwei Liebenden auf einer Bank. Greta und Jannis. Eine Liebe, die nicht sein darf. Getrennt von Jannis lebt Greta im letzten Ort. Und noch dahinter. In einem Haus. Zusammen mit Tante Severine, wo sie sich gemeinsam um die ausgesetzten Kinder kümmern. Doch Jannis bleibt immer da, in ihrer Erinnerung, auch als Cornelio ins andere Haus zieht.

Aufmerksam geworden auf dieses außergewöhnliche Buch bin ich durch die Rezension von @klauseffing, dessen Kritik mich neugierig gemacht hatte. Was steckte dahinter, als er von einer zu gewollten Sprache erzählte? Ich erkannte es bereits auf der ersten Seite. Nicht ein Satz dieses Werks erfüllt die Regeln der deutschen Grammatik. Während des laufenden Satzes sind immer wieder kursiv wörtliche Reden eingebaut, die oftmals selbst wie ein Geheimnis erscheinen, dessen Schlüssel sich erst im Kontext der Geschichte findet. Dabei wirkt es so, als seien die einzelnen Satzglieder wild durcheinander gewürfelt worden.

Ist es nun gut oder schlecht? Es ist Kunst! Ein Buch zu schreiben, das sich strikt allen Regeln widerzieht und dabei seine ganz eigenen Gesetze schafft, ist ein Kunstwerk und erfordert in jedem Fall Lob für die Autorin. Doch sollte sich der Leser bewusst sein, dass es kein Buch ist, dass man mal eben zum Entspannen heranzieht. Es ist eine Herausforderung.

"Greta und Jannis" kann ich nicht als Roman betrachten, trotz seiner tiefgreifenden Geschichte. Auf mich wirkt dieses Werk wie ein Bild, ein großes Gemälde, das sich aus vielen kleinen Momentaufnahmen zusammensetzt und in harmonischer Anordnung zwei Menschen auf einer Bank ergibt. Absolute Poesie!

Bewertung vom 16.09.2021
Die Tote mit der roten Strähne
Kent, Kathleen

Die Tote mit der roten Strähne


ausgezeichnet

Dass es nicht einfach ist, als lesbische Polizistin in Texas zu leben, muss Detektive Betty Rhyzyk täglich aufs Neue erleben. Als schließlich ein Undercover-Einsatz aus der Bahn gerät, wird ihr die Leitung des Falls entzogen, der nun nicht mehr der Drogen- sondern der Mordermittlung zufällt. Jedoch scheint jemand etwas dagegen zu haben, dass Betty, die auffällig Rothaarige, nicht mehr dabei ist. Doch wenn sie als Ermittlerin ausfällt, bedeutet das ja noch lange nicht, dass sie nicht eine andere Rolle einnehmen könnte. Vielleicht diesmal als Opfer....

"Die Tote mit der roten Strähne" ist ein Werk, das sich zum Einen dem Krieg der Drogenkartelle in den USA und deren unsichtbare Macht widmet und sich schließlich zu einem spannenden Psychothriller entwickelt, der es dem Leser schwermacht, eine Pause einzulegen. In rasanter Erzählweise führt Kathleen Kent durch die Ermittlungen in der texanischen Drogenszene, bis sie mit einem einzigen "Souvenir" eine völlig andere Spur legt. Auf jemanden, der noch skrupelloser ist, als mexikanische oder rassistische Gangmitglieder.

Die Sprache wirkt derb, zu gewollt maskulin für eine Geschichte aus der Perspektive einer Frau. Doch genau hier liegt das Besondere dieses Thrillers: Die Autorin vermag es, sprachlich wiederzugeben, wie sich Betty in einer von Männern dominierten Welt durchsetzt. Darüber hinaus spiegelt der Erzählstil die gnadenlose Brutalität der Kartelle, in dessen Schatten jeder zartbesaitete Polizist fehlbesetzt wäre. Kent hat es somit geschafft, Inhalt und Sprache aufeinander abzustimmen.
Großartig!