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Olivia Grove von Olivias Book Grove
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 14 Bewertungen
12
Bewertung vom 02.06.2024
Eine Bonnie kommt niemals allein
Leben, Bonnie

Eine Bonnie kommt niemals allein


ausgezeichnet

Skip die Rezension, dive straight into the book!

„Wir sind nicht gefährlich oder krank. Wir sind viele, weil andere Menschen gefährlich und krank uns gegenüber waren.“ (S. 158 | Delia)

Bonnies Geschichte hat mich sofort berührt, emotional gepackt. Aufgerüttelt.

„Manchmal ist die Gefahr zu verteilt, um sie an der Wurzel vernichten zu können.“ (S. 48 | 46)

Sie offenbart faszinierende, erschreckende und vielschichtige Lebensrealitäten. Ihr Werk lässt uns alle tiefe Einblicke in eine Diagnose gewinnen, die für viele nur in schemenhaften Umrissen existiert. Absolut beeindruckend, wie die Bonnies aus all ihren Perspektiven ein tiefschürfendes Verständnis für diese Thematik vermitteln.

„... ist es möglich, dass ein Mensch ohne jegliche Symptome beim Therapeuten sitzt und von einem perfekten Leben erzählt. Auch wenn er in der Nacht zuvor pure Gewalt erleben musste.“ (S. 19 | 46)

Es ist Zeit, die Augen zu öffnen: Nichts darf mehr im Verborgenen bleiben, ungesehen, ungelesen. Die Menschen dürfen die grausame Parallelwelt/Realität nicht länger ignorieren.

„Eine Bonnie kommt niemals allein“ ist ein Must-Read!
Vertraut mir: Das Buch spricht für sich selbst.

„Es passiert jeden Tag. Da draußen passieren Dinge, die jedem Angst machen sollten, und viel zu viele Menschen leben unbeschwert vor sich hin. Wenn schon Angst, dann bitte als Antrieb. Packt mit uns das an, was Angst macht, damit weniger Kinder in berechtigter Angst leben müssen.“ (S. 158 | Delia)

🅰🅻🅻🅴🆂 🆄🅽🅳 🅽🅾🅲🅷 🆅🅸🅴🅻 🅼🅴🅷🆁 🅹🅴🆃🆉🆃 🅰🆄🅵 🅼🅴🅸🅽🅴🅼 🅱🅻🅾🅶!

Bewertung vom 17.03.2024
From Below - Die Toten warten
Coates, Darcy

From Below - Die Toten warten


ausgezeichnet

Geisterschiff-Tiefseehorror meets paranormalen Mysterythriller

„Und sie waren auf eine Tiefe abgetaucht, die dem geplanten Selbstmord eher gleichkam als einfachem Schwimmen.“ (S. 117)

„From Below“ verspricht eine atemberaubende Spukgeschichte, die zwischen Geisterschiff-Tiefseehorror und paranormalem Mysterythriller rangiert und dabei Gänsehaut-Feeling vom Feinsten garantiert. Allein das Cover ist ein Kunstwerk!

Ein kleines Tiefsee-Tauchteam wird rekrutiert, um einen Dokumentarfilm über das mysteriöse Verschwinden des vermeintlich unsinkbaren Ozeandampfers SS Arcadia zu produzieren.

Darcy Coates begeistert, besticht, raubt einem während des Lesens die Luft zum Atmen.

„Von jetzt auf gleich war sie vom Rest der Welt abgeschnitten. [...] Ihre Hände und Füße konnte sie frei bewegen, aber dennoch würde sie immer nur das Neopren ihres Anzugs berühren. Sie war eine Astronautin auf ihrem eigenen Planeten.“ (S. 26)

Eine schwindelerregende Lektüre über eine Tauchexpedition durch die dunkelsten Schiffswracknischen der SS Arcadia, die vor einer faszinierend beängstigenden Energie nur so vibriert. Derart klaustrophobisch-delikat, dass es sich verboten anfühlt. Ich habe direkt Lust bekommen, selbst einen Tauchkurs zu belegen.

Wie atemberaubend Coates diese ganze Gruselatmosphäre in dem beklemmenden Unterwasserlabyrinth hinschmettert, ist nur eine von vielen Sensationen in ihrem brillanten Thriller.

„Jeder Atemzug wurde schwerer als der davor, jeder Meter Tiefe, der hinzukam, machte das Meer düsterer, [...].“ (S. 41)

Beim Lesen hat sich in meinem Kopf ein nervenzerfetzender, spektakulärer Gruselfilm abgespielt. Deshalb war es mir irgendwann unmöglich, diesen Roman spät in der Nacht zu lesen - einfach zu gruselig, um danach einschlafen zu können.

„[…], fühlte sich das Wasser unter ihm unangenehm lebendig an. Als ob da etwas zwischen ihm und dem Schiffswrack 100 Meter unter ihm pulsiere. Als ob etwas nach ihnen riefe.“ (S. 196)

Mit knapp 600 Seiten hätte der Roman für meinen Lesegeschmack problemlos 100-200 Seiten kürzer sein können, um die Geschichte noch furchteinflößender, lebendiger und intensiver zu gestalten.

Insgesamt war „From Below“ für mich das mit Abstand gruselig-abenteuerlichste Lektüreerlebnis, das ich seit Langem erleben durfte!

Bewertung vom 01.01.2024
Nichts davon ist wahr
Raimo, Veronica

Nichts davon ist wahr


sehr gut

Da haben wir das Paradox: Ein glühender, düster-komischer Roman mit unergründlicher Tiefenschärfe

In der autofiktionalen Tragikomödie "Nichts davon ist wahr" parodiert die Autorin in burleskem Ton ihre eigene Familie sowie das Erwachsenwerden im Sinne einer Karikatur.
"... jeder Satz widersprach dem vorherigen ..." (S. 222)

Dabei entfacht die Autorin mit ihrer nervösen, prägnanten Sprache und ihrer unermüdlichen Intelligenz einen brennenden Monolog.
Die einen werden diesen Roman lieben, die anderen werden ihn hassen.
Veronica Raimo hat dieses Werk nach meinem Empfinden genauso kreiert, wie ihr gefälschtes Tagebuch, das sie als Kind verfasst haben will, um ihre Mutter in die Irre zu führen.

"In meiner Familie hat jeder seine eigene Methode, die Erinnerung zum persönlichen Vorteil zu sabotieren. Schon immer haben wir die Wahrheit manipuliert, als wäre es eine Stilübung, der vollkommene Ausdruck unserer Identität." (S. 214)

Veronica erzählt also von den Zumutungen des Erwachsenwerdens in einer ganz normalen, unnormalen Familie?
Eine Mutter, die sich allzu oft in ihren Depressionen und Ängsten verliert. Ein Vater, voller hygienischer und architektonischer Obsessionen, der seine Kinder dazu verdammt, sich in ihrer Langeweile zu verlieren - und dabei immer mehr Wände in ihre ohnehin schon verschachtelte 60-Quadratmeter-Wohnung einzieht.

Absolut lesenswert!

Bewertung vom 21.10.2023
Can't Hurt Me (eBook, PDF)
Goggins, David

Can't Hurt Me (eBook, PDF)


gut

Dieses Buch ist eine Wucht! - ABER ...

Du weißt, über dieses Buch ist schon viel geschrieben worden. Gerade deshalb möchte ich angesichts der überschwänglichen Lesebegeisterung anderer meine kritische Perspektive hinzufügen.

Doch starten wir ganz am Anfang.
Schon nach wenigen Zeilen geschah etwas völlig Unerwartetes: Das Buch saugte mich förmlich ein, verschlang mich mit Haut und Haaren. Es verschmolz mit mir, wie ein Strudel, der sich meiner Seele einverleibte. Was für ein grandioser Schreibstil, der nicht nur cool ist, sondern auch emotional tief berührend.

Aber wann habe ich die Geduld verloren?
Eines ist glasklar: Goggins jagt dem Schmerz um des Schmerzes willen hinterher und hat nicht den leisesten Funken einer Idee von intelligentem Training. Exzessive Selbstverachtung. Es ist NICHT bewundernswert, für seinen persönlichen Stolz aka übersteigertem Egoismus den härtesten Weg zu wählen.
Goggins hat Erstaunliches erreicht, aber es gibt klügere und gesündere Wege, ähnliche Erfolge zu erzielen, ohne sich selbst so sehr zu geißeln.
Dieses Buch sollte als Warnung dienen: gegen selbstverletzendes Verhalten, ohne sich immer weiter qualvoll selbst zu zerstören ...
~~~

Persönlichkeitsentwicklung meets Biografie?
Goggins innere Dämonen treiben ihn immer wieder dazu, unglaublich dumme Situationen bewusst heraufzubeschwören. Es gibt viele Momente, in denen er gestorben wäre, wenn andere ihn nicht gerettet hätten. Was sollen wir daraus lernen?
Jeder Schritt in seinem Leben ist ein innerer Kampf. Der innere Kriegszustand ist seine einzige Bewältigungsstrategie. Seine Therapie. Denn in seinem Herzen ist er nie "genug".

Ist es nicht ungewöhnlich, wenn der Autor sagt: "Ich bin kein Vorbild, lass dich nicht von mir motivieren", und dann den Rest des Buches damit verbringt, dich von seinen Schritten überzeugen zu wollen?
~~~

Wenn du gerade in deiner lähmenden Komfortzone feststeckst oder durch turbulente Lebensphasen navigierst, wird dir dieses Buch den nötigen Motivationsschub geben, den du brauchst, um wieder auf Kurs zu kommen. Oder noch extremer: Wenn du gezielt danach suchst, wie du schmerzhafte körperliche Grenzen überwinden kannst ...

Aber es ist definitiv keine empfehlenswerte Lektüre, wenn du auf diesem Weg lernen willst, dich selbst zu lieben und zu akzeptieren. Zu akzeptieren, dass du nicht immer alles bekommst, was du dir wünschst. Denn es erfordert wirklich ein viel tieferes, reiferes Denken, im richtigen Moment bereit zu sein, loszulassen und auch mal zu scheitern.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.10.2023
Can't Hurt Me
Goggins, David

Can't Hurt Me


gut

Dieses Buch ist eine Wucht! - ABER ...

Du weißt, über dieses Buch ist schon viel geschrieben worden. Gerade deshalb möchte ich angesichts der überschwänglichen Lesebegeisterung anderer meine kritische Perspektive hinzufügen.

Doch starten wir ganz am Anfang.
Schon nach wenigen Zeilen geschah etwas völlig Unerwartetes: Das Buch saugte mich förmlich ein, verschlang mich mit Haut und Haaren. Es verschmolz mit mir, wie ein Strudel, der sich meiner Seele einverleibte. Was für ein grandioser Schreibstil, der nicht nur cool ist, sondern auch emotional tief berührend.

Aber wann habe ich die Geduld verloren?
Eines ist glasklar: Goggins jagt dem Schmerz um des Schmerzes willen hinterher und hat nicht den leisesten Funken einer Idee von intelligentem Training. Exzessive Selbstverachtung. Es ist NICHT bewundernswert, für seinen persönlichen Stolz aka übersteigertem Egoismus den härtesten Weg zu wählen.
Goggins hat Erstaunliches erreicht, aber es gibt klügere und gesündere Wege, ähnliche Erfolge zu erzielen, ohne sich selbst so sehr zu geißeln.
Dieses Buch sollte als Warnung dienen: gegen selbstverletzendes Verhalten, ohne sich immer weiter qualvoll selbst zu zerstören ...
~~~

Persönlichkeitsentwicklung meets Biografie?
Goggins innere Dämonen treiben ihn immer wieder dazu, unglaublich dumme Situationen bewusst heraufzubeschwören. Es gibt viele Momente, in denen er gestorben wäre, wenn andere ihn nicht gerettet hätten. Was sollen wir daraus lernen?
Jeder Schritt in seinem Leben ist ein innerer Kampf. Der innere Kriegszustand ist seine einzige Bewältigungsstrategie. Seine Therapie. Denn in seinem Herzen ist er nie "genug".

Ist es nicht ungewöhnlich, wenn der Autor sagt: "Ich bin kein Vorbild, lass dich nicht von mir motivieren", und dann den Rest des Buches damit verbringt, dich von seinen Schritten überzeugen zu wollen?
~~~

Wenn du gerade in deiner lähmenden Komfortzone feststeckst oder durch turbulente Lebensphasen navigierst, wird dir dieses Buch den nötigen Motivationsschub geben, den du brauchst, um wieder auf Kurs zu kommen. Oder noch extremer: Wenn du gezielt danach suchst, wie du schmerzhafte körperliche Grenzen überwinden kannst ...

Aber es ist definitiv keine empfehlenswerte Lektüre, wenn du auf diesem Weg lernen willst, dich selbst zu lieben und zu akzeptieren. Zu akzeptieren, dass du nicht immer alles bekommst, was du dir wünschst. Denn es erfordert wirklich ein viel tieferes, reiferes Denken, im richtigen Moment bereit zu sein, loszulassen und auch mal zu scheitern.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.09.2022
Candy Haus
Egan, Jennifer

Candy Haus


sehr gut

Ein vibrierendes Zukunftsrauschen – außergewöhnlich & tiefgreifend

"Roxy spürt eine Vibration in ihrem tiefsten Inneren, während sich ihr Bewusstsein in das Internet ergießt: ein Sturzbach von Erinnerungen und Augenblicken, manche schmerzhaft – teils auch Erinnerungen an echten Schmerz –, in einen Kosmos strudelnd, der sich windet und schlängelt wie eine unaufhörlich sich ausdehnende Galaxie." (S. 206)

"Candy Haus" ist visionär und spielt in einer nicht allzu fernen Zukunft, in der der technologische Fortschritt die Bedeutsamkeit des Individuums, der Privatsphäre und der Beziehungen gewaltig ins Wanken bringt.

"In einem vor Energie funkelnden Roman erzählt Egan von unserer Suche nach Authentizität und Einmaligkeit."

Worum geht's? Der Social-Media-Mogul "Bix" hat ein Produkt namens "Besitze dein Unbewusstes" entwickelt, das es dir ermöglicht, deinen Geist zu externalisieren und deine Vergangenheit zu besuchen, wann immer du willst. Das dort eingebundene "kollektive Bewusstsein" ermöglicht es allen Personen Zugriff auf anonyme Gedanken und Erinnerungen aller lebenden und toten Menschen auf der Welt zu bekommen, die dasselbe getan haben: sein externalisiertes Gedächtnis in ein Online-'Kollektiv' hochgeladen.

Was war das? Bis zur Mitte des Buches habe ich so viele besondere Textstellen markiert. Es hat mich wirklich mitgerissen. Ich war fasziniert vom Schreibstil, doch ab Seite 207 von 415 wurde es abstrus. Es lag nicht nur daran, dass weiterhin jedes einzelne Kapitel in einem komplett anderen Schreibstil, über einen weiteren Protagonisten und in einer anderen Zeit geschrieben wurde. Die Storyline springt in der Zeit herum wie ein Ping Pong, rast zwischen verschiedenen Generationen umher und das hat mich ganz schön verwirrt.

Die schiere Anzahl der auftretenden Charaktere und die vielen Perspektivsprünge machten es mir beinah unmöglich, tiefer in die jeweilige Person und in das Buch abzutauchen.
Am liebsten hätte ich während des Lesens Halt auf einer Charakterkarte gesucht, um das kaleidoskopartige Protagonisten-Potpourri (von Geschwistern, Cousins, Tennispartnern und Drogendealern) vollumfänglich zu erfassen.

Neben der Idee an sich, fand ich insbesondere die Beschreibungen äußerst bemerkenswert: "Die Sonne stand tief, das Licht war rosig, die karge Flora schimmerte in einem matten Silberton. Die Leere der Wüste kam mir biblisch vor, als hätte sich hier nie etwas getan – als stünde die ganze Geschichte noch bevor." (S. 87)

Auch wenn mich einige Teile des Buches verwirrt und ermüdet haben, ist "Candy Haus" ein einzigartiges, komplexes Werk, das mich zum Reflektieren angeregt hat: Wann haben wir das letzte Mal einen ganzen Tag ohne unsere Smartphones verbracht? Sind wir noch immer aufgeregt auf Abenteuer im wahren Leben oder sind wir nur auf der Suche nach dem nächsten Dopaminkick im Internet?

Insgesamt hat mich "Candy Haus" vor allem dadurch überzeugt, dass es wirklich mal etwas ganz anderes war. Ein vibrierendes Zukunftsrauschen, außergewöhnlich und tiefgreifend – ein Buch, bei dem die sprachliche Intensität zelebriert und der brisante Inhalt diskutiert werden sollte.

"»Das Internet beunruhigt mich.«
»Du meinst die allwissende, alles sehende Wesenheit, die, obwohl wir uns einbilden, selbst zu entscheiden, unser Handeln vorhersagt und kontrolliert?«" (S. 27)

3,7 ▷ ⭐⭐⭐⭐

Bewertung vom 26.06.2022
Kaffee Mohn Kaktus
Pollan, Michael

Kaffee Mohn Kaktus


ausgezeichnet

Spektakulär & unterhaltsam – eine faszinierende Forschungsexpedition in die Welt psychoaktiver Pflanzen

Michael Pollan ist ein erstaunlicher Geschichtenerzähler. Seine spannenden Einblicke haben mich in einen regelrechten Leserausch versetzt. Er berichtet vom täglichen Koffein-Konsum (der beliebtesten psychoaktiven Droge auf dem Planeten), über den zeremoniellen Gebrauch von Meskalin seitens der amerikanischen Ureinwohner bis zur jahrhundertealten Anwendung von Opiaten zur Schmerzlinderung.

Als Leser erfahren wir, dass etwa neunzig Prozent der Menschen regelmäßig Koffein konsumieren und diese meistkonsumierte psychoaktive Droge auch in Form von Limonade Kindern gegeben wird. Das Heimtückische daran ist, dass wir es immer wieder zu uns nehmen, um einen Schlafmangel auszugleichen, der größtenteils die Folge des Koffeinkonsums ist.

"Gewöhnlich betrachten wir Koffein nicht als Droge und unseren täglichen Konsum nicht als Abhängigkeit, doch das liegt nur daran, dass Kaffee und Tee legal sind und unsere Sucht gesellschaftlich akzeptiert ist." (S. 7)

Furchtlos ehrlich nimmt uns Michael Pollan mit auf seine Forschungsreise und lässt auch den US-amerikanischen Drogenkrieg nicht unerwähnt:
"bei dem die Regierung ein paar Gärtnern, die Mohn anbauten, um einen milden narkotischen Tee zu kochen, mehr Aufmerksamkeit widmete als einem Pharmakonzern, der wissentlich Millionen von Amerikanern nach seinem von der FDA zugelassenen Opiat OxyContin süchtig machte." (S. 10)
Einer dieser Gärtner war auch der Autor selbst.

Der Schreibstil hat mich mit seiner meisterhaften Storytelling-Manier ab dem ersten Satz verzaubert, sodass ich die 286 Seiten innerhalb von zwei Tagen verschlungen habe, da ich einfach nicht aufhören konnte zu lesen. Dabei habe ich jede einzelne Passage absolut verzückt studiert und auf mich wirken lassen. Es ist eines der klügsten und raffiniertesten Bücher, die ich jemals gelesen habe. So brisant und spektakulär, dass es mich in jeder erhofften Weise zum Nachdenken angeregt hat.

Es wird keine Pause gemacht, ununterbrochen überrascht uns der Autor mit weiteren aufregenden Erkenntnissen und unterhaltsamen Stories; es gab keinen einzigen Moment, in dem der Sprachstil abgeflacht ist, in dem ich „Langeweile“ gespürt hätte.

Ich muss nun zum Ende meiner Review kommen, denn mir gehen langsam die Wörter der Superlative aus.
"Kaffee Mohn Kaktus" ist ein einzigartiges Wissenschaftsbuch mit wunderschönem Cover, das mich mit allen Facetten begeistert hat.

Diese fabelhafte literarische Symbiose aus anschaulichen historischen Fakten, wissenschaftlichen Aspekten, Reportage-Vibes und persönlichen Anekdoten samt Erfahrungsberichten (über pflanzliche Moleküle zur psychedelischen Bewusstseinsveränderung) kann ich absolut jedem ans Herz legen. Mehr als empfehlenswert!


Bewertung vom 05.06.2022
Die Kunst es leichtzunehmen
Gamper, Lisa

Die Kunst es leichtzunehmen


ausgezeichnet

Wundervoll inspirierendes Herzensbuch

Dieses Buch ist ein absoluter Gewinn für die Seele.
Dank des unterhaltsamen Schreibstils bin ich gebannt und wissbegierig durch die Seiten geglitten, in denen so viele ultraspannende Themen beleuchtet und psychologisch tiefgreifend behandelt werden.

Mutig räumt die Autorin auf mit unseren Illusionen, Selbsttäuschungen und vernebelten Wunschvorstellungen, die geprägt sind von unserer manipulierten Wahrnehmung und unseren Ängsten. Dabei scheut sie sich auch nicht, heiße Eisen anzupacken und diese mit brisanten Denkanstößen zu versehen, denen ich vollkommen zustimmen konnte, da sie auch in mir resonieren.

Das wunderschöne Layout ist nicht nur ein Eyecatcher, auch der Text wird immer wieder aufgelockert mit Bildern, Übungen, Tipps, Gedichten, Lektionen und Gedankenexperimenten.

"Wahrscheinlich würdest du deinem Körper keine zehn Tafeln Schokolade am Tag zumuten. Genauso fürsorglich solltest du ab jetzt deinen Geist behandeln. Wähle Informationsquellen mit Sorgfalt aus!" (S. 19)
Und dabei geht es nicht nur um Medien, Social Media oder Gesprächsthemen mit anderen Menschen.
Unsere Lebensentwürfe werden von Kindheitstagen medial und gesellschaftlich auf ein bestimmtes Muster getrimmt, obwohl dies absolut nichts mit dem zu tun hat, was wir wirklich brauchen. Dann wundern wir uns, warum zum Glück immer noch etwas fehlt.

Lisa Gamper ermutigt uns als Leser, neue Wege einzuschlagen und auch mal gegen den Strom zu schwimmen, weil weniger Schein und mehr Sein uns allen guttun würde. Außerdem bestärkt sie uns, innere Widerstände aufzugeben und einfach mal loszulassen, damit wir uns wieder auf den Takt, den das Leben vorgibt, einspielen können.

"Stress kann süchtig machen! Unser Gehirn bevorzugt das, was es schon kennt, und wenn der Stressmodus zum Dauerzustand wird, tritt irgendwann ein Gewöhnungseffekt ein. Unser Körper verlangt dabei immer wieder nach dem Kick [...]." (S. 38)

Von mir gibt es für dieses wundervoll inspirierende Herzensbuch eine absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 21.04.2022
Sperling
Korbach, Katharina

Sperling


sehr gut

"Sie hatten beide lange nichts gesagt, dem Regen gelauscht. Von draußen war trübes Licht ins Zimmer gefallen, das über die Wände zog, wann immer ein Auto vorüberfuhr. Illuminierte Quadrate, durchschnitten von den Bahnen der Tropfen auf den Fensterscheiben. Ein Schattentheater." (S. 210)

Vorweg: Ich persönlich finde den Buchtitel und das Cover genauso einzigartig wie den Roman selbst.
Als ich mich der Story hingegeben habe, musste ich mich zuerst an den Schreibstil gewöhnen und wusste nicht so recht, wo mich diese Geschichte hinführen wollte. Katharina Korbach schreibt in einer klaren Sprache, literarisch bemerkenswert und elegant. Ganz deutlich spürt man beim Lesen die Liebe zur Kunst und auch zur französischen Sprache. Empfindungen und Gedanken kommen auf eine bedrückende Art und Weise zu Tage und so offenbart die Autorin der Leserschaft die fragile Verbindung zwischen Dozent und Studentin. Die Perspektivwechsel zwischen Charlotte und Wolfgang haben mir sehr gut gefallen. Auch wenn beide eine fast identische Erzählsprache aufweisen und ich einige Alltagszenen etwas langatmig empfand, war es äußerst interessant, ihren Lebenswegen zu folgen.

In der Story wird nicht alles erzählt, so manches bleibt im Verborgenen – so wie auch Charlotte ihrem Psychoanalytiker Dr. Szabó gewisse Gegebenheiten verschweigt. Das Gesagte als auch das Ungesagte wird fein nuanciert und schafft Tiefe.
Ich persönlich finde es erstaunlich erfrischend, dass explizite Momente – insofern sie überhaupt passiert sind – unerwähnt bleiben. Das harmoniert auch mit dieser spürbar kühlen Nüchternheit, die die Seiten wie eine undurchdringlich-mysteriöse Brise durchzieht und exakt diese Atmosphäre spiegelt das Seelenleben der Protagonistin Charlotte so eindrucksvoll wider.
Aus diesen Gründen passt für mich die Bezeichnung "leuchtender Großstadtroman" nicht so ganz. Das Werk ist weniger aufregend berauschend, vielmehr faszinierend tiefgreifend.

Für mich ist "Sperling" ein wirklich sehr gelungener Roman, der durch intelligent verwobene Storylines den Leser mitten ins Geschehen zieht. Empfehlenswert für jeden Literaturgenießer.

Bewertung vom 10.03.2022
Roxy
Shusterman, Neal;Shusterman, Jarrod

Roxy


gut

Roxy auf Oxy? – ein Jugendbuch mit Potential
*Dieses Buch kann negative Trigger auslösen!*

"Stell dir vor, Drogen wären Menschen wie du und ich ... Was würden sie fühlen, denken und wovon würden sie heimlich träumen?"
Dieser Fantasy-Thriller erzählt von der "toxischen Liebesgeschichte zwischen Mensch und Droge - schillernd & gefährlich."
Dabei soll dem Leser durch die göttergleiche Personifizierung der Drogen und verschreibungspflichtigen Medikamenten die vielschichtigen Dimensionen nähergebracht werden. Wenn es das Ziel des Vater-Sohn-Autorenduos war, Jugendliche vor Drogenmissbrauch – der längst pandemisch eskaliert ist – zu warnen, ist es schlicht misslungen, denn die Ausführungen machen nicht genug Angst, sie zeigen zu wenig die grausam zerstörerischen Abgründe. Gleichzeitig sind einige Passagen zu beschreibend erklärt, zu distanziert und für mein Empfinden nicht eindringlich genug.

Die Autoren haben einen interessanten Anfang gewählt, der einen soliden Spannungsbogen aufbaut. Leider ziehen sich die teils ziemlich konstruiert wirkenden Dialoge des personifizierten Familiendrogenclans zäh in die Länge. Bemerkenswert hingegen ist das wunderschön gestaltete Cover inklusive Klappenbroschur. Absolut eye-catching.

Bevor ich meinen bedeutsamsten Kritikpunkt darstelle, möchte ich zuerst den bildlichen Schreibstil der Autoren hervorheben, bspw. die Zwillinge Dusty und Charlie, die Kokain repräsentieren, tragen weiße Seidenanzüge und funkelnden Schmuck, hängen in privaten Logen rum und tun so, als würde ihnen die ganze Welt gehören. Addison aka Adderall hingegen ist schrill gekleidet, als wäre er Mitglied eines Yachtclubs, der seinem Vater gehört, strotzend vor Prestige und Privilegien. Ebenso anschaulich sind Isaacs "Roxy"-Entzugsversuche beschrieben. "Er fühlt sich wie Walking Dead im fortgeschrittenen Verwesungszustand" (S. 345) und seine Knochen schmerzen und kribbeln, "als ob in seinem Mark tausend schwarze Witwen hausen würden" (S. 301).

In der Geschichte wird Isaac wegen eines schweren Sturzes Roxy (Wirkstoff Oxycodon) verschrieben, daraufhin rutscht er rasend schnell in die Abhängigkeit. Seine ältere Schwester Ivy bekommt von ihrem Arzt Addison (amphetaminhaltiges Kombinationspräparat Adderall), weil sie ihr unbehandeltes ADHS immer mehr frustriert. Die beiden verschreibungspflichtigen Medikamente "Roxy" und "Addy", so ihre cool klingenden Szenenamen, spielen aber in extrem konträren Leveln.

Hier kommt an dieser Stelle auch mein Kritikpunkt: Genau diese Differenzierung fehlt mir in dem Buch. Ausreichend wäre eine smarte, aber deutliche Andeutung oder Veranschaulichung gewesen, wie gefährlich und stark suchterzeugend das Schmerzmittel OxyContin (als halbsynthetisches Opioid!!, das stärker wirkt als Morphin) ist und wie es – im Gegenzug zu Adderall – einzuordnen ist. Ich persönlich halte sowohl die lapidare Klassifikation, als auch die Stigmatisierung und Undifferenziertheit bezüglich Konsum und Abhängigkeit für sehr bedenklich.

Wie wir wissen, haben die Politik und die Gesellschaft die amerikanische #Opioidkrise – die seit zwanzig Jahren glimmt und in der seit dem Jahr 2000 so viele Menschen gestorben, wie für das Land im Zweiten Weltkrieg gefallen sind – weitestgehend ignoriert. Doch immer mehr Dokumentationen und Serien (u. a. Dopesick) schießen aus dem Boden und beleuchten jene Trümmer. So versucht es auch dieses Buch.

Allerdings habe ich mir erhofft, dass ich mich in dieser Geschichte verlieren kann, doch leider kratzt sie noch zu sehr an der Oberfläche. Viel mehr habe ich mir jedoch eine glasklare Botschaft gewünscht. Denn diese außergewöhnliche Story hätte das Potential gehabt, einen nuancierten Grundstein für Aufklärungsarbeit und Suchtprävention über Drogenmissbrauch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu legen.

"Roxy" ist interessant und spannend, doch leider schafft das Werk kein wirklich tiefgründiges Bewusstsein über all die im Buch erwähnten Substanzen, weil die Verflechtungen, Wirk

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