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Protonen-Paule
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Köln

Bewertungen

Bewertung vom 11.06.2010
Appropriations of Jane Austen¿s
Wilhelm, Julia

Appropriations of Jane Austen¿s "Pride and Prejudice" in contemporary British fiction


sehr gut

Julia Wilhelms Buch greift in sechs Kapiteln das Thema der "Wiederverwertung" und des "Updatens" von Austens Roman für die heutige Leserschaft auf interessante und unterhaltsame Weise auf. Ich habe das Buch für die Uni gelesen, da ich ein Seminar zum Thema "Jane Austen heute" besucht habe und dieses sehr spannend fand. Ich habe schon vor Jahren damit angefangen, die Bücher von Jane Austen zu lesen (man muss ja auch mal ganz fair sagen, dass es insgesamt "nur" sechs Romane sind) und war begeistert. Obwohl ich also eigentlich der Meinung war, mich ganz gut mit Austen auszukennen, habe ich in diesem Buch noch so einige sehr interessante Informationen und Gedankengänge entnehmen können.

Beispielsweise war mir nicht klar, wie häufig man heutzutage den "klassischen" Jane in dem häufig als "seichte Frauenliteratur" beschimpften Genre Chick Lit begegnet. Im Buch geht es aber nicht nur um das Beispiel Helen Fielding - "Bridget Jones's Diary", sondern es werden auch noch andere, weniger bekannte (aber deshalb nicht unbedingt schlechtere) Adaptionen von "Pride and Prejudice" diskutiert, z.B. Melissa Nathans "Pride, Prejudice and Jasmin Field".

Insbesondere Kapitel 5 "Under Pressure: The Significance of Status" vermittelt anschaulich, dass es nicht damit getan ist, oberflächliche und "kosmetische" Veränderungen an Austens Vorlage vorzunehmen, um die vermeintlich "neuen" Chick Lit Romane für die heutige Leserschaft plausibel zu machen. Die Thematiken und Problematiken, denen sich Austens Protagonisten stellen - Identitätsbildung, von der Familie ausgeübter Druck, die Doppelmoral der Gesellschaft und die Schwierigkeiten, die die Suche nach dem geeigneten Partner ins sich birgt -, müssen auf vielen Ebenen angegangen und für das heutige Publikum greifbar gemacht werden. Wilhelms Analyse legt die diesbezüglichen Defizite in den neuzeitlichen Adaptionen deutlich dar.

Nicht nur für Fans von Elizabeth Bennet, Mr. Darcy und Bridget Jones ist die Analyse von Julia Wilhelm sehr interessant, auch Leser, die sich zum ersten Mal mit dem Thema befassen, können die dargestellten Zusammenhänge von Austen's "Novel of Manners" und Fielding's "Chick Lit Novel" gut verfolgen.

Wie gesagt, man mag vielleicht das Chick Lit Genre als zu seicht empfinden, aber das Sachbuch von Frau Wilhelm ist es sicher nicht. Wen das Thema "Austen heute" also interessiert, der sollte da wirklich einfach mal reinschauen.