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Herbstrose

Bewertungen

Insgesamt 191 Bewertungen
Bewertung vom 19.07.2024
Das erste Licht des Sommers
Raimondi, Daniela

Das erste Licht des Sommers


ausgezeichnet

Liebe bedeutet auch Verzeihen
Die Geburt war schwer, am kältesten Tag des Jahres 1947. Sie ist „so schön wie das erste Licht des Sommers“ meinte die Hebamme, als das Mädchen endlich da war. Die Eltern Guido und Elsa nannten sie Norma, nach einer Oper von Bellini. Die Kälte des Geburtstages sollte Norma ein Leben lang verfolgen. Sie wächst geborgen bei ihrer Großmutter Neve in Stellata auf, wo sie in ihrer Cousine Donata eine beste Freundin und im Nachbarsjungen Elia einen Freund fürs Leben findet. Doch irgendwann ist die Kinder- und Jugendzeit zu Ende und die jungen Leute verlieren sich aus den Augen. Norma geht nach London, wo sie vom Tod Donatas erfährt und Jugendfreund Elia wieder trifft. Aus der Freundschaft wird allmählich Liebe, die beiden heiraten. Auf Einladung einer vor Jahren ausgewanderten Tante geht die Hochzeitsreise nach Brasilien, was für ihr zukünftiges Leben nicht ohne Auswirkungen bleiben wird …
Daniela Raimondi, geb. 1956 in Sermide, ist eine italienische Schriftstellerin. Sie lebte zunächst in Viggiù, zog dann nach Südamerika und von dort nach England, wo sie studierte und als Italienischlehrerin arbeitete. Sie veröffentlichte ab 2000 einige Gedichtbände, für die sie mit verschiedenen Literaturpreisen ausgezeichnet wurde, bevor 2020 ihr erster Roman „La casa sull’argine“ erschien, der sofort ein Bestseller wurde und 2022 in der deutschen Übersetzung „An den Ufern von Stellata“ vom Ullstein-Verlag herausgebracht wurde. „Das erste Licht des Sommers“ (2024) ist die Fortsetzung der Familiengeschichte. Daniela Raimondi lebt heute auf Sardinien.
Dass es für die Familiensage einen Vorgängerband gibt habe ich erst bemerkt, als ich „Das erste Licht des Sommers“ bereits gelesen hatte – es handelt sich somit um eine eigenständige, vollständig in sich abgeschlossene Geschichte. Wünschenswert wäre allerdings ein Glossar über die Familien und ihre Verwandtschaftsverhältnisse, da man bei den vielen Personen öfter mal den Überblick verlieren kann.
Der Focus dieses Romans ist auf Norma gerichtet, die wir von ihrer Geburt bis ins Alter von achtundsechzig Jahren begleiten und dabei all ihre Höhen und Tiefen miterleben. Ihre innige Freundschaft zu ihrer früh verstorbenen Cousine Donata, ihre schon früh erwachte Liebe zu Elias, dem Gefährten in Kindertagen, und ihre spät erwachte Zuneigung zu ihrer Mutter Elsa, der sie auf dem Sterbebett ihre Gefühle und Gedanken mitteilt. Selbstverständlich gab es auch Schattenseiten in Normas Leben, an denen wir voller Mitgefühl teilhaben.
Der Schreibstil ist sehr flüssig, man kann das Buch zügig durchlesen. Die Geschichte ist chronologisch aufgebaut und kapitelweise mit der entsprechenden Jahreszahl überschrieben, beginnend von 1947 bis zum Jahr 2015. Die familiären Ereignisse werden begleitet von den jeweils aktuellen politischen und gesellschaftlichen Begebenheiten. Dazwischen in Kursivschrift und kurzen Kapiteln eingefügt sind Normas Empfindungen und rückblickende Gedanken am Sterbebett der Mutter, die ich persönlich als sehr bewegend empfand. Neben dem problematischen Mutter/Tochter-Verhältnis werden noch andere relevante Themen, wie unerfüllter Kinderwunsch, Seitensprung und plötzliche Todesfälle aufgegriffen. Ein versöhnliches Ende entschädigt für manche dramatischen Momente.
Fazit: Eindrucksvolle Familiengeschichte, mitten aus dem Leben gegriffen – empfehle ich gerne weiter!

Bewertung vom 15.07.2024
Reise nach Laredo
Geiger, Arno

Reise nach Laredo


ausgezeichnet

Seine letzte große Reise
Man schreibt das Jahr 1558. König Karl hat abgedankt und lebt jetzt in einem Kloster in Yuste, wo er von den Mönchen versorgt wird. Er ist krank, hat Schmerzen, langweilt sich und wartet nur noch auf seinen Tod. Doch als er dem elfjährigen Geronimo, einem seiner unehelichen Kinder, begegnet, erwachen in ihm neue Lebensgeister. Gemeinsam fassen sie den Plan, sich heimlich nachts mit Pferd und Maulesel auf den Weg nach Laredo zu machen. Trotz vieler Gefahren, die auf die beiden warten, fühlt sich Karl, der als König nie unbeschwert sein durfte, jetzt frei und unabhängig wie nie zuvor. Sie lernen neue Freunde kennen, erfahren Hilfsbereitschaft und Liebe und begreifen, welche Werte wirklich wichtig sind im Leben …
Arno Geiger, geb. 1968 in Bregenz, ist ein österreichischer Schriftsteller und Autor zahlreicher erfolgreicher Romane, Erzählungen und Hörspiele, für die er mehrfach Preise und Auszeichnungen erhielt. Er ist verheiratet und lebt als freier Schriftsteller seit 1993 abwechselnd in Wien und Vorarlberg.
Anhand der Jahreszahl und der Ortsangaben darf man annehmen, dass der Autor seine Anregung aus der Biografie des realen Kaisers Karl V. entnommen hat, dessen letzte Reise von Laredo nach Yuste war, wo er 1558 verstarb. Das Buch ist mit feiner Komik, sprachlich brillant und ausdrucksstark geschrieben, sodass man als Leser das Geschehen bildhaft vor Augen hat: eine phantastische Reise voller Abenteuer, ein Roadtrip im Mittelalter, gefahrvoll und mit ungewissem Ausgang. Man schmunzelt, fiebert mit und hofft für die beiden Protagonisten das Beste. Das ruhige Ende gibt uns dann Gelegenheit, wieder zu uns selbst zu finden und darüber nachzudenken, worauf es im Leben wirklich ankommt.
Fazit: Für diese wunderbare Geschichte gibt es von mir eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 13.07.2024
Anna O. (eBook, ePUB)
Blake, Matthew

Anna O. (eBook, ePUB)


weniger gut

Wer schläft, sündigt nicht – oder doch?
Als der Psychologe und Schlafforscher Dr. Benedict Prince an die Klinik The Abbey abberufen wird, schläft die 29jährige Schriftstellerin Anna Ogilvy bereits vier Jahre. Sie recherchierte damals zu einem zwanzig Jahre zurückliegendem Fall, in dem eine Frau namens Sally Turner ihre beiden Stiefsöhne ermordet haben soll. Das Ergebnis dieser Recherche sollte in der Zeitschrift Elementary, die sie zusammen mit ihren Freunden Indy und Doug gegründet hatte, veröffentlicht werden. Man fand Anna in einer Waldhütte im komaähnlichen Tiefschlaf neben den erstochenen Leichen dieser beiden Freunde, das blutverschmierte Messer hielt sie noch in der Hand. Ben soll Anna O. nun aufwecken, damit man ihr endlich den Prozess wegen Mordes machen kann …
Matthew Blake ist ein in London lebender Autor, der Anglistik an der Durham University und am Merton College in Oxford studiert hat. Er arbeitete als Drehbuchautor für die BBC und andere britische Medien und befasst sich mit Recherchen und als Redeschreiber für das britische Parlament. Er lebt in London.
Das Thema ist durchaus interessant und der Einstieg ganz gut gelungen. Man stellt sich sofort einige Fragen, die den Schlaf von Anna betreffen und überlegt was wohl mit ihr geschehen wird, wenn es Ben gelingt sie aufzuwecken. Auch dessen zwiespältige Gedanken und Gefühle kann man anfangs gut nachvollziehen. Einerseits ist er vom Ehrgeiz gepackt, das beinahe Unmögliche zu erreichen, andererseits hat er Bedenken, da er die junge Frau nach dem Aufwachen der Justiz übergeben müsste.
Leider geht es im weiteren Handlungsverlauf mehr und mehr um anderes, private Probleme und vom eigentlichen Plot abweichende Nebensächlichkeiten treten in den Vordergrund. Einige für die Handlung bedeutungslose Passagen laufen parallel und die Titelfigur tritt zeitweise ganz in den Hintergrund. Psychologische Probleme werden angerissen aber nicht weiter erörtert, ebenso die juristische Frage nach der Schuldfähigkeit bei einer Tat während des Schlafwandelns. Die Spannung verlor sich für mich zusehends, da die Geschichte immer verworrener wurde. Manches konnte ich nicht einordnen und über einigen Passagen schwebt noch immer ein großes Fragezeichen. Die kurzen ständig wechselnden Perspektiven im Geschehen und die unvermittelten Zeitsprünge zwischen Gegenwart und Vergangenheit trugen auch nicht zum besseren Verständnis bei. Der Schluss war zwar überraschend, damit hätte ich nicht gerechnet, aber dennoch empfand ich die Auflösung ziemlich konstruiert und zu der vorangegangenen Handlung und den Charakteren nicht unbedingt passend.
Fazit: Das Buch hat mich enttäuscht und ich möchte an dieser Stelle auch keine Leseempfehlung abgeben.

Bewertung vom 07.07.2024
Man sieht sich (eBook, ePUB)
Karnick, Julia

Man sieht sich (eBook, ePUB)


sehr gut

Es ist nie zu spät
Friederika und Robert kennen sich seit 1988, seit er neu in die Schule gekommen ist. Sie verlieben sich sofort ineinander, aber keiner getraut sich es dem anderen einzugestehen. Nach dem Abitur trennen sich zunächst ihre Wege, bis zu einer zufälligen Begegnung im Winter 2002. Frie ist inzwischen Mutter einer kleinen Tochter und Robert hat Karriere als Musiker gemacht. Die alten Gefühle sind sofort wieder da, aber nach einer kurzen Episode trennen sie sich abermals. Im Sommer 2022 ist Frie, sie ist nun bald fünfzig, auf dem Weg zum 30-jährigen Abi-Treffen. Ihre Gedanken schweifen zurück, erinnern sich an Robert, den sie seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen hat. Wird er auch da sein? Was wird passieren? Werden sie nun endlich zueinander finden?
Julia Karnick, geb. 1970 in Hamburg, ist eine freiberufliche Autorin. Nach dem Abitur absolvierte sie eine journalistische Ausbildung und ist seit Jahren für BRIGITTE und FÜR SIE als Kolumnistin tätig. 2022 schrieb sie ihren ersten Roman, der zum SPIEGEL-Bestseller wurde, ihr zweiter Roman „Man sieht sich“ ist seit dem 13.6.24 auf dem Markt. Die Autorin ist verheiratet, hat einen Sohn und eine Tochter, und lebt in Hamburg.
Wer hat sich nicht schon gefragt was wohl wäre, wenn man sich früher einmal anders entschieden hätte oder wie es wäre, wenn man plötzlich seine Jugendliebe wieder treffen würde? Ein interessantes Thema, das die Autorin in diesem Roman großartig umgesetzt hat, realistisch und durchaus nachvollziehbar. Warum können zwei Menschen, die sich immer als beste Freunde bezeichnen, einfach nicht zueinander finden? Warum können sie über alles reden, nur nicht über ihre Liebe? Julia Karnick lässt uns teilhaben an der wunderbaren Freundschaft der beiden Protagonisten, mit all seinen Höhen und Tiefen. Wir lernen ihr Elternhaus kennen, begleiten sie vom Teenager bis ins reife Erwachsenenalter und hoffen immer, dass aus ihnen endlich ein Paar wird. Wann endlich werden sie die Hürden, die ihnen das Leben in den Weg stellt, überwinden können und sich zu ihrer Liebe bekennen?
Fazit: Ein unterhaltsamer Roman über verpasste Gelegenheiten und neue Chancen, den ich mit Vergnügen gelesen habe und gerne weiter empfehle!

Bewertung vom 03.07.2024
Ehemänner
Gramazio, Holly

Ehemänner


gut

Der magische Dachboden
Ziemlich betrunken kommt Lauren eines Nachts nach einem feucht-fröhlichen Abend mit Freundinnen nach Hause, als sie in ihrer Wohnung einen fremden Mann vorfindet der behauptet, ihr Ehemann zu sein. Sie ist nicht verheiratet, das weiß sie gewiss, und einer ihrer Ex-Freunde ist es auch nicht, folglich muss sie wohl zu viel getrunken haben. Auch am nächsten Tag ist er noch da und Lauren findet sich allmählich mit dem Gedanken ab, dass sie verheiratet sein könnte. Doch als er auf dem Dachboden die flackernde Glühbirne auswechselt und dann ein anderer Ehemann die Leiter herunter kommt, zweifelt sie an ihrem Verstand. Was ist auf dem Dachboden los? Sie schickt ihn zum Nachsehen nochmals nach oben – und wieder kommt ein anderer runter. Ist der Dachboden verhext oder ist sie verrückt geworden?
Holly Gramazio ist gebürtig in Adelaide/Australien und lebt jetzt in London, wo sie als Game-Designerin arbeitet. Sie liebt Städtereisen und Videospiele, die die Menschen inspirieren und ihnen neue Perspektiven aufzeigen. „Ehemänner“ ist ihr erster Roman, der am 11.07.2024 in 14 Ländern erscheinen wird – die englische Fassung „The Husbands“ ist bereits seit dem 04.04.2024 erhältlich.
Die Geschichte ist eine originelle Satire auf die Bindungsängste und Beziehungsprobleme der jungen Generation, die sich anfangs auch ganz amüsant liest. Leider wird das Geschehen bald langweilig. Ein Ehemann geht, der nächste kommt. Lauren kann sich für keinen entscheiden, wird immer wählerischer, oberflächlicher und egoistischer. Mit jedem neuen Mann ändert sich ihre Wohnung, ihre Freunde jedoch bleiben die gleichen, sie merken von alledem nichts. Irgendwann, nach einigen Hundert Männern, wird es auch für Lauren zu anstrengend und in einer dramatischen Aktion setzt sie dem Dachboden samt der Suche nach potentiellen Ehemännern ein Ende.
Fazit: Wer gerne humorvolle Geschichten ohne viel Tiefgang liest, wird an diesem Roman seinen Spaß haben.

Bewertung vom 16.05.2024
Windstärke 17 (eBook, ePUB)
Wahl, Caroline

Windstärke 17 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Orkan im Kopf und Wutklumpen im Bauch
Mit einem alten Koffer, ein paar Klamotten und ihrem MacBook flüchtet Ida aus ihrem ehemaligen Zuhause. Ihre Mutter ist vor zwei Monaten gestorben, sie musste sich deshalb entscheiden, wie ihr Leben weitergehen soll und wie sie mit ihrer Trauer und ihrer Wut auf sich selbst umgehen kann. Zwar hatte ihre Schwester Tilda sie nach Hamburg eingeladen und ihr eine Fahrkarte geschickt, doch dahin will sie auf keinen Fall. So nimmt sie am Bahnhof den nächstbesten Zug – und fährt ohne Plan nach Rügen, wo sie abends in der Dunkelheit ankommt und die Jugendherberge aufsucht, weil sie sich kein Zimmer leisten kann. Am nächsten Tag sucht sie einen Job und landet in der Kneipe „Zur Robbe“, die dem alten Opa Knut gehört. Er und seine Frau Marianne nehmen Ida bei sich wie eine eigene Tochter auf. Als sie dann noch Leif kennen lernt, scheint Idas Leben endlich in ruhigeren Bahnen zu verlaufen. Doch es bleibt nicht so, das Schicksal schlägt erneut zu …
„Windstärke 17“ ist der Fortsetzungsroman von „22 Bahnen“, dem Debüt der jungen, 1995 in Mainz geborenen Autorin Caroline Wahl, für den sie mit einigen Preisen ausgezeichnet wurde. Sie wuchs in der Nähe von Heidelberg auf, studierte Germanistik in Tübingen sowie Deutsche Literatur in Berlin und arbeitete danach in mehreren Verlagen. Heute lebt sie in Rostock.
In ihrer klaren, unverwechselbaren Jugendsprache berichtet die Autorin, wie Idas Leben nach dem Wegzug ihrer Schwester Tilda weiter verlaufen ist. Wir erfahren vom Tod der Mutter, von Idas Selbstvorwürfen und ihrem unbändigen Hass auf sich selbst. Wir dürfen teilhaben an ihrem allmählichen Wandel, wie sie mithilfe anderer Menschen lernt mit ihrer Trauer und ihrem Frust umzugehen und sich in schwierigen Situationen nicht wieder komplett zu verschließen. Auch Ida versucht, wie ihre Schwester Tilda, ihre Probleme im Wasser abzustreifen. Sie schwimmt keine Bahnen im Freibad, sondern schwimmt in der Ostsee bis zur Erschöpfung lebensgefährlich weit hinaus.
Die Figuren sind sehr lebensnah gezeichnet und wirken äußerst realistisch, die Autorin hat ein gutes Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen. Die Psyche der einzelnen Personen ist sehr ausgefeilt, der Schreibstil dabei angenehm flüssig und gut lesbar. Es sind durchaus schwere und ernste Themen, die in diesem Roman behandelt werden, die durch die ausgewogene Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit eine breite Palette an Emotionen wecken. Mit einem optimistischen Ausklang schließt die Geschichte ab.
Fazit: Eine Geschichte die mitreißt, aufrüttelt und nachdenklich stimmt.

Bewertung vom 13.05.2024
Treibgut
Brodeur, Adrienne

Treibgut


ausgezeichnet

Der Sommer bringt Geheimnisse ans Licht
Der 70. Geburtstag von Adam, dem seit vielen Jahren verwitweten Oberhaupt der Familie Gardner, die auf der Halbinsel Cape Cod lebt, steht bevor. Da der Meeresbiologe gleichzeitig in Ruhestand geht, soll an diesem Tag ein großes Fest stattfinden, bei dem er gebührend geehrt werden soll. Adam Gardner hat zwei Kinder, die er nach dem Tod seiner Frau größtenteils alleine großzog. Sohn Ken, mittlerweile 41 Jahre alt, ist erfolgreicher Immobilienmakler und möchte in die große Politik einsteigen, seine 3 Jahre jüngere künstlerisch begabte Schwester Abby ist Malerin und bewohnt das Atelier in den Dünen, das Ken gehört. Früher waren die Geschwister unzertrennlich, doch heute herrscht Rivalität zwischen den beiden. Das zeigt sich besonders in den Vorbereitungen zum Fest, bei dem einer den anderen zu übertrumpfen gedenkt. Als dann noch Steph, eine Polizistin aus Boston und Mutter eines kleinen Jungen, zur Party eingeladen wird und dadurch einige gut gehütete Geheimnisse ans Tageslicht kommen, eskaliert die Situation …
Adrienne Brodeur ist eine amerikanische Schriftstellerin und Autorin einiger Romane, die in den USA zu Bestseller wurden. Sie arbeitet in Cambridge/Massachusetts und lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Cape Cod.
„Treibgut“ ist der zweite Roman der Autorin, der ins Deutsche übersetzt wurde. Er entführt uns auf die malerische Halbinsel Cape Cod, einem Rückzugsort der Reichen und Schönen, wo auch die Familie Gardner zu Hause ist. Wir lernen die einzelnen Familienmitglieder kennen, deren Fehler und Schwächen nach und nach aufgedeckt und gnadenlos bloßgelegt werden. Auch sie haben Probleme und Konflikte, kämpfen um Anerkennung und Erfolg, erfahren Missgunst und Neid und versuchen, ihre Geheimnisse zu verbergen.
Es sind essentielle und tiefgreifende Themen, die uns die Autorin in ihrem erfrischend leichtem und durchaus intelligentem Erzählstil präsentiert - Alkoholabhängigkeit, Rivalität, Trauer und traumatische Erlebnisse, um nur einige zu nennen. Die Protagonisten, über die kapitelweise berichtet wird, sind interessant und wirken sehr authentisch. Wir tauchen ein in ihre Gefühlswelt, verstehen allmählich den Grund warum die Geschwister sich entzweit haben und erfahren mehr über die Auswirkung von Adams bipolarer Störung. Der Roman ist mitreißend, die Spannung baut sich ganz allmählich auf und erreicht auf der Geburtstagsfeier ihren Höhepunkt. Ganz nebenbei erfahren wir noch einige Details aus dem Wahlkampf zwischen Hillary Clinton und Donald Trump im Jahr 2016.
Fazit: Es macht Spaß dieses Buch zu lesen – im empfehle es sehr gerne weiter!

Bewertung vom 05.05.2024
Die Stimme der Kraken
Nayler, Ray

Die Stimme der Kraken


sehr gut

Ist der Mensch wirklich die Krone der Schöpfung?
Wir befinden uns in einer fernen Zukunft, in der sich der Mensch Roboter und KI zunutze macht – und erleben eine Großmacht, die im Hintergrund die Fäden zieht, alles beherrscht und nur auf Profit aus ist:
- Als auf dem abgelegenen Archipel Con Dao eine möglicherweise intelligente Krakenart entdeckt wird, kauft der Konzern DIANIMA das Areal und beauftragt die Meeresbiologin Dr. Ha Nguyen, mit der neuen Spezies Kontakt aufzunehmen. Zusammen mit dem weltweit einzigartigen Androiden Evrim und der weiblichen Kampfmaschine Altantsetseg als Sicherheitsbeauftragte bilden sie ein Team, um die Oktopoden zu erforschen.
- Irgendwo auf den Weltmeeren ist das riesige autonom gesteuerte Fischfangschiff „Sea-Wolf“ eines fernöstlichen Konzerns unterwegs, der das nötige Personal für seine Schiffe entführt, wie Sklaven hält und sie die letzten Fischbestände aus dem Ozean holen lässt. Eiko und Son, zwei Männer die mitten aus ihrem Leben gerissen wurden, begehren auf und entfachen eine Rebellion mit Folgen.
- Am Bosporus wartet der geniale Hacker Rustem auf seinen Auftraggeber. Er sollte in das Gehirn des Androiden Evrim eindringen, damit dieser manipuliert werden kann. Es ist ihm auch gelungen, doch er ist sich noch im Unklaren ob er sein Wissen weiter geben soll, denn er ahnt, dass er in jedem Fall getötet werden wird.

Ray Nayler ist ein US-amerikanischer und kanadischer Autor, der in Quebec geboren und in Kalifornien aufgewachsen ist, und sich mit humanistischen Themen und Fragen der KI und Tierethik befasst. Zuvor diente er im Friedenscorps und war Presseattaché an der US-Botschaft in Baku und Beauftragter für Umwelt, Wissenschaft, Technologie und Gesundheit am US-Konsulat in Ho-Chi-Minh-Stadt. Sein Debütroman „Die Stimme der Kraken“ wurde mit dem Locus-Award der Los Angeles Times ausgezeichnet. Ray Nayler lebt mit seiner Familie in Washington D.C.
Der Autor entführt uns mit diesem Buch in eine Zukunft, in der die Grenzen zwischen Menschen und Roboter verwischt sind. Was zeichnet die menschliche Existenz aus? Ist es das Bewusstsein, der freie Wille oder unsere Einzigartigkeit? Wir, die Krone der Schöpfung, scheinen ersetzbar, werden entbehrlich. Die Ressourcen der Erde sind erschöpft, das Ökosystem ausgebeutet, die Meere leergefischt und die intelligenten Kraken beginnen sich allmählich zu wehren. Was wird geschehen, wenn diese Spezies ein Bewusstsein entwickelt und zu kommunizieren beginnt? Werden sie den Menschen als Feind betrachten?
Die extrem spannende SciFi-Geschichte spielt an mehreren Orten, die kapitelweise wechseln und sehr gut zu unterscheiden sind. Wir erleben das Geschehen aus Sicht verschiedener Protagonisten und tauchen tief in deren Gedanken und Handlungen ein. Der Schreibstil ist klar und verständlich, wissenschaftliche Fakten und nicht zu leugnende Tatsachen sind sehr gut in die Geschichte integriert.
Fazit: Das Buch ist mehr als nur ein spannender SciFi-Thriller, es wirft wichtige Fragen auf und regt zum Nachdenken an.

Bewertung vom 01.05.2024
Der blaue Salamander (eBook, ePUB)
Ventura, Luca

Der blaue Salamander (eBook, ePUB)


gut

Lucertola Azzurra, die blaue Eidechse von Capri!
Inselpolizist Rizzi ist erschüttert. Im Beichtstuhl der Kirche von Capri wurde die Leiche von Rosalinda, der bekannten Designerin von exquisiten Handtaschen und Gürteln, aufgefunden. Auch in der Villa von Signora de Lulla herrscht große Aufregung. Ihre wertvolle Handtasche, eine Rarität aus der Haut der blauen Eidechse welche nur auf den Faraglioni-Felsen vor Capri vorkommt, ist verschwunden. Die eintreffenden Beamten der Kriminalpolizei in Neapel finden auch sofort einen Schuldigen und verhaften ihn, den Entdecker der Leiche, Straßenkehrer Salvatore. Rizzi ist fassungslos über die Gleichgültigkeit, mit der die Neapolitaner die Ermittlungen führen, und beginnt auf eigene Faust zu recherchieren. Auch Inselpolizistin Cirillo hilft mit, den Fall aufzuklären …
Luca Ventura ist das Pseudonym eines erfolgreichen italienischen Kriminalautors. Sein Debüt gab er mit dem Auftakt seiner „Capri-Krimis“ um den Inselpolizisten Enrico Rizzi und dessen Kollegin aus dem Norden Italiens, Antonia Cirillo. Der Autor lebt heute mit seiner Familie am Golf von Neapel, um sich dort Inspiration für die Fortsetzung der Serie zu holen.
In einem angenehm flüssigen Schreibstil verquickt der Autor auf beeindruckende Weise das kriminalistische Geschehen mit den Attributen eines Urlaubs auf Capri. Leider lassen jedoch die vielen Beschreibungen von Gebäuden und Straßennamen bei mir keine Ferienstimmung aufkommen - und die Schilderung über Handtaschen-Produktion trägt auch nicht dazu bei. Die Handlung zieht sich gemächlich dahin, sodass sich die Spannung in Grenzen hält. Auch die beiden Protagonisten mit ihren privaten Problemen konnten mich nicht überzeugen.
Positiv beeindruckt hat mich jedoch, dass der Autor so ganz nebenbei auf die Probleme aufmerksam macht, die der Tourismus mit sich bringt. Die Insel wird von Urlaubern überschwemmt, selbst der kleinste Raum wird vermietet und für Einheimische ist es deshalb schwierig, überhaupt eine bezahlbare Wohnung zu finden. Sehr angenehm empfand ich auch, dass der Krimi auch ohne Brutalität und Gemetzel auskommt.
Fazit: Ein ruhiger Krimi ohne große Spannung – für Capri-Urlauber vielleicht eine schöne Erinnerung.

Bewertung vom 29.04.2024
Nostalgia Siciliana (eBook, ePUB)
Di Stefano, Patrizia

Nostalgia Siciliana (eBook, ePUB)


sehr gut

Sehnsucht nach Sizilien
Der Anruf eines Anwaltes verändert das Leben von Tita, einer in Berlin lebenden Grafikerin. Ihr Onkel, der Bruder ihres bereits vor vielen Jahren verstorbenen Vaters, hat ihr das Anwesen der Familie, das Landgut Magnì bei Ragusa auf Sizilien, vermacht. Zur Erledigung der Erbangelegenheiten kehrt Tita noch einmal in die Heimat ihres Vaters zurück, der als einer der ersten Gastarbeiter in den Sechzigerjahren nach Deutschland kam und in Berlin ein erfolgreicher Gastronom wurde. Es wird für Tita eine emotionale Reise in die Vergangenheit, weckt Erinnerungen an unvergessliche Sommer ihrer Kindheit, die sie mit ihren Eltern dort verbrachte und an Freunde und Verwandte, die sie dort kennen lernen durfte. Ihre Liebe zu diesem wunderbaren Stück Land, zu Sizilien und seinen Menschen, erwacht von neuem. Hier fühlt sie sich ihrem Vater ganz nah und findet auch wieder zu sich selbst. Kann das ihre neue Heimat werden?
Patrizia Di Stefano wurde 1966 in Berlin als Tochter des Italieners Giovanni Di Stefano und seiner deutschen Ehefrau Karla geboren. Sie arbeitet als Grafikerin und lebt heute mit ihrem Mann, ihren drei Söhnen und drei Windhunden in Berlin-Schlachtensee. „Nostalgia Siciliana“ ist ihr erster Roman.
>Giovanni Di Stefano kam im Dezember 1939 auf dem Landgut Magni nahe der sizilianischen Stadt Ragusa zur Welt und verstarb im Alter von nur 38 Jahren in Berlin, wo er seine Frau Karla, seine Tochter Patrizia und seinen Sohn Daniele hinterließ.<
Wie sich die Autorin selbst äußert, erzählt sie hier die wahre Geschichte ihres Vaters Gianni, der als Erfinder der Tiefkühlpizza gilt, um ihn nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Viele Recherchen mit der sizilianischen Verwandtschaft und den dortigen Behörden, in Berlin mit einigen damaligen Gastronomen sowie mit dem Archiv der Dr. Oetker AG waren nötig, um die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen. Neben diesen tatsächlichen Begebenheiten von damals ist die Rahmenhandlung im Heute mehr oder weniger frei erzählt. Patrizia, im Roman Tita genannt, hat das Landgut zwar geerbt, als sie aber auf Sizilien eintraf war der Familienbesitz jedoch bereits verkauft. Auch ein paar der Figuren hat die Autorin, nach eigenen Angaben, dazu erfunden, um das Geschehen lebendiger zu gestalten.
Der Schreibstil ist sehr flüssig und leicht zu lesen, nicht die große Literatur, aber dennoch gut geschrieben. Ein schöner Familienroman, der uns auf unterhaltsame Weise die Gegensätze der Insel nahe bringt. Wer schon auf Sizilien war, wird sich dort in der Landschaft und im Lebensgefühl wieder finden, die drückende Hitze fühlen und die leicht kühlende Brise vom Meer her empfinden, die mannigfachen Gerüche in der Luft riechen und das köstliche Essen mit seinen vielfältigen Gewürzen auf der Zunge spüren. Daneben macht die Autorin auch auf die wirtschaftlichen Probleme und die großen Herausforderungen, die mit dem Leben dort verbunden sind, aufmerksam. Authentisch sind die eingefügten italienischen Ausdrücke und Redewendungen, die auch ohne Sprachkenntnisse gut zu verstehen sind.
Fazit: Ein schönes Leseerlebnis, macht Lust auf Urlaub!