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Benutzername: 
Konstantin
Wohnort: 
Koblenz

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Bewertung vom 05.01.2010
Als unsere Welt christlich wurde (312-394)
Veyne, Paul

Als unsere Welt christlich wurde (312-394)


schlecht

PAUL VEYNE`s aufschlußreiches, zugleich ärgerliches Buch "Als unsere Welt christlich wurde (312-394)" ist eine bekenntnisreiche, spekulationsüberladene Publikation, die den Durchbruch des Christentums als eine zugleich eschatologisch wie geschichtlich begründete Zwangsläufigkeit darstellt und Kaiser Konstantin zum „Präsidenten“ der christlichen Kirche hochmissioniert. Nun ist VEYNE nicht irgendjemand, sondern Professor am Pariser Collège de France, eine der Forschung und Lehre gewidmeten Institution mit höchstem wissenschaftlichem Prestige. Umso unverständlicher, was VEYNE dem Publikum zumutet. Schon die Überschrift irritiert, weil sie kurzerhand die buddhistisch, hinduistisch, jüdisch, islamisch gläubigen Erdteile in "unsere christliche Welt" integriert.
Und dann legt VEYNE „mit bangem Herzen“ richtig los: Konstantin sei ein "Retter der Menschheit", das Christentum ein "Meisterwerk", dessen „geistig-moralische Überlegenheit über das Heidentum erdrückend“ gewesen sei, die Heiden seien "im Irrtum befangen" gewesen, andere Religionen liefern "billige Erklärungen", Konstantin habe das Heidentum "entgiftet", die Kirche sei "das andere Meisterwerk" und Konstantin ein "hundertprozentig überzeugter Christ", der das "Heidentum als minderwertig einstuft". Die apodiktischen Urteile über Konstantins Glauben, das Heiden- und das Christentum verwundern ebenso (oder auch nicht mehr) wie die fehlende Bereitschaft, sich in die Problematik der Trinitätsformulierung und in den arianisch-trinitarischen Christenkonflikt des vierten Jahrhunderts einzuarbeiten. Weder legt VEYNE eine kritische Elle an Eusebius` Panegyrik an, noch setzt er sich mit der Symbolforschung auseinander, noch fragt VEYNE nach, wie Konstantins arianisch-ketzerische Taufe mit dem hohen Lied auf Konstantins edle christlicher Gesinnung vereinbar ist und warum Konstantin sich mit dem Sonnengott als Comes abbilden läßt, wenn dessen Religion "minderwertig" ist. Das blamable Buch aus dem Beck-Verlag, in dem die Zahl der Bekenntnisse in einem umgekehrten Verhältnis zur Argumentionsdichte steht, das im Titel beansprucht, die Entwicklung des Christentums „von einer Sekte zur Weltmacht“ bis 394 nachzuvollziehen und es schafft, Kaiser Theodosius (reg. 379-395), den eigentlichen Steigbügelhalter des Christentums, den Schöpfer der Staatskirche, nur am Rande zu erwähnen, ist trotz des exzellenten Rufes des Autors und trotz des umfangreichen Fußnoten-Apparates ein irritierendes, schein-wissenschaftliches, emphatisches Glaubensbekenntnis und dabei wollen wir es belassen.

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