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smartie11
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In Niedersachsen
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Bewertungen

Insgesamt 901 Bewertungen
Bewertung vom 07.03.2025
Das Geheimnis der Nachtschatten / Flora Magica Bd.1
Walder, Vanessa

Das Geheimnis der Nachtschatten / Flora Magica Bd.1


ausgezeichnet

Magische Pflanzen und ihre Geheimnisse – ein zauberhafter Reihenauftakt

„Der Tod kam nicht überraschend zu Flora Cunabula. Ihr Fenster stand weit offen. Und so streifte sacht eine Frühlingsbrise über ihr friedliches Gesicht und trug ihren letzten Atemzug hinaus in den Garten. Dort ließ er Birkenblätter rascheln, Apfelblüten zu Boden segeln und Tulpenknospen wippen.“ (S. 12)

Meine Meinung:
Seit das wunderbare „wilde Määäh“ 2014 das Licht der Welt erblickt hat, sind wir riesengroße Fans von Vanessa Walders zauberhaften Geschichten und ihres einzigartigen Schreibstils. Bislang hat uns noch jedes ihrer Bücher vollauf begeistert und so viel sei vorweg verraten: „Flora Magica“ hat das auch - voll und ganz!

Diesmal beginnt die Geschichte mit einem letzten Atemzug und vier ganz besonderen Kindern, die diesen Atemzug auch ganz weit weg noch spüren können. So entpuppt sich dieser Atemzug auch schnell als ein Ruf zurück zu den Wurzeln der Familie Cunabula in die Bergwildnis der österreichischen Alpen. Zurück zur Villa Cunabula, einem wahrhaft paradiesischen Ort, der die Kinder mit Geheimnissen, Rätseln und ersten Abenteuern begrüßt und uns faszinierende und spannende Lesestunden beschert.

Einmal mehr zieht einen Vanessa Walders Schreibstil von der ersten Seite an voll und ganz in seinen Bann. Spätestens mit der Ankunft an der Villa Cunabula spürt man die kräftige Höhensonne auf der Haut, die leichte Brise im Haar und meint, den Duft zahlreicher Blumen wahrzunehmen und ein leichtes Plätschern vom See zu hören. Es ist ein ganz besonderer Zauber, den die Autorin mit ihren Worten wirkt. Und so gelingt es uns als Lesende, genauso neugierig und fasziniert in diesen kleinen, verwunschenen Mikrokosmos einzutauchen, in dem es so viel zu entdecken und bestaunen gibt, wie die beiden Zwillingspaare Tierra & Sol und Avia & Zacharias. Hier entspringt ein Abenteuer, das in diesem ersten Band noch ganz zart seine Blätter entfaltet und uns leicht und in Windeseile bis zur letzten Seite trägt. Immer wieder habe ich dabei über Vanessa Walders unglaublich intelligente Wortakrobatik gestaunt (das Verschieben nur eines einzigen Buchstabens macht „furchtbar“ „fruchtbar“) und ihre oft so poetische Ausdrucksweise genossen (siehe Zitat oben). Zu dieser wunderbaren Geschichte gibt es auch diesmal wieder sehr viel Tiefgang, wenn z.B. Themen wie Freundschaft, Vertrauen, Zusammenhalt und Familie, aber auch vermeintliche „Unvollkommenheit“ oder Verlust die Geschichte begleiten und bereichern. Dieses Buch steckt voller Lebensweisheiten, manche bittersüß, manche erst auf den zweiten Blick erkennbar und manche schonungslos offen, wie etwa verpasste Chancen, die dem Alltag zum Opfer gefallen sind, und die man erst bereut, wenn es zu spät ist. Das sorgt dafür, dass diese Geschichte nicht „nur“ unterhält, sondern auch nachhallt.

Auch diesem Buch merkt man wieder an, wie akribisch die Autorin für ihr neues Thema, die faszinierende Welt der Pflanzen, recherchiert hat. Und natürlich lässt sie uns auch diesmal wieder teilhaben an den spannendsten und überraschendsten Erkenntnissen, die sie dabei zutage gefördert hat. Hier lernen wir ganz nebenbei so manche Wunder aus der Pflanzenwelt kennen, wie etwa den gigantischen Titanenwurz, der unglaublich schön und unglaublich abschreckend zugleich ist. Oder kaum vorstellbare Netzwerke von Bäumen, die gemeinsam Regen provozieren können. Manches klingt so unglaublich und ist doch wahr!

Ich könnte jetzt noch viel mehr tolle Dinge an diesem Buch aufführen, wie etwa das großartige Artwork mit seinen wunderbaren Bildern und dem abwechslungsreichen und geschickt gewählten Layout. Oder die vielen großartigen Zitate, die mit Sicherheit mit viel Liebe zusammengestellt wurden und den einzelnen Kapiteln vorangestellt sind. Oder auch, ganz schlicht und einfach, meinen absoluten Lieblingscharakter aus diesem Buch: den kleinen Gedankenfresser Nox mit seinem oft etwas vorlauten Mundwerk.

Aber was soll ich noch viel mehr schreiben? Am Ende bleibt nur eins: Lesen, unbedingt lesen!


FAZIT:
Nehmt euch in Acht, all ihr mystischen Tiere und Gestaltwandler: magische Pflanzen sind genauso cool wie ihr - mindestens! Ein ganz starker Reihenauftakt!

Bewertung vom 26.02.2025
Campion. Tödliches Erbe
Allingham, Margery

Campion. Tödliches Erbe


ausgezeichnet

Ein im wahrsten Sinne des Wortes klassischer britischer Krimi

„Der Waldsaum, dem sie zustrebten, wirkte pechschwarz und merkwürdig abweisend, und die Käuzchen, die es dort in Mengen gab, schrien von Zeit zu Zeit schaurig.“ (S. 160)

Meine Meinung:
Dieser klassische britische Krimi der Autorin Margery Allingham, die neben u.A. Agatha Christie zu den britischen „Queens of Crime“ gezählt wird, wurde erstmals 1931 im Original veröffentlicht.

Seit Generationen hütet die Familie Gyrth ein sagenumwobenes Kleinod, den Gyrth-Kelch. Schon immer hat dieser Diebe und Halunken angezogen, die ihn in ihren Besitz bringen wollten. Doch niemals zuvor in der Geschichte ist die Bedrohung eines Diebstahls größer gewesen als jetzt, wo ein geheimnisumwittertes, international tätiges Kartell skrupelloser Kunstsammler sich des Kelches bemächtigen will. Zum Glück der Familie Gyrth hat aber bereits der unscheinbare, wie brillante Detektiv Albert Campion die nahende Bedrohung erkannt und will alles in seiner Macht Stehende tun, um den Raub des Kelches zu verhindern…

Es ist ein ungewöhnlicher, rätselhafter und zugleich sehr unterhaltsamer Start, wie Albert Campion an Percival „Val“ St. John Wykes Gyrth herantritt, um sich der Familie und damit dem Fall zu nähern. Schon auf den ersten Seiten bekommt man einen nachdrücklichen Eindruck davon, dass Albert Campion eine ganz besondere Persönlichkeit ist, die mit seinen anderen literarischen „Kollegen und Kolleginnen“ wenig gemein hat. Unscheinbar und spitzbübisch, leicht zu unterschätzen, charmant zu den Damen und oft sehr harsch zu seinem Diener Lugg. Ein Charakter mit Ecken und Kanten und sehr viel Potenzial („Mannesmut, Intelligenz und Findigkeit sind meine Stärken.“ S. 225).

Dem Krimi merkt man sofort an, dass er vor nun fast einem ganzen Jahrhundert geschrieben worden ist. Viele Ausdrücke und Redensarten wurden in der 1990er Übersetzung von Edith Walter behutsam übernommen. Das wirkt natürlich auf der einen Seite manchmal natürlich etwas fremd, vielleicht sogar aus der Zeit gefallen, auf der anderen Seite beschert es dieser Geschichte aber auch etwas, das heutige Autoren (und seien sie noch so gut!) niemals werden erreichen können: absolute Authentizität! Denn dies ist und bleibt ein zeitgenössischer Krimi aus den „Golden Thirties“.

Wessen Herz also für klassische britische Kriminalgeschichten mit wohl dosierter Spannung schlägt, wer Protagonisten mag, die einem nicht auf den ersten Blick gleich grundsympathisch sind, wer „traditionellen“ Bösewichten und Banden etwas abgewinnen kann und wer authentischen britischen Flair - hier sogar mit einem kleinen, homöopathischen Schuss Mystik - sucht, wird mit diesem Buch sicherlich seine Freude haben!

FAZIT:
Für mich eine tolle Neuentdeckung eines weniger bekannten Klassikers.

Bewertung vom 20.02.2025
Captain Future
Runberg, Sylvain

Captain Future


ausgezeichnet

Ein absolut geniales Abenteuer vom Anfang der Comet-Crew

Meine Meinung:
Schon wenn ich diesen Comic nur in die Hand nehme und betrachte, habe ich wieder die Titelmelodie einer meiner allerliebsten Serien meiner Kindheit im Ohr!

Gleich auf den ersten Seiten treffen wir Professor Simon (in seiner uns bekannten Form) und werden Zeugen zweier ganz wesentlicher Momente: Zum einen der Erschaffung von Grag und Otto und zum anderen des dramatischen Schicksalsschlags, der Curtis Newton zu DEM Helden unserer Kindheit gemacht hat: Captain Future!

Nach diesem Prequel springt die Geschichte 25 Jahre weiter. Nachdem eine Mission auf dem Planeten Megara, einem Exil für Schwerkriminelle, mit schrecklichen Folgen gehörig schiefgelaufen ist, schickt man Captain Future mit seiner Crew (Grag, Otto und Simon) dorthin, um die Vorfälle aufzuklären. Damit die heldenhaften Einzelgänger dabei nicht wieder allein sind, stellt man ihnen Special Agent Joan Landor (!) zur Seite.

Es entwickelt sich ein absolut fesselndes und actionreiches Abenteuer, das nicht nur 100%ig in das „Captain Future“-Universum passt, sondern uns gleich auch noch miterlesen lässt, wie die Crew um Future zu ihren weiteren Mitgliedern gekommen ist. Auf Megara treffen die Crew und wir erstmals auf den pfiffigen und quirligen Ken Scott und dazu auch noch auf die knuffigen Begleiter Yiek und Oak.

Gespannt bin ich der Geschichte Seite für Seite gefolgt, habe mich über die zahlreichen „Milestones“ in Captain Futures Entwicklung gefreut und die einfach großartigen und beeindruckenden Bilder von Alexis Tallone genossen. Apropos Bilder: Genau wie die Geschichte selbst, passen auch diese sehr, sehr gut zum Original. Captain Future ist optisch wirklich absolut dicht dran an der Originalfigur, ebenso wie Grag und Simon. Otto ist hingegen etwas „imposanter“ als das Original geworden, auch wenn sein Charakter genauso „gezeichnet“ ist, wie wir ihn kennen, und wir auf seine klassischen Sprüche („du alte Konservendose“) nicht verzichten müssen. Auch Joan wirkt hier etwas tougher als im Original, was dem ganzen Setting in meinen Augen aber guttut und es behutsam moderner erscheinen lässt. Insgesamt eine sehr schonende und zeitgemäße „Renovierung“ der Crew!

Am Ende begeistert mich diese Graphic Novel noch mit einem wahren Paukenschlag – und lässt mich gleichzeitig hoffen, dass hier noch mehr Bände folgen werden!

FAZIT:
Großartig, wirklich ganz großartig – bitte (viel!) mehr davon!

Bewertung vom 17.02.2025
Die Stadt der Haie / Animox als Comic-Roman Bd.3
Carter, Aimée

Die Stadt der Haie / Animox als Comic-Roman Bd.3


ausgezeichnet

Eine sehr gelungene Adaption für jüngere Leser*innen

Meine Meinung:
Wir sind große Fans der fantastischen Animox-Reihe von Aimée Carter und haben bereits alle Bände, inklusive der „Erben der Animox“, regelrecht verschlungen.

Für etwas jüngere Lesende wurde die Reihe nun in Form von Comic-Romanen herausgebracht. Hier ist der Inhalt der Originalromane deutlich verkürzt, die Sprache etwas einfacher gehalten und viele Szenen werden in stimmungsvollen Comic-Abschnitten erzählt. Schriftbild und Zeilenabstand sind etwas größer, so dass die Comic-Romane mit einer Leseempfehlung ab 8 Jahren (die Original-Romane werden ab 10 Jahren empfohlen) angegeben sind, der ich mich anschließen kann.

Ich war wirklich erstaunt, wie gut es hier gelungen ist, die deutlich zusammengekürzte Geschichte zu erzählen, ohne dass wesentliche Punkte entfallen wären. Dadurch weisen die Comic-Romane natürlich ein noch höheres Tempo auf, so dass man hier regelrecht „hindurchfliegen“ kann, denn auch die Comic-Romane haben das gleiche Suchtpotenzial wie die Romane. Die vielen Comic-Abschnitte sorgen dabei für Abwechslung und zwischenzeitliche „Erholung vom Lesen“ und fangen Stimmung und Action perfekt ein.

Alles in allem eine sehr gelungene Adaption der Animox-Romane, mit denen man die jungen Lesenden ganz schnell an diese packende Reihe „fesseln“ kann.

Sehr gut gemacht!

FAZIT:
Die Animox-Bücher sind einfach großartig – auch in dieser Adaption!

Bewertung vom 17.02.2025
Salute - Die letzte Fahrt
Kalpenstein, Friedrich

Salute - Die letzte Fahrt


ausgezeichnet

Ein stimmungsvoller und atmosphärischer Wohlfühl-Krimigenuss

„Schau nicht so weit nach vorne und nicht so weit nach hinten. Sonst übersiehst du das Hier und Jetzt“ (S. 259)

Meine Meinung:
„Die letzte Fahrt“ ist nach „Der letzte Espresso“, in dem ein Toter im Café von Neu-Barista Paul „Paolo“ Zeitler aufgefunden wurde, der zweite Fall für den Ex-Kommissar aus München und sein italienisches Pendant Commissario Lanza.

Wie von Friedrich Kalpenstein gewohnt und von mir bevorzugt, lässt der Fall nicht lange auf sich warten: schon auf Seite 5 treibt die Leiche des lokalbekannten Bootsbauers mit Hang zu Glücksspiel, Vincenzo Morelli, im Gardasee. Natürlich triggert das die Kriminaler-Gene Zeitlers und er nimmt beherzt die Spur auf. Schnell gibt es ein Wiederlesen mit einigen alten Bekannten aus Band eins, was mir ebenfalls gefällt und dafür sorgt, dass ich mich wieder ruck-zuck „mittendrin“ fühle. Natürlich ergänzt der Autor seine „Stamm-Crew“ nach und nach um ein paar fallbezogene Charaktere, so dass das Ensemble für diesen Band zügig Formen annimmt.

Neben dem Fall kommt natürlich auch diesmal das „Dolce Vita“-Feeling nicht zu kurz, so dass ich beim Lesen den ein oder anderen Espressoduft in der Nase oder manch einen Italo-Hit im Ohr zu vernehmen meine. So macht mir das Mit-Ermitteln einfach Spaß und lässt mich den grauen deutschen Winter vollkommen vergessen. Gespannt begleite ich Zeitlers und Lanzas parallel verlaufende Ermittlungsbemühungen und mache mir dabei so meine ganz eigenen Gedanken, wer sich wohl für diese Tat verantwortlich zeigen könnte.

Am Ende überrascht mich Friedrich Kalpenstein einmal mehr mit seiner Auflösung, die ich in dieser Form und Dimension nicht vorhergesehen habe und die mein Krimifreund-Herz voll und ganz befriedigt. Dazu verbleibt nach dem Zuklappen des Buches noch ein wohliges Bauchgefühl, als hätte ich gerade einen Kurztrip an den Gardasee hinter mir.

FAZIT:
Molto ben fatto, Frederico Kalpenpietra!

Bewertung vom 10.02.2025
Willkommen in Gravity Falls - Verschollene Legenden
Hirsch, Alex;Disney, Walt

Willkommen in Gravity Falls - Verschollene Legenden


ausgezeichnet

Ein genial-verrückter Comic-Spaß in großartigen Bildern

„Aber Mr Pines, Comics sind eine echte Kunstform! Wie Ostereierbemalen oder Straßenpantomime.“

Meine Meinung:
Vier verschollene Legenden und nie erzählte Abenteuer, erzählt von Shmebolock – ja, richtig: erzählt! Denn einmal in 1000 Jahren bekommt dieser kleine Kobold seine Fähigkeit zu sprechen zurück! Und das nutzt er hier ganz grandios und erzählt uns wie Patricia lernt, dass Schönheit nicht alles ist, wie Gronkel Stan in einen Comic eingesogen wird, was alles im unheimlichen Mabel-Versum (was für ein geniales Wortspiel!) vor sich geht und last but noch least noch eine ganz besondere Geschichte: über die ursprünglichen Mystery-Zwillinge – Stan & Ford! Inklusive Shanklin, dem Killer-Opossum, einer überraschenden Mystery-Zwillings-Konkurrenz und natürlich… dem Jersey-Teufel!

Wow – obwohl ich ehrlicher Weise Gravity Falls zuvor nicht kannte, bin ich nach diesem Comic vollauf begeistert! Die Geschichten sprühen nur so vor phantastischen und abgedrehten Ideen und wunderbar schrägem Humor, egal ob Ober-Gauner „Mr. Gesichtslos“ oder auch dem skurrilen „Garfield-Odie-Mix“ namens „Spotti“. So abgedrehte und gleichzeitig fesselnde Storys liest man wirklich selten!

Aber (mindestens!) genauso genial wie die Stories sind die Zeichnungen. Jede Seite ist ein reiner Augenschmaus und die dreizehn (!) Zeichner, die hier mitgewirkt haben, erklären die große Abwechslung bei den Illustrationen, was am besten bei der rasanten „Stil-Fluktuation“ in der Story „Comixe Ereignisse“ ersichtlich wird, wo es von Vintage bis Manga geht! Großartig, einfach nur großartig!

FAZIT:
Einfach großartig – Gravity Falls hat mit mir einen neuen Fan gewonnen!

Bewertung vom 07.02.2025
»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1
Klüpfel, Volker

»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1


sehr gut

Der erste Fall für Miss Marpelow und Doktor Watschel

„Was hatten wir denn schon getan: ein kleines Kind aufgelesen, ihm ein Geheimnis entlockt, undercover recherchiert, beinahe eine körperliche Auseinandersetzung gehabt, illegal Polizeiakten gelesen – na ja, wenn man es recht bedachte, waren wir vom Geheimagenten tatsächlich nicht mehr weit entfernt.“ (S. 186)

Meine Meinung:
Ein angehender Autor mit Schreibblockade und Nomaden-Leben im in die Jahre gekommenen Wohnmobil, eine überaus patente ukrainische Putzfrau und ein kleines, hilfloses Mädchen, das ganz allein durch die Landschaft irrt. Das sind die Zutaten, aus denen Volker Klüpfel („Kluftinger“, „Die Unverbesserlichen“) seinen ersten Solo-Krimi konstruiert hat.

Wie für den Start einer neuen Reihe nicht unüblich, nimmt sich der Autor zu Beginn viel Zeit und Raum, seine Charaktere einzuführen und uns mit ihnen bekannt zu machen, und es ist wahrlich ein illustres Ensemble, das da in den Startlöchern steht. Allen woran natürlich Möchtegern-Autor Thomas „Tommi“ Mann, bei dem man sich ständig fragt, wie viel Autobiografisches wohl in ihm steckt, und „seine“ ukrainische Putzfrau Svetlana, die das Herz am Rechten Fleck trägt und niemals um ein ukrainisches Sprichwort in oft Lachmuskelreizender deutscher Übersetzung verlegen ist. Ein sehr sympathisches und vielversprechendes Ermittler-Paar, das in meinen Augen durchaus großes Potenzial hat. Aber auch die Sidekicks wissen zu überzeugen, insbesondere Tommis Vater, der nach seiner Selbsteinweisung ins lokale Altenwohnheim dort den umtriebigen Armor gibt, und die unter Mobbing am Arbeitsplatz leidende Oberkommissarin Britta Schneider. Aber auch die lilahaarige Liebschaft Gerlinde aus der Rommé-Zocker-Clique, der kleinbürgerliche und genauso kleinkarierte Ordnungshüter Kleinschmidt (ja, hier ist der Name Programm!) oder auch Tommis autoschraubende KiTa-Erzieherin Laura - alles Charaktere, mit denen man sich richtig schnell anfreunden kann.

Wie man merkt, habe ich mich jetzt auch recht breit über die bunte Schar der Charaktere ausgelassen. Das liegt nicht nur daran, dass sie mir sehr gut gefällt, sondern auch daran, dass der eigentliche Krimiplot in diesem Serienauftakt doch etwas in den Hintergrund geraten ist. Es dauert recht lange, bis der Fall an Fahrt aufnimmt, und auch dann verläuft der Plot recht linear. Dazu kommt, dass er für mich ab den Punkten, an denen die entscheidenden Informationen auftauchten, auch recht vorhersehbar gewesen ist und ich mich regelrecht geärgert habe, wenn Tommi & Svetlana das Offensichtlichste erstmal aussortiert haben. Auch Spannung sucht man hier die meiste Zeit vergebens, kommt sie doch erst auf den letzten 40 Seiten auf.

Auch wenn mich also die Krimihandlung noch nicht überzeugen konnte, hat es mir dennoch von Anfang bis Ende Spaß bereitet, dieses Buch zu lesen. Grund dafür ist neben den sympathischen Charakteren vor allem Volker Klüpfels unterhaltsamer und humorvoller Schreibstil, der Svetlana wunderbar schräge Sprüche in den Mund legt („Müssen uns zu Innenseiter machen“, „an Einzelligkeiten kann ich kaum erinnern“ oder auch „Müssen außerhalb von Schachtel denken“). Svetlana hat mir damit sehr oft ein breites Grinsen ins Gesicht gezaubert. Aber auch Tommis meist sehr hilflose und krude Versuche, seinen eigenen Thrillerplot voranzutreiben, oder auch manch gewitzt selbstironische Stellen haben mir gefallen, wie der schöne Schachtel-Ketten-Satz auf den Seiten 238 / 239.

FAZIT:
Alles in allem wunderbare Charaktere und ein humorvolles Lesevergnügen, das in Sachen Krimiplot aber noch Luft nach oben hat!

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Bewertung vom 30.01.2025
Der Passagier der Polarlys
Simenon, Georges;Bocquet, José-Louis

Der Passagier der Polarlys


ausgezeichnet

Ein klassischer Krimi in sehr atmosphärischen Bildern

Meine Meinung:
Es handelt sich hier um eine Graphic Novel, die auf dem 1930 verfassten Krimi des belgischen Schriftstellers Georges Simenon basiert. Die Geschichte beginnt im freizügigen Treiben von Paris, wechselt dann aber schnell den Schauplatz auf den Dampfer „Polarlys“, der von Hamburg aus seine Versorgungsfahrt bis ins Eismeer des nördlichen Norwegens aufnimmt.

Es ist eine dunkle Geschichte, die hier in düsteren und sehr atmosphärischen Bildern erfolgreich umgesetzt wurde. Mit seiner überschaubaren Anzahl an teils zwielichtigen Charakteren, lebt diese Geschichte vor allem von dem räumlich stark eingegrenzten Schauplatz des Linien-Dampfers. Während draußen auf See, vor der winterlichen Küste Norwegens, die Lebensumstände immer feindlicher werden, häufen sich auf der Polaris die rätselhaften Vorfälle. Obgleich Polizei mit an Bord ist, kommt es hier aber – ganz standesgemäß – dem intelligenten Kapitän der Polarlys zu, diesen Fall unaufgeregt, aber genauso unnachgiebig zu verfolgen.

Es ist ein klassischer Who-Dun-It-Krimi und ein Abbild seiner Zeit in den ausklingenden goldenen 20er Jahren. Die Vorzeichen des aktuellen Weltgeschehens werden immer düsterer und so spiegelt diese Graphic Novel das auch gekonnt wider. Die Zeichnungen sind in gedeckten Farben gehalten, die Lichtgestaltung ist dunkel. So versprühen die Bilder eine dichte, trostlose und stets latent gefährliche Atmosphäre.

Es hat mir großen Spaß gemacht, dieser Geschichte zu folgen und die Bilder auf mich wirken zu lassen. In einem Rutsch habe ich diese (nicht nur) für Liebhaber klassischer Krimis sehr empfehlenswerte Graphic Novel verschlungen und genossen. Danke!

FAZIT:
Eine klassische who-dun-it-Story mit düsterer Atmosphäre und sehr gekonnt in fesselnden Bildern erzählt.

Bewertung vom 29.12.2024
Nachtflut
Westerkamp, Stina

Nachtflut


sehr gut

Ein nervenzerreißender Thriller in apokalyptischer Kulisse

Meine Meinung:
Ein kleines Dorf in Schleswig-Holstein, direkt hinter dem Deich gelegen und nahezu vollkommen evakuiert und damit fast menschenleer, denn eine Jahrhundert-Sturmflut droht. Straßen verwandeln sich in reißende Flüsse, Bäume werden reihenweise von schweren Sturmböen entwurzelt und Häuser stehen unter Wasser. Ein absolutes Ausnahmeszenario, das Hochspannung und jede Menge Gänsehaut verspricht!

Dazu eine Protagonistin, die nach einer schweren Familientragödie gegen ihre inneren Dämonen ankämpft und unter Panikattacken mit Wahnvorstellungen leidet. Ein altes Paar, das alles tut, um die eigenen dunklen Geheimnisse zu wahren. Und zwei Männer, die sich gegen alle Naturgewalten stemmen und auf den Weg zu Elisa ins tiefste Katastrophengebiet machen – einer davon der verurteilte Mörder von Elisas Schwester. Ein Figuren-Setting, dass mit wenigen Charakteren auskommt und doch für jede Menge Thrill sorgt!

So ist es absolut kein Wunder, dass einen Stina Westerkamps „Nachtflut“ schon nach wenigen Seiten tief in seinen Bann zieht und bis zu den letzten Seiten nicht mehr loslässt. Wie in einem Hollywood-Blockbuster reihen sich hier actiongeladene Szenen aneinander, sorgen lebensgefährliche Situationen für Herzrasen beim Lesen. Geschickt spielt die Autorin dabei mit der Wahrnehmung ihrer Protagonisten und gönnt uns Lesenden dabei nur sehr wenig Informationsvorsprung. So verschieben sich Bilder und es bieten sich im Verlauf der Geschichte ganz neue Perspektiven und überraschende Wendungen – und damit ein waschechtes Page-Turner-Leseerlebnis der Extraklasse.

Das Buch hat mich wirklich gefesselt, von der ersten bis zur letzten Seite. Ein Thriller, ganz nach meinem Geschmack! Nur das sehr stereotype Rollenbild, das sich hier immer wieder findet, hat mich doch etwas gestört. Mehr kann ich dazu nicht schreiben, ohne zu viel zu verraten.

FAZIT:
Hochspannung, Dramatik und überraschende Wendungen - ein waschechter Page-Turner!

Bewertung vom 17.12.2024
Sieg der Blödigkeit (MP3-Download)
Kalkofe, Oliver

Sieg der Blödigkeit (MP3-Download)


ausgezeichnet

Typisch Kalkofe – ein bissig satirischer Rundumschlag

Mit „Sieg der Blödigkeit“ hält TV-Kritiker-und-Komiker-Urgestein Oliver Kalkofe unserer heutigen Gesellschaft schonungslos und hemmungslos offen den Spiegel vors Gesicht. Mit viel Wortakrobatik und spitzer Zunge holt er zum Rundumschlag aus und kommentiert zahlreiche aktuelle Themen, vom politischen Weltgeschehen über den Klimawandel bis hin zu sozialen Themen. Zu allen Themen legt Oliver Kalkofe gezielt den Finger in die Wunde, stochert genüsslich darin herum und präsentiert seine persönliche Meinung dazu, der ich oft einfach nur zustimmen kann.

Wie von Oliver Kalkofe gewohnt, changiert seine Wortwahl dabei zwischen bewusst überexakter Verwendung von Fachbegriffen bis hin zu diversen unter-der-Gürtellinie-Ausdrücken, die hier nicht zitierfähig sind. Aber egal, wie (bewusst) tief die Ausdrücke teilweise aus den untersten Schubladen gekramt sind, sprühen die Aussagen doch immer regelrecht vor Intelligenz und Satire. Und wenn heutzutage jemand noch beherzt mit literarischen Stilmitteln wie Alliterationen & Co. jongliert, dann lese / höre ich das ausgesprochen gerne.

Allerdings muss auch klar gesagt werden, dass ich zu Oliver Kalkofes Generation („Ex-Booms“) gehöre und eben nicht z.B. zu den Generationen „Ä“ oder „Horst“ nach der Kalkofe‘schen Definition. Daher habe ich auch meine ganz besondere Freude daran, wenn er hier neben den aktuellen Themen auch die 80er und 90 er Jahre wieder „aufleben“ lässt. Hier gibt es also manche Passagen, die für so manchen Millennial vielleicht nicht so gut verständlich – oder einfach nicht so lustig sind. Aber egal: dann kann man ja skippen (oder „vorspulen“, wie wir es im letzten Jahrtausend genannt haben) – liegt ja eh´ im Trend! 😊

FAZIT:
Eine intelligente und humorvolle Satire von jemandem, der kein Blatt vor den Mund nimmt.

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