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Michael Kothe, Autor
Wohnort: 
Unterschleißheim bei München
Über mich: 
Michael Kothe, Jahrgang 1953, Diplom-Kaufmann und Wirtschaftsjurist, jonglierte über 30 Berufsjahre lang mit Worten auf Deutsch und Englisch. Davon leben heute seine Bücher und Erzählungen. Seinen Ruhestand genießen er und seine Frau bei München und in Galicien, dem grünen Norden Spaniens. Neben seinen Romanen schreibt er Kurzgeschichten allerlei Genres, die nicht nur seine eigenen Bücher füllen, sondern die Verlage in über zwei Dutzend ihrer Anthologien abgedruckt haben.

Bewertungen

Insgesamt 28 Bewertungen
Bewertung vom 23.09.2023
Ylva
Kutscher, Nathalie C.

Ylva


sehr gut

Gelungener Genremix aus Lesbian omance und Fantasy

Für Eilige:

Gespannt war ich auf den Genremix aus Lesbian Romance und Fantasy. Wie von Nathalie C. Kutscher gewohnt, erwartete mich auch in „Ylva – die verlorene Königin“ eine einfühlsam und liebevoll geschilderte Beziehung, bei der sich die Erotik dezent im Hintergrund hält. Die abenteuerliche Fantasy zeigt sich lebendig und recht gewaltarm.



Inhalt:

Während Ylva als Kind zu ihrem Schutz vor dem Weltenwolf Yadaei vom Königshof ihres Vaters einem abgelegen lebenden Clan anvertraut wird, wächst Nara zur Kriegerin heran, Yadaei soll den Eroberungsdrang ihres Volkes unterstützen und das Königreich Aluja von Ylvas Vater unterwerfen. Als Kinder begegnen sie sich in ihren Träumen, bei ihrem ersten Zusammentreffen sind sie in den Zwanzigern. Bis dahin haben sich ihre unterschiedlichen Verhältnisse zu Yadaei gefestigt. Doch ist ihre Rolle als Wolfshüterin anders, als sie sich vorgestellt haben.



Schreibstil:

Nathalie C. Kutscher legt den Schwerpunkt auf die Entwicklung ihrer beiden Protagonistinnen. Entsprechend einfühlsam ist der Roman geschrieben: Personen, Landschaften und Handlungen zeigen sich von ihrer besten Seite, lassen den Leser teilhaben am Schicksal zweier Hüterinnen und ihn eintauchen in eine Welt, die sich aufteilt in das wohlhabende Reich Aluja und die eher karge und unwirtliche Heimat der übrigen Völker, Stämme und Clans. Kutschers Sprache lebt von den Zweifeln und Ängsten der beiden Frauen und von ihrem Gefühl, dass ihre Schicksale untrennbar miteinander verwoben sind. Wie auch immer sie ihren Sinn für Frieden und Gerechtigkeit finden – inhaltlich und sprachlich ist das Buch ein dezenter Appell an Toleranz und Friedfertigkeit. Dementsprechend wird auch die handlungsbestimmende Gewalt nicht in blutrünstigen Szenen ausgebreitet, sondern zurückhaltend aus Ylvas Sicht gezeigt.



Fazit:



Nathalie C. Kutscher zeigt durch ihr Cross-Over von Fantasy und Lesbian Romance, dass sie nicht mit dem Altmeister der Fantasy in einen Wettstreit getreten ist. Doch muss sich wohl jeder Fantasyroman an Tolkiens „Herrn der Ringe“ messen lassen, regelmäßig ist das Niveau jenes bildgewaltigen Epos‘ schwer zu erreichen. „Ylva – die verlorene Königin“ holt den Abstand gehörig auf. Das große Plus ist die Ruhe, denn anders als in vielen Werken jonglieren keine Götter mit Welten, und keine blutrünstigen Königssöhne hetzen unendliche Heere aufeinander. Vielmehr eröffnet sich dem Leser eine Gefühlswelt, die von unterschiedlichen Traditionen geprägt ist. Zwischen Mythos und Mystik um den Weltenwolf tritt der Kampf um Aluja sehr in den Hintergrund, für mich ein Grund, dem Roman auf der üblichen Skala von fünf Punkten nur vier zu geben. Jedem, der beim Genre Fantasy nicht auf das Erleben „männlicher“ Zerstörungswut aus ist, sondern sich eine sanfte und gefühlsbetonte Erzählung mit mystischen Elementen wünscht, kann ich Kutschers Roman empfehlen und vermute, dass solche Leser sich auch an den liebevoll gezeichneten Städteansichten im Anhang erfreuen werden.

Bewertung vom 23.09.2023
Wie Spuren am See - Die Erbin
Baillon, Sibylle

Wie Spuren am See - Die Erbin


ausgezeichnet

Bestwertung für Plot und Schreibstil. Fesselnd!



Erster Eindruck

Obwohl ich Kriminalromane lieber lese und schreibe als Liebesromane, hat mich Sibylle Baillons „Wie Spuren am See – Die Erbin“ vom ersten Kapitel an magisch angezogen. Ein sympathisch blumiger Schreibstil offenbart die Gefühle der Protagonistin Isabella, in der sich Leserin und Leser sofort wiederfinden können. So beflügeln ihre Gedanken und die Dialoge die Fantasie, die unweigerlich der Handlung vorauseilt. Gelegentliche Widersprüche zwischen einer aus Gewohnheit vorbestimmten Absicht und der spontan entgegengesetzt getroffenen Entscheidung verführen durch sanfte Ironie zum Schmunzeln.



Inhalt ohne Spoiler

Als Isabella von einer überraschenden Erbschaft erfährt, denkt sie zuerst an einen Scherz. Ada, die ihr eine Villa bei Lindau vermacht hat, ist ihr gänzlich unbekannt. Ihr Mann Bernd drängt sie, das Anwesen ungesehen zu verkaufen, da es seiner Ansicht nach eine Belastung darstellt. Obwohl Isabella zustimmt, fasst sie spontan den gegenteiligen Entschluss, bricht unvermittelt auf und findet sich 400 km weiter in einem Setting wieder, das an die 20er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts erinnert. Sofort beginnt sie mit der Suche nach Anhaltspunkten, die Adas Schicksal beleuchten. Nach kurzer Zeit nimmt die Suche detektivische Züge an und führt zu einem so nicht erwarteten dramatischen Höhepunkt. Besondere Hilfe verspricht sie sich von ihrem Nachbarn Chris, dessen burschikose Art so gänzlich anders ist als Bernds nüchterner, manchmal pedantischer Charakter …



Schreibstil

Dass in dem Roman drei Künstler aufeinander treffen, spürt der Leser, sobald die Figuren auftreten: Isabella, Hauptfigur und Fotografin, der Schriftsteller Chris, und – in Rückblenden – Ada, zu Lebzeiten eine begnadete Schauspielerin und Malerin. Lebendig, gewürzt mit vielen Dialogen, die häufig vor Ironie sprühen oder philosophische Aspekte ausbreiten … Gedanken, Fantasien und Gewissensbisse der Protagonistin reihen sich aneinander und werden zu einem literarischen Feuerwerk aus farbenfrohen Bildern. Bunt, aber nie grell, eher pastellfarben und gegen Ende mit dramatisch dunklen Grautönen. Baillon versteht es, die Gefühlswelt Isabellas vor den Lesern so auszubreiten, dass denen die eigenen unterdrückten Träume, die Selbstzweifel und deren Überwindung ins Bewusstsein drängen. Unweigerlich identifiziert man sich mit Isabella. Was mir auffiel, ist das stetige Vorwärtsstreben in der Handlung. Auch ruhige Passagen sind auf eine Art und Weise geschrieben, die – zum Gemütszustand Isabellas passend – nur wenig Entspannung erlauben. Handlung und Schreibstil lassen den Leser nie verharren, auch bei einer im Grunde ruhigen Beschreibung von Adas Villa und ihren Gemälden richtet sich der Blick nach vorn und sucht nach den Auflösungen der Rätsel um Adas Schicksal und um Isabellas Bestimmung. Der Gebrauch unvollständiger Sätze, der Wechsel zwischen Normal- und Kursivschrift untermalen bestens die zur Sucht werdende Neugierde und die innere Zerrissenheit der Hauptfigur. Dazu kommt eine sich langsam aufbauende Dramatik. Und wie könnte man das treffender zum Ausdruck bringen als durch eine Erzählung aus der Ich-Perspektive?



Fazit



Für Liebhaber des Genres und auch für mich, der ich durch mein eigenes Scheiben nicht anders kann als analytisch zu lesen, ist manches vorhersehbar, was im Buch erst später offengelegt wird. Der Lesefreude tut dies indes keinen Abbruch, vielmehr fiebert man gerade deshalb mit den Figuren mit. Einerseits, weil sie einem ans Herz gewachsen sind, andererseits, um die eigenen Prognosen bestätigt zu wissen. Auf diese Weise fesselt „Wie Spuren am See“ sowohl Fantasie als auch Neugier – vom Mitfühlen mit den Sympathieträgern ganz zu schweigen. Sibylle Baillons Buch empfehle ich nicht nur Genrefans, sondern allen, die sich durch das Eintauchen in literarisch wiedergegebene fröhliche Bilder in Pastelltönen entspannen und die erleben wollen, wie sich die Dramatik letztendlich zum Guten wendet. Der Liebesroman hat die Bestnote redlich verdient.

Bewertung vom 23.09.2023
Tief
Croft, Mike

Tief


gut

Gewollt und nicht gekonnt

Erster Eindruck:

Da hat jemand Frank Schätzings Werk „Der Schwarm“ überarbeitet! Der Unterschied: Nicht die Natur richtet sich gegen den Menschen, der im Begriff ist, sie zu vernichten, sondern sie bittet ihn darum, die von ihm angerichteten Schäden wiedergutzumachen.



Inhalt:

Als ein einzelner Pottwal am Strand von Brighton in Großbritannien aufläuft, richten sich alle Bemühungen, auch die des Meeresbiologen Roddy Ormond, auf seine Rettung. Wenige Tage, nachdem das Tier erfolgreich seinem Element zurückgegeben wurde, werfen sich 78 Wale unterschiedlicher Spezies wieder auf den Strand. Bevor sie gerettet werden können, sterben sie. Hier kommt der Antagonist Rattigan ins Spiel, ein nach außen hin wohltätiger Milliardär. Nicht nur seine dunklen Geschäfte werden nach und nach dem Leser enthüllt, sondern auch sein Hass auf Ormond, den er seit ihren Studientagen kennt und dem er damals die Freundin ausgespannt hat. Erst spät erkennt Ormond in der Aktion der Wale einen Hilferuf, doch kann er sich nicht gegen die Medien und die Politik durchsetzen, die die Ursache dafür bislang erfolgreich vertuschen konnte.



Schreibstil:

Wie im Thriller üblich, fehlt die „innere Heldenreise“, also die Charakterentwicklung der Protagonisten. Nicht nur die Handlung, sondern auch die Sprache gibt ein rasches Tempo vor, sodass die gut 380 Seiten am liebsten „am Stück“ verschlungen werden wollen. Zahlreiche Dialoge wechseln mit eher kurzen Berichtssequenzen und recht vielen Selbstreflexionen ab. Auch der Wechsel der Perspektiven – einschließlich der Sicht und Gedanken des Pottwals Blackfin – macht den Thriller lebendig. Leider krankt die erste Hälfte des Romans an zahlreichen Wiederholungen schon ausgedrückter Vermutungen, und obwohl die Handlung samt Ergebnis schon früh vorhersehbar ist, versucht Croft beinahe krampfhaft, den Leser im Ungewissen zu lassen. Die Figuren sind durch ihre jeweilige Innenschau plastisch und lebendig dargestellt, wobei Rattigans kapitelfüllende Zerrissenheit zwischen Wohltätigkeit und Verbrechen und zwischen übertriebener Liebe zu seiner Tochter Ally und sein Hass auf Ormond übertrieben anmutet und nur dadurch erklärt werden kann, dass man ihn als Psychopathen einstuft. Hier wäre weniger mehr gewesen.



Fazit:

Wer Schätzings „Schwarm“ nicht kennt, mag mit „TIEF“ zufrieden sein, allen anderen Lesern ist der Thriller nicht zu empfehlen. Da schon früh zu erkennen ist, wie alle Handlungsstränge enden, wird die künstlich verschleppte Offenbarung zum Lesehindernis. Die erste Hälfte des Buches verzettelt sich in der Einführung der Figuren und Schauplätze und kommt einfach nicht auf den Punkt. Außerdem spielt Croft mit den in amerikanischen Actionfilmen beliebten Klischees, was alte Bekannt- und Liebschaften angeht, und so wirkt die Logik mancher Handlungen arg konstruiert. Daher landet „TIEF“ nur im Mittelfeld, der Roman hinkt zu sehr hinter Schätzings Original hinterher.

Bewertung vom 23.09.2023
Das Reich der Macht / Jack Ryan Bd.25
Clancy, Tom;Cameron, Marc

Das Reich der Macht / Jack Ryan Bd.25


sehr gut

Spannung trotz fehlenden Tiefgangs



Erster Eindruck

Thriller leben von Hektik, da ist Die Welt der Macht keine Ausnahme. Wie setze ich eine Handlung um Menschenhandel, Prostitution und politische Ränkespiele um? Mit der Beschreibung von Gewalt und einer passenden derben Sprache.



Inhalt ohne Spoiler

Während ein chinesischer Minister mit seinen Vertrauten Intrigen zum Wohle Chinas und zu seinem eigenen spinnt, setzt Amerikas Präsident Jack Ryan senior alles daran, seine Geheimdienste möglichst im Vorfeld jedes Vorgehen gegen die Vereinigten Staaten aufdecken zu lassen. Zur selben Zeit bekämpft Jack Ryan junior in den USA einen chinesischen Mädchenhändlerring. Irgendwann laufen die Handlungsfäden zusammen.



Schreibstil

Thriller leben von Hektik, ihnen ist immanent, dass der Leser nicht zum Atemholen kommen, sondern das Buch in einem Rutsch durchlesen soll. Auch Marc Cameron als Nachfolgeautor des 2013 verstorbenen Tom Clancy hält sich strikt an diese Regel. Egal, wer in der komplexen Handlung im jeweiligen Kapitel das Heft in der Hand hält, er trägt dazu bei, dass sich die Ereignisse überschlagen. Die Sprache, deren sich die Figuren befleißigen, passt zum Setting, in dem sie sich bewegen. Jack Ryan jr. und seine Kameraden vom Campus, einer privaten Geheimorganisation zum Wohle Amerikas, befleißigen sich eines derben Jargons mit nicht nur gelegentlichem Griff zur Fäkalsprache. Wen wundert’s, sind doch ihre bösen Gegenspieler recht gewalttätig, und da helfen keine frommen Sprüche. Gesitteter geht es in den Teppichetagen sowohl in Peking wie auch in Washington zu. Während der intrigante chinesische Minister auch Tötungsbefehle in wohlgesittete Worte zu kleiden weiß, bedient sich Jack Ryan sr. als Präsident nicht nur seinem persönlichen Bodyguard gegenüber eines sehr jovialen Tons. Neben diesen sprachlichen Feinheiten beeindruckt auch die Menge an statistischer Information über Menschenhandel, Wirtschaftsdaten und andere, was eine gründliche Recherche vermuten lässt – überprüft habe ich die Angaben nicht.



Fazit

Wegen der massenhaften Klischees kann ich mich der Erwartung nicht erwehren, die ich auch mit den Büchern von Dan Brown über die Abenteuer Professor Dr. Robert Langdons verbinde: Hat man eines gelesen, kennt man alle. Dennoch hält einen die Spannung im Griff. Gelungen ist die Beschreibung der unterschiedlichen Settings, hier entsteht Kopfkino. Einen weiteren Pluspunkt heimst der Thriller ein für die eingestreute Statistikinformation. Abstriche mache ich jedoch wegen der Klischees und der fehlenden Tiefe bei der Darstellung der Figuren. Zudem ist die Handlung mit reichlich vielen Beteiligten auf so viele Ebenen verteilt, dass ich recht schnell nicht mehr einzelne Figuren verfolgt habe, sondern nur noch die handelnden Institutionen. Wer Thriller mag und vor der ausgeprägten Darstellung von Gewalt und vor derber Ausdrucksweise nicht zurückschreckt, ist mit Die Macht der Welt gut bedient. Zarteren oder anspruchsvolleren Gemütern kann ich das Buch nicht empfehlen.

Bewertung vom 23.09.2023
Sünde des Schweigens
Georg, Rudolf

Sünde des Schweigens


ausgezeichnet

Sympathisch-pfiffiger Regionalkrimi aus Stuttgart

Die Idee...

... finde ich pfiffig. Einen Krimi »mit Regionalbezug« hatte ich vorher noch nicht gelesen, war also neugierig. So gewöhnte ich mich schnell an zwei Aspekte, die en vogue sind: die genaue Beschreibung von Fahrtrouten, Plätzen und Gebäuden auf der einen, die von Kochkünsten auf der anderen Seite. Beides hat mich in Stuttgarts Infrastruktur und Gastronomie eintauchen lassen. Nach Mali versetzt sah ich mich, wenn ich Margaretes Tagebucheinträge las. Georg ließ mich teilhaben an Jojas Gefühlen für seine neue Freundin Angelika, an seinem Gewissenskonflikt, den Zweifeln bezüglich seines Verdachts, an Problemen mit Kollegen und dem vorgesetzten Kanzleiinhaber und an der Beharrlichkeit, mit der er Beweise sammelt. Hilfe sucht er bei markanten Figuren. Beim Lesen war ich



Schreibstil:

Der Autor nimmt sich Zeit, den Leser mit »Joja« bekannt zu machen. Als Leser sollte man das wissen, um Jojas Gewissenskonflikt vor dem Hintergrund juristischer Vorgaben und der Gefahr richtig genießen zu können. Spannend baut Georg

seinen Kriminalfall auf und führt ihn konsequent-logisch der Auflösung zu. Dabei überrascht er den Leser stets durch neue Details. Flüssiger, teils humoriger Schreibstil mit Dialogen an der richtigen Stelle - schwäbische Mundart wie ein Gewürz bei einem kulinarischen Hochgenuss spärlich, aber pointiert eingestreut - fesselt. Nicht zu kurz kommen die Handlungsebenen um Liebe, Beruf und Gewalt. Wer dann noch ein Faible für klassische Autos hat, wird in »Sünde des Schweigens« und bei Jojas nächstem Fall erst recht auf seine Kosten kommen.



Fazit:

Georg legt uns ein rundum gelungenes Debütwerk vor. Ruhig und einfühlsam, dabei flott geschrieben, mit ausgereifter Charakterbeschreibung. Ein Augen-zwinkern hier und da verbindet sich mit der Ernsthaftigkeit des Gewissenskonflikts, der Joja schier zu zerreißen droht. Spannung ist nicht einfach da - sie wird aufgebaut und treibt den Blutdruck hoch. Dazu gibt Georg interessante Einblicke in die Welt der Paragraphen, ohne zu belehren. Das Ende ist so überraschend, dass es der juristische Laie (im Kontext der Geschichte) versteht und bewundert, dass es aber gewiss nicht jeder praktizierende Jurist erwartet oder überhaupt seine Grundlage gekannt hätte. Ich freue mich auf Jojas zweiten Fall, in dem er seine berufliche Existenz durch die Einmischung in einen Todesfall gefährdet.

Bewertung vom 23.09.2023
Sommer, Sonne, Schmetterlinge

Sommer, Sonne, Schmetterlinge


ausgezeichnet

Von Mitgefühl bis Gänsehaut


Erster Eindruck:

Nein, Love-Stories gehören gewiss nicht zu meinem Lieblingsgenre! Als aber einer der Autoren mir die kleine Sammlung vermachte, las ich gleich seine kurze Liebesgeschichte – und war begeistert. Die übrigen Erzählungen sind in einem anderen Stil geschrieben und regen andere Saiten des Lesers an. Jedoch gibt es keine einzige Geschichte, die mir nicht gefallen hätte.


Inhalt:

Sechzehn Liebesgeschichten umfasst das Büchlein, alle mit einer gefühlten Lesezeit zwischen fünf und zehn Minuten. Verschmähte Lieben, die wiedergefunden werden wollen, Enttäuschungen wegen eines verpassten oder vermeintlich unmöglichen Wiedersehens … oder auch die Geschichte »Wineglass Bay« eben jenes Autors, die so unschuldig beginnt und mit ihrem Ende bei mir eine Schockstarre auslöste. Mit diesem (hervorragenden!) Schluss hatte ich nicht gerechnet. Die meisten Enden sind jedoch – dem Genre ist’s geschuldet! – vorhersehbar. Das tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch. Alle sind für die eine oder andere Träne der Rührung gut, wie man es erwartet. Das Päckchen Tempo muss aber nicht in Griffnähe bereitliegen.



Schreibstil:

Eine Geschichtensammlung zu analysieren, fällt sogar mir als Autor schwer, der liest, um schriftstellerisches Handwerk zu werten und daraus auch für sich „Honig zu saugen“. Britta Bendixen hat jedoch eine Anthologie zusammengestellt, die diesen Namen verdient. Jede im Buch vertretene Autorin, jeder Autor stellt ein schriftstellerisches Können unter Beweis, mit dem sie oder er sich nicht scheuen müsste, ein größeres Werk zu schreiben. Alle Geschichten fangen treffend die gelöste Stimmung einer Urlaubsidylle ein oder die Niedergeschlagenheit einer „Sitzengelassenen“ und lassen den Leser eintauchen in das geschilderte Bild etwa vom Traumstrand, vom spanischen oder italienischen Ristorante. Spritzige Dialoge wechseln mit malerischen Beschreibungen ab, Sprache und Gedanken passen zum Setting, die Figuren sind plastisch und greifbar vorgestellt. Trotz der vorhersehbaren unvermeidlichen happy Ends mag man als Leser das Buch einfach nicht zur Seite legen, so sympathisch und einfühlsam wird hier geschrieben. Deutlich wird hierbei der Unterschied in Handlung und Stil zwischen Autorinnen und Autoren. Bei der Anzahl der Geschichten hat Venus gegenüber Mars die Nase vorn.


Fazit:


Britta Bendixen, in der ich sonst eher eine Krimnalschriftstellerin sehe, legt als Herausgeberin mit »Sommer, Sonne, Schmetterlinge« ihren Leserinnen und Lesern eine Sammlung sympathischer, eindringlich und auch stilistisch gut geschriebener Love-Stories vor, die zum Mitfühlen und zum Träumen einladen. Oftmals Gänsehaut-Geschichten. Ach ja – noch eins! Was in Anthologien selten zu finden ist, findet hier meine Hochachtung: Der Verzicht auf jegliche Rechtschreib- und Grammatikfehler. Stattdessen stößt der Leser trotz der unterschiedlichen Schreibstile der versammelten elf Autor*Innen stets auf ein gehobenes Sprachniveau. Chapeau!

Bewertung vom 23.09.2023
Die Blutkönigin / Schattenelfen Bd.1
Hennen, Bernhard

Die Blutkönigin / Schattenelfen Bd.1


ausgezeichnet

Ein Thriller im Gewand eines Fantasyromans



Erster Eindruck:

Was bringt mir der neue Bestseller des deutschen Fantasyautors Bernhard Hennen? Als Verfasser eines eigenen Fantasyromans und einiger Kurzgeschichten auch in diesem Genre interessierten mich Schreibstil und Aufbau beinah mehr als die Handlung. Ich gestehe, dass ich anfangs so wenig angetan war, dass ich überlegte, das Buch aus der Hand zu legen. Doch mein Durchhalten hat sich gelohnt: Romantisches wie auch Gewalt und Brutalität machen diese Fantasy zum Thriller. Von amerikanischen Autorinnen und Autoren bin ich eine solche Mischung auf dem hohen Niveau der „Schattenelfen“ nicht gewohnt.



Inhalt ohne Spoiler:

Elfen sind niedliche geflügelte Geschöpfe, die über Blüten schweben und magischen Staub streuen, um die Natur in Regenbogenfarben erstrahlen zu lassen? Mitnichten! Langollion ist eine Idylle der Freiheit und des Wohlstands im Reich Albenmark und daher das Ziel aller ‚Albenkinder‘, Zentauren, Kobolde, Trolle und anderer Bewohner. Alles wird jedoch nur aufrecht erhalten durch die Intrigen der jahrhundertealten Elfenfürstin Alathaia und ihrer Kinder, die für sie spionieren und meucheln. Ihre Gegnerin ist die Elfenkönigin Emerelle, die die übrigen Länder mit eiserner Hand regiert, und beide sind Meisterinnen in Verrat und Hinterlist. Doch in diesem Schachspiel um die Vorherrschaft in der Albenmark und mit reichlich vielen Bauernopfern verfolgt noch ein anderes Wesen seine perfiden Pläne. Und so werden die Elfen Laurelin und Adelayne zum Spielball der Mächtigen, bestimmen aber letztendlich auch das Schicksal des ganzen Landes.



Schreibstil:

Hennen überzeugt durch einen lebendigen, handlungsgetriebenen Schreibstil. Dialoge, Gedanken und Handlung wechseln einander ausgewogen ab. Seine abwechslungsreiche Sprache harmoniert mit dem Setting, passt sich ständig der jeweiligen Umgebung an und gibt die hervorstechenden Charakterzüge der gerade im Mittelpunkt stehenden Figur treffend wieder. Thrillermäßig geschrieben, lässt der Roman den Leser nach einer dramatischen, jedoch wegen des Wechsels zwischen Elfen, Trolle und Tieren chaotisch wirkenden Eingangssequenz nicht Atem holen. Gefühlte hundert kurze Kapitel aus der jeweiligen Sicht der zahlreichen, aber nicht nur der wesentlichen Figuren offenbaren dem Leser aus ebenso vielen Blickwinkeln das Leben bei Hofe oder in der Wildnis. Nach einem Zehntel des Romans führt der Autor die Handlungsstränge so weit zusammen, dass die Geschichte dahinter verständlich wird. Dennoch spart er wichtige Details auf, um sie später häppchenweise preiszugeben. Orte und Handlungen präsentieren sich so plastisch, dass man sich hineinversetzt glaubt. Die interessant gestalteten Figuren sind dreidimensional, der Leser sieht sie vor sich, fühlt, hofft und bangt mit ihnen. Was verwundert, ist, dass Hennen zahlreiche Figuren, die ganze Handlungsstränge beherrschen und denen er oft genug mehrere Kapitel widmet, sterben lässt, nachdem der Leser lange mit ihnen gelebt hat. So erhalten die Intrigen eine weitere Betonung.



Fazit:

Durchhalten ist angesagt! Die ersten 80 der beinahe 800 Seiten füllt Hennen mit der Vorstellung einiger Figuren und der Albenmark. Obwohl hier schon reichlich Handlung einfließt, erschließen sich dem Leser die Handlungsstränge erst danach, wenn sie sich einander annähern. Dann geht es rasant vorwärts. Jedes Kapitel eröffnet einen neuen Blickwinkel und fesselt. Als Leser fiebert man nicht nur dem Fortschreiten der Handlung entgegen, sondern fragt sich auch, wann man endlich die Figuren wiedertrifft, die einen ein paar Kapitel vorher fasziniert haben. Hennen präsentiert einen hervorragend geschriebenen Thriller im Gewand bester, packender epischer Fantasy!

Bewertung vom 23.09.2023
Kuss der Dunkelheit / Night Rebel Bd.1 (eBook, ePUB)
Frost, Jeaniene

Kuss der Dunkelheit / Night Rebel Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Lesenswerte Selbstironie zwischen Düsternis und Erotik



Überblick:

Als Autor mit gelegentlichen Abstechern in die Sub-Genres Urban Fantasy und Dark Fantasy reizte mich nach einem Blick in die Leseprobe die Frage, ob mich Jeaniene Frost mit dem Spagat zwischen dem düsteren Genre einer Vampirgeschichte und ihrem locker-frivolen Schreibstil überzeugen könnte. Kurze Antwort: Sie konnte – wenn auch anders, als ich erwartet hatte.



Inhalt ohne Spoiler:

Highlander – Es kann nur einen geben! Das war der Gedanke, der mir nach etwa dreißig Seiten kam. Zwei Kontrahenten verbünden sich notgedrungen gegen einen Dritten, und sobald sie jenen zur Strecke gebracht haben, wenden sie sich gegeneinander. So die gleich lautende Absicht der attraktiven vampirischen Gesetzeshüterin Veritas und dem sexuell ausschweifenden und nichtsdestoweniger burschikos-sympathischen Vampir Ian. Der hatte mit dem Dämonen Dagon, eigentlich einem Erzfeind der Vampire, einen Pakt geschlossen, den er annullieren möchte, Veritas hat mit Dagon auch ein Hühnchen zu rupfen und nutzt Ian als Köder. Unsterblich sind alle drei. Und sie setzen magische Kräfte ein, von denen weder der jeweils andere Protagonist noch wir uns hätten träumen lassen.



Schreibstil:

Sofort fällt auf, wodurch dieses Buch sich von anderen abhebt: Es ist ein Roman aus der Ich-Perspektive von Veritas. Schon nach den ersten Kapiteln merkt der Leser, dass er nicht gerade vom Thrill lebt. Die Aufgabe, der sich die Protagonisten annehmen, bleibt nach ihrer Vorstellung am Beginn des Buchs lange im Hintergrund, die Spannungsbögen sind jeweils recht kurz. Doch hat die Handlung bemerkenswerte Konkurrenz: Neben einem Einblick in die Welt der Vampire, in ihre Organisation, ihre Fähigkeiten und Schwächen gewährt Jeaniene Frost die intensive Teilnahme an den Gefühlen der beiden Helden – und bedient sich eines leichtfüßigen und humorvollen Schreibstils. Die Gefühle sind tief; regelmäßig zielen sie unter die Gürtellinie, Augen und Hände ebenso. Das zeigt sich in der Sprache nicht nur bei den bissig-frivolen Dialogen, die erfrischend zahlreich die Geschichte auflockern. So ist die Ausdrucksweise eindeutig erotisch, aber jugendfrei und sympathisch. Vor allem durch die Selbstironie der Ich-Erzählerin wirkt sie erheiternd. Und wenn die Protagonisten sich seufzend der Probleme aus ihrer Vergangenheit widmen, kann sich der Leser dieser Stimmung nicht entziehen. Überhaupt sind die Charaktere von Veritas und Ian so greifbar detailliert, dass ich mich sofort in beide hineinversetzen konnte, wobei es leichter fiel, mich mit der Erzählerin zu identifizieren.



Fazit:

Einen Weltbestseller hat Jeaniene Frost nicht gerade geliefert. Dafür ist schon das Sub-Genre Vampirroman in einer zu engen Nische der Literatur. Zudem bin ich mir nach dem Lesen immer noch nicht ganz klar, ob es sich um ernst gemeinte Dark Fantasy handeln soll oder eher um erotische Literatur. Beidem ist es nicht zu 100% verbunden. Wer zum Lachen in den Keller geht, sollte von diesem Buch die Finger lassen. Für Genre-Liebhaber, erst recht für Hardcore-Fans ist es kein Must-have. Es ist eine höchst sympathische Unterhaltung für alle, die sich gern hineinziehen lassen in eine geheimnisvolle Atmosphäre, die sich aber nicht finster präsentiert. Der ausgezeichnete Sprachwitz und die liebevolle Gestaltung der heldischen Kontrahenten machen »Night Rebel – Kuss der Dunkelheit« trotz der beinahe im Hintergrund ablaufenden Handlung zu einem lesenswerten Buch. Jeaniene Frost hat den Drahtseilakt zwischen düsterer Atmosphäre und flottem Schreibstil gemeistert. Dabei verdankt sie meine Punktwertung „vier wohlverdiente von fünf Sternen“ mehr der Kür der unterhaltsamen, ironisch-erotischen Ausdrucksweise als der Pflichtübung eines angekündigten spektakulären Abenteuers.

Bewertung vom 23.09.2023
Mr. Parnassus' Heim für magisch Begabte
Klune, T. J.

Mr. Parnassus' Heim für magisch Begabte


ausgezeichnet

Bestnote für ein bezauberndes Buch



Erster Eindruck

Als Fantasy-Fan und Verfasser fantastischer Geschichten und Romane wollte ich wissen, was T.J. Klune bei diesem Titel an Inhalt und Schreibstil bietet. Magisch begabte Minderjährige? Statt Hogwarts mal eben Waisenhäuser? Harry Potter lässt grüßen? Weit gefehlt! Vor dem Leser erhebt sich eine Welt fantastischer und bunter als die von Anne K. Rowling. Mit dem Fokus auf einen gewissenhaften und kleingeistigen Beamten schildert Klune Ereignisse, die nur der ängstliche Protagonist so abenteuerlich erlebt. Zwar auch für den Leser paranormal, werden die magischen Fähigkeiten der besuchten Kinder für Linus Baker zur größten Herausforderung seines Lebens, übersteigen sie doch alles, was er in seiner 17jährigen Dienstzeit erlebt hat. Die Beobachtung seiner Reaktionen, Gedanken und widerstreitenden Gefühle lassen den Leser schmunzeln und mit dem sympathischen Mann, der stets auf das Wohl der Kinder bedacht ist, mitfühlen. Auch die Ironie, die Klunes Schreibstil durchgängig innewohnt, trägt dazu bei, das Buch und seine Figuren ins Herz zu schließen.



Inhalt ohne Spoiler

Mr. Linus Baker, Beamter der Behörde für die Betreuung magischer Minderjähriger (BBMM), wird aus der Bahn geworfen, als er vom Allerhöchsten Management einen brisanten Auftrag erhält: die Überprüfung eines abgelegenen Waisenhauses unter der Leitung von Arthur Parnassus. Hat der seine Schützlinge im Griff? Schon die Fahrt ist für Linus ein unwillkommenes Abenteuer. Seine Unruhe nährt sich von der Frage, was ihn nach einer düsteren Andeutung des Managements erwartet. Natürlich reift er charakterlich mit dem Fortschritt, den er bei der Erfüllung seiner Aufgabe erzielt. Aber wird er sich nicht doch übernehmen, denn er fühlt sich nicht willkommen geheißen?



Schreibstil

Mit Linus Baker hat Klune eine Figur geschaffen, die zu begleiten sich lohnt. Die Blicke anderer auf ihn wie auch die detaillierte Beobachtung jedes seiner Handgriffe zeichnen einen anfangs überängstlichen Protagonisten. Selten hat sich mir in einem Buch ein Charakter so dreidimensional, so plastisch vorgestellt! So wirkt trotz aller Paranormalität die innere Heldenreise Bakers authentisch. Dazu trägt auch die Sprache bei. Zwar gespickt mit Adjektiven zeigt sie einen Fächer von Stimmungslagen von Urangst bis Lebensfreude, die der Welt der Magie genauso angemessen sind wie die düsteren Vorahnungen des Helden wider Willen. Die Dialoge sind herrlich, zeichnen sie doch nicht nur, was seine Mitgeschöpfe von ihm halten, sondern in ihren härter werdenden Konturen seine charakterliche Reifung. Dazu häufige Selbstgespräche, sein der Absicht entgegengesetztes Handeln und die verbalen Steigerungen! Alles sitzt, jeder Ausdruck passt. Nicht vergessen darf der Leser, dass sich Figuren in seiner Erinnerung an ein Buch stärker festsetzen als Handlungen. Hier hat der Autor alle Register gezogen, um sowohl Linus Baker wie auch seinen vermeintlichen Widersacher Mr. Parnassus und seine Zöglinge einprägsam zu gestalten. Auch den Gefühlen bei der Schilderung zweier Liebesbeziehungen gibt ein die Seele des Lesers streichelnder Schreibstil eine angemessene Bedeutung.



Fazit

Ein kurzweiliges Buch über einen wirklichen Sympathieträger. Der Leser fragt sich von der ersten Seite an, welche Herausforderung auf Linus Baker wartet und wie er sich ihr stellen mag. Schließlich ist er als Mensch hin- und hergerissen zwischen seiner repressiven Beamtenpflicht und der Überzeugung, zum Wohle der begutachteten Kinder zu handeln. Von letzterer lässt er sich ebenso überraschen wie treiben. Nicht nur, wer »Die Insel der besonderen Kinder« von Ransom Riggs gelesen oder als Tim Burtons Verfilmung gesehen hat, wird dieses Buch lieben. Die reizvolle Schilderung auch von Petitessen lädt zum Träumen ein und macht es zu einem Kleinod aktueller Fantasy. Dazu kommt ein unterschwelliger Appell an unsere Toleranz. Für dieses Lesevergnügen hat T.J. Klune die Bestnote verdient. Vom ersten Wort bis zum Epilog ein im wahrsten Sinne bezauberndes Buch!

Bewertung vom 23.09.2023
Miez Marple und die Kralle des Bösen / Miez Marple Bd.1 (1 MP3-CD)
Navarro, Fabian

Miez Marple und die Kralle des Bösen / Miez Marple Bd.1 (1 MP3-CD)


sehr gut

Tierisch gute Unterhaltung



Für Eilige:

Einen Katzenkrimi in der Hand zu halten, verspricht Spannung. Nicht nur des Genres wegen, sondern auch in Bezug auf die Realitätsnähe „tierischen“ Verhaltens. Fabian Navarro hat mich nicht enttäuscht. Dazu kommt ein sympathisch erfrischender Schreibstil.



Inhalt:

Miez Marple, die stadtbekannte Katzendetektivin, hat sich aus allen Ermittlungen zurück­gezogen und erfreut sich des Lebens als normale Hauskatze, als ihr Kamerad und Assistent Watson unter falschem Verdacht verhaftet wird. Der Produzent berühmter Katzenvideos mit Florian Silberschweif wurde ermordet, und der prominente Kater ist verschwunden. Das ist erst der Anfang einer Kette verbrecherischer Untaten durch die Katzenmafia und ihrer geheimnisvollen Gegenspielerin, durch kriminelle Hähne und einen mörderischen Hummer. Bei der Aufklärung geraten sich Miez Marple und die Katzenpolizei gegenseitig ins Gehege.



Schreibstil:

Die Vermenschlichung von Katz' & Co glaubhaft darzustellen, ist eine Herausforderung, der sich Navarro auf humorvolle Weise erfolgreich gestellt hat. Seine Darstellung kätzischer Verhaltensmuster wie auch die gut durchdachten kriminellen Handlungen und Organisationen kann ich als Katzenhalter und Autor als authentisch – zumindest als plausibel – bestätigen. Der lebhafte Schreibstil wird ergänzt durch den sympathischen Widerspruch aus detektivischem Ehrgeiz und dem unvermittelten Folgen angeborener Instinkte. Das bezieht den Leser in die Szene ein – zumindest, wenn er wirklich Katzen kennt. Das Lecken der Pfoten und das Kratzen hinter den Ohren führen gelegentlich zu abrupten Abbrüchen krimineller oder aufklärender Handlungen. Die Vielfalt der Protagonisten von Mäusen über Tauben bis hin zu Menschen, die bis auf Miez Marples Frauchen Agathe Christiansen nur schemenhaft auftreten, beschert eine weitere Auflockerung von Geschehen und Klischees. Auch die spielerisch genutzte Lautmalerei bei der Namensähnlichkeit mit real existierender Prominenz macht als Stilmittel den Roman unterhaltsam.



Fazit:



Auf einer Fünf-Sterne-Skala gebe ich „Miez Marple und die Kralle des Bösen“ gute vier Sterne. Bestens unterhalten haben mich die Idee und die Beobachtung der tierischen Protagonisten. Die Verbrechen wie auch ihre Aufklärung könnten vergleichsweise auch in der Menschenwelt geschehen, ihre Schilderung ist lebhaft und mitreißend. Spannung ergibt sich aus der Handlung ebenso wie aus der Erwartung, ob tierisches Verhalten das Geschehen unterstützt oder ihm entgegensteht. Leider zerfällt das dritte Viertel des Buches in zu viele Handlungsfäden und trübt so zeitweise den Überblick und die Spannung. Außerdem betont Navarro an diesen Stellen die Hektik und verlässt das sonst so angenehm ruhige Fahrwasser tierischer Geruhsamkeit. Das Buch empfehle ich nicht nur Katzenliebhabern, sondern allen Krimifreunden, die Freude haben an einem lebendigen Schreibstil und einem etwas skurrilen Setting.