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Benutzername: 
Moma
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Forchheim

Bewertungen

Insgesamt 43 Bewertungen
Bewertung vom 30.06.2024
Am Himmel die Flüsse
Shafak, Elif

Am Himmel die Flüsse


ausgezeichnet

Dies ist definitiv keine Lesestoff für nebenbei. In knapp 580 Seiten entführt mich die Autorin Elif Shafak in zwei unterschiedliche Welten. Meisterhaft verwoben sind hier Gegenwart und Vergangenheit. Der Roman beginnt am Ufer des Tigris zu Urzeiten mit einem Wassertropfen. Dieser Tropfen zieht sich wie ein roter Faden durch den Roman als Wasser, H2O und einfach als lebenswichtig - damals, wie heute. In drei Handlungssträngen trägt mich der anspruchsvolle und trotzdem sehr verständlich geschriebene Roman durch die Zeitebenen. In einem flüssigen Schreibstil wird die Geschichte von Arthur (im London des 19. Jahrhunderts) sowie von Narim, ihrer Großmutter und der Wissenschaftlerin Zaleekhah in der Gegenwart erzählt. Die Formulierungen sind grandios und oft detailgenau. Alles fließt zusammen wie das Wasser des Tigris, der Themse und jedem Strom der Welt.
Fazit: Unbedingt lesenswert, weil wichtig, einzigartig und besonders be- und geschrieben. Von mir gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 17.06.2024
Wenn du schon hundert wirst, kannst du genauso gut auch glücklich sein
Kun Hoo, Rhee

Wenn du schon hundert wirst, kannst du genauso gut auch glücklich sein


gut

Ein Ratgeber, der in der Leseprobe leider mehr versprochen hat, als er mir geben kann. Knapp 240 Seiten im hochwertigen Umschlag, mit einem ansprechenden Cover, flüssigem Schreibstil, aber sehr kleinem Schriftbild. Der Autor Rhee Kun Hoo ist ein "alter weiser Mann", der versucht (u.a. mit Zitaten und Lebensweisheiten) sinnvolle, nachvollziehbare und praktisch umsetzbare Ratschläge (oft mit einer kleinen Prise Humor) zu geben. Einiges klang für mich durchaus nachvollziehbar. Einiges empfand im während des Lesens als zu langatmig und wurde für mich trotz der Wiederholungen nicht besser. Persönlich gehöre ich bereits der älteren/alten Generation an. Deshalb bestätigte ich manches mit einem Kopfnicken und gab meine Zustimmung. Richtig überzeugen konnte mich das Geschriebene oft nicht.
Fazit: Wer über die großen Fragen des Lebens nachdenkt findet hier vielleicht einen Ratgeber, den er immer wieder mal zur Hand nimmt, deshalb von mir 3 Sterne für ein Altern in Würde.

Bewertung vom 03.06.2024
Seinetwegen
Buono, Zora del

Seinetwegen


gut

200 Seiten Auf- und Verarbeitung, verbunden mit viel Recherche. Das alles in einem Schreibstil, der für mich nicht immer ganz so flüssig war, wie ich mir ihn gewünscht hätte. In einem gewissen Leserhythmus zu bleiben, war teils schwierig. Zum Inhalt: Die Autorin Zora del Buono verliert ihm Alter von acht Monaten ihren Vater durch einen Verkehrsunfall. Der Vater war tot - die Leerstelle in der Familie groß. Jetzt macht sich die Autorin nach 60 Jahren auf die Suche - auf die Suche nach dem Unfallverursacher und auf die Suche nach dessen Schuld und wie er damit umging in all der Zeit. Für mich liest sich diese Erzählung teils sehr kühl und emotionslos. Es ist eine ehrer sachliche Erzählung mit vielen teils interessanten Fakten aber auch einigen Nebensächlichkeiten, die hier für mich nicht relevant waren. Besonders irritierend empfand ich das Loblied auf den Vater, den die Autorin mit ihren acht Monaten Lebenserfahrung nur aus Erzählungen gekannt hat.
Fazit: Lesenswert? Ja und nein. Ich habe mir nach der Leseprobe mehr von dieser Lektüre versprochen.

Bewertung vom 26.05.2024
Solito
Zamora, Javier

Solito


gut

Es ist eine lange wahre Geschichte einer teils grauenvollen Flucht, die Javier Zamora mit Herz aus seinem Gedächtnis (teils sehr detailliert und mit Wiederholungen) geschrieben hat. Eine spätere Therapie bei ihm war nötig, um die Quelle, in der diese Geschichte versteckt war, anzuzapfen. Diese Geschichte spricht für alle Migranten, die die selben Traumatas durchleiden mussten. Diese teils herzzerreißende Geschichte verbreitet mehr als eine Botschaft - sie ist für mich eine Mahnung an alle Menschen. Hier geht es um mehr als um Flucht. Es geht um Menschlichkeit, Mitgefühl, Elend, Hunger, Verzweiflung, Tod, Grausamkeiten, Entbehrungen, dreckige Schleppergeschäfte und Ausbeutung, tambien. Ich fühle mit dem 9jährigen Javier und die Erzählung selbst wäre mir 5 Sterne wert. Allerdings empfand ich die extrem vielen spanischen Begriffe und Redewendungen die ich sehr oft (manchmal pro Seite mehrmals) nachschlagen musste, als störend. Noch dazu, dass diese kapitelweise als 17seitiges Glossar angefügt waren. Dies störte den Lesefluss gewaltig.
Fazit: Lesenswert, aber Sterneabzug, da sehr umständlich zu lesen.

Bewertung vom 14.05.2024
Das Licht in den Birken
Fölck, Romy

Das Licht in den Birken


sehr gut

Das Glück geht eigene Wege - ein Satz, der Anfang und Ende dieses Wohlfühlromans sehr gut umschreibt. Dieser lebendige Roman zeichnet sich durch seinen flüssigen Schreibstil aus und lässt sich gut weglesen. Wunderbar beschriebene Landschaften wechseln sich mit gut ausgearbeiteten Charakteren ab. Man muss die Protagonisten einfach mögen - sie sind wie im täglichen Leben, ganz normale Menschen wie du und ich. Da werden aus Unbekannten Freunde die vom Ankommen und Wiedergewinnen träumen, sowie von familiären und finanzellen Sorgen geplagt werden. Auch wenn es oft ganz schön stur, beharrlich, aufbrausend, konsequent und altmodisch auf dem Moorhof zugeht - es findet sich zusammen was zusammen soll ... aber das sollte man am besten selbst lesen. Alle zusammen schaffen, was fast als unmöglich galt, durch Hartnäckigkeit und viel Liebe zu Umwelt und Tieren.
Fazit: Ein knapp 350 Seiten starker Wohlfühlroman, lesenswert, weil so ehrlich und nachvollziehbar be- und geschrieben.

Bewertung vom 12.05.2024
Die Schönheit der Rosalind Bone
McCarthy, Alex

Die Schönheit der Rosalind Bone


ausgezeichnet

Es sind nur 160 Seiten doch die Autorin versteht es ab dem ersten Satz mich mit ihrem Roman in ihren Bann zu ziehen und sie hält die Sprach- und Wortgewalt bis zum letzten Satz durch. Was für ein Debüt! Mit nur wenigen Andeutungen versteht sie es eine dichte Atmosphäre zu schaffen - wortgewaltig und schonungslos.

Zur Handlung: In einem unaussprechlichen Ort (dessen Bedeutung und Aussprache sehr gut erklärt wird) ranken sich viele Gerüchte um das Verschwinden von Rosalind, deren Schönheit im ganzen Ort bekannt war. Doch dieser Ort birgt mehr als auf dem ersten Blick erkennbar ist - es sind die Dorfbewohner, ihre Geheimnisse, ihre Vorlieben, ihr Wegsehen, ihre Veranlagung und ihre Charaktereigenschaften.

Dieser spachgewaltige Roman (ein besonderes Lob gilt der Übersetzerin Silke Jellinghaus) der seinen Schwerpunkt auf Verstrickungen, Schicksale und Verletzungen setzt wirkt noch lange nach dem Lesen nach. Die Autorin ermöglicht, ja sie verlangt sogar ein eigenes Über- und Nachdenken. Sie bringt mit wenigen Worten und Andeutungen Begebenheiten auf den Punkt.

Fazit: Unbedingt lesenswert, weil so authentisch, ehrlich und nicht nur an den im Roman genannten walisischen Ort gebundenen - Schattental kann überall sein, leider.

Bewertung vom 29.04.2024
Vor einem großen Walde
Vardiashvili, Leo

Vor einem großen Walde


ausgezeichnet

Fast schon ein wenig Scheu hatte ich vor diesem Roman wegen des sperrigen Titels. Aber einmal begonnen ... Bereits auf den ersten der über 450 Seiten fühlt man sich den sehr gut ausgearbeiteten und hervorragend beschriebenen Protagonisten verbunden und man ist ganz schnell mitten in der Geschichte. Zum Inhalt: In den Unruhen des Bürgerkriegs flieht der Vater mit seinen beiden Söhnen nach England. Die Mutter lassen sie zurück, um sie später nachzuholen. Viele Jahre später kehrt Saba in das Land seiner Kindheit und seiner Vorfahren zurück und begibt sich auf die Spurensuche nach Vater, Mutter und Bruder. Ab jetzt beginnt sich diese Geschichte wie ein Krimi aufzubauen: Spannend, nicht vorhersehend und immer wieder mit neuen Wendungen. Der flüssige und gewinnende Schreibstil (manchmal werde ich als Leserin direkt angesprochen) lässt mich den Roman nicht mehr aus der Hand legen. Hier geht es um Menschlichkeit, Wahrheit, Erinnerungen, Kontrolle, Verlust und ganz viel Liebe zu Familie und Georgien.
Dieses Land musste sich schon so oft verändern und Leo Vardiashvili (selbst mit 12 Jahren mit der Familie nach London immigriert) bringt mir diese Veränderungen nahe. Oft auch mal mit einem Wortwitz der mich aus der Traurigkeit heraus wieder zum Schmunzeln bringt. Er versteht die Kunst des Schreibens, deshalb von mir volle 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 15.04.2024
Wo die Asche blüht
Que Mai, Nguyen, Phan

Wo die Asche blüht


ausgezeichnet

Nach "Der Gesang der Berge" gelang der Autorin ein zweites Meisterwerk. Dieser neue Roman (vortrefflich übersetzt von Claudia Feldmann) der vom bewegenden Schicksal der Kinder vietnamesischer Frauen mit amerikanischen Soldaten vor dem Hintergrund des Vietnamkrieges handelt, ist ergreifend und einfach nur überwältigend. Einmal angefangen fällt es schwer ihn aus der Hand zu legen. Erzählt wird in drei Handlungssträngen, die miteinander verwoben sind. Es sind drei bewegende Geschichten, die auf wahre Begebenheiten zurück und Stück für Stück und Seite für Seite ineinander greifen, wenn auch die sehr gut beschriebenen Protagonisten darin fiktiv sind. Der flüssige und eingehende Schreibstil trägt dazu bei, dass dieser historische Zeitraum unvergesslich bleibt. Durch tragische gewollte und ungewollte Umstände wurden die meisten dieser Kinder von Vätern und auch Müttern später getrennt. Dieser Roman verleiht (durch seine ausgezeichnete Recherche) diesen unzähligen Kindern eine Stimme - sie, die als Staub des Lebens und als Bastards bezeichnet wurden, sind es wert!
Fazit: Unbedingt lesenswert und von mir gerne volle 5 Sterne samt Leseempfehlung.

Bewertung vom 15.04.2024
Margherita und der dunkle Widerschein der Welt
Ambronn, D.G.

Margherita und der dunkle Widerschein der Welt


sehr gut

Wie bereits im 1. Teil, darf ich Margherita im 2. Teil bei ihren Erinnerungen lesend begleiten. Der Krieg geht weiter, er wird grausamer, trotzdem werden erste zarte Liebesgefühle nicht nur in Margherita geweckt. Der Schreibstil ist wieder flüssig und eingehend. Besonders gefällt mir die Ichform - gewinne ich doch so den Eindruck, als würde ich neben der über 80jährigen Margherita auf dem Sofa sitzen und mir ihre Erinnerungen über das Geschehene anhören. Der Autor D.G. Ambronn versteht es, seine Leserschaft mitten in die Kriegswirren mit hineinzuziehen und lässt trotzdem Raum und Platz zum eigenen Nachdenken. Besonders erwähneneswert sind das Vorwort (hier ist es wieder Margherita, die in Kurzform den ersten Teil ihrer Geschichte erzählt), das Nachwort (das über "bewusste historische Verstöße" aufklärt) sowie das Personenregister.

Fazit: Wieder lesenswert, gut recherchiert und trotz der verheerenden Kriegswirren ab und zu mit einer Prise Humor gewürzt - das macht Hoffnung auf einen weiteren Teil und noch mehr aus Margheritas Lebens- und Liebesgeschichte.

Bewertung vom 09.03.2024
Das andere Tal
Howard, Scott Alexander

Das andere Tal


ausgezeichnet

Gut 450 Seiten ist diese einzigartige, bewegende Geschichte (vollgepackt mit viel Herzschmerz und großen Hoffnungen) lang und keine der Seiten ist auch nur eine zu viel. In einem ausgezeichneten flüssigen Schreibstil darf ich Odile (in Ichform) durch dieses seltsame und ungewöhnliche Tal begleiten. Es ist ein Tal, in dem sich die Zeiten kreuzen - von Seite zu Seite ist alles 20 Jahre zeitversetzt und die Grenzen dürfen nur zu Trauerfällen überschritten werden. Könnte man sein eigenes Leben in zeitversetzten Zonen überblicken? Geschehenes ungeschehen machen oder gar Dinge voraussehen? Es ist ein starkes Thema, das wunderbar in einem glanzvollen Debüt von Scott Alexander Howard verpackt wurde. Im Anschluß dann noch ein Interview mit dem Autor, in dem er das feine Gespür für den Schmerz, den der Lauf der Zeit mit sich bringen kann, erklärt.
Fazit: Unbedingt lesenswert, denn es ist ein Roman der nachhallt und zum Nachdenken anregt.