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lesenaufderueberholspur

Bewertungen

Insgesamt 5 Bewertungen
Bewertung vom 20.08.2024
Genau so, wie es immer war
Lombardo, Claire

Genau so, wie es immer war


gut

Mit der Bewertung von „Genau so, wie es immer war“ hab ich mich schwer getan. Negative Aspekte wurden von guten wettgemacht und angenehme Spannung wechselte sich mit ziemlicher Langeweile ab. Deshalb gibt’s mal eine Pro- und Contra-Rezi und dann könnt ihr selber gucken, welche Argumente euch überzeugen, ok? 😅

👍 Das Buch ist ein Pageturner.
👎 Es gibt viele Pages zu turnen. 720 Seiten hätt’s nicht gebraucht.

👍 Ab der ersten Seite baut sich subtile Spannung auf: Die Mitte 50-jährige Julia Ames trifft eine alte Bekannte im Supermarkt und die Begegnung wirbelt ihre Vergangenheit auf. Man checkt: Irgendwas ist vorgefallen, weiß aber nicht was.
👎 Die Spannung kann über die vielen Seiten nicht gehalten werden und die Auflösung des „Dramas“ fand ich dann auch eher low.

👍 Mag’s grundsätzlich sehr, wenn mir Bücher Lebenswelten von Leuten eröffnen, die nicht meine sind.
👎 Hab festgestellt, dass mich die Lebensrealität einer weißen, mittelalten, typisch-amerikanischen Familienmutter wohl tendenziell langweilt.

👍 Ich mochte, wie feinsinnig die Autorin die Depression einer Frau beschreibt, der ihre Gefühle ihr Leben lang abgesprochen wurden und die einen schwierigen Zugang dazu hat.
👎 Ich finde, emotionale Tiefe muss nicht unbedingt durch laaaange innere Monologe und Dialoge aufgebaut werden. Hätte mir mehr „show don’t tell“ gewünscht.

👍 Mochte die Charakterentwicklung von Julia. Durch Rückblenden und Geschichten aus dem Hier und Jetzt wird langsam ihr Leben erzählt und aufgebaut und sie findet mehr und mehr Zugang zu ihren Gefühlen.
👎 Ich fand Julia zwischendurch nervig und ihre Handlungen nicht immer nachvollziehbar.

Zusammengefasst: Kann man lesen, muss man aber nicht? Ich hab aber auch das Gefühl, ich war nicht die Zielgruppe – hab sehr viele positive Rezensionen gelesen. Also wenn ihr auf ruhig erzählte Familienromane steht, die sich mit der Frage beschäftigen, was im Leben glücklich macht, dann macht euch selbst ein Bild.

Bewertung vom 13.08.2024
Ich komme nicht zurück
Khayat, Rasha

Ich komme nicht zurück


sehr gut

Hanna und Cem wachsen in einer Arbeitersiedlung im Ruhrgebiet auf. Irgendwann stößt Zeyna dazu, die mit ihrem Vater Nabil vor dem Krieg geflohen ist. Es entwickelt sich eine tiefe Freundschaft, bei der auch Nabil und Hannas Großeltern (bei denen sie aufwächst) eine Bindung eingehen. Irgendwann kommt es zwischen den beiden zum Bruch – warum erfährt man erst ganz am Ende des Romans.

Die Geschichte ist aus der Perspektive von Hanna erzählt. Sie kehrt nach dem Tod ihrer geliebten Großmutter in die Siedlung zurück und lebt dort inmitten der Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend. Mit Cem ist sie noch befreundet, an Zeyna muss sie nun immer intensiver zurückdenken und versucht, Kontakt aufzunehmen, den ihre ehemalige Freundin aber abblockt. Nach und nach erfahren wir als Lesende mehr über die Vergangenheit der zwei und reflektieren gemeinsam mit Hanna: Trotz des gemeinsamen Aufwachsens waren die Erlebnisse und Erfahrungen von Hanna und Zeyna sehr unterschiedlich.

Es geht um Wahlfamilien, Freundschaften, die durch das politische Weltgeschehen beeinflusst werden, Rassismus, Klassismus, Liebe, Zugehörigkeit und Außenvorbleiben.
Das alles verpackt in einer poetischen Sprache und tollen stilistischen Mitteln (fand es zum Beispiel cool, dass Zeyna in den Gedanken von Hanna direkt angesprochen wird). Die Auflösung hat mich überrascht und berührt. „Ich will nicht zurück“ ist ein eher kurzer Roman, aber ein echter Pageturner, den ich regelrecht verschlungen habe.

Bewertung vom 01.08.2024
Glück
Thomae, Jackie

Glück


gut

„Glück“ hat mich leider nicht richtig glücklich gemacht. Dabei hatte das Thema extrem viel Potential. Im Roman geht es (hauptsächlich) um zwei Frauen, bei denen die sogenannte innere Uhr tickt. Sie sind knapp 40, Single und fragen sich: Ist der Kinder-Zug abgefahren oder kann und will ich noch aufspringen? Und vor allem: Braucht man Kinder (und eine Beziehung) um glücklich zu sein?

Ich hatte mich aufgrund des Klappentexts und der Leseprobe auf einen progressiven Roman gefreut, denn natürlich ist die Antwort auf die Fragen in meinen Augen eigentlich „Nein“, auch wenn das natürlich durch gesellschaftlichen Druck, individuelle Ansichten und Wünsche etc. pp. NICHT so einfach zu beantworten ist. Und leider ist es durch die Biologie nun mal so, dass es diese Phase im Leben einer Frau gibt, in der man sich die K-Frage stellen muss, wenn man die „Deadline“ nicht verpassen will. Zu alt, um noch warten zu können, zu jung um es „hinter sich zu haben“.

Leider hat mich der Roman nicht wirklich gepackt und erreicht, obwohl ich das Thema an sich extrem emotional, unfair und aufwühlend finde. Woran hat’s jelegen?

Erstmal wurden sehr viele Handlungsstränge aufgemacht und nicht wirklich beendet. Teilweise haben Familienmitglieder oder Freund:innen ganze Kapitel bekommen, ohne dass sie jetzt richtig viel zur Geschichte beigetragen oder die Gefühle der beiden Protagonistinnen anfassbarer gemacht hätten. Gefühle waren mein größtes Problem bzw. ihr Ausbleiben. Es fehlte der Tiefgang in der Gedankenwelt und den Emotionen, die das Kinderthema auslöst. Es bleibt leider recht unnahbar und fast schon nüchtern.

Hinzu kommt, dass ich auch 1-2 Takes im Buch fragwürdig fand. Zum Beispiel hatte die eine Protagonistin in der Vergangenheit zwei Abtreibungen, die sie jetzt tendenziell bereut und fragt sich deshalb, ob die entsprechenden Beratungsgespräche nicht kritischer und ausführlicher geführt werden müssten. Ich denke wir sollten eher über die Abschaffung von § 218a sprechen und über niedrigschwellige Zugänge und nicht das Thema Kinderwunsch mit dem Recht am eigenen Körper vermischen. Das war aber vielleicht auch nur meine Wahrnehmung zwischen den Zeilen – so eindeutig wurde es nicht geschrieben. Den zweiten schwierigen Take, der bei mir hängen geblieben ist, waren die Ansichten der zweiten Protagonistin in Sachen politischer Verantwortung für Alleinerziehende. Das sieht sie als individuelles Problem – selber Schuld, wenn die Kohle knapp ist und die Sorgen groß. Sie wird innerhalb der Handlung zwar für diese Aussage kritisiert (sie ist Senatorin für Familienpolitik 🥲), aber so richtig reflektiert und gerade gerückt wird sie halt nicht.

Am Ende bekommt der Roman eine leicht dystopische Wendung (will jetzt nicht zu viel spoilern), die zwar interessant war, aber irgendwie auch zu einem Roman-Ende führte, das mir etwas zu plump und für das komplexe Thema zu verkürzt war.

Für Gesprächsstoff sorgt das Buch aber allemal! Deshalb gibt es von mir aufgerundete 2,5 Sterne. Es braucht mehr Bücher über das Thema!

Bewertung vom 15.07.2024
wir sind pioniere
Erdmann, Kaleb

wir sind pioniere


ausgezeichnet

ja gut dass man die rezension komplett klein und ohne satzzeichen schreibt liegt ja mal sowas von auf der hand ich bin in dem fall definitiv keine pionierin so viel steht auch fest

also ja das komplette buch ist so geschrieben und ich dachte ganz kurz ohje ohje aber dann ganz schnell oha oha wie gut das liest sich besser als befürchtet und außerdem passt es auch noch zum inhalt was will man mehr es peitscht einen regelrecht durch die geschichte und das gefällt natürlich jemandem wie mir die eh immer schon auf der überholspur liest

also jedenfalls geht’s um vero und bruckner ein paar das gerade festgestellt hat dass sie ein kind erwarten und jetzt kommen sie ins zweifeln und nachdenken über sich und ihre beziehung
ihre perspektiven im buch wechseln sich ab und sie bewegen sich aufeinander zu und zwar nicht nur literarisch sondern literally weil sie nämlich beide gerade unterwegs sind und mit dem zug nach hause fahren wo dann die große aufeinanderkunft und aussprache stattfindet

ich bin sehr gern durchs buch geflogen kann aber ehrlich gesagt sein dass es mir relativ schnell wieder aus dem kopf fliegt aber macht ja nix für den moment war es super also wenn ihr mal bock auf speedreading habt ohne die technik zu können dann go for it

Bewertung vom 10.07.2024
Geile Zeit
Seydack, Niclas

Geile Zeit


sehr gut

„Geile Zeit“ zu lesen fühlt sich an wie noch mal die Bravo Hits in den Discman zu schmeißen und alte Freundschaftsbücher durchzublättern. Oder noch mal die 256mb Speicherkarte von der Digicam nach den geilsten Pics für Schüler VZ zu durchforsten. Oder Samstagabend den Fernseher einzuschalten und mit ner Tüte Chipsfrisch Ungarisch bei der Außenwette mitzufiebern. Ich könnte ewig so weitermachen – das Buch war einfach ne richtig geile Zeitreise und ich musste an ein paar Stellen echt laut lachen und mir an ein paar anderen rot anlaufend an den Kopf fassen.

„Geile Zeit“ ist als die Autobiographie der Millenial-Generation deklariert. Und auch wenn ich nicht alles genauso wie der Niclas Seydack erlebt hab, hab ich mich in wirklich vielen Erinnerungen wiedererkannt. Bei mir war es halt das Impulse Vanilla Kiss Spray statt der Axe Dosen und die Diddl-Blätter statt der Fußball-Obsession.

Und auch wenn das alles ultra funny klingt und zum Großteil auch ist, kommen die 90er und 2000er nicht nur gut weg. Uns haben nämlich nicht nur ICQ und EMP-T-Shirts geprägt, sondern zum Beispiel auch die Auswirkungen des 11. Septembers, unregulierter Internet-Zugang und das Bild, das in RTL-Dokus von Arbeitslosen und Migrant:innen vermittelt wurde.

Ich fand den zweiten Teil des Buches leider nicht mehr ganz stark wie den ersten. Der Schwenk zur heutigen Zeit war dann nämlich recht pessimistisch und rechtfertigend und vielleicht nicht ganz so Privilegien-checkend wie ich es mir von einem weißen, männlichen Autor gewünscht hätte. Deshalb ist es für mich trotz der vielen geteilten Momenten doch ein kleines bisschen mehr Niclas Seydacks Autobiographie als die einer ganzen Generation.

Unterm Strich aber trotzdem eine große Leseempfehlung, vor allem natürlich für Millenials.