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goldfisch
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Bücherwurm

Bewertungen

Insgesamt 14 Bewertungen
12
Bewertung vom 27.09.2009
In Todesangst
Barclay, Linwood

In Todesangst


schlecht

"In Todesangst" - Totaaal spannungsarm aktualisiert

Letzte Woche lieh mir eine Freundin "In Todesangst" mit den Worten "Totaaaal spannend, musst Du unbedingt lesen." Also nahm ich Linwood Barclays neustes Buch mit, um es am Wochenende zu lesen.

Leser, die den Klappentext gelesen haben, erwartet in der ersten Hälfte nichts Überraschendes. Tim, Vater der 17-jährigen Sydney, ist seit längerem von Sydneys Mutter Susanne geschieden und arbeitet mehr oder minder erfolgreich als Autoverkäufer. Sydney verbringt die Sommerferien bei ihrem Vater und arbeitet in einem nahegelegenen Hotel. Susanne wohnt am anderen Ende der Stadt, zusammen mit ihrem neuen Lebensgefährten (pikanterweise einem selbständigen Autohändler) und dessen Sohn. Also alles ganz normal in unserer modernen Welt. Aber dann kommt Sydney eines Abends nicht nach Hause. Als er sie auch nicht über ihr Handy erreichen kann, versucht Tim es im Hotel. Aber dann endet die Normalität, weil seine Tochter anscheinend nie einen Fuß in das Gebäude gesetzt hat. Wo steckt seine Tochter? Die Polizei hingegen findet es nicht ungewöhnlich, dass eine 17-Jährige mal verschwindet und auch nicht, dass Tim selbst dahinter stecken könnte.

Leider fand ich "In Todesangst" weder spannend noch interessant. Langweilig, konstruiert und teilweise sogar völlig abstrus sind eher die Worte, die mir dazu einfallen. Vor ein paar Jahren hätte ich es vielleicht gerne gelesen, aber inzwischen kann ich nicht mehr über so offensichtliche Schwächen beim Aufbau hinwegsehen. Die letzten beiden Kapitel sollten vermutlich ein furioses Finale sein, aber auf mich wirkten sie nur noch lächerlich. Tim selbst ist ein unauffälliger, fast langweiliger Mensch, der seine Tochter zwar liebt aber anscheinend überhaupt nicht kennt. Sydney bleibt durch ihre Abwesenheit fremd und die anderen Charaktere sind nicht so gut gezeichnet, wie ich es aus seinen anderen Büchern gewohnt bin. Auch das Verhalten der Polizei passte vielleicht zum Plot, war aber für mich sehr unglaubwürdig.

Linwood Barclay kann bessere Bücher schreiben. Aber vielleicht sollte er sich für das nächste Buch eine andere Grundidee einfallen lassen und nicht wieder eine Geschichte um einen Jugendlichen und dessen Familie in den Mittelpunkt stellen. Hätte ich seine beiden anderen Bücher nicht schon gekannt, hätte ich "In Todesangst" nicht zu Ende gelesen. So hoffte ich 488 Seiten auf Besserung - leider vergeblich.

2 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.09.2009
Bis(s) zum Ende der Nacht / Twilight-Serie Bd.4 / Breaking Dawn
Meyer, Stephenie

Bis(s) zum Ende der Nacht / Twilight-Serie Bd.4 / Breaking Dawn


ausgezeichnet

Witzige Parodie auf "Bis(s) zum Morgengrauen" neu

Kaum jemand ist dem Hype um Stephenie Meyers Erstling "Bis(s) zum Morgengrauen" entkommen. Erst der Erfolg der Trilogie, dann auch noch die starbesetzte Hollywood-Verfilmung. Eine romantische Teenie-Liebesgeschichte, in der sich ein tollpatschiges Mädchen namens Bella in einen unwiderstehlich attraktiven Vampir namens Edward verliebt. Natürlich gibt es Komplikationen, weil Edwards Artgenossen Bella für einen Snack halten und sogar manchen seiner "Familien"mitglieder gegen die Liebesbeziehung zu einer Sterblichen sind. Der zweite und dritte Band konnten dem ersten Band nicht das Wasser reichen, trotz der indianischen Werwölfe aus der Nachbarschaft und einem indianischen Verehrer von Bella namens Jakob. Doch (fast) alle Welt wartete gespannt auf den vierten Band.

"Bis(s) zum Ende der Nacht" ist jedoch eine geschickte Parodie auf die ersten drei Bände, in dem alles vorherige auf den Kopf gestellt wird. Auf den ersten Seiten scheint noch alles ganz normal. Die lang ersehnte Hochzeit von Bella und Edward steht vor der Tür. Ein Mega-Event im sonst so verschlafenen Forks, an der alle bisher bekannten Figuren teilnehmen werden. Doch dann geht es los: Die Charaktereigenschaften der Hauptfiguren werden umgekehrt, Rollen getauscht, ausgerechnet einer der verhassten Werwölfe wird streckenweise zum Erzähler. Kurzum: Alles Vorherige wird auf den Kopf gestellt und ein Lacher jagt den nächsten. Fast scheint es, als hätte es einen Ideenwettbewerb gegeben, was auf keinen Fall im vierten Band passieren solle und dies sei die Sammlung der eingereichten Vorschläge. Die letzten Kapitel übertrafen alle meine Vorstellungen.

Sehr geehrte Frau Stephenie Meyer, ich habe mich köstlich amüsiert bei der Lektüre von "Bis(s) zum Morgengrauen". Sicherlich hatten Sie eine Menge Spaß beim Schreiben. Aber jetzt würde ich gerne den richtigen vierten Band lesen, in dem Bella und Edward sich wieder so verhalten, wie ich es gewohnt bin und in der die alten Regeln wieder gelten. Können Sie mir verraten, wann dieser Band endlich erscheint?

(Eigentlich würde ich diesem Buch einen Stern geben, das würde aber nicht zum Inhalt der Rezi passen. )

7 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.09.2009
Das Herz ihrer Tochter
Picoult, Jodi

Das Herz ihrer Tochter


weniger gut

Der neue Messias zum Tode verurteilt! neu

oder auch: Der neue Messias ist Organspender!

An Jodi Picoults neustes Buch hatte ich hohe Erwartungen. Zwei andere Werke von ihr hatten mir außerordentlich gut gefallen, "„Beim Leben meiner Schwester"“ und "„19 Minuten"“. Leider konnte „"Das Herz ihrer Tochter"“ meine Erwartungen nicht erfüllen, was nicht zuletzt am irreführenden Klappentext lag.

Erwartet hatte ich ein Buch über Sinn und Unsinn der Todesstrafe, sowie über Vergebung. Ein typisches Buch nach Schema P wie Picoult, das sich mit einem brisanten, polarisierendem Thema befassen, ein ethisches, moralisches und/oder soziales Problem aufgreifen würde und mit hohem Tränenpotenzial. In diesem Fall: Darf der Mörder eines Kindes sein Herz an die jüngere Schwester seines Opfers spenden? Bekommen habe ich Buch, das mich mehr an "„Die Hütte“" oder „"Messias"“ erinnerte als an die anderen Bücher von Jodi Picoult, sowie an „"The Green Mile"“.

Wie auch in ihren anderen Büchern lässt Jodi Picoult mehrere Figuren zu Wort kommen.

June Nealon: Ihr Ehemann Kurt und ihre erste Tochter wurden von Shay Bourne ermordet. Junes zweite Tochter Claire, die erst nach Kurts Tod geboren wurde, ist schwer herzkrank und braucht dringend ein Spenderherz.
Michael: Geschworener im Prozeß und verurteilt Shay Bourne unter Druck der anderen Geschworenen zum Tode. Später wird er katholischer Geistlicher und persönlicher Seelsorger von Shay Bourne.
Lucius: AIDS-kranker Zellennachbar von Shay Bourne.
Maggie Bloom: Eine engagierte jüdische Anwältin, die sich dafür einsetzt, dass Shay Bourne nicht mit tödlicher Injektion hingerichtet wird, damit er sein Herz an Junes Tochter spenden kann.

Weder Shay Bourne selbst noch Claire Nealon kommen selbst zu Wort, Shays Leben bleibt weitgehend im Dunkeln und die beiden so wichtigen Figuren bleiben blass. Die übernatürlichen Fähigkeiten von Shay Bourne machen das an sich überzeugende Buch für mich zu einer Farce. Um nur ein paar der allzu zahlreichen überdeutlichen Hinweise zu nennen: Wunderheiler von Mensch und Tier? Wasser wird zu Wein? Zitiert das kaum bekannte Thomas-Evangelium, wird aber während des Gerichtsverfahrens als zurückgeblieben bezeichnet? Er stammt aus einem Ort namens Jerusalem? Das war mir alles zu dick aufgetragen und ich kenne andere Bücher zu religiösen Themen, die weitaus mehr Lesespaß bieten.

Zu oft ertappte ich mich dabei, ungläubig den Kopf zu schütteln. "„Das Herz ihrer Tochter"“ hatte für mich bei weitem nicht die Intensität ihrer anderen Bücher. Auch die anscheinend unvermeidliche Liebesgeschichte wirkt aufgesetzt und ist für die Handlung völlig unnötig. Das Thema Vergebung wurde eher nebenbei behandelt und Junes Motive nur am Rande erwähnt. Sehr interessant hingegen fand ich die Diskussionen über Religion an sich, jüdischen und christlichen Glauben. Nervig sind die Auswüchse der Anhänger des neuen Messias sowie dessen vehemente Gegner, wenn auch vermutlich leider sehr realistisch. Das Ende bietet einige Widersprüche, die nicht aufgeklärt werden.

Fazit: Zuviele Köche verderben den Brei, ich bin aber trotzdem gespannt auf das nächste Buch nach Schema P.

2 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.09.2009
Strahlend schöner Morgen
Frey, James

Strahlend schöner Morgen


ausgezeichnet

Über den ungebrochenen Mythos von Los Angeles

„Strahlend schöner Morgen“ von James Frey ist kein gewöhnlicher Roman mit fortlaufender Handlung, sondern eine Sammlung von Episoden über verschiedene Figuren, von denen einige häufiger auftauchen, andere nur einen Auftritt haben.

Schauplatz und eigentliche Hauptfigur ist das heutige Los Angeles und alle Figuren haben eines gemeinsam: Sie hoffen, dass sich in dieser Stadt ihre Träume erfüllen. Zu den häufiger auftauchenden Figuren gehören: Esperanza, in den USA geborene Tochter zweier mexikanischer Wirtschaftsflüchtlinge, die als Hausmädchen arbeitet, Dylan und Maddie, zwei verliebte 19-Jährige, die wegen Maddies gewalttätiger Mutter aus ihrer ländlichen Heimat nach Los Angeles geflüchtet sind, sowie Amberton Parker, ein berühmter Filmstar, der verheiratet und nur inoffiziell homosexuell ist.

Die Kapitel über diese sehr unterschiedlichen Figuren (und zahllose andere) wechseln ab mit kurzen Abschnitten, in denen einige Fakten über Los Angeles aufgezählt werden. Historische Daten, beginnend mit der Gründung der Stadt, aber auch statistische Daten wie z.B. die Zahl der Einwohner ohne Krankenversicherung.

Eigentlich passt dieses Buch eigentlich aufgrund der Episodenform überhaupt nicht in mein übliches Beuteschema. Die Figuren könnten als klischeehaft beschrieben werden, es wimmelt nur so von Kraftausdrücken, Satzzeichen fehlen oft und der Erzählstil wirkt sprunghaft und abgehackt. Trotzdem liest sich diese Ansammlung von Episoden flüssig und spannend. Der fast atemlos wirkende Erzähler fesselt die Leser durch die Schicksale und Träume seiner Figuren, ich litt mit ihnen und freute mich über ihre Erfolge. Los Angeles, die eigentliche Hauptfigur, wird in vielen Facetten gezeigt, manche schillernd, viele jedoch sehr düster.

Trotz der klischeehaft wirkenden Figuren und trotz der oft sehr derben Sprache, gelang es James Frey mich um den Schlaf einer Nacht zu bringen, weil ich „Strahlend schöner Morgen“ nicht aus der Hand legen konnte.

Ein faszinierendes Porträt der Großstadt Los Angeles, die in vielen ihrer Facetten gezeigt wird, schillernden und auch düsteren. Durch die Augen der Figuren wird die Anziehungskraft dieser Stadt fast greifbar, die trotz vieler deprimierender Einzelschicksale ungebrochen zu sein scheint. Meiner Meinung nach ein sehr empfehlenswertes Buch von einem Autor, der hoffentlich noch viele weitere Bücher schreiben wird.

0 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.09.2009
Wo die Zitronen blühen
Carlotto, Massimo; Videtta, Marco

Wo die Zitronen blühen


gut

Nichts Neues aus dem italienischen Norden

Die beiden italienischen Autoren Carlotto und Videtta wollen in ihrem Buch "Wo die Zitronen blühen" auf einige der aktuellen Probleme Italiens aufmerksam machen. Korruption und Umweltskandale sind die Hauptthemen, die sie sich vorgenommen haben und sie stellen Politiker, Industrielle und Anwälte an den Pranger.

Hauptfigur ist der junge Francesco Visentin, einziges Kind eines sehr einflussreichen Anwalts, der in wenigen Tagen seine Verlobte Giovanna heiraten wollte. Aber Giovanna liegt tot in ihrer Badewanne und Francesco muss nicht nur herausfinden, wer sie ermordete, sondern der Polizei beweisen, dass er nicht der Täter war. Hilfe bekommt er von Giovannas bester Freundin, Carla, und gemeinsam versuchen sie, Dinge aufzudecken, die mächtige Gegenspieler lieber geheim halten wollen.

"Wo die Zitronen blühen" ist flüssig geschrieben und liest sich schnell durch. Das Dorfleben ist treffend geschildert und erinnerte mich tatsächlich streckenweise an eine moderne Fassung des Dorfes von Don Camillo und Peppone. Klatsch, Tratsch und Intrigen - allerdings ohne die liebenswerten Figuren, die alles wieder ins Lot bringen. Manche Figuren blieben ein wenig blass und wirkten etwas klischeehaft, wie z.B. Francescos Vater. Francesco selbst war mir manchmal etwas zu naiv. Wie konnte er so lange in diesem Dorf leben, im Haus seines Vaters, ohne wirklich mitzubekommen, was um ihn herum geschieht?

Wer sich ein wenig für europäische Politik interessiert, wird in "Wo die Zitronen blühen" nichts Neues entdecken. Korruption gehört dort schon lange zum Alltag, Umweltverbrechen passieren wohl in allen europäischen Ländern und dass u.a. Industrielle dort sehr viel Einfluss besitzen können, war mir auch bekannt. Aber dieses Buch ist ja auch nicht als Sachbuch gedacht, sondern ist ein spannender Krimi mit zahlreichen aktuellen Bezügen.

Die Sachkenntnis des Autoren-Duos ist deutlich und macht diesen Roman so erschreckend realistisch. "Wo die Zitronen blühen" ist eine wohltuende Abwechslung zu all den Thrillern mit brutalen Serienmördern. Sollten die beiden Autoren noch weitere Krimis schreiben, werde ich sie sicher lesen, wünsche mir jedoch ein paar Seiten mehr, damit Handlung und Figuren etwas mehr an Tiefe gewinnen könnten.

P.S. Den deutschen Titel und das Titelbild finde ich ziemlich unpassend.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.09.2009
Tee mit Buddha
Vieser, Michaela

Tee mit Buddha


gut

Interessanter Einblick in ein buddhistisches Kloster in Japan

Michaela Vieser bekam durch einen Zufall eine einmalige, sehr ungewöhnliche Chance: Ihr Auslandssemester nicht wie andere Studenten an einer Hochschule in Japan zu verbringen, sondern in einem buddhistischen Kloster - allerdings fernab von Tokio und anderen Großstädten in einer Kleinstadt im Süden Japans. Ihre Erlebnisse beschreibt sie in "Tee mit Buddha".

Schon ihre Ankunft in Japan und die im Kloster verlaufen anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Der Empfang im Kloster selbst ist herzlich, der in dem Gebäude, in dem viele der Gläubigen wohnen eher weniger. Michaela Vieser schwankt zwischen Begeisterung und Unverständnis bzw. Ablehnung. Die Unterschiede zwischen der alltäglichen japanischen Kultuer und der gewohnten deutschen sind manchmal eklatant, dass sie in einem Kloster lebt verstärkt das Ganze oft noch. Hinzu kommt, dass ihre Japanisch-Kenntnisse noch nicht so gut sind, wie sie es gerne hätte. Einige der Mönche nehmen sie unter ihre Fittiche. Mit der Zeit gewinnt sie viele Freunde und sammelt Erfahrungen, die für Menschen aus der westlichen Welt eher ungewöhnlich sind. Am Ende des Jahres dort nimmt sie viel mehr mit in die fast fremd gewordene Heimat, als äußerlich in ihrem Gepäck sichtbar ist.

Bei der Lektüre schwankte ich oft zwischen Faszination und Ablehnung. Fasziniert von den Einblicken in die fremden Kultur, in das Alltagsleben und das Wissen der Buddhisten dort. Ablehnung gegenüber dem manchmal zu flapsigen (wie z.B. der Titel) und stellenweise sehr distanziert-kühlen Stil. Einiges wurde zu kurz angerissen, gerade in den Abschnitten über den Buddhismus an sich und manch andere japanische Traditionen setzt sie zuviel Wissen bei ihren Lesern voraus, erklärt zu wenige Begriffe, bzw. erklärt sie einmal im Text aber leider nicht in einem Glossar, in dem ich hätte nachschlagen können.

Insgesamt ist "Tee mit Buddha" ein sehr interessanter Reisebericht, der deutlich ausführlicher und emotionaler hätte ausfallen dürfen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.09.2009
Stadt, Land - Schluss
O'Reilly, Judith

Stadt, Land - Schluss


sehr gut

Gestrandet in der Provinz - glücklich in der Provinz?

"Stadt, Land, Schluss" beschreibt die Erfahrungen und Gefühle der Autorin Judith O'Reilly während ihrer ersten Zeit auf dem Land. Genauer gesagt im Nordosten Englands, in Northumberland. Tiefste Provinz und weit entfernt vom vertrauten und geliebten London.

Plötzlich findet Judith (42) sich hochschwanger und allein mit den beiden kleinen Kindern auf einer Baustelle wieder. Dabei war es doch eigentlich ihr Ehemann Alastair, der un-be-dingt auf das Land ziehen wollte. Doch bei der Erfüllung seines Traums ist er meistens abwesend - in London auf der Arbeit. Währenddessen darf Judith sich mit Bauarbeitern, Behörden, quengelnden Kindern, neugierigen Nachbarn und anderen Problemen allein herumschlagen. Aus der relativ glücklichen Ehe in London wird eine Fernbeziehung, denn ihr Mann kann nur wenige Wochenenden mit ihr und den Kindern verbringen. Aus der erfolgreichen Journalistin wird eine Familienmanagerin.

Anfangs blitzt noch ihr britischer schwarzer Humor durch und es scheint fast, als erwarte sie, aus einem bösen Traum aufzuwachen. Doch das Erwachen ist eher böse und nicht so wie erwartet. Mit Boshaftigkeit und zum Teil auch viel Bitterkeit porträtiert sie das heutige Großbritannien, das Aufeinandertreffen von Menschen aus dem Moloch London und der Landbevölkerung.

Judith O'Reilly ist oft versucht, das Handtuch (Ehemann, Landleben usw.) zu werfen, doch sie muss feststellen, dass "anders" nicht immer schlechter ist und entdeckt nach und nach die wirklichen Vorteile des Lebens in Northumberland. Ihre Schilderungen sind häufig bissig und teilweise auch weinerlich.

Hinter dem heiteren Titelbild verbirgt sich ein Buch, das die Sonnen- und auch die Schattenseiten des Lebens auf dem Land beschreibt, sowie die Gesellschaft in Stadt und Land mit einem (meistens) zwinkernden Auge. Vieles hat mich an eigene Erfahrungen in Großbritannien erinnert, vielleicht hat mir das Buch deshalb so gut gefallen.

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.09.2009
Kuchen backen in Kigali
Parkin, Gaile

Kuchen backen in Kigali


ausgezeichnet

Vom (Über-)Leben in Kigali

Hinter dem trügerisch seichten Titel und dem bunten Titelbild verbirgt sich ein beeindruckendes Erstlingswerk. Gaile Parkinson entführt ihre Leser in eine fremde Welt, lässt sie durch die Augen von Angel teilhaben am Leben in Kigali. Süße, bunte Kuchen und die harte Realität des Lebens in Ruanda.

Angel ist mit ihrem Mann Pius und ihren fünf Enkelkindern aus der Heimat in Tansania nach Ruanda gezogen, weil er an der dortigen Hochschule eine gute Position angeboten bekam. Dort wohnen sie in einem neuen Wohnblock und Angel geht ihrem Geschäft als Kuchenbäckerin nach. Offiziell um das Familieneinkommen aufzubessern und inoffiziell um Ablenkung und Kontakte zu anderen Menschen zu finden. So finden sowohl die Gattin des Botschafters von Tansania als auch Opfer des Bürgerkriegs ein offenes Ohr bei Angel.

Die Geschichte spielt in dem Viertel, in dem Angel mit ihrer Familie in eine Wohnblock lebt. Im ganzen Viertel scheint es keinen zu geben, der nicht persönlich vom Völkermord betroffen ist. Am beeindruckendsten fand ich das Schicksal von Jeanne d’Arc, einer jungen Frau, die seit ihrem elften Lebensjahr als Prostituierte arbeitet um ihre drei jüngeren Geschwister zu ernähren, weil alle anderen Verwandten nicht mehr leben.

Angel ist der gute Engel der Nachbarschaft, versucht zu helfen, wo es möglich ist, Farbe in das Grau des Alltags zu bringen, ohne dabei aufdringlich zu werden. Überall lauern die Schatten der schrecklichen Vergangenheit des Bürgerkriegs und die aktuelle Bedrohung durch AIDS spielt auch immer wieder eine große Rolle. Angels Sohn war auch an „dem Virus“ erkrankt und ihre Tochter starb auch vor kurzem. Deshalb kümmern ihr Mann und sie sich aufrührend um die fünf Enkelkinder.

Obwohl auch noch einige andere Probleme werden angesprochen werden, hat das Buch einen heiteren Grundton. Angel versucht, das Positive zwischen all dem Leid zu sehen, auch wenn das manchmal sehr schwer ist.

Gaile Parkin wuchs in Afrika auf und arbeitete auch in Ruanda, als Beraterin für Frauen, die vom Bürgerkrieg betroffen waren. Ihre Liebe zu Land und Leuten ist in „Kuchen Banken in Kigali“ deutlich spürbar. Ihr Erstlingswerk habe ich fast in einem Zug gelesen und freue mich auf weitere Bücher von ihr.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.09.2009
Die Fehde der Königinnen
Maaser, Eva

Die Fehde der Königinnen


sehr gut

Die Geschichte von Brunichild, Königin der Westfranken

Es war einmal eine Prinzessin namens Brunichild. Sie lebte mit ihren Eltern und Geschwistern in Toledo im Reich der Westgoten. Eines Tages beschloss ihr Vater Athanagild das Bündnis mit den Franken zu stärken und Brunichild mit Sigimund, König der Westfranken, zu verheiraten. So musste Brunichild von ihrer Heimat ins ferne Frankenland ziehen. Doch kurz vor ihrer Abreise lernte sie im Pferdestall den attraktiven jungen Wittiges kennen und schenkt ihm ihre Unschuld. Gegen ihren Willen folgt Wittiges ihr ins Frankenland, wo Brunichild erstmals ihren Gemahl trifft und sich die Wege von ihr und Wittiges immer wieder kreuzen.

Eva Maaser erzählt ihren Leserinnen allerdings kein Märchen, sondern einen fundierten historischen Roman. Weder die wohlvertraute Nibelungensage noch der Klappentext passen so recht zum Inhalt von "Die Fehde der Königinnen", sondern wecken völlig falsche Vorstellungen vom Inhalt. Das allerdings im positiven Sinne!

Eva Maaser erweckt die historischen und fiktiven Figuren (Wittiges und einige andere) zum Leben, nimmt ihre Leser mit in das sechste Jahrhundert ins Frankenland. Lebendige Figuren und authentische Schilderungen des Lebens am Königshofe und auf dem Lande, viele historische Details zeigen die gründliche Recherche der Autorin und ihr Interesse am Thema.

Ein fesselndes Buch, das ganz nebenbei viel Wissen über europäische Geschichte vermittelt. Gefehlt haben mir eine Erklärung über Fakten und Fiktion sowie eine Europakarte aus dem sechsten Jahrhundert. Über eine Fortsetzung würde ich mich freuen.

Bewertung vom 27.09.2009
Kap der Finsternis
Smith, Roger

Kap der Finsternis


gut

Die finstere Realität des Lebens in Kapstadt

Jack Burn lebt mit seiner Familie auf der Sonnenseite von Kapstadt, in einem gemieteten Haus am Berg. Seine schwangere Frau, ihr gemeinsamer Sohn und er sind erst vor kurzem von den USA umgezogen und sie haben ein dunkles Geheimnis mitgebracht. Auch der Nachtwächter auf der Baustelle neben ihrem Haus hat eine dunkle Vergangenheit. Benny Mongrel war in seinem Leben nie auf der Sonnenseite und ist erst vor kurzem aus dem Gefängnis freigekommen. Als er eines Abends beobachtet, wie zwei junge schwarze Männer die Familie Burn überfallen, will er damit nicht zu tun haben. Doch der weiße, korrupte Polizist "Gatsby" Barnard lässt ihm keine Wahl. Barnard hat selbst Dreck an Stecken und ihm ist schon ein Ermittler namens Disaster Zondi auf den Fersen....

Der südafrikanische Drehbuchschreiber Roger Smith legt mit "Kap der Finsternis" seinen ersten Roman vor. Ein Buch, das Südafrika von seiner unschönen Seite zeigt und für meinen Geschmack stellenweise zuviel Realität vermittelte. Manche Dinge möchte ich lieber nicht sooo genau wissen und muss nicht genau wissen, wie extrem brutal es zugehen kann. Roger Smith zeigt nicht nur das Leben in den so genannten Flats vor dem Tafelberg, den Wohnvierteln der nicht-weißen Bevölkerung, sondern auch wie rau es in den Gefängnissen zugeht und wie derbe der alltägliche Sprachgebrauch ist.

Jack Burn und seine Familie müssen schnell lernen, dass Kapstadt kein sicherer Zufluchtsort ist. Benny Mongrel, die jungen Straftäter und Distaster Zondi wissen, wie es sich anfühlt, ganz unten zu stehen. Barnard hingegen steht seit Jahrzehnten am anderen Ende, er ist ein durch und durch korrupter Mensch. So klischeehaft sich manches anfangs las, so zutreffend scheint es trotzdem leider zu sein. Die Spuren der langen Zeit der Apartheid sind immer noch deutlich sichtbar und werden Südafrika vermutlich noch lange zu schaffen machen. Das macht Roger Smith sehr deutlich. Die 360 Seiten lesen sich schnell und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen - wären das nicht die brutalen Szenen gewesen, die mich zwangen, etwas anderes zu tun und mich ein wenig abzulenken.

"Kap der Finsternis" ist kein durchschnittlicher Thriller, sondern ein Buch, das einem eine andere Welt zeigt, die es wirklich gibt und genau deshalb noch eine Weile nachwirkt. Aber Vorsicht: Wer keine starken Nerven hat, sollte es lieber nicht lesen.

4 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

12