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Putzibaer

Bewertungen

Insgesamt 30 Bewertungen
Bewertung vom 01.10.2024
Wer mit den Wölfen heult / Die Canterbury-Fälle Bd.2
Duncan, Tessa

Wer mit den Wölfen heult / Die Canterbury-Fälle Bd.2


sehr gut

Wölfe im Schafspelz

​​​​​Im zweiten Band der Canterbury-Fälle von Tessa Duncan ermittelt die Psychotherapeutin Lily Brown in einem Fall von Mobbing innerhalb der Polizeibehörde in Dover. Sie stößt bei den Polizisten auf eine Mauer des Schweigens sowie auf Vertuschung von kriminellen Handlungen. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, dem Profiler Dan Baker, versucht sie, die Täter zu identifizieren und zu überführen.

In einem zweiten Handlungsstrang führt Lily eine Therapie zum Thema plötzlicher Kindstod durch. Beide Fälle verlangen der Protagonistin viel ab, zudem wird ihr Leben kompliziert durch Dans Beziehung zu seiner Noch-Ehefrau, die ein Kind von ihm erwartet.

Lily Brown zeigt sich bei ihrer Arbeit sehr engagiert und kompetent. Im Privatleben erlebe ich sie durchaus auch mal selbstunsicher und impulsiv, also durch und durch menschlich. Dass sie nicht immer souverän handelt, macht ihre Figur umso glaubwürdiger.

Die Ermittlungen innerhalb der Polizei sind sehr spannend zu lesen und sehr gut recherchiert. Die Machenschaften mehrerer Polizisten und ihrer Vorgesetzten, die sich an tatsächliche Kriminalfälle anlehnen, sind erschreckend. Man mag sich kaum vorstellen, was sich für ein moralischer Sumpf hinter der nach außen anständig erscheinenden Fassade verbirgt. Das Buch ist recht komplex durch die verschiedenen Handlungsstränge und das Privatleben der Therapeutin, aber dadurch wird es auch nie langweilig. Man möchte es am liebsten in einem Rutsch durchlesen.

"Wer mit den Wölfen heult" kann durchaus ohne Kenntnis des ersten Bandes der Canterbury-Serie gelesen werden. Allerdings scheint es gerade im Hinblick auf Lilys und Dans Liebesbeziehung sinnvoller zu sein, die Bücher hintereinander zu lesen.

Mir hat der Roman spannende Lesestunden bereitet und ich empfehle ihn gerne weiter!

Bewertung vom 21.09.2024
Familienbande
Fossum, Karin

Familienbande


weniger gut

Kein Krimi

"Familienbande" ist das Prequel zu der neuen Serie der norwegischen Autorin Karin Fossum, deren erster Band "Nachtläufer" bereits im März dieses Jahres erschienen ist. Die Leser und Fans von Fossums voriger erfolgreichen Krimireihe um Kommissar Konrad Sejer werden von diesem Buch sicher etwas anderes erwartet haben. Es handelt sich diesmal nicht um spannende Ermittlungsarbeiten eines Polizeiteams sondern um endlos diskutierte psychologische Untiefen und dysfunktionale Beziehungen der beiden Protagonisten, die ein Motiv haben, ihre Mutter zu töten. Der Todesfall tritt erst relativ spät in der Geschichte ein. Es handelt sich keineswegs um einen Kriminalroman sondern vielmehr um ein Familiendrama, das sich ausgiebig mit desolaten verwandtschaftlichen Beziehungen und die durch sie hervorgerufenen psychischen Störungen der Betroffenen beschäftigt.

Nennenswerte Ermittlungen finden nicht statt. Auch auf Spannung wartet man vergeblich. Tatsächlich hat Kommissar Eddie Feber, um den sich die neue Serie drehen soll und der von seiner Persönlichkeit her durchaus Potenzial besitzt, erst 22 Seiten vor Ende des Buches einen einzigen Kurzauftritt. Enttäuschend!

Wer deprimierende Schilderungen trauriger und hoffnungsloser Lebensläufe lesen mag, kann hier auf seine Kosten kommen. Aber für mich ist Karin Fossum in diesem Psychosumpf von ihrer Spur abgekommen und ich gebe dieser Mogelpackung daher nur 2 Sterne.

Bewertung vom 10.08.2024
Salute - Der letzte Espresso
Kalpenstein, Friedrich

Salute - Der letzte Espresso


ausgezeichnet

Mord im Urlaubsparadies

Der Einstieg in die neue Krimi-Reihe von Friedrich Kalpenstein, "Salute - Der letzte Espresso", enthält eigentlich alle Zutaten für die erfolgreiche Auswanderung in eine italienische Urlaubsregion. Paul Zeitler hat seinen Job an den Nagel gehängt, seine Ex-Frau hinter sich gelassen und München gegen den Gardasee eingetauscht. Dort betreibt er ein Café, genießt Landschaft, Wetter, einheimische Küche und seine netten Nachbarn. Ja, bis ein Gast in seinem Lokal ermordet wird.

Und damit wird die Aussteigeridylle nachhaltig gestört. Zeitler wird selber verdächtigt, Freunde und Nachbarn werden in kriminelle Aktivitäten verwickelt. Der ehemalige Polizist kann dabei nicht tatenlos zusehen und stellt eigene Ermittlungen an, womit er sich bei dem zuständigen Commissario Lanza nicht beliebt macht.

Neben diesem Kontrast von Licht und Schatten im beschaulichen Bardolino lebt dieser Gardasee-Krimi von einer ganzen Reihe liebevoll gestalteter - und manchmal auch recht skurriler - Charaktere. Allen voran der sympathische Café-Besitzer, der eigentlich nur unbehelligt sein neues Leben genießen möchte, aber durch die Umstände ständig helfen, schlichten und beschützen muss. Wie nennt es Commissario Lanza? "Einmal Polizist, immer Polizist".

Die Verbrechen werden aufgeklärt, wobei es den Lesern nicht leicht gemacht wird, den Mörder zu enttarnen. Damit ist ein spannendes Miträtseln garantiert. Und gleichzeitig gelingt es dem Autor, der Geschichte durch humorvolle Beobachtungen Leichtigkeit zu verleihen.

Dieser erste Band der neuen Kalpenstein-Serie wird Fans von Wohlfühl-Krimis, die mit einem Augenzwinkern erzählt werden, begeistern!

Bewertung vom 16.02.2024
Blutrot / Die Áróra-Reihe Bd.2
Sigurðardóttir, Lilja

Blutrot / Die Áróra-Reihe Bd.2


ausgezeichnet

Ausgezeichneter Island-Krimi!

"Blutrot" ist der zweite Band einer Trilogie, den man aber sehr gut als Stand-alone lesen kann. Und um es gleich vorweg zu nehmen:  Diese spannende Geschichte ist der beste Krimi, den ich seit langer Zeit gelesen habe. Sie wird in kurzen Kapiteln und dadurch in einem hohen Tempo und sehr spannend erzählt. Der Island-Krimi weist dabei nicht die oft typische düstere Atmosphäre dieses Genres auf - einer Mischung aus unwirtlichem Winterwetter, menschenleeren Landschaften und depressiven Akteuren -, was eine angenehme Abwechselung ist. Das Buch verfügt über einen interessanten Plot mit überraschenden Wendungen: wurde überhaupt ein Verbrechen begangen und wenn ja welches? Eine Entführung, ein Mord oder das Vortäuschen einer Straftat? Die überzeugenden Ermittlungsarbeiten werden von gut gezeichneten, originellen und sympathischen Charakteren geleistet, die man gerne in weiteren Bänden bei ihrer Arbeit begleiten würde. Durch Einblicke in ihr Privatleben bekommen diese Hauptfiguren noch weitere Facetten. Die größere Zahl an Verdächtigen, zu denen verschiedene falsche Spuren führen, erlaubt ein spannendes - wenn auch nicht immer erfolgreiches -  Mitraten bei der Suche nach dem Täter.

Insgesamt macht die Lektüre Lust auf weitere Bücher der Autorin!

Bewertung vom 31.01.2024
Die Vergeltung auf Neuwerk
Heymann, Dieter

Die Vergeltung auf Neuwerk


sehr gut

Spannender Regionalkrimi aus Norddeutschland

"Vergeltung auf Neuwerk" ist das erste Buch, das ich von Dieter Heymann gelesen habe. Vorweg: Die Krimigeschichte ist spannend erzählt und hat mich gut unterhalten. Durch die sehr genauen Beschreibungen des Autors - man merkt dabei, dass er eine enge persönliche Bindung zur Insel hat - hat man das Gefühl, bei den Ermittlungen vor Ort dabei zu sein. Die handelnden Personen und die verschiedenen Örtlichkeiten hat man fast bildlich vor Augen. Der Spannungsbogen wird durchgehend aufrecht erhalten: Der Leser wird Zeuge der Morde und hofft dabei, dass die Opfer doch noch entkommen. Obwohl die Taten recht brutal sind, liegt darauf glücklicherweise nicht das Hauptaugenmerk der Geschichte sondern vielmehr auf der überzeugenden Ermittlungsarbeit des Hauptkommissars und seines Teams.

Auch wenn ich die Vorgeschichte dieses Bandes - "Das Sterben auf Neuwerk" - noch nicht gelesen habe, hatte ich keine Schwierigkeiten, den Handlungen und den Beziehungen der Protagonisten untereinander zu folgen. Für mich gibt es eine klare Leseempfehlung für diesen Regionalkrimi.

Bewertung vom 09.09.2023
Sheloquins Vermächtnis
Rose Billert, Brita

Sheloquins Vermächtnis


sehr gut

Kampf gegen Unrecht

In dem spannenden Ethnokrimi "Sheloquins Vermächtnis", der in British Columbia spielt, erzählt Brita Rose Billert, wie auch im 21. Jahrhundert immer noch weiße Kanadier versuchen, die indianischen Ureinwohner um ihren Landbesitz zu betrügen und in ihrer Habgier auch nicht vor Mord zurückschrecken. Im Mittelpunkt ihres Romans stehen Angehörige des Stammes der Squamish, die ein enges und naturverbundenes Verhältnis zu ihrem Land haben, das sie vor Ausbeutung schützen wollen. Ihre Weigerung, das Land an Investoren zu verkaufen, führt zu einer Welle von Gewalt.

Man merkt der Autorin an, wie sehr sie den Natives in Nordamerika durch persönliche Beziehungen verbunden ist. Sie vermittelt sehr emphatisch und kenntnisreich einen Einblick in ihre Geschichte, Gedankenwelt und besonders ihr Verhältnis zu dem Land, auf dem sie leben. Die Geschichte, die auf einer wahren Begebenheit beruht, lässt die Autorin in ihrem Buch ein versöhnliches Ende finden.

Bewertung vom 11.01.2023
Das College
Ware, Ruth

Das College


ausgezeichnet

Psychologisch fundierter Kriminalroman

Ruth Wares Buch "Das College" richtet sich nicht an Leser, die atemberaubende Spannung und blutige Gemetzel suchen. Stattdessen glänzt sie mit ausgefeilten Charakteren und den dramatischen Auswirkungen, die deren Beziehungen untereinander haben.

In einem Elite-College in Oxford trifft eine bunte Mischung von Studienanfängern aufeinander. Es gibt die verwöhnten, reichen Absolventen elitärer Privatschulen wie auch feierfreudige junge Menschen, die vor allem die Geselligkeit der Studienjahre genießen wollen, ehrgeizige Streber, die die Uni als Sprungbrett für eine lukrative Karriere nutzen, sowie weniger betuchte junge Menschen, die es nur dank ihrer Begabung an das renommierte College geschafft haben und dankbar für diese Chance sind.

Die sympathische Protagonistin Hannah freundet sich mit einem Kreis von Kommilitonen an, die unterschiedliche Probleme haben: Prüfungsängste, unglückliche Liebesbeziehungen, Eifersucht, mangelnde Begabung, Abhängigkeit. Unter der freundschaftlichen Oberfläche gären Antipathien, Schikanen, Betrug. Dies führt schließlich zur Ermordung einer Studentin, für die ein unschuldiger, wenn auch unsympathischer Collegemitarbeiter verurteilt und ins Gefängnis gesteckt wird.

Erst zehn Jahre nach dem Mord beginnt Hannah, angeregt durch die Recherchen eines Journalisten, nach dem wirklichen Täter in ihrem alten Freundeskreis zu suchen, wodurch sie in immer größere Gefahr gerät.

Parallel zu dem Kriminalfall wird Hannahs Privatleben geschildert, ihre Ehe mit einem ehemaligen Kommilitonen, mit dem sie ihr erstes Kind erwartet. Diese private Beziehung spielt in die Tätersuche mit hinein und führt zu einigen Verwicklungen.

Das Buch, das eher ein Kriminalroman als ein Thriller ist, bietet neben viel britischem Lokalkolorit psychologisch fundierte Beziehungsanalysen, die nicht nur unterhaltsam sind sondern auch aufzeigen, wie unsere Wahrnehmung von Menschen und den von ihnen möglicherweise begangenen Taten durch Sympathien und Antipathien beeinflusst werden.

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 08.12.2022
EAST. Welt ohne Seele / Jan Jordi Kazanski Bd.1
Jensen, Jens Henrik

EAST. Welt ohne Seele / Jan Jordi Kazanski Bd.1


weniger gut

Weit unter dem späteren Bestseller-Niveau

Das Buch wurde vor 25 Jahren geschrieben und ist dementsprechend vom Inhalt her überholt. Der Autor war noch weit von seinen späteren Schriftstellerqualitäten, die er bei Oxen unter Beweis stellte, entfernt. Dass es jetzt erst übersetzt und auf den deutschen Markt gebracht wird, dient nur dem Zweck, von der Erfolgswelle seiner späteren Bestseller zu profitieren.

Bewertung vom 28.11.2022
Freitags bei Paolo
Liehr, Tom

Freitags bei Paolo


ausgezeichnet

Hat die Liebe ein Verfallsdatum?

Den Eindruck erweckt Tom Liehr. Er erzählt in erster Linie die über zwanzig Jahre währende Liebesgeschichte zwischen Marie und Clemens und an zweiter Stelle die Schwierigkeiten der Kulturszene, die sich seit einiger Zeit aus Angst vor Diskriminierungsvorwürfen zu Überkorrektheit in den künstlerischen Aussagen nötigt.

Marie und Clemens sind Bildungsbürger aus dem Berlin der Gegenwart, dessen Lokalkolorit kenntnisreich beschrieben wird. Sie sind gutaussehend, beruflich erfolgreich, von sich selbst sehr eingenommen und denken recht abfällig über Menschen in ihrem Umfeld, die sie für hässlich, unkultiviert oder selbstgerecht halten. Marie ist neben ihrer Anwaltstätigkeit politisch für den Umweltschutz aktiv und Clemens ist Comedian, was sie natürlich von Durchschnittsmenschen abhebt... Tom Liehr skizziert ihre Wahrnehmungen und Interpretationen mal wie Fakten, worin womöglich sein Verständnis mitschwingt, und dann wieder ironisch bis boshaft.

Die große Liebe zwischen beiden, deren Anfang mit großer Überzeugungskraft sehr strahlend und liebevoll beschrieben wird, verliert mit den Jahren ihren Glanz. Die gegenseitige sexuelle Anziehungskraft, auf die beide nicht nur sehr großen Wert legen sondern die für sie auch gleichbedeutend mit Liebe zu sein scheint, lässt nach und beide entschließen sich zur Trennung. Diese Erosion der Gefühle wird aus meiner Sicht weniger ausführlich und damit weniger nachvollziehbar beschrieben, so dass die bereits im Klappentext angekündigte Trennung und deren Begründung trotzdem überrascht. Auch beide Protagonisten spüren ihren emotionalen Nachhall noch lange, sind jedoch von der Richtigkeit ihrer Entscheidung überzeugt.

Verständlicher als das Ende der Liebesgeschichte fand ich die geschilderten Sorgen um die Kunst- und Meinungsfreiheit, da die Vorbehalte zeitweise auch Clemens' Existenz bedrohen, sowie sein Hadern mit der Selbstzensur, die sich Kulturschaffende und Veranstalter aus Angst vor potentieller, zum Teil völlig übertriebener oder ungerechtfertigter Kritik in klassischen sowie sozialen Medien auferlegen. Diesen Passagen des Romans fehlt der sonst oft überwiegende humorvoll-bissige Tonfall. Sie sind ernsthafter und zeichnen sehr authentisch die persönliche Betroffenheit des Autors nach.

Die anfängliche Frage würde ich mit "Nein" beantworten. Ich halte das Ende einer Liebe nicht für unausweichlich. Aber ich habe den Roman trotzdem genossen; er ist sehr eloquent geschrieben und auch in seinen häufigen Lästereien, die auf einer scharfen Beobachtungsgabe fußen, unterhaltsam. Erhellend waren zudem die Einblicke in die Comedyszene, sowohl in Bezug auf die fachlichen Informationen als auch hinsichtlich der Sorgen und Schwierigkeiten, die die Branche umtreiben.

Insgesamt ist es ein vielschichtiges Buch für Leser, die sich nicht durch Humor von der geäußerten Kritik an kulturellen, sozialen und politischen Missständen ablenken lassen.