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MrsDarcyReveals

Bewertungen

Insgesamt 15 Bewertungen
12
Bewertung vom 27.02.2025
Das Lieben danach
Bracht, Helene

Das Lieben danach


ausgezeichnet

Betörend und verstörend zugleich
Helene Bracht, Pädagogin und Psychologin, hat mit „Das Lieben danach“ ihr erstes literarisches Werk vorgelegt.

Das vorliegende Buch schafft einen Spagat zwischen sehr persönlichen, intimen Lebenserinnerungen und neuesten Erkenntnissen der Psychologie.
Als Kind sexuell missbraucht, geht sie ihren Weg und stellt diese Erlebnisse viele Jahre nicht in Frage. Erst rückblickend und in Verbindung mit ihrem fundierten Fachwissen trägt sie Schicht und Schicht ihres Lebens ab um zu erkennen, wie umfangreich diese frühen sexuellen Erfahrungen ihr gesamtes Leben beeinflusst haben. Ihr gelingt, das Schreckliche in Worte zu kleiden, ohne zu verschleiern, zu filtern, zu verharmlosen. Um das Verstörende aus ihrem eigenen kindlichen Erfahrungsradius zu erzählen, teilhaben zu lassen an prägenden Ereignissen und späteren Erkenntnissen.

Sprachlich gewandt wechselt sie zwischen ihren eigenen Erinnerungen und wissenschaftlichen Kontexten mühelos hin und her und macht dieses Buch zu einem ungewöhnlichen und vor allem kraftvollen Leseerlebnis.

Sie gibt mit „Das Lieben danach“ allen betroffenen Frauen - ob bewusst oder unbewusst - nicht nur eine Stimme, sondern auch den Mut, sich solch fatalen Lebensereignissen zu stellen.

Keine leichte Kost, aber in jedem Fall absolut lesenswert!

Bewertung vom 27.02.2025
52 wilde Fermente
Goertz, Alexis;Grube, Jonas

52 wilde Fermente


gut

Hohe Erwartungen leider nicht erfüllt
"52 wilde Fermente" sticht aus dem reichen Bücherangebot über Fermentation vor allem wegen der angepriesenen 52 Jahreszeiten heraus. Jede Woche eine neue Wildpflanze entdecken und ihren Nutzen kennenlernen - welch reizvolles Versprechen!

Auf den ersten Blick macht das Buch einen fantastischen Eindruck. Tolle Bilder, nicht allzu überladene Seiten und die hochwertige Aufmachung des Buches sprechen durch und durch für die Wertigkeit den Kosmos-Verlags.

Die ersten 100 Seiten von "52 wilde Fermente" beschäftigen sich mit den Grundkenntnissen über Fermentation. Es geht maßgeblich um verschiedene Fermentationsmethoden und den für den Menschen gesundheitlichen Nutzen fermentiereter Nahrungsmittel. Alles in allem fühlt man sich als Fermentations-Neuling sehr gut aufgehoben.

Doch mit den aufgeführten Rezepten nimmt die Wertigkeit des Buches jedoch schlagartig ab.
Zweifelsohne lassen sich kreative Rezepte entdecken, doch denen fehlt leider der Feinschliff. So werden die Pflanzen zwar grob beschrieben (Erkennungsmerkmale, Standort usw.), eine zusätzliche Abbildung der jeweiligen Pflanze gleich neben dem Rezept wäre wünschenswert gewesen. Alle genannten Pflanzen sind ab S. 214 abgebildet - was man als gestalterisch unglücklich bezeichnen könnte.

Einige Wildpflanzen haben giftige Doppelgänger, deren Verzehr dringend zu vermeiden ist - hier fehlen entsprechende Warnhinweise zur Verwechslungsgefahr. Auch Allergiker werden vergeblich nach entsprechenden Warnhinweisen suchen. Etliche der genannten Wildkräuter können Symptome auslösen, die man auf den ersten Blick nicht als allergische Reaktion erkennt. (z.B. Hagebutte, Brennnessel, Hasel).

Summa summarum leider ein Buch, das gut zur hippen, auf Selbstoptimierung ausgelegte Lifestyle-Mentalität passt. Schön sieht’s aus, zu empfehlen ist es nicht.
Schade!

Bewertung vom 01.02.2025
Middletide - Was die Gezeiten verbergen
Crouch, Sarah

Middletide - Was die Gezeiten verbergen


gut

Potential verschenkt
Das Romandebüt der amerikanischen Sportlerin Sarah Crouch wird von vielen Seiten hochgelobt – Grund genug, einen näheren Blick auf ihr Werk zu wagen.

„Middletide – Was die Gezeiten verbergen“ beginnt in den 90-er Jahren. Zwei Angler entdecken in einer versteckten Bucht die junge Ärztin Erin, die sich offensichtlich suizidiert hat. Ein Abschiedsbrief lässt vermuten, dass Erin den Verlust ihrer kleinen Tochter nicht mehr ertragen konnte. Doch schnell gibt es Ungereimtheiten und bereits am nächsten Tag steht fest: Erin wurde ermordet. Wer ist der Täter? Und welches Motiv hatte er?
Etwa zwanzig Jahre zuvor in derselben Bucht:
Nakita und Elijah, zwei junge Liebende, geben sich ein Versprechen. Doch nur einer von beiden hält sich daran. Welche Rolle spielt diese Jugendliebe, die dort zerbrach, wo einundzwanzig Jahre später Erins Leben endete?

Die Geschichte wird fortlaufend auf diesen beiden Zeitebenen erzählt, die im Abstand von etwa zwanzig Jahren beginnen und gegen Ende des Buches zusammenlaufen.
Trotz Crouchs malerischem Schreibstil verliert sie sich immer wieder in Details, denen es an Relevanz mangelt. Dafür platziert sie signifikante Indizien so ungeschickt in der Handlung, dass spätestens in der Mitte des Buches ersichtlich wird, worauf das Ganze hinausläuft. An anderen Stellen wird leider viel Potential der Handlung verschenkt.
Insgesamt ist das vorliegende Buch ein wilder Mix aus Crouchs Ideen und zwei sehr bekannten Büchern, deren Titel den Inhalt von „Middletide“ verraten würde.

Irritierend ist rückblickend der Hinweis der Autorin – ganz am Anfang des Buches - dass es sich bei beschriebenem indigenen Reservat um Fiktion handelt. Irritierend deshalb, weil das Leben in besagtem Reservat kaum Relevanz für den vorliegenden Roman hat. Hier geht es wohl grundsätzlich um die in den letzten Jahren tabuisierte kulturelle Aneignung. Es lässt sich konstatieren, dass auch andere Leserinnen und Leser von diesem Hinweis ein wenig irritiert sind. Die Platzierung dieser Information darf also überdacht werden - sie impliziert, wonach man als Leserin oder Leser vergeblich sucht. Obendrein ist in der englischsprachigen Originalausgabe kein Hinweis dieser Art auf den ersten Seiten zu finden.

Das Cover des Buches ist schön, aber im Gegensatz zum amerikanischen Original ohne Bezug zur Handlung des Buches. Die Übersetzung ist stellenweise leider etwas holprig.

Unterm Strich ist „Middletide – Was die Gezeiten verbergen“ ganz nett zu lesen, aber lange nicht so herausragend, wie es angekündigt wurde.

Bewertung vom 20.01.2025
Für Polina
Würger, Takis

Für Polina


ausgezeichnet

Eine Geschichte, wie sie das Leben manchmal zu schreiben beliebt

„Für Polina“ ist das neueste Werk aus der Feder von Takis Würger und überzeugt mit einer gleichermaßen zart flüsternden und dennoch wortgewaltigen literarischen Stimme.

Fritzi Prager ist im letzten Jahr vor dem Abitur, als sie ungewollt schwanger von einer Italienreise zurück nach Hause kommt. Ihr Studium mit Vollstipendium verschiebt sie bis auf Weiteres. Hochschwanger schreibt sie dennoch ihr Abitur. Nur wenig später kommt ihr Sohn Hannes zur Welt. Im Krankenhaus lernen die beiden Günes mit ihrer Tochter Polina kennen. Und eine lebenslange Verbindung entsteht – vor allem zwischen Hannes und Polina.

Das Buch ist in drei Abschnitte eingeteilt, die sich getrost in „Zuhause“, „Sehnsucht“ und „Ankommen“ einteilen ließen. Die ersten beiden Abschnitte nehmen den größten Raum der Geschichte ein und könnten in der Stimmung, die sie erzeugen, nicht unterschiedlicher sein. Hannes, der in Abschnitt Eins nichts hat und doch irgendwie alles, was er braucht, hat in Abschnitt Zwei scheinbar eine Menge, mit dem er nicht viel anfangen kann. Ist man im ersten Teil des Buches als Leser noch geneigt, sich in den wildschönen Beschreibungen Würgers zu verlieren, leidet man im zweiten Abschnitt fast ein wenig mit Hannes und Polina und stellt sich klammheimlich immer wieder die Frage „Wie lässt sich der Mut aufbringen, Gedanken auszusprechen, für die es keine Worte gibt?“. Polina und Hannes lieben sich seit Anbeginn ihrer Zeit und sprechen doch so unterschiedliche Sprachen, dass das Leben sie immer wieder voneinander trennt.

Was dieses Buch zu einem hinreißenden Leseerlebnis macht, sind nicht nur die imposant geschriebenen Worte, sondern vor allem diese zarten Zwischentöne, die aus all dem Geschriebenen immer wieder fühlbar hervortreten und eine ganz eigenartig schöne Stimmung beim Leser erzeugen. Man kann sich diesem Roman kaum entziehen - da ist nichts, was noch mehr aus dieser einzigartigen Geschichte hätte herausgeholt werden können.
„Für Polina“ ist so bemerkenswert formvollendet, dass man nach 290 gelesenen Seiten atemlos zurückbleibt und sich in seine eigene Melodie hineinzuträumen versucht.

Ein bemerkenswertes Buch für alle, die das Besondere lieben.

Bewertung vom 06.01.2025
Dem Sturm entgegen
Ahern, Cecelia

Dem Sturm entgegen


gut

Den Sturm zu überleben ist nur der Anfang
„Dem Sturm entgegen“ ist bereits der zwanzigste Roman der irischen Schriftstellerin Cecelia Ahern.
Der Klappentext verspricht eine spannende, tiefgründige Geschichte.
Dr. Enya Pickering ist sechsundvierzig, verheiratet, Mutter eines Sohnes, angesehene, erfolgreiche Ärztin und trotz all der offensichtlichen Erfolge an einem Punkt in ihrem Leben angelangt, an dem sie von den Schatten ihres Lebens eingeholt wird.
Als sie in einer sturmgepeitschten, dunklen Dezembernacht Ersthelferin bei einem Unfall mit Fahrerflucht das Leben des Unfallopfers rettet, ist das der buchstäbliche Beginn eines Sturmes, der in ihr toben wird. Trauer, Traumata, Angst, Schuld, Verlust sind nur einige wenige Themen, die Enya im Verlauf des Buches einholen.
Der Roman ist in 8 Abschnitte eingeteilt, die den keltischen Jahreskreisfesten zugeordnet sind. Enyas Geschichte wird fortlaufend erzählt. Obgleich es zahlreiche Wendungen in der Geschichte gibt, ist keine davon wirklich überraschend. Vielmehr wirken die Geschehnisse sehr konstruiert, künstlich und fast schon klischeeüberladen. Eine Geschichte mit echtem Tiefgang lässt sich zwischen den Seiten leider nicht ausmachen. Vielleicht ist das zumindest teilweise den beiden Übersetzerinnen geschuldet, denn es lassen sich unterschiedliche Schreibstile erkennen.
„Dem Sturm entgegen“ ist zweifelsohne eine nette Geschichte für zwischendurch. Wer inspirierende Weisheiten, hinreißenden Schreibstil und spannende Wendungen erwartet, wird vermutlich enttäuscht.

Bewertung vom 13.12.2024
Carmilla
Le Fanu, Sheridan

Carmilla


ausgezeichnet

Carmilla, Mutter von Dracula?
Der irische Schriftsteller Joseph Sheridan Le Fanu wird als einer der bekanntesten Schriftsteller klassischer Schauerliteratur bezeichnet und doch ist der vorliegende Roman der Einzige aus Le Fanus Feder, der es zu mehreren deutschen Übersetzungen gebracht hat.

Bekanntermaßen war Schauerliteratur im 19. Jahrhundert sehr gefragt. Lord Byron, Mary Shelley und Bram Stoker sind nur einige wenige bekannte Namen, die der schaurigen Literaturgattung jener Zeit maßgeblich prägten.
Die Novelle „Carmilla“, 1872 erstmals erschienen, hatte wohl einen sehr prägenden Einfluss auf Stokers sechsundzwanzig Jahre später erschienenen Roman „Dracula“ und nach der vorliegenden Lektüre kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, Le Fanu hätte sich wiederum von Mary Shelley und John William Polidori inspirieren lassen. Sei es drum.

„Carmilla“ brilliert mit einer sprachlichen Schönheit, wie sie selten anzutreffen ist. Bildgewaltig erzählt Le Fanu die Geschichte der jungen Laura, die mit ihrem Vater auf einem Schloss in der Steiermark lebt. Eine Erinnerung aus ihrer frühesten Kindheit lässt ihr auch Jahre später noch das Blut in den Adern gefrieren. Als die schöne, aber kränkliche Carmilla per Zufall den Weg auf das steiermärkische Schloss findet, staunt Laura nicht schlecht – die Ähnlichkeit zwischen der Frau aus ihrer traumatischen Kindheitserinnerung und Carmilla ist verblüffend. Zwischen den beiden entwickelt sich, aller Widrigkeiten zum Trotz, eine enge Freundschaft, die man fast schon als zarte Liebe bezeichnen könnte. Doch die Geschichte nimmt im Nachbarort ein jähes Ende.

Mit Eike Schönfeld liegt hier die dritte Übersetzung der Geschichte vor.
Worte wie „Mündel“ oder „Phantasmagorie“ lassen geneigte Leserherzen höherschlagen.
HobbitPress hat sich nicht lumpen lassen und eine fantastische Neuübersetzung dieser alten Geschichte mit hinreißendem Einband auf den Markt gebracht.

Klare Leseempfehlung für Liebhaber Klassischer Literatur!

Bewertung vom 19.11.2024
Die Lungenschwimmprobe
Renberg, Tore

Die Lungenschwimmprobe


sehr gut

Geschichten aus dem Alten Leipzig
2018 stieß Tore Renberg, einer der erfolgreichsten Schriftsteller Norwegens, durch Zufall auf Johannes Schreyer und die Lungenschwimmprobe. Sein Interesse war geweckt. Fast sechs Jahre recherchierte er fortan für den vorliegenden Roman, der ein wichtiges Zeitzeugnis mitteldeutscher Geschichte darstellt.
Die fünfzehnjährige Gutsbesitzer-Tochter Anna Voigt gebiert ein totes Kind. Es ist das Jahr 1681 und die Zeichen stehen schlecht für unverheiratete Frauen, die tote Kinder zur Welt bringen – noch dazu im stillen Kämmerlein.
Der Vorfall bleibt nicht unbemerkt und gewinnt schnell an Brisanz. Es braucht einen erfahrenen Doktor, der den Leichnam untersucht und die abscheuliche Kindsmörderin überführt. Johannes Schreyer aus Zeitz nimmt sich dieses Falles an und wagt, was bisher kaum einer vor ihm gewagt hat – er führt eine Lungenschwimmprobe durch und weist damit nach, dass Annas Kind tot zur Welt kam. Doch das 17. Jahrhundert ist düster – die Hexenverfolgungen fanden gerade erst ein jähes Ende und der Femizid war nach wie vor präsent, der Zeitgeist intolerant. Dieses medizinische Experiment, von dem der belesene Doktor Schreyer erst kürzlich erfahren hat und das selbst in Fachkreisen noch gänzlich unbekannt ist, findet wenig Anklang bei der Obrigkeit.
Zur Verteidigung der jungen Voigtin braucht es einen ambitionierten Anwalt - Christian Thomasius aus Leipzig. Was auf den ersten Blick wie ein klarer Fall erscheinen mag, wird sich über Jahre hinziehen und den Zorn der Obrigkeit entfesseln.
„Die Lungenschwimmprobe“ ist harte Kost – sie verlangt ihren Leserinnen und Lesern einiges an Geduld ab – doch die wird belohnt.
Renberg scheint sich im Verlauf des Buches in Belanglosigkeiten zu verirren, doch nach etwa 200 Seiten wird deutlich, wie akribisch er für diese Geschichte recherchiert hat und dass er mit seinen Ausführlichkeiten eben nicht nur einen historischen Roman zum Fall Anna Voigt vorlegt, sondern viel mehr ein unglaublich wichtiges und interessantes Zeitdokument des barocken Leipzig. Kenner der Stadt werden schon alleine schon wegen der ausführlichen Beschreibungen ihnen wohlbekannter Orte der Innenstadt ihre helle Freude haben.
Man geht aus diesem Buch zweifellos klüger hervor, mit einem völlig neuen Blick auf die Welt.
Eine wertvolle Leseempfehlung!

Bewertung vom 10.11.2024
Strong Female Character
Brady, Fern

Strong Female Character


sehr gut

Authentischer Bericht einer lange missverstandenen jungen Frau
„Strong Female Character“ ist die authentische und aufrichtige Autobiografie der schottischen Stand-up-Comedienne, Podcasterin und Schriftstellerin Fern Brady.

Fern bekam erst mit 34 Jahren ihre offizielle Diagnose als Asperger-Autistin. Ihr Leben bis dahin war geprägt von Gewalt und Gewaltausbrüchen, von Ablehnung und Unverständnis.
Sie rechnet in diesem Buch mit ihrer eigenen Vergangenheit ab und klärt dabei schonungslos über die inneren Mechanismen von Asperger-Autismus auf. Das kann für Menschen, die sich nicht im Autismus-Spektrum bewegen, äußerst abstoßend wirken.
Sicher ist, dass dieses Buch polarisieren wird – ebenso wie Autisten polarisieren, weil es in der Bevölkerung noch zu wenig Verständnis dafür gibt.

Für nicht diagnostizierte Menschen, hier vor allem Frauen, dürfte dieses Buch jedoch ein Befreiungsschlag sein. Fern spricht aus, was man „nicht laut sagt“.
Nicht diagnostizierte Menschen lehnen sich selbst oft für ihre Verhalten- und Denkmuster ab, weil sie vom Außen oft Ablehnung und Unverständnis für ihr Wesen erfahren haben – und weil sie sich oft selbst nicht verstehen. Hier allerdings könnte der ein oder andere endlich ein gewisses Verständnis für sich selbst entdecken und den Mut finden, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Ein extrem persönliches, aufrichtiges Buch - lesenswert!

Bewertung vom 03.11.2024
Als wir im Schnee Blumen pflückten
Harnesk, Tina

Als wir im Schnee Blumen pflückten


ausgezeichnet

Diese Geschichte lässt Herzwurzeln wachsen

Das Debüt der schwedischen Schriftstellerin Tina Harnesk, die selbst samische Wurzeln hat, ist so viel mehr als nur ein Roman.
Verwoben mit Begebenheiten ihrer eigenen Familiengeschichte erzählt Harnesk in „Als wir im Schnee Blumen pflückten“ die Geschichte des fiktiven alten Sami-Ehepaares Mariddja und Biera.
Beide am Ende ihres Lebens angelangt, stellen sie sich des dunkelsten Kapitels ihres Lebens. Und das ist nicht die Vertreibung aus der Heimat, als Landesgrenzen gezogen und Land zu Besitz und Eigentum erklärt oder große Ungerechtigkeit an der samischen Bevölkerung verübt wurden – es ist der Verlust ihres Neffen Heaika-Joná, den sie wie einen Sohn umsorgt und geliebt haben und der ihnen eines Tages von seiner eigenen Mutter entrissen wurde.

Die Geschichte spielt in der Gegenwart und wird fortlaufend aus verschiedenen Perspektiven erzählt. In Rückblicken erfährt man ganz allmählich die Zusammenhänge und vor allem Beweggründe aller Protagonisten.
Das Buch handelt von Herzwurzeln, Heimat und Vertreibung. Vom Lauf des Lebens und seinen harten Prüfungen. Ein Buch, so schmerzlich schön, dass man es nicht mal eben so weglesen kann. Die Geschichte will tief in ihre Leser einsinken, wie die Schneeschmelze nach einem harten, langen, dunklen Winter in die sich erwärmende Erde einsinken und sie fruchtbar machen will.
Es gibt dutzende Sätze, die in ihrer Schönheit so formvollendet sind, dass man sie am liebsten kosten, schmecken und inhalieren möchte. Kurze Ausflüge in die samische Gedankenwelt lassen den Leser immer wieder innehalten, um simple Wahrheiten in ihrer Tiefe wirken zu lassen.

Einzig der deutsche Titel von “Folk som sår i snö“ ist wohl ein wenig misslungen. Zwar erregt „Als wir im Schnee Blumen pflückten“ zweifellos Aufmerksamkeit, dennoch impliziert der Titel nicht das, was die Autorin ursprünglich damit ausdrücken wollte.

„Als wir im Schnee Blumen pflückten“ ist insgesamt dennoch etwas ganz Besonderes und entzieht sich deshalb konventioneller Bewertungsrichtlinien. Die ganze Geschichte wirkt auf einer viel tieferen Ebene als der des Verstandes. Mag sie auch an manchen Stellen etwas langatmig sein – sie lässt Herzwurzeln wachsen, und das ist eben pure Magie!

Bewertung vom 02.11.2024
Midsummer House
Lucas, Rachael

Midsummer House


sehr gut

Verliebt in den schottischen Highlands

„Midsummer House“ ist der Abschlussband der Reihe „Das Erbe von Applemore“.
Ich muss gestehen, dass mir das leider nicht bewusst war, als ich das Buch begonnen habe zu lesen. Die zwei vorhergehenden Bücher sind mit demnach unbekannt. Ich hatte dennoch keinerlei Schwierigkeiten mich in die Geschichte einzufinden.

Was mich dazu bewogen hat, das Buch zu lesen, war in erster Linie dieses bezaubernde Cover. Ich finde es ganz außerordentlich hübsch. Und die ersten zwanzig Seiten versprachen eine romantische, witzige, und prickelnde Geschichte. Tatsächlich lässt „Midsummer House“ auch eine große Portion Fernweh aufkommen. Die Landschaftsbeschreibungen sind idyllisch, die Protagonisten allesamt sympathisch.
Trotzdem war die Geschichte für mich einen Hauch zu konstruiert, zu friedvoll trotz der Schicksalsschläge. Der Schreibstil ist nett, aber nicht überragend - was vielleicht auch an der Übersetzung liegt.

Unterm Strich ist der Abschlussband der Applemore-Reihe eine nette Geschichte für zwischendurch. Mich konnte Rachael Lucas dennoch nicht ganz überzeugen. Ich empfehle es trotzdem gerne weiter.
Schottland und der Zauber aufkeimender Liebe machen dieses Buch zu einem netten Schmöker.

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