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westeraccum
Wohnort: 
Sauerland

Bewertungen

Insgesamt 222 Bewertungen
Bewertung vom 02.11.2024
Die Mitford Schwestern / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.6
Benedict, Marie

Die Mitford Schwestern / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.6


sehr gut

Marie Benedict, die immer wieder Bücher über besondere Frauen veröffentlicht, hat sich in diesem Buch einer ganzen Familie zugewandt. Die Mitfords haben sechs Töchter und einen Sohn. Im Buch geht es vor allem um die drei ältesten Töchter, die anderen spielen nur Nebenrollen.
Nancy, die Älteste, ist Schriftstellerin und ein "spätes Mädchen". Sie hat ein gutes Verhältnis zu der wunderschönen und charmanten Diana, die mit dem Erben der Guinness-Brauerei verheiratet ist und zwei kleine Söhne hat. Unity ist so etwas wie die graue Maus der Familie und ist vom Faschismus in Deutschland fasziniert. Sie hat wenig Selbstbewusstsein und sucht nach einer starken Vaterfigur, die sie in Adolf Hitler findet, den sie anhimmelt. Auch Diana dreht sich in die Richtung, beginnt ein Verhältnis zum britischen Faschistenführer Mosley und unterstützt ihn bei der Jagd nach Geld und Ruhm. Das alles führt zum Bruch mit Nancy.
Das Buch ist ein spannendes Zeitengemälde in den Jahren von 1932 bis 1941. Abwechselnd wird das Geschehen aus der Sicht der drei Schwestern geschildert und man bekommt so die unterschiedlichen Sichtweisen nahegebracht.
Ich hätte mir gewünscht, dass es eine Zeittafel und eine Familienübersicht gegeben hätte, denn bei der Vielzahl der verwandtschaftlichen Beziehungen war es manchmal schwierig den Überblick zu behalten. Zu den einzelnen Personen habe ich bei Wikipedia nachgeschlagen, denn ich wollte gern wissen, was vor und nach dem Buch geschah. Das ist auf jeden Fall ratsam.
Auch wenn das Buch im Mittelteil einige Längen hatte, so habe ich es doch gern gelesen und fand es spannend mehr zu der Zeit des Faschismus zu erfahren. Insofern ist das Buch auch heute hoch aktuell.

Bewertung vom 19.10.2024
Stalker - Er will dein Leben.
Strobel, Arno

Stalker - Er will dein Leben.


gut

Eric Sanders hat es geschafft, eine Rolle im "Tatort" ist der Durchbruch für den Schauspieler, auf den er lange gewartet hat. Doch mit der Ausstrahlung beginnen auch seine Probleme, denn ein Stalker hat sich auf seine Fersen geheftet und manipuliert zuerst seine Accounts in den sozialen Medien, schließt Verträge ab und bedroht ihn. Er soll herausfinden, was er als Kind getan hat. Angeblich hat er einen Menschen getötet, aber Eric hat keinerlei Erinnerungen mehr an seine Kindheit. Dramatisch wird es, als seine Frau und sein kleiner Sohn entführt werden...
Der Plot ist spannend bis zum dramatischen und unerwarteten Ende. Trotzdem habe ich das Buch als "Fast Food" empfunden, denn die Personen werden nur sehr oberflächlich geschildert, da ist leider keine Tiefe.
Man kann das Buch locker weglesen und dann schnell vergessen, typische Urlaubslektüre. Von Strobel hatte ich eigentlich mehr erwartet.

Bewertung vom 15.10.2024
Wintersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.2
Engman, Pascal;Selåker, Johannes

Wintersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.2


sehr gut

Nach "Sommersonnenwende" geht es mit dem Ermittler Tomas Wolf weiter und auch die Journalistin Vera Berg taucht wieder auf und mischt sich in den seltsamen Fall ein.
Eine junge Prostituierte, die sich Lucy nennt, rennt in der eiskalten Silvesternacht schreiend und nackt aus dem Bordell, in dem sie arbeitet, in ihrem Zimmer liegt ein erschossener Freier. Bald geschieht ein zweiter Mord, der mit dem ersten zusammenzuhängen scheint. Die Spur von Lucy verliert sich, aber ihre Freundin Nikita macht die Ermittler auf die "Straße der Schande" an der deutsch-tschechischen Grenze aufmerksam, wo die Ärmsten der Armen auf den Strich gehen. Wolf reist nach Tschechien...
Wenn man das Buch liest, dann ist man einfach nur fassungslos. Was Männer Frauen antun, das ist auch hier einmal mehr unglaublich. Das Milieu der Prostitution ist knallhart, ein Menschenleben und besonders ein Frauenleben zählt nicht. Hauptsache, das Geld stimmt.
Mich hat das Buch, das insgesamt sehr spannend ist, wütend und betroffen gemacht, da trat die eigentliche Geschichte in den Hintergrund.
Man darf bei diesem Buch wirklich nicht zart besaitet sein!

Bewertung vom 06.10.2024
Die vier Winde
Hannah, Kristin

Die vier Winde


ausgezeichnet

In diesem Buch geht es um die Geschichte von Elsa, die in den 1920er Jahren aufwächst. Sie war ein ungeliebtes Kind und findet erst Liebe, als sie Raf begegnet und von ihm schwanger wird. Ihre Eltern verstoßen sie und so lebt sie mit ihm und den Kindern auf einer einsamen Farm in Texas, die seinen Eltern gehört. Alles ist gut, bis die große Dürre über das Land hereinbricht und es jahrelang nicht regnet. Staubstürme ziehen durch die "Dust Bowl" und entziehen den Menschen die Lebensgrundlage. Elsa bleibt nichts anderes übrig als sich auf den Weg nach Kalifornien zu machen, dort erhofft sie sich ein besseres Leben. Doch alle Hoffnung ist vergebens, der Lohn als Tagelöhnerin reicht kaum aus, um sich und die Kinder einigermaßen über Wasser zu halten.
Kristin Hannah schreibt sehr präzise und eindringlich. Man glaubt den Staub zu schmecken und en Wind pfeifen zu hören, so realistisch beschreibt sie die schreckliche Situation in Texas. Auch die Schilderungen aus den kalifornischen Lagern ist glaubwürdig und gut recherchiert.
Das Buch ist sehr politisch. Es klagt die Ausbeutung und den mangelnden Schutz der armen Menschen an, denen nichts bleibt. Viele Szenen in Kalifornien erinnern mich an die Situation in den Flüchtlingslagern in Griechenland oder Italien.
Am Schluss gerät das Buch etwas in die Kitschfalle und ist sehr "amerikanisch", das hat mich aber nur etwas gestört. Es ist hervorragend geschrieben und teilweise auch sehr spannend.
Insgesamt hat mich das Buch sehr berührt und ich kann es wirklich empfehlen.

Bewertung vom 05.10.2024
Zwischen zwei Welten
Nachtweih, Norbert;Liebing, Mathias

Zwischen zwei Welten


sehr gut

Norbert Nachtweih setzt sich in Istanbul in ein Taxi, fährt zur westdeutschen Botschaft und erklärt, dass er nicht in die DDR zurückkehren will. Als Fußballer war er zu einem Auslandsspiel in die Türkei gefahren, nun nutzt er die Gelegenheit zur Flucht, zusammen mit seinem besten Freund. Im Westen erwartet ihn eine große Fußballerkarriere, u.a. in Frankfurt, München und Cannes. Nur in der Nationalmannschaft darf er nicht mitspielen. Er genießt das Leben im Westen in vollen Zügen, ist seiner Frau nicht immer treu, fährt schicke Autos und wird wohlhabend. Seine ganze Familie bleibt in der DDR zurück und Norbert unterstützt sie, wo er nur kann. Erst nach der Öffnung der Mauer sehen sich alle wieder.

Das Buch ist sehr authentisch geschrieben, mit kurzen Sätzen und so, wie man sich ein Fußballerbuch vorstellt. Man kann nachvollziehen, warum Nachtweih die DDR hinter sich lässt und auch, warum er lange zögert seine Stasiakte zu lesen. Er hatte im Westen ein gutes Leben, wollte eigentlich nur Fußball spielen und sich keine politischen Gedanken machen.

Das Buch ist interessant zu lesen und besonders für Fußballfans lesenswert.

Bewertung vom 02.10.2024
Das große Spiel
Powers, Richard

Das große Spiel


ausgezeichnet

Die Bücher von Richard Powers sind immer Höhepunkte im Lesejahr, er schreibt langsam und recherchiert viel, seine Bücher sind nicht einfach "wegzulesen". Besonders liegen ihm Ökologie und die Entwicklung der elektronischen Medien am Herzen. Er gilt als einer der intelligentesten Menschen des Planeten und das merkt man bei seinem anspruchsvollen Stil, der aber trotzdem gut lesbar ist.
In diesem neuen Buch widmet er sich vor allem den Themen Ozeanologie und KI.
Die Hauptfiguren sind Evie, eine Ozeanologin, Ina, eine Künstlerin aus Ozeanien, Rafi, ein Büchernarr, und sein Freund Todd, der mit der "sozialen" Plattform Playground Milliarden verdient hat. Alle treffen auf der abgelegenen Insel Makatea im Pazifik zusammen.
Das Buch behandelt die großen Themen unserer Zeit eindringlich und anschaulich. Man taucht mit Evie in die Ozeane der Erde und lernt die geheimnisvollen Lebewesen der Tiefsee kennen, die noch längst nicht erforscht sind. Man entwickelt mit Todd ein immer größer werdendes Netzwerk, in dem die KI irgendwann die Herrschaft an sich reißt. Man schafft mit Ina Kunstwerke aus Plastikmüll und folgt Rafi durch die Welt der alten Bücher.
Das Buch ist keine leichte Feierabendlektüre, liefert aber viel Stoff zum Nachdenken und beschäftigt mich noch lange.
Für mich wieder ein ganz großer Wurf von Richard Powers!

Bewertung vom 25.09.2024
Sing, wilder Vogel, sing
O'Mahony, Jacqueline

Sing, wilder Vogel, sing


sehr gut

Honora hatte es von Anfang an nicht leicht. Ihre Mutter starb bei der Geburt, der Vater hatte kein Interesse an dem Mädchen und verheiratet sie bei erster Gelegenheit an William, der sie auf seine Art liebt. Honora bleibt eine Außenseiterin, sie ist klug, aber einsam.
Als Mitte des 19. Jahrhunderts die große Hungernot über Irland hereinbricht, gerät auch diese Familie in Not. Gemeinsam mit den anderen Dorfbewohnern ziehen sie zum englischen Grundherren, der ihnen aber Nahrung und sogar Wasser verweigert, die Herren dinieren gerade... So müssen die gepeinigten Menschen den Rückweg antreten und viele Bewohner sterben unterwegs. Honora überlebt als eine der Wenigen und geht nach Amerika, wo sie aber auch lange nach dem Glück suchen muss.
Ich habe schon einige Bücher über Irland und die große Hungernot gelesen, z.B. "Trinity" von Leon Uris. Die Grausamkeit der englischen Landlords muss unbeschreiblich gewesen sein und auch die Kirche mischte fleißig mit, die Menschen ruhig zu halten und sie auf das Paradies im Jenseits zu vertrösten.
Allerdings hatte ich noch nie von dem Geschehen in Doolough gehört und auch die Verbindung Irlands zu den amerikanischen Ureinwohnern war mir nicht bekannt.
Honora ist eine sehr starke Persönlichkeit, die sich manchmal anzupassen versucht, aber ihre Seele nicht verkauft. Sie braucht ein großes Maß an Freiheit und ist eine sehr mutige Frau.
Der Stil des Buches ist klar und eindringlich. Man kommt Honora sehr nahe. Mich hat das Buch sehr beeindruckt und ich habe viel gelernt.

Bewertung vom 17.09.2024
Die Frauen jenseits des Flusses
Hannah, Kristin

Die Frauen jenseits des Flusses


sehr gut

Kristin Hannah widmet sich in diesem Buch einem fast vergessenen Kapitel der amerikanischen Geschichte. Der Vietnamkrieg war lang, vergeblich und forderte viel zu viele Todesopfer auf beiden Seiten. Dass auch Frauen in Vietnam stationiert waren, entzog sich bisher meiner Kenntnis, sie waren vorwiegend im medizinischen Bereich tätig.
Eine davon ist die fiktive Frances McGrath, die nach dem Tod ihres Bruders in Vietnam als Krankenschwester dort tätig werden will. Sie ist idealistisch und hofft andere junge Männer retten zu können, wenn sie es bei ihrem Bruder schon nicht geschafft hat. Doch dann knallt sie hart auf den Boden der Realität. Die Arbeit bringt sie an die Grenzen ihrer körperlichen und psychischen Leistungsfähigkeit und als sie nach zwei Jahren in die Heimat zurückkehrt, wird sie mit ihren Alpträumen und Flashbacks vollkommen allein gelassen. Sie versucht irgendwie wieder in den normalen Alltag zurückzufinden, aber das gelingt ihr nicht.
Wie man in den USA mit den Veteranen und Veteraninnen des Vietnamkrieges umging, das ist ein bitteres und beschämendes Kapitel. Erst zehn Jahre nach dem Ende des Krieges wurde ein Mahnmal für die Gefallenen eingeweiht. Die Leiden der Verletzten wurden kaum anerkannt, viele wurden drogensüchtig oder begingen Selbstmord. Durch Agent Orange erkrankten viele an Krebs und Frauen erlitten Fehlgeburten.
Das alles schildert Hannah am Beispiel von Frances sehr eindrücklich und intensiv. Dabei gelingt ihr die Gratwanderung, den Krieg nicht zu verherrlichen oder die Soldaten zu heroisieren. Sie hat sehr gut recherchiert und bleibt nah an der oft schrecklichen Realität. Man kann das Buch kaum aus der Hand legen und möchte es doch manchmal, denn einige Stellen sind schwer auszuhalten.
Ein sehr gutes Buch mit einem Thema, das auch bei uns zu oft vergessen wird!

Bewertung vom 11.09.2024
Das elfte Manuskript
Holt, Anne

Das elfte Manuskript


ausgezeichnet

Hanne Wilhelmsen, ehemalige Ermittlerin in Oslo und nach einer Schussverletzung an den Rollstuhl gefesselt, hat ein Buch geschrieben, das bei einem großen norwegischen Verlag erscheinen soll. Eine junge Lektorin namens Ebba Braut soll sich um das Buch kümmern. Doch der Verlag und mit ihm Ebba stecken in Schwierigkeiten, denn das neue Manuskript der berühmtesten Autorin des Verlags ist verschwunden. Als Hanne davon erfährt, ist ihr Ehrgeiz geweckt und sie hilft Ebba bei der Suche. Gleichzeitig taucht eine Frauenleiche in einem Kofferraum eines Autos auf, ihr wurde das Gesicht entfernt und das macht die Identifizierung schwierig. Der junge Polizeibeamte Henrik Holme sucht den Rat von Hanne.

Zwei ganz unterschiedliche Erzählstränge, die von den drei Hauptpersonen zusammengehalten und zusammengeführt werden, machen das Buch sehr spannend und zum Schluss auch dramatisch. Die Protagonisten sind sehr unterschiedlich und ergänzen sich dabei hervorragend. Erst auf den letzten Seiten wird das perfide Spiel aufgedeckt, das weit in die Vergangenheit zurück reicht.

Das Buch ist einer der besten Krimis, die ich in diesem Jahr gelesen habe. Da stimmt alles von der ersten bis zur letzten Seite. Anne Holt in Hochform!

Bewertung vom 26.08.2024
Reise nach Laredo
Geiger, Arno

Reise nach Laredo


ausgezeichnet

Arno Geiger ist ein vielseitiger Autor und hat sich in diesem Buch an einen historischen Stoff gewagt.
Kaiser Karl VI., der Herrscher, in dessen Reich die Sonne nicht unterging, ist 58 Jahre alt und krank. Sein Reich hat er an seine Söhne übergeben und sich in ein Kloster zurückgezogen. Die Gicht und Depressionen plagen ihn, sein einziger echter Gesprächspartner ist sein Beichtvater.
Auch der zwölfjährige Geronimo lebt auf dem Hof, ein unehelicher Sohn Karls. Er wird einmal als Carlos d'Austria einen gewissen Ruhm als Feldherr erlangen, aber jetzt ist er nur eine zusätzliche Belastung. Als er Karl zu einer Reise nach Laredo ans Meer überreden will, entsteht eine unerwartete Dynamik.
Leider erfährt man in diesem Buch nur wenig über den historischen Hintergrund Karls, das sollte man aber googeln. Denn dadurch kann man das Geschehen besser einordnen.
Geiger stellt die menschlichen Aspekte Karls in den Vordergrund, seine Einsamkeit als Herrscher, die Vorwürfe, die er sich im Nachhinein über manche Entscheidungen macht, die Liebe, die er nicht geben konnte. Das macht den Kaiser nahbar jenseits aller Herrscherattitüde.
Sprachlich hat mich das Buch voll überzeugt, Geiger schreibt wie immer präzise und ausdrucksstark.
Ein wirklich gutes Buch!