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Benutzername: 
kapitan kloss
Wohnort: 
Strausberg

Bewertungen

Insgesamt 5 Bewertungen
Bewertung vom 24.08.2014
Hannah Arendt - Ihr Denken veränderte die Welt

Hannah Arendt - Ihr Denken veränderte die Welt


ausgezeichnet

Zu diesem beeindruckenden Werk gibt es eine offizielle Internetseite, auf der man sich unter anderem über die historischen Figuren sehr gut informieren kann, http://www.hannaharendt-derfilm.de/#/historische%20figuren. Man wird den Film mit diesen Hintergrundinformationen mit größerem Gewinn ein zweites oder dritte Mal anschauen. Zu Recht gab es für ihn den Deuschen Filmpreis 2013.

Die tief beeindruckende SCHLUSSREDE VON HANNAH ARENDT kann im englischen Original und in deutscher Übersetzung als pdf von der offiziellen Homepage heruntergeladen werden und eignet sich auch sehr gut für den Geschichtsunterricht in der Schule. Zitat daraus:

"Seit Sokrates und Platon, bezeichnen wir als „Denken“, den stillen Dialog zwischen mir und mir selbst. Indem er sich geweigert hat, eine Person zu sein, hat Eichmann die entscheidende Fähigkeit die erst einen Menschen ausmacht, vollständig aufgegeben, nämlich die Fähigkeit, selbst zu denken. Infolgedessen war er nicht mehr imstande, moralische Urteile zu fällen. Dieses Unvermögen, zu denken, schaffte erst die Voraussetzung für viele ganz gewöhnliche Menschen, abscheulichste Taten in einem gigantischen Ausmaß zu begehen, dergleichen man noch nie gesehen hatte. Noch nie zuvor."

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.08.2011
Ein Russische Sommer

Ein Russische Sommer


ausgezeichnet

Die Vorlage für diesen Film lieferte der biografische Roman Tolstois letztes Jahr (Originaltitel: The Last Station: A Novel of Tolstoi's Last Year) von Jay Parini , der aus Briefen und Tagebucheinträgen von Freunden und Familienmitgliedern Tolstois eine lebendige Geschichte formte. Zuvor hatte etwa Anne Edwards eine Familiengeschichte der Tolstois verfasst (Die Tolstois, Glanz und Elend einer russischen Familie - zugleich Spiegelbild einer faszinierenden Epoche und ihres Niederganges, Scherz Verlag 1984 Original: Sonya. The Life of Countess Tolstoy, 1981).

Als deutscher Zuschauer muss man diese Bücher nicht kennen, um den Film zu genießen. Er ist schon deshalb interessant, weil ab April 2008 vor allem in den neuen Bundesländern gedreht wurde, so in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen. Kulisse für die Bahnstation Astapowo, der letzten Station im Leben Tolstois, war im Film der Bahnhof in Pretzsch (Sachsen-Anhalt).

Jasnaja Poljana, der Landsitz der Tolstois, wurde im Film durch Schloss Stülpe bei Luckenwalde in Brandenburg wiedergegeben. Die Jagdanlage Rieseneck bei Kleineutersdorf im Saaletal südlich von Jena bildete die Kulisse für Telyatinki, das Domizil der fanatischen und eigennützigen Anhänger Tolstojs, die ihn immer wieder gegen seine Frau zu manipulieren suchten.

Einige Details im Film, die es so zu Lew Nikolajewitsch Tolstois Leben (28. August bzw. 9. September 1828 bis 7. November bzw. 20. November 1910) noch nicht gegeben hat, schmälern den Wert von Schauspielerleistung und Kamera in keiner Weise.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.05.2011
Müller MP3, Tondokumente 1972-1995, 4 MP3-CD
Müller, Heiner

Müller MP3, Tondokumente 1972-1995, 4 MP3-CD


ausgezeichnet

Heiner Müller spricht auf vier CDs über seine Zeit als Künstler in der DDR und im Nach-Wende-Deutschland. Es ist zu befürchten, dass Hörer, die die DDR nur aus der gegenwärtigen Mediendarstellung kennen, nicht viel damit anfangen können oder sehr überrascht sind. Man muss sich viel Zeit nehmen und die Gepräche auf sich wirken lassen, erhält aber viel Gelegenheit zum Nachdenken über seine und unsere Zeit. Heiner Müller ist kein Zyniker. Zynisch waren die Zeitumstände, denen er ausgesetzt war. Ob sich daran etwas geändert hat, muss der Hörer für sich entscheiden. Selten findet man solch vielfältige Einladungen zum Selbstdenken. Hier einige Proben:

"Mich stört ein bisschen die Vorstellung, dass es harmonische Persönlichkeiten gibt. Ich kann mir das nicht wünschen, eigentlich."

" Man kann's auf eine Formel bringen: In 50 Jahren ist nicht wichtig, wo und wann ich mich wie ein Schwein verhalten habe. Es ist wichtig, wo ich wie ein Schwein geschrieben habe."

"Wenn ich gesagt hätte, ich reise nicht, bevor nicht alle reisen können, hätte ich eine ganze Menge Dinge nicht schreiben können, die ich geschrieben hab, weil ich reisen konnte. Und meine erste moralische Verpflichtung ist die meiner Arbeit gegenüber."

"Das einzige Territorium, was mich interessiert, bin ich."

"Ich zitiert mal jetzt was ganz Schlimmes, einen Satz von Bloch, den ich immer sehr einleuchtend fand, aus der Zeit, als er noch hier war: "Die moralische Überlegenheit des Kommunismus beruht darin, dass er für den Einzelnen keine Antwort hat." Das finde ich einen sehr guten Satz.

"Was spricht eigentlich gegen ein schlechtes Gewissen als Schreibimpuls oder als ein Schreibimpuls? Das gehörte zu diesem Erfahrungsdruck in der DDR, und das schlechte Gewissen schärft auch den Blick für das eigene Bewusstsein oder Gefühlsleben und auch den Blick für gesellschaftliche Strukturen."

"Und ich finde positiv auf jeden Fall, dass bei uns die Scheidungsquote so hoch ist, das ist ein sehr gutes Zeichen, und dass die meisten Scheidungsanträge von Frauen ausgehen. Das spricht sehr für die DDR, glaube ich. "

"Wir haben eine ungeheure Selbstmordquote in der DDR, das spricht einmal für die Dynamik unserer Entwicklung und so, auch die Selbstmordquote. Spricht auch für einiges andere, ist auch klar. Andererseits ist das eigentlich schon beinah ein gesunder Instinkt, finde ich, dass das bei uns nicht so ernst genommen wird, diese Selbstmordquote."