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Herbstrose

Bewertungen

Insgesamt 206 Bewertungen
Bewertung vom 16.12.2024
Über allen Bergen (eBook, ePUB)
Goby, Valentine

Über allen Bergen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Zuflucht in den Bergen
Paris im Januar 1943: Für jüdische Familien ist es auch in Frankreich immer gefährlicher geworden. Nachdem der Vater bereits untergetaucht ist, schickt man den 12jährigen asthmakranken Sohn mit den Papieren eines gleichaltrigen Nachbarjungen in ein abgelegenes Bergdorf in den französischen Alpen. Aus dem russisch-jüdischen Jungen Vadim Pavlevitch wird von nun an Vincent Dorselles, der dort ein warmes, liebevolles Zuhause findet. Zunächst ist er überwältigt von der Natur, dem Schnee und den hohen Bergen, doch rasch fügt er sich ein und wird wie ein Einheimischer. Es gibt so vieles zu entdecken und zu erlernen. Die Jahreszeiten wechseln, schon ist es Herbst geworden, bald fällt der erste Schnee – und die ersten deutschen Soldaten sind bereits im Tal. Für Vadim/Vincent wird es wieder gefährlich …
Valentine Goby, geb. 1974 in Grasse, ist eine französische Schriftstellerin, die ihren ersten Roman 2002 veröffentlichte. Seither schrieb sie mehrere Bücher, die großen Anklang fanden und teils auch ins Deutsche übersetzt wurden. Die Autorin lebt in der Nähe von Paris.
Star des Buches ist für mich zweifellos die Natur, das abgeschiedene Tal mit seinen umgebenden Bergen und in der Ferne der alles überragende Mont Blanc - von der Autorin wunderschön beschrieben. Dazu passt ausgezeichnet das Cover, das die Landschaft detailgetreu wiedergibt. Wir erleben mit Vincent den Wandel der Jahreszeiten und staunen über die Wunder der Natur, die diese zu bieten hat. Durch die Erzählform aus Sicht Vincents erhalten wir einen tiefen Einblick in seine Seele und erleben seine Ängste und Sehnsüchte hautnah. Wir erfahren von Liebe und Freundschaft, von Dankbarkeit und großem Vertrauen, das ihm in der neuen Heimat widerfährt, und von guten Menschen, die ihm vertrauensvoll ein Zuhause bieten.
Fazit: Ein wunderschönes Buch, das mich voll überzeugt hat und das ich gerne weiter empfehle!

Bewertung vom 01.12.2024
Okaye Tage (eBook, ePUB)
Mustard, Jenny

Okaye Tage (eBook, ePUB)


gut

On and Off – Up and Down
Die junge Schwedin Sam lebt vorübergehend in London, wo sie ein Praktikum in einer angesagten Marketing-Agentur absolviert. Auf einer Party lernt sie Luc kennen, der nach dem Studium noch keine Arbeit gefunden hat und inzwischen seinen Lebensunterhalt als Verkäufer in einer kleinen Boutique bestreitet. Die beiden so gegensätzlichen Menschen verlieben sich und gehen eine Beziehung ein, obwohl ihnen klar ist, dass Sam bald wieder nach Stockholm zurückgehen wird …
Die Autorin des Buches, Jenny Mustard, geb. 1985 in Schweden, lebt heute in London. Sie ist auf Social Media als vegane Food-Bloggerin und Fashionista unterwegs, wo sie über 600.000 Follower hat. Ihr Debütroman „OKAY DAYS“ wurde 2023 veröffentlicht und erschien 2024 beim Eichborn-Verlag unter dem Titel „OKAYE TAGE“ auf Deutsch. Ihr zweiter Roman, „WHAT A TIME TO BE ALIVE“ wird 2025 erscheinen.
Den Schreibstil der Autorin möchte ich als sehr angenehm bezeichnen, während mich die Schreibweise im Text doch sehr irritierte. Die Anführungszeichen bei wörtlicher Rede sind sehr willkürlich gesetzt, auffällig oft wird das Wort „okay“ verwendet und das Gendern ist meist unpassend oder überflüssig – um nur einiges zu nennen. Die Kapitel schildern das Geschehen abwechselnd aus Sams und Lucs Perspektive und sind mit noch verbleibenden Tagen bis zu einem bestimmten Ereignis überschrieben. Dadurch soll wohl eine gewisse Spannung erzeugt werden, die jedoch durch die Vorhersehbarkeit stark gemildert wird. Von Charme und Witz, wie in der Buchbeschreibung angekündigt, habe ich nichts gespürt, auch die vermeintliche Lösung des Problems der Beiden am Ende lässt mich unzufrieden zurück.
Fazit: Evtl. mögen Teens an diesem Roman Gefallen finden, der älteren Generation möchte ich ihn nicht empfehlen.

Bewertung vom 08.11.2024
Vielleicht hat das Leben Besseres vor
Gesthuysen, Anne

Vielleicht hat das Leben Besseres vor


gut

Ein Dorf, eine Pastorin und ein Mädchen im Koma
Während die Menschen im Dorf mit den Vorbereitungen zum alljährlichen Spargelfest beschäftigt sind, liegt das seit einem Unfall als Baby geistig behinderte Mädchen Raffaela im nahen Krankenhaus im Koma. Sie wurde bewusstlos in einem Graben liegend aufgefunden. Die Polizei hat sich eingeschaltet und Volker Janssen vom LKA führt die Befragungen durch. Die Gerüchteküche brodelt, doch keiner weiß wirklich, was vorgefallen ist. Wurde das Mädchen Opfer einer brutalen Gewalttat? Auch Anna von Betteray, die geschiedene Pastorin des Ortes, wird von Sorgen geplagt. Ihre Schwester Maria kämpft schon seit längerer Zeit vergeblich mit ihrer Alkoholsucht, ihr 14Jähriger Neffe Sascha vermisst seine Mutter und sucht bei Anna nach Halt, und Annas Mutter versucht bei jeder Gelegenheit, sie mit einem Adligen zu verkuppeln …
Anne Gesthuysen, geb. 1969 in Geldern, ist eine deutsche Schriftstellerin, Journalistin und Fernsehmoderatorin. Von 2002 bis 2014 moderierte sie das ARD-Morgenmagazin, danach widmete sie sich ganz der Schriftstellerei. Bereits 2012 veröffentlichte sie ihren ersten Roman, bis heute folgten vier weitere. Die Autorin ist mit Frank Plasberg verheiratet und Mutter eines Sohnes.
„Vielleicht hat das Leben Besseres vor“, das am 7.11.2024 bei Kiepenheuer & Witsch erschienene neueste Buch von Anne Gesthuysen, gehört zu den schwächsten, die ich bisher von ihr gelesen habe. Schon zu Beginn wird man mit einer Fülle von Personen und Namen überhäuft, was den Einstieg in das Geschehen sehr erschwert. Die meisten der zahlreichen Nebenfiguren sind zwar recht originell, bleiben aber blass und oberflächlich – humorvolle Szenen sind selten. Es werden im „Dorfklatsch“ sehr viele mehr oder weniger aktuelle Themen behandelt, so dass das Drama um Raffaela, um die es laut Buchbeschreibung ja hauptsächlich gehen sollte, tatsächlich in den Hintergrund tritt.
Wirkliche Gefühle erfährt man in einer Rückblende, in der Erinnerungen von Raffaelas Mutter lebendig werden. Seit ihr Baby damals verunglückte, durch den Sturz eine Hirnblutung erlitt und seitdem geistig stark eingeschränkt ist, kämpft sie unentwegt mit ihren Schuldgefühlen. Dieser Teil der Geschichte berührt besonders, da man im Nachwort erfährt, dass die Autorin ein ähnliches Erlebnis hatte, das glücklicherweise ohne Folgen geblieben ist.
Fazit: Ein Buch, das an die vorangegangenen der Autorin nicht heranreicht und das ich deshalb nur bedingt empfehlen kann!

Bewertung vom 24.10.2024
Wohnverwandtschaften
Bogdan, Isabel

Wohnverwandtschaften


ausgezeichnet

Einer für alle, alle für einen
Nachdem sich die 30jährige Zahnärztin Constanze von ihrem Lebensgefährten getrennt hat, sucht sie eine kleine bezahlbare Wohnung. Doch das ist in Hamburg nicht einfach. So zieht sie, nur vorübergehend wie sie denkt, in ein freies Zimmer in einer WG. Die Wohnung gehört Jörg, dem sie nach dem Tod seiner Frau zu groß geworden ist. Er ist mit seinen 68 Jahren noch rüstig und plant mit seinem alten VW-Bulli eine Reise nach Georgen, die er mit den Mieteinnahmen bestreiten will. Ein Zimmer bewohnt Anke, eine in die Jahre gekommene Schauspielerin, bei der die Angebote ausbleiben und die deshalb finanzielle Probleme hat. Ein weiteres Zimmer bewohnt Murat, ein IT-Spezialist um die 50, ein fröhlicher Mensch und leidenschaftlicher Koch, der die Gemeinschaft gerne mit kulinarischen Mahlzeiten mit dem Gemüse aus seinem Kleingarten verwöhnt. Schnell fühlt sich Constanze wohl in der Gruppe und schließt Freundschaft mit ihren Mitbewohnern. Doch dann, nach einer harmlosen OP ist Jörg nicht mehr der Alte, er ist plötzlich vergesslich. Wird schon wieder, denken alle, doch sein Zustand wird schlimmer …
Isabel Bogdan, geb. 1968 in Köln, ist eine deutsche Schriftstellerin, Literaturübersetzerin und Bloggerin, die in Heidelberg und Tokio Anglistik und Japanologie studierte. Ihr erster Roman, „Der Pfau“, erschien 2016 und stand monatelang auf der Spiegel-Bestsellerliste, 2019 kam ihr zweiter Roman „Laufen“ auf den Markt – „Wohnverwandtschaften“ (2024) ist ihr dritter Roman. Die Autorin lebt heute in Hamburg-Borgfelde.
Der Schreibstil ist, wie immer bei Isabel Bogdan, etwas außergewöhnlich, jedoch sehr angenehm zu lesen. Passagen mit Dialogen, die an ein Kammerspiel erinnern, wechseln mit kurzen Abschnitten, in denen die WG-Mitglieder über ihre eigenen Gefühle und Empfindungen berichten. Dadurch lernt man als Leser die unterschiedlichen Charaktere sehr gut kennen und fühlt sich ihnen verbunden. Man kann sich mit ihnen freuen und lachen, bis sich die Stimmung allmählich ändert. Plötzlich leidet man mit Jörg, möchte ihm helfen, wenn es denn möglich wäre. Man fühlt selbstverständlich auch mit den drei Mitbewohnern, erlebt ihre Sorge um Jörg und empfindet ihre Angst vor der Zukunft. Die anfangs so heiter-fröhliche Geschichte entwickelt eine Tragik, in der wir erleben müssen, wie ein Mensch nach und nach das verliert, was sein Menschsein ausmacht …
Fazit: Ein faszinierendes Buch über vier liebenswerte Menschen, mit denen man sofort Freundschaft geschlossen hat und die man gerne noch eine Zeitlang weiter begleiten würde. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 23.10.2024
Im Warten sind wir wundervoll
Inden, Charlotte

Im Warten sind wir wundervoll


sehr gut

Liebe kennt keine Grenzen und keine Nationalitäten
Die einundzwanzigjährige Luise Adler ist eine der vielen jungen Frauen, die sich nach dem Krieg in einen amerikanischen Besatzungssoldaten verliebten – sie alle versprachen sich in den USA ein besseres Leben. Mit einem der letzten Flüge im Dezember des Jahres 1948 fliegt sie nach New York, zusammen mit vielen anderen hoffnungsvollen „Kriegsbräuten“, den sog. War Brides. Alle werden sie von ihren Verlobten und Freunden abgeholt, nur eine bleibt verloren am Flughafen zurück: Luise. Wo ist ihr Verlobter Joseph Hunter? Das fragen sich auch die Presseleute, die auf sie aufmerksam werden. – Siebzig Jahre später ist auch Luises Enkelin Elfie auf dem Flug nach New York. Sie will ganz überraschend ihren dort studierenden Verlobten besuchen und ihm mitteilen, dass sie nun bereit ist zu heiraten. Ob die Überraschung gelingen wird?
Charlotte Inden, geb. 1979, ist eine deutsche Schriftstellerin. Sie studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Film- und Fernsehwissenschaften in Marburg, London und Straßburg und arbeitet als Redakteurin bei einer Tageszeitung. Seit 15 Jahren schreibt sie erfolgreich Kinder- und Jugendbücher – „Im Warten sind wir wundervoll“ ist ihr erster Roman für Erwachsene. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Karlsruhe.
Es handelt sich hier um einen Roman mit fiktiven Personen, zu dem sie jedoch durch eine wahre Begebenheit inspiriert wurde, wie Charlotte Inden in einem Interview ausdrücklich betonte. Die Geschichte spielt in zwei verschiedenen Zeiten, die in 33 Kapitel aufgeteilt sind und ständig wechseln. Die nicht chronologische rasche Abfolge und die teils extrem kurzen, abgehackten Sätze sind, zumindest zum Anfang, dem Lesefluss sehr hinderlich.
Hat man sich erst daran gewöhnt, entwickelt sich um Großmutter Luise eine spannende, einfühlsame und bewegende Geschichte, die die Einstellung der damaligen Besatzungsmacht zu den deutschen Fräulein eindringlich verdeutlicht. Der zweite Erzählstrang spielt in der Gegenwart und handelt von Luises Enkelin Elfie, die im Flugzeug beginnt, ihrem Sitznachbarn die Geschichte ihrer Großmutter zu erzählen. Sowohl inhaltlich als auch sprachlich fällt dieser Teil, verglichen mit dem historischen Geschehen, stark ab. Das Geschehen wirkt erdacht, ist ohne Tiefgang und stark vorhersehbar, ja stellenweise beinahe schnulzig. Für mich mindert dies den ansonsten ausgezeichneten Gesamteindruck.
Fazit: Ein außergewöhnlicher Roman – mitreißend und unterhaltend die Geschichte in der Nachkriegszeit, während mich das Geschehen in der Gegenwart nicht berühren konnte.

Bewertung vom 02.10.2024
Das große Spiel
Powers, Richard

Das große Spiel


ausgezeichnet

Das Meer, Quell des Lebens
Makatea, eine winzige Koralleninsel in den Weiten des Pazifik, wurde schon früher von den Menschen ausgebeutet und dann vergessen. Ausgerechnet hier plant der Playground-Konzern den ersten Abschnitt von Seasteading, einer neu entwickelten Wohn- und Lebensform, zu errichten. Vier Menschen treffen nun dort zusammen, deren Leben eng mit der Zukunft unseres Planeten verbunden ist: Evelyne Beaulieu, eine Ozeanologin die taucht und von den Riesenmantas fasziniert ist, Ina Ariota, eine Künstlerin, die aus am Strand angeschwemmtem Plastikmüll ihre Skulpturen entwirft, Rafi Young, der vernarrt ist in Bücher und schon früh von seinem schwarzen Vater auf Ehrgeiz programmiert wurde und sein ehemaliger Schulfreund Todd Keane, der mit einem Computer-Programm das große Geld gemacht hat …
Richard Powers, geb. 1957 in Evanston/Illinois, ist einer der bedeutendsten US-amerikanischen Schriftsteller der Gegenwart. Er ist bekannt dafür, in seinen Werken komplexe naturwissenschaftliche und philosophische Themen zu verarbeiten. Seit 1985 schrieb er zahlreiche Romane, für die er u. A. den ‚National Book Award for Fiction‘ und den ‚Pulitzer Prize for Fiction‘ erhielt. Heute lebt Powers in den Great Smoky Mountains der Appalachen.
Es sind, wie in all seinen Büchern, die großen aktuellen Themen unserer Zeit die der Autor in diesem bemerkenswerten Buch behandelt. Neben der Verschmutzung der Weltmeere sind es der Klimawandel, Social Media und die Künstliche Intelligenz, die uns Powers in seinem unnachahmlichen, präzisen und schnörkellosen Schreibstil nahebringt. Er ist in der Lage, dem Leser auch die kompliziertesten ökologischen Themen und technischen Abläufe verständlich zu beschreiben. Wir erleben das Geschehen aus unterschiedlichen Perspektiven und in verschiedenen Zeiten. Einen großen Teil der Geschichte lässt er Todd Keane, einen der Hauptakteure, in Form eines Lebensberichtes selbst erzählen, so dass wir unmittelbar dabei sind und in seine Gefühlswelt eintauchen können. Die Handlung ist äußerst komplex und vielschichtig – gegen Ende des Buches verwischen sich gar die Grenzen zwischen Realität und Fiktion.
Fazit: Ein Buch das aufrüttelt, mahnt und zum Nachdenken anregt. Unbedingt lesen !!!

Bewertung vom 17.09.2024
Akikos stilles Glück
Sendker, Jan-Philipp

Akikos stilles Glück


ausgezeichnet

Stille Gefühle und leise Gedanken
Seit dem Tod ihrer Mutter vor zwei Jahren, lebt die neunundzwanzigjährige Akiko Nakamura allein und sehr zurückgezogen in Tokio. Einzige Ansprechpartner sind ihre Kollegen im Büro, wo sie als Buchhalterin arbeitet, und ihre Freundin Naoko, mit der sie gelegentlich spätabends nach Dienstschluss noch etwas Essen geht. Das Bedürfnis nach Nähe oder Gesellschaft empfindet sie nicht, bis sie eines Abends auf dem Heimweg Kento, einem ehemaligen Mitschüler, begegnet. Als Hikikomori lebt er völlig zurückgezogen, meidet die Menschen und verlässt seine Wohnung nur bei Dunkelheit. Behutsam nähern sich die beiden Einsamen einander an und fassen Vertrauen, indem sie gegenseitig ihre Bedürfnisse respektieren. Als Akiko im Nachlass ihrer Mutter eine beunruhigende Entdeckung macht und sie sich die Frage stellen muss wer sie wirklich ist, kann Kento ihr dabei helfen sich selbst zu mögen, sich zu akzeptieren, ihr Leben zu verändern und einen lange gehegten Traum zu verwirklichen …
Jan-Philipp Sendker, geboren 1960 in Hamburg, ist ein deutscher Schriftsteller und Journalist. Von 1990 bis 1995 war er Amerika- und von 1995 bis 1999 Asienkorrespondent des Stern. Dabei hatte er Gelegenheit, Japan und die japanische Mentalität kennen zu lernen. Sein erster Roman wurde 2000 veröffentlicht, es folgten einige weitere. Mit weltweit über 4 Millionen verkauften Büchern ist er einer der aktuell erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren. Sendker ist mit einer Kunsthistorikerin verheiratet und lebt heute als freier Autor mit seiner Familie in Potsdam.
Mit seinem neuen Roman „Akikos stilles Glück“ entführt uns der Autor nach Japan und bringt uns die Mentalität und die Lebensweise der Bevölkerung näher. Mit seinem empathischen und sensiblen Schreibstil schafft er es, die Gefühle und Empfindungen der beiden Protagonisten gut zu erfassen und gekonnt wiederzugeben. Ihre selbstgewählte Einsamkeit und ihr ‚in sich ruhen‘ sind wunderschön beschrieben, stimmen nachdenklich, machen traurig, beruhigen aber gleichzeitig. Der Gegensatz zum hektischen und pulsierenden Tokio ist deutlich spürbar und macht die Geschichte sehr lebendig. Lobenswert ist auch das Glossar am Ende des Buches, das die verwendeten japanischen Begriffe und Ausdrücke erklärt.
Fazit: Ein außergewöhnlich einfühlsamer Roman über Freundschaft, Vertrauen und die stille Suche nach sich selbst – meine Leseempfehlung!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.09.2024
Die Unmöglichkeit des Lebens
Haig, Matt

Die Unmöglichkeit des Lebens


ausgezeichnet

Alles ist möglich, in jedem Alter
Einsam und freudlos verbringt die 72jährige ehemalige Mathematiklehrerin Grace Winters die Tage, bis sie völlig überraschend von einer längst vergessenen Freundin aus früherer Zeit ein kleines Haus auf Ibiza vererbt bekommt. Neugierig und ohne Plan fliegt sie auf die Insel im Mittelmeer um dort zu erfahren, dass Christina beim Tauchen im Meer unter mysteriösen Umständen ertrunken sein soll. Sie lernt den Tauchlehrer Alberto kennen, taucht mit ihm und dabei wird zu einer anderen Frau, mit einem völlig neuen Blick auf die Welt. Grace entwickelt eine innere Stärke die sie in die Lage versetzt, die Vergangenheit ruhen zu lassen, sich selbst wieder zu lieben und sich zu verzeihen. Mit ihren neuen magischen Fähigkeiten kann sie nun auch anderen Menschen helfen, das Leben wieder zu lieben und positiv zu sehen. Sie schreibt ihre Geschichte an Maurice, einem einstigen Schüler, der gerade an einem seelischen Tiefpunkt angelangt ist und sie um Hilfe gebeten hat …
Matt Haig, geb. 1975 in Sheffield/England, ist ein britischer Journalist und Bestseller-Autor. Er ist sowohl für fiktionale Romane als auch für Sachbücher bekannt, in denen er seine eigenen Erfahrungen mit Depressionen und Angststörungen verarbeitet. Auch sein neuester Roman „Die Unmöglichkeit des Lebens“ (2024) befasst sich mit diesem Genre. Der Autor ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt mit seiner Familie in Brighton.
Trauer, Schuldgefühle, Selbstvorwürfe und Angstzustände – Gefühle, die wohl jeder von uns schon einmal mehr oder weniger erlebt hat – werden in diesem Buch behandelt. Der Autor dringt dabei tief in die menschliche Psyche ein und führt uns vor Augen, was es bedeutet zu leben und wir auch für Kleinigkeiten dankbar sein sollten. Die Schönheit der spanischen Insel Ibiza und des umgebenden Meeres bildet dabei eine großartige Kulisse. Gleichzeitig macht uns Matt Haig jedoch auch auf die Bedrohung der Natur durch die hohe Anzahl von Touristen, die Ansiedlung riesiger Hotelkomplexe und die Ausbeutung natürlicher Ressourcen aufmerksam.
Der Schreibstil ist fließend, wunderbar zu lesen und voller Poesie. Die kurzen Kapitel tragen dazu bei, die Handlung interessant zu gestalten und der Geschichte Tempo zu verleihen. Man sollte sich auf das Unfassbare einlassen und das vermeintlich Unnatürliche zulassen, um sich von der Geschichte verzaubern zu lassen. Ein modernes Märchen, teilweise abseits jeder Realität, in dem der Geist über die Materie siegt und versucht, unsere Gedanken auf das Wichtigste im Leben zu lenken: die Besinnung auf sich selbst.
Fazit: Eine wunderbare Geschichte, wenn man sich darauf einlässt – sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 02.09.2024
Nur nachts ist es hell (eBook, ePUB)
Taschler, Judith W.

Nur nachts ist es hell (eBook, ePUB)


sehr gut

Familiengeschichten
Man schreibt das Jahr 1972, Elisabeth ist jetzt 77 Jahre alt und sieht sich am Ende ihres Lebens. Da sie ihre Lebensgeschichte der Nachwelt erhalten möchte, schreibt sie ihre Erlebnisse in ein Tagebuch, welches für ihre Großnichte Christina bestimmt ist. Sie beginnt mit ihrer Kindheit, erzählt von ihren drei Brüdern, berichtet von den beiden Weltkriegen, von ihrer Ehe mit Georg Tichy, von ihren beiden Söhnen und von der Arztpraxis, die sie zusammen mit ihrem Mann führte. Ihr Leben verläuft nicht einfach, sie muss viele Schicksalsschläge hinnehmen, die beiden Weltkriege hinterlassen ihre Spuren …
Der österreichischen Autorin Judith W. Taschler, geb. 1970 in Linz, ist nach ihrem Roman „Über Carl reden wir morgen“ (2022) mit „Nur nachts ist es hell“ (2024) eine weitere fesselnde Geschichte über die Brugger-Familie gelungen, die eng an die Geschichte ihrer eigenen Familie angelehnt ist. Über fünf Generationen begleiten wir die Schicksale der einzelnen Familienmitglieder von der Belle Époque über beide Weltkriege, die bei allen seelische und körperliche Wunden hinterlassen haben, und erfahren auch von den Schwierigkeiten, als Frau in der damaligen Zeit Ärztin zu werden.
Der Schreibstil ist sehr sachlich gehalten, wodurch sich die Geschichte flüssig lesen lässt - durch die vielen Zeitsprünge und die große Anzahl immer neu auftretender Figuren bedarf es jedoch einer gewissen Konzentration und Aufmerksamkeit. Intrigen, Heimlichkeiten, Missverständnisse und überraschende Wendungen, wie sie nun mal im Leben vorkommen, verleihen dem Geschehen eine kontinuierliche Spannung.
Fazit: Ein weiterer beeindruckender Roman über die Familie Brugger, den ich gerne weiter empfehle!

Bewertung vom 29.08.2024
Tee auf Windsor Castle
Parker, Claire

Tee auf Windsor Castle


ausgezeichnet

Tee mit Betty - Cheers!
Obwohl Kate aus dem Glasgower East End kein Fan der Royals ist, lässt sie sich von ihrer Freundin Zaira überreden, an einer Führung durch Schloss Windsor teilzunehmen. Auf der Suche nach einer Toilette verirrt sie sich und landet in einer Küche. Dort trifft sie auf eine ältere Dame mit ihrem Corgie, offensichtlich eine ehemalige Hausdame der Queen, die sie sofort zu einer Tasse Tee und einem Plausch einlädt. Betty, wie sie sich nennt, kennt sich ausgezeichnet im Schloss aus und ist mit den dortigen Gepflogenheiten bestens vertraut. Die beiden ungleichen Frauen freunden sich an, und aus der Teestunde wird ein Tag und eine Nacht gemeinsamer munterer Unternehmungen, bei denen die alte Dame förmlich aufblüht …
„Tee auf Windsor Castle“ (2024) ist der erste Roman der britischen Journalistin Claire Parker. Obwohl sie die Demokratie bevorzugt, hat sie eine Schwäche für das britische Königshaus und hat bereits alle deren öffentlich zugänglichen Schlösser besucht. Dank ihrer deutschen Mutter ist sie zweisprachig aufgewachsen.
Keine große Literatur, aber eine gut und unterhaltsam geschriebene hinreißende Geschichte. Die Begegnung zweier so unterschiedlicher Frauen, deren jeweiliges Sprachniveau sehr gut herausgearbeitet ist und die gelegentlich eingestreuten Lebensweisheiten der alten Dame sind bemerkenswert. „Manche Dinge erkennt man besser aus der Entfernung“ (eine dieser Weisheiten), diese Erkenntnis kommt Kate plötzlich am Bahnhof, als sie auf Ioana, eine andere alte Dame, trifft – während uns Leser vermutlich schon früher ein Licht aufgegangen ist. Die Auflösung dieser märchenhaften Geschichte ist sehr gut und nachvollziehbar getroffen.
Fazit: Eine charmante kleine Geschichte mit Humor und Esprit – einfach nur lesenswert!