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Benutzername: 
maxsusanne
Wohnort: 
94094 Rotthalmünster

Bewertungen

Bewertung vom 05.01.2014
Der Geist meiner Väter steigt im Regen auf
Pron, Patricio

Der Geist meiner Väter steigt im Regen auf


ausgezeichnet

Patricio Pron
Der Geist meiner Väter steigt im Regen auf

Der Titel des Romans ermuntert nicht gerade zum In-die-Hand-Nehmen und Lesen. Und auch die Geschichte ist eher keine leichte. Der Ich-Erzähler (autobiographisch) kehrt nach acht Jahren Aufenthalt in Deutschland in sein Heimatland Argentinien zurück ans Bett seines Vaters in einer Klinik. Das ist auch zugleich ein Weg zurück in seine Kindheit und Jugend, und dennoch ist alles anders: das Land, die Stadt, die Mutter, die Schwester. Angesichts des todkranken Vaters stellt er sich eine Frage „WER war mein Vater?“ Er entdeckt in seinem Schreibtisch eine Mappe des ehemaligen Journalisten, ist überrascht, desorientiert und macht sich auf den Weg, der lang, unsäglich lang wird. Zeitungsausschnitte, Fotos, geschriebene Artikel, Dokumente, Zahlen, Reden, Anzeigen, Gerichtsurteile, der Erzähler wühlt sich förmlich hindurch. Halluzinationen, Träume, Krankheit und Angst sind die ständigen Begleiter bis er an sein Ziel kommt. Es ist ein gutes Stück argentinischer Geschichte, die aufgearbeitet wird und die auch die Verbrechen der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 zum Inhalt hat. Der Rückkehrer überwindet den Standpunkt der „Gnade der späten Geburt“ hin zur Dialektik des Spätgeborenen, des Nachfahren. Ein spannender Prozess, bei dem er alles über seinen Vater und seine Familie und deren politische Einstellung und Wirken erfährt. Temporeiche, rasante Sprache mit mitunter komplizierten Satzkonstruktionen (dem Übersetzer sei hier hohe Anerkennung zu zollen), fast atemlos jagt der Roman in teils sehr kurzen Kapitel dahin bis er sein überraschendes Ende findet. Es ist keine Abrechnung mit dieser schrecklichen Militärdiktatur, eher eine Abrechnung mit der Unfähigkeit des argentinischen Volkes mit Diktatur „umzugehen“, die immer wieder vom unglückseligen Peronismus genährt wird. „Dein Vater hätte gewollt …“, zählt seine Mutter zum Schluss auf. – Ein furioser Debütroman und eine Hommage an ein (befreites) freies Land.