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Philosoph

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Bewertung vom 16.03.2013
Das Kartenhaus der Erkenntnis
Fritz, Jürgen

Das Kartenhaus der Erkenntnis


ausgezeichnet

Ausgehend von der Frage, ob es eine sichere, unbezweifelbare Erkenntnis gibt, werden im einleitenden Teil zentrale Begriffe wie Erkenntnis/Wissen, Wahrheit ... sprachanalytisch erörtert, um die Ausgangsfrage umsichtig und sorgfältig zu entfalten. Hierbei werden immer wieder relevante Positionen der Philosophiegeschichte (Platon, Aristoteles) einbezogen.

Im zweiten und umfangreichsten Teil wird mit großer Sachkunde auf den Gebieten der Wissenschaftstheorie und -geschichte die Frage nach sicherer Erkenntnis in den Wissenschaften, speziell in der Physik und Mathematik behandelt. Die Arbeitsweise, grundsätzlichen Grenzen und Unsicherheiten wissenschaftlicher Erkenntnismöglichkeit werden sehr ausführlich dargelegt und kritisch erörtert. Hierbei werden Debatten, wie die zwischen Karl Popper und Thomas S. Kuhn überzeugend dargestellt und für die weitere Gedankenführung fruchtbar gemacht.

Im dritten und letzten Teil werden aktuellere philosophische Auseinandersetzungen zwischen kritischem Rationalismus (Karl Popper, Hans Albert) und Transzendentalpragmatik (Karl-Otto Apel, Wolfgang Kuhlmann) aufgegriffen. Die theoretischen Mängel beider Seiten werden äußerst scharfsinnig aufgezeigt, um anschließend eine eigenständige Rechtfertigung von 'Begründung' herzuleiten, die den Streit um Letztbegründungen hinter sich lässt. 'Begründung' wird vielmehr als eine unverzichtbare Form menschlicher Weltorientierung herausgearbeitet und die Bedeutung des Glaubens wird deutlich gemacht.

Darauf basierend ergeben sich undogmatische und anregende Konsequenzen für die Pädagogik und den Schulunterricht, insbesondere für die Begründung von Werten. Werte, so macht der Autor, Jürgen Fritz, deutlich, müssen diskutiert und begründet werden, selbst wenn sie nie als objektiv und absolut nachgewiesen werden können.

Bei der Komplexität der behandelten Themen besticht die klare, lebendige Sprache und das überall spürbare leidenschaftliche Interesse an der Sache. Die Abhandlung eignet sich auch sehr gut als Einführung in philosophisches Denken.

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