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Benutzername: 
Evilyn
Wohnort: 
OWL

Bewertungen

Insgesamt 8 Bewertungen
Bewertung vom 12.09.2024
Der Ire
Mann, Peter

Der Ire


sehr gut

Ambitioniert

Klappentext, Cover und die ersten Seiten des Buches vermitteln den Eindruck, dass es sich hier um einen klassischen Spionageroman handeln könnte. Mit den üblichen Elementen, wie Täuschung, Gegenspionage und jeder Menge Action.

Tatsächlich entpuppt sich dieser Roman als etwas völlig anders. Statt der erwarteten Elemente wie Suspense, Kriegsroman und Historische Fiktion, wie man es zum Beispiel von Adler-Olsens Alphabethaus kennt, ist dies hier viel eher "Absurde Fiktion".

Die Handlung setzt zum Ende des zweiten Weltkriegs ein, wo ein US-Offizier nicht recht schlau aus zwei sehr unterschiedlichen Quellen wird, die beide einen Iren beschreiben, der als Doppelagent die letzten Kriegsjahre in Berlin verbrachte. Das eine ist ein Romanmanuskript, ein Heldenepos, das den Iren in der Gestalt des Finn McCool auftreten lässt. Das andere ist das Tagebuch eines deutschen Mitglieds der Abwehr, der als Führungsoffizier für einige Jahr in engem Kontakt mit dem Iren stand.

Die Handlung setzt zum Ende des zweiten Weltkriegs ein, wo ein US-Offizier nicht recht schlau aus zwei sehr unterschiedlichen Quellen wird, die beide einen Iren beschreiben, der als Doppelagent die letzten Kriegsjahre in Berlin verbrachte. Das eine ist ein Romanmanuskript, ein Heldenepos, dass den Iren als Finn McCool auftreten lässt. Das andere ist das Tagebuch eines deutschen Mitglieds der Abwehr, der als Führungsoffizier für einige Jahr in engem Kontakt mit dem Iren stand.

Leser, die weder mit der irischen Mythologie, noch mit der Literatur der Moderne (insbesondere aus Irland: Joyce, Becket) vertraut sind, werden womöglich von diesem Buch enttäuscht sein. Dabei ist es wirklich gut gemacht, wird leider nur falsch vermarktet.

Bewertung vom 22.07.2024
Maybrick und die Toten vom East End
Glas, Vanessa

Maybrick und die Toten vom East End


weniger gut

Das Buchcover ist sehr ansprechend und auch der Titel klingt spannend. Inhaltlich ist es ein bisschen Sherlock Holmes, ein bisschen Simenon und etwas Babylon Berlin.
Ein Kindermörder in Londons Elendsvierteln hält die Polizei in Atem. Der neue Leiter der zuständigen Polizeieinheit, Maybrick, stammt selbst aus ärmlichen Verhältnissen. Er muss diese Fall aufklären bevor weitere Kinder sterben müssen und wird bei der Suche nach dem Mörder von seinem Freund, dem Arzt Roberts unterstützt. Unerwartete Hilfe erhalten sie ausgerechnet aus dem kriminellen Milieu.
Leider ist das Buch über weite Strecken sehr langatmig und zu viele Innenbetrachtungen der zahlreichen Charaktere lenken von der eigentliche Handlung ab. Jede Figur, so scheint es, hat hier einen eigene Kosmos. Diesem Buch hätte ein straffes Lektorat definitiv gut getan.

Bewertung vom 13.05.2024
Was der See birgt / Ermittlungen am Gardasee Bd.1
Koppelstätter, Lenz

Was der See birgt / Ermittlungen am Gardasee Bd.1


sehr gut

Spannend bis zum Schluss!

Der Gardasee: Hier will man sich entspannen und als Tourist hofiert werden. Ein bisschen Action ja, aber dann bitte auch nicht zu viel Aufregung, um die Urlaubsidylle nicht zu stören. Die Anwohner des Sees, so scheint es, leben im Zwiespalt zwischen dem Wunsch eben dieses Bild aufrecht zu erhalten und dem Streben nach - ja wonach eigentlich - Geld? Erfolg? Ruhm?

Und unter der Oberfläche brodelt es gewaltig.

Das ungleiche Ermittler-Trio gerät auf die Spur einer, nicht gerade kleinen, Gruppe an Menschen, bei denen der Drang zum eigenen Profit stärker ist als die Verpflichtung zum Gemeinwohl.

Neben einem handwerklich gut ausgestalteten Krimi bekommt der Leser noch ein wenig Lokalkolorit, Einblicke in die jüngere italienische Geschichte und erhält Einblick in die Arbeit einer Lokalzeitung.

Man darf in verschiedener Hinsicht mitraten.

Dieses Buch macht als Auftakt für eine Krimi-Reihe Lust auf weitere Abenteuer am Gardasee. Cliffhanger gibt es reichlich in der Geschichte und auch die Hauptfiguren sind charakterlich noch nicht "auserzählt".

Bewertung vom 16.05.2023
Das Mädchen im Zitronenhain
Brauer, Antonia

Das Mädchen im Zitronenhain


gut

Das Buch zum Hotel: Deutsche Nachkriegsgeschichte und Italien als DER Sehnsuchtsort der Deutschen nach dem Krieg. Hier kommt alles zusammen. Verkörpert wird dieser Neubeginn von der jungen Viktoria "Vicki" Neuhofer. Vicki hat als Kind noch die Not des Krieges erlebt und gelernt zu kämpfen. Sie hat früh gelernt, dass Sie selbst dafür verantwortlich ist ihr eigenes Leben zu bestimmen. Sie scheut sich nicht, dafür Grenzen zu überschreiten und bis an die persönliche Belastungsgrenze zu gehen.

Das Cover ist passend und der Schreibstil ist flüssig. Die Autorin hat sich an das Stilmittel der wechselnden Zeitebenen versucht, aber kann damit nicht überzeugen. Eine chronologische Erzählung hätte hier durchaus mehr Sinn gemacht.

Am Ende der Lektüre, fragt man sich als Leser vermutlich: Ist das noch ein Roman mit biographischen Elementen oder schon eine ausgeklügelte Marketingaktion? Egal welcher Deutung man zustimmt, es scheint zu funktionieren.

Hotelgeschichten liegen hoch im Trend. Also genau das richtige für die Hotelterrasse oder den Strand - nicht nur für Italienfans.

Bewertung vom 16.05.2023
Wovon wir leben
Birnbacher, Birgit

Wovon wir leben


sehr gut

Wie ein modernes Märchen: Dieser Roman ist keine leichte Kost. Er ist überraschend kurz und beinhaltet trotzdem so unbeschreiblich viel. Er wirkt lange nach.
Die Geschichte um Julia setzt sich aus vielen Einzelheiten zusammen. Es gibt viele große und kleine Klischees. Dazu passend, das Umschlagbild: viele grobe Farbtupfer. Erst mit etwas Abstand und darüber nachdenken ergibt sich das Gesamtbild.
Julia, die Ich-Erzählerin, steht an einem Wendepunkt in ihrem Leben. Unfreiwillig. Das alte Leben als konnte sie aus eigener Kraft nicht beenden. Aber ihr Körper zwingt sie dazu. Sie muss etwas grundlegend verändern. Aber dafür muss sie zunächst erkennen, was sie eigentlich will. Bisher hat sie sich eher dadurch definiert, wie sie nicht sein will.

Sprachlich gefällt mir das Buch sehr gut. Hier zählt jedes Wort - also nichts fürs schnelle Lesen. Ob man die Geschichte selbst und die Protagonistin mag, hängt sicherlich auch davon ab, welchen persönlichen Zugang man als Leserin / Leser zum Inhalt hat. Für mich persönlich war es an der einen oder anderen Stelle too much. Mit etwas Abstand würde ich die Geschichte als eine Art modernes Märchen bezeichnen. Und es ist ja bekannt Märchen haben eine wichtige Botschaft und einen wahren Kern.

Bewertung vom 16.05.2023
Tödlicher Genuss / Die Hausboot-Detektei Bd.1
Achterop, Amy

Tödlicher Genuss / Die Hausboot-Detektei Bd.1


sehr gut

Kurzweilige Krimi-Komödie: Amsterdam hat knapp 900.000 Einwohner und wird jährlich von mehreren Millionen Touristen besucht. Da ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass sich fünf, sehr, wirklich unterschiedliche Menschen über den Weg laufen: Arie ist frischgebackener EX (Polizist, Mann, Hausbesitzer). Maddie ist Kampfsportlerin mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn und Beschützerinstinkt. Jan ein sehr einfühlsamer und zugewandter Mensch. Jack ist Engländer, Womanizer und ein bisschen vor sich selbst auf der Flucht. Und last but not least Elin eine Krimischriftstellerin mit Schreibblockade und Liebeskummer.
Gemeinsam gründen sie ein Detektiv-Start-Up. Der erste Fall lässt nicht lange auf sich warten. Es wird turbulent und witzig. Für alle Liebhaber der BBC-Serie Shakespeare and Hathaway oder der „Tee? Kaffee? Mord!“-Geschichten von Ellen Barksdale ist das genau das Richtige. Und auch (künftige) Amsterdam-Freunde kommen hier auf ihre Kosten.

Bewertung vom 06.03.2023
Fünf Winter
Kestrel, James

Fünf Winter


sehr gut

Bis zur letzten Seite spannend!

Fünf Winter ist ein Krimi, bei dem ein wenig historisches Hintergrundwissen durchaus von Vorteil ist. Die Handlung setzt 1941 am Vorabend des Angriffs auf Pearl Harbour ein. Die Folge dieses Angriffs ist der aktive Kriegseintritt der USA in den zweiten Weltkrieg und in den Pazifikkrieg.

Der Protagonist, Detective McGrady, Polizist beim Honolulu PD. Er hat eine militärischer Vergangenheit und wird nun allein und als erster zu einem besonders blutigen Tatort geschickt. Es gibt einen betrunkenen und einen toten Verdächtigen. Aber McGrady spürt, dass mehr dahinter steckt. Er nimmt die Ermittlungen auf. Diese führen in nach Honkong. Damit buchstäblich zwischen die Fronten. Denn obwohl er kein Soldat ist, ist er Amerikaner im japanisch besetzten Gebiet.

McGrady gerät in Gefangenschaft. Ohne zwei japanische Helfer wäre es im sehr schlecht ergangen. So übersteht der die fast fünf Jahre in einem Versteck und muss zumindest körperlich keinen Mangel leiden. Ein Spaziergang ist es jedoch keinesfalls. Da sind die permanente Angst entdeckt zu werden und die Tatsache nicht zu wissen wann und wie die Situation endet. Welche Konsequenzen würde es für ihn und für seine Helfer geben, wenn man ihn fände.

Als er wieder zurück in Honolulu ist, findet nur schwer zurück in sein altes Leben.
Einsamkeit ist ein zentrales Motiv im Buch. McGrady ist ein gutes Beispiel dafür, dass man einsam sein kann, auch wenn man sich unter Menschen befindet.

Er ist nicht mürrisch oder unsympathisch, trotzdem besteht immer eine gewisse Distanz zwischen ihm und anderen Menschen. Beispielsweise die Tatsache, dass er den Krieg mehr oder weniger verpasst hat, macht ihm sehr zu schaffen. Seine Erfahrungen sind ganz anders als die der Männer, die als Soldaten am Krieg aktiv teilgenommen haben.

Er nimmt den alten Fall wieder auf und ermittelt bald auf eigene Faust.

Laut Umschlag ist es ein Thriller, aber eigentlich ist es ein ist ein gelungener Genremix: Historischer Roman, Spionagegeschichte, Krimi und ein bisschen Liebe sind gut abgestimmt. Der Schreibstil und die Übersetzung sind sehr ansprechend.

Der Hinweis auf den Edgar-Preis und ein so bekannter Testimonial wie Stephen King machen sicher für manche Leser die Kaufentscheidung auch leichter. Kein Käufer wird enttäuscht sein.

Bewertung vom 24.02.2023
Aus ihrer Sicht
Céspedes, Alba de

Aus ihrer Sicht


sehr gut

Unbedingt lesenswert

Die Geschichte ist angefüllt von Brüchen und Gegensätzen: Altes patriarchisch geprägtes Vorkriegsitalien gegen die Anfänge der Frauenrechtsbewegung, die andernorts auf der Welt schon weiter fortgeschritten ist. Die Macht der Männer gegen die (vermeintliche) Ohnmacht der Frauen.
Die Ich-Erzählerin, Alessandra, kann und will das nicht akzeptieren. Immer wieder sieht sie sich mit dem Unverständnis der Menschen um sie herum konfrontiert. Immer wieder muss sie aufs Neue Kraft und Mut schöpfen und dagegen ankämpfen.
Alles worüber sich Alessandra persönlich definiert, wird von ihrem Umfeld als wertlos und teilweise sogar schädlich eingeschätzt. Die schönen Künste (Literatur, Musik, Malerei etc.) sind Zeitverschwendung – im Gegensatz zum Kartenspiel der Männer. Nimmt man sich Zeit für das Lesen eines Romans, so zeugt dies von Faulheit – im Gegensatz zum Lesen der Zeitung. Bildung – explizit für Frauen – ist unnütz. Und eine reine und aufrichtige Form der Liebe gibt es nicht – darf es nicht geben.

Der Vater, Ariberto, verkörpert all das und kommt entsprechend schlecht weg in Alessandras Schilderung ihrer Kindheit. Er ist ein kleiner Angestellter, der sich mehr schlecht als recht durchs Leben wurschtelt. Er ist rücksichtslos, chauvinistisch und ungebildet. Ständig macht er sich über die Empfindsamkeit und den Kunstsinn seiner Frau und seiner Tochter lustig und versagt ihnen jeglichen Anspruch aufs Glücklichsein. Dies gipfelt früh in Alessandras Leben in einer Katastrophe.
Trotzdem nimmt sich Alessandra seiner an, als er alt und blind ist und sorgt für ihn. Welche Überwindung muss sie das kosten!

Ein polarisierender und, durch die besondere Erzählform, sehr persönlicher Roman. Bis zuletzt darf man gespannt sein, ob es Alessandra gelingt glücklich zu sein.

Noch eine Anmerkung zur Übersetzung. Diese ist mir persönlich etwas zu glatt, zu übereifrig. Das geht zulasten des Lokalkolorit. Manches sollte tatsächlich nicht übersetzt werden. Beispiel: Alessandras Großmutter, die in dem Dorf in den Abruzzen weit mehr verkörpert, als eine bloße Verwandtschaftsbeziehung, hätte im Roman durchaus die „Nonna“ bleiben können.