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Benutzername: 
lenchen_196
Wohnort: 
Bayern

Bewertungen

Insgesamt 18 Bewertungen
12
Bewertung vom 02.09.2011
Das Regenmädchen
Kreslehner, Gabi

Das Regenmädchen


sehr gut

Das Wesen in Abwesenheit

Die Protagonistin taucht auf den ersten Seiten des Romans auf und verschwindet sofort. Sie taucht auf, um auf der im Nebel versunkenen Fahrbahn der A9 tödlich überfahren zu werden.
Ein paar Zeilen im ersten Kapitel des Buches – und seine Hauptperson existiert nicht mehr. Trotzdem bleibt sie natürlich die Hauptperson, alle Geschehnisse im weiteren Verlauf des Buches haben einen Bezug zu ihr, alle Charaktere reden über sie. Dieser Plotaufbau ist sehr interessant. Eine Person, die nicht mehr existiert, sondern nur anhand der Erzählungen Anderer dargestellt wird. In deren Erinnerungen, Geschichten, und noch mehr in ihrem Schweigen. Dabei wird diese Person sehr lebhaft, real, sichtbar dargestellt.
Je mehr man über das Mädchen erfährt, desto größer wird das Geheimnis um ihr Wesen. Die Leiche liegt im Abendkleid auf der Fahrbahn. Kein Personalausweis, keine Papiere, kein Nachweis, woher die Gestorbene kommt. Die Polizei versucht, die Leiche zu identifizieren. Bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bringt es kein Ergebnis. Seltsam, denn es gibt praktisch überall Leute, die dieses Mädchen sehr eng kannten. Obwohl sie es so eng kannten, können sie unglaublich wenig verraten, wer es eigentlich war. Eine Schülerin auf der Flucht? Eine junge Soziopatin, süchtig nach spontanem Sex? Eine begabte Schauspielerin? Eine nicht weniger begabte Prostituierte?
Die Suche nach den Antworten auf diese Fragen ist nicht weniger interessant, als die Suche nach dem echten Grund ihres Todes. Anscheinend ein tragischer Unglücksfall. Aber die Polizistin Franza Oberwieser, die in dem Fall ermittelt, erfährt, dass er einen düsteren kriminellen Hintergrund hat. Jemand hat dem Mädchen „geholfen“, bewusstlos auf die gefährliche Autobahnspur zu treten.
Wie es in echt spannenden Krimis ziemlich oft passiert, werden am Ende fast alle Beteiligten verdächtigt. Einschließlich der Familienangehörigen von Franza Oberwieser. Das Rätsel könnte man auf viele unterschiedliche Arten lösen. Leider ist die echte Lösung, die uns die Autorin gibt, nicht so faszinierend in Vergleich zu manchen denkbaren Möglichkeiten.
Trotzdem finde ich den Roman gut. Psychologisch, überzeugend, frisch, empfehlenswert. Zum Beispiel ist das Buch von seinem Umfang so gut wie eine Bahnreise von Berlin nach Hamburg. Oder von München (in der Nähe vom Tatort) nach Linz (nah zum Wohnort der Autorin). Ein schönes Mittel gegen Reiselangweile. Jedenfalls ist das Buch tiefer und bedeutsamer als viele Reisekrimis die an Bahnhöfen zum Verkauf angeboten werden. Trotzdem versucht die Autorin, ihr Buch noch größer zu machen. So wirkt die ganze Episode mit Geiselnahme fehl am Platz: Furchtbar, atemberaubend, scheint jedoch aus einem anderen Buch oder aus einem fremden Film. Wenn Franza da nicht so hilflos wäre, hätte sie den Verbrecher gute fünfzig Seiten „früher“ verhaftet. Aber wir müssen noch diese fünfzig Seiten durchlesen, obwohl der Täter und das Tatmotiv bekannt sind. Ohne solche erzwungenen „Action“-Einlagen wäre das Buch noch besser.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.09.2011
Die toten Gassen von Barcelona
Kremser, Stefanie

Die toten Gassen von Barcelona


gut

Barcelona dreimal anders

Die Stadt Barcelona ist so gut bekannt wie unbekannt. Die freie Journalistin Anna Silber reist nach Barcelona. Ihr Plan A: einen Reiseführer „mal anders“ zu schreiben. Sie will einen der größten Urlaubsorte Europas von einer anderen Seite zeigen. Von der Seite, die dem Urlauber unbekannt ist. „Andere“ Straßen, „andere“ Sehenswürdigkeiten, „andere“ Wohnmöglichkeiten, „andere“ Restaurants und Bars, „andere“ Läden. Von Anfang an geht der Plan schief, weil Anna gerade am ersten Tag, bei der ersten Fahrt zu ihrer Wohnung eine vom Dach „geflogene“ Leiche praktisch vor ihre Füße bekommt. Willst du Barcelona mal anders? Zack! Eine Leiche ist da.

Daraus folgt, ganz spontan, der Plan B: der Mordkommission von Barcelona zu helfen, eine mysteriöse Reihe von Mordfallen aufzuklären. Weil nämlich Anna Silber „zufällig“ ein außergewöhnliches Kriminaltalent hat. Aus der Mischung von den beiden Plänen entsteht eine Geschichte, die Stefanie Kremser bunt und spannend beschreibt.

Es scheint hier drei separate Geschichten zu geben:
1. Alternativer Urlaubsort Barcelona, mit Köchen, die alle Gerichte nur aus Süßigkeiten zubereiten, mit Künstlerinnen, die ihre gesamten Werke aus Filz produzieren, usw.
2. Düstere Stadt Barcelona mit toten Gassen, durch den Kot beschmierten Briefkasten, schäbigen Treppenhäusern, kaputten Aufzügen und vom Leben abgeschnittenen Wohnungen, die zum Wohnen gar nicht mehr passen. Also ein großer Spielplatz der internationalen Immobilienmafia, die sich bemüht, die ganze Stadt zu einem Verkaufsobjekt zu verwandeln.
3. Ein riesiger Tatort, auf dem ein Serienmörder nach unglaublichem Muster kaltblutige Morde „sät“.

Gut ist, dass diese „separaten“ Geschichten, die uns so viel über eine Stadt erzählen (übrigens auf knapp 240 Seiten), am Ende in eine ganzheitliche Geschichte fließen. Bis zu einem bestimmten Punkt könnte man sagen, dass es drei Bücher in einem Band sind, deren Seiten nebeneinander wie Unterlagen oder Löschpapierblätter nebst fragmentarischem Original durchgemischt sind. Und plötzlich wird alles zu einem. Jede Geschichte hat ein eigenes Geheimnis, aber alle Geheimnisse werden letztendlich mit einem einzigen Schlüssel geknackt. Ja, das ist toll.

Nicht besonders gut ist, dass der Mörder, der keine Spur hinterlässt und wie ein unbesiegbares Monster wirkt, im Finale relativ einfach erwischt wird, und zwar von Anna Silber allein. Große Spannung im Vordergrund führt zu einem relativ kleinen Funken bei der Lösung. Eigentlich wollte man etwas Größeres zum Nachtisch.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.06.2011
Schneewittchen muss sterben / Oliver von Bodenstein Bd.4
Neuhaus, Nele

Schneewittchen muss sterben / Oliver von Bodenstein Bd.4


sehr gut

Ein Mensch, zum Mörder gemacht

Was ist der Reiz der Kriminalromane? Die Suche nach der Lösung des Rätsels. Die Feststellung, wer der Mörder ist. Ein guter Kriminalroman wird außerdem durch die realistische Darstellung der Tatmotive interessant. Ein sehr guter Kriminalroman zeigt auf eine realistische Weise, wie ein Mensch zum Verbrecher wird. Denn keiner wird als Verbrecher geboren, genauso wenig wie man als Held geboren wird. Manchmal wird in einem Kriminalroman erzählt, wie ein Mensch zum Verbrecher gemacht wird. Vorsätzlich und zielstrebig.
Zu diesem Thema gibt es viele erfundene oder halberfundene Geschichten. Manipulation der Persönlichkeit, Anwendung von psychotropen Präparaten, Hypnose, Einpflanzung von Computerchips ins Gehirn…
Doch nichts davon findet man im Roman von Nele Neuhaus. Darin gibt es keine einzige Situation, die die Realität nur um einen winzigen Schritt überschreitet. Die Haupthandlung des Romans ist der Alltag in seinen typischen Situationen. Und doch ist die erzählte Geschichte unglaublich. Die Erzählung davon, wie ein Mensch durch seine Umgebung zu Mörder gemacht wurde. Gemacht – und zwar bewusst. Ausweglos. Obwohl dieser Mensch von sich aus kein Bestreben danach hatte, die Gesetze zu brechen – geschweige denn, jemandem etwas Böses zu tun.
Mit psychologischer Tiefe, in kleinsten Details wird das Leben eines kleinen Dorfes in Hessen gezeigt. Jeder Charakter, jeder Dorfbewohner ist mit Leben gefüllt, deren Freuden und Trauer, Bestrebungen und Ängste, Tugenden und Sünden werden gezeigt.
Die mühevolle psychologische Ausarbeitung sowie die detailreiche Erzählung machen den Roman auf den ersten hundert Seiten etwas langsam. Zwischen den vielen Charakteren vergisst man schon mal die Zusammenhänge.
Aber je weiter die Geschichte fortschreitet, desto spannender wird sie. Hinter jeder Episode sickert die Atmosphäre eines schrecklichen Geheimnisses durch. Warum hat ein Dorf den Mord zweien jungen Frauen gebraucht? Warum wurden diese Frauen, ohne das selbst zu wissen, für dieses schlimme Ende bestimmt?
Und wenn die Morde geplant wurden, muss es auch einen Mörder geben. Und ein junger Dorfbewohner wird zum Mörder gemacht – weil ja schließlich jemand für das, was passiert ist, haften muss.
Elf Jahre alte Geschehnisse, als die Morde passiert sind, werden abwechselnd mit der Erzählung in der Gegenwart dargestellt – als der Täter nach der Haftstrafe entlassen wird und in sein Heimatdorf zurückkehrt. Die Geschichte wiederholt sich in paranoider Reihenfolge: es wird wieder ein Opfer ausgesucht, eine junge Frau, die einer damals Ermordeten erstaunlich ähnlich sieht. Und zum Mörder wird wieder jemand, von dem man nichts anderes erwartet, als ein weiteres Verbrechen.
Was steht hinter diesem Teufelskreis sich wiederholenden Horrors?
Wurden die Morde wirklich durch denjenigen begangen, dem diese Rolle zugeschrieben wurde? Oder ist der wahre Mörder ein anderer. Die Kommissare Pia Kirchhof und Oliver von Bodenstein haben noch nie einen solch komplizierten Knoten von Intrigen und Lügen zu lösen gehabt. Nebenbei behindern ihre privaten Erlebnisse die Ermittlungen: Oliver bekommt einen Hinweis nach dem anderen, dass seine Frau ihn betrügen würde, und Pia erfährt mit Schrecken, dass ihr gekauftes Haus illegal gebaut wurde und sie jeden Tag das Dach über dem Kopf verlieren kann…
Werden die Kommissare die Hintergründe der Geschehnisse im Dorf erkennen, werden sie den Rätsel um die Morde lösen?..

5 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.06.2011
Das verbotene Zimmer
Hayes, Sam

Das verbotene Zimmer


sehr gut

Die schlimme Vergangenheit lässt nicht los

Es gibt Dinge, die man nie vergisst. Die Erinnerungen werden immer wieder wach. Die Geschehnisse aus der Kindheit verfolgen einen sein ganzes Leben lang. Die schrecklichen Monster kehren zurück. Und das nicht nur in Träumen.

Der Roman von Sam Hayes zieht sich in drei Erzählsträngen.
Das kleine Mädchen Ava lebt in einem Kinderheim, obwohl sie einen Vater hat. Da passiert regelmäßig etwas Unfassbares. Die Kinder werden missbraucht, viele verschwinden danach für ewig. Und keiner rührt sich, es herrscht Schweigen. Ava, die Augenzeugin, erzählt uns aus der Ich-Perspektive über die schlimmen Ereignisse, über die bedrückende Atmosphäre im Internat. Ihre beste Freundin leidet besonders schlimm darunter.

Die auf den ersten Blick erfolgreiche Film-Visagistin Nina Kennedy lebt glücklich mit ihrem Mann und ihrer gemeinsamen Tochter. Aber alles ist nicht so, wie es scheint. Plötzlich erscheint in ihrem Leben ein Mann, den sie am liebsten nie wieder sehen würde.

Noch eine weitere Person – Frankie Gerrard kommt an einer Mädchenschule an, wo sie kurzfristig einen Job bekommen hat. Dieser Abschnitt wird auch aus der Ich-Perspektive erzählt. Frankie widmet sich dem Enthüllen eines Geheimnisses aus der Vergangenheit, das die Schule verbirgt. Ein Lehrer namens Adam hat auch eigenes Interesse, das mit diesen Geschehnissen zusammenhängt.

Langsam führt die Autorin diese drei Stränge zusammen. Alle einzelnen Teile passen endlich in das Bild, das der Leser vor seinen Augen sieht. Erst scheinen die drei Schicksale nicht miteinander verbunden zu sein. Trotzdem hat man Gefühl, es dreht sich alles um ein Geheimnis, zu dem alle drei Hauptfiguren eigene Beziehungen haben. Zwar verrät uns die Buchbeschreibung die Hauptidee dieses Krimis (was eigentlich nicht sein soll, oder?), habe ich diesen Teil nicht gelesen (lese ich nie vor dem Buch) und fand die Geschichte meisterhaft geknüpft und interessant aufgebaut.

Die Handlung entwickelt sich nicht schnell, bleibt aber spannend. Der Zusammenhang aller Personen wird immer klarer. Das Hauptthema des Romans, Pädophilie, stellt Sam Hayes gekonnt dar, ohne Überfluss, aber sehr ergreifend.
Der Stil der Autorin gefällt mir richtig gut, das Buch liest sich recht flüssig. Die finalen Szenen sind echt fesselnd geschrieben, obwohl nicht immer wahrheitsgetreu, eher nach dem Hollywood-Standard. Der Roman ist auf jeden Fall lesenswert. Die Idee, die Umsetzung, die Charaktere, alles ist der Autorin sehr gelungen.
Mein Fazit: empfehlenswerte Lektüre.

Bewertung vom 05.05.2011
Dampfnudelblues / Franz Eberhofer Bd.2
Falk, Rita

Dampfnudelblues / Franz Eberhofer Bd.2


ausgezeichnet

Herrlich, sog i dir!

In Niederkaltenkirchen geht's ja zu! Kaum hat sich der Polizist Franz Eberhofer von seiner spektakulären Aufklärung eines Vierfachmordes in seinem 1000-Seelen-Heimatdorf erholt, ruft ihn der Schulrektor Höpfl zu seiner Mauer. „Stirb, du Sau“ steht es in dicken Buchstaben drauf. Franz tut es erstmal als eine Lapaillie ab, bis der Höpfl kurz darauf verschwindet...

Die meisten Charaktere sind dem treuen Leser schon aus dem ersten Roman von Rita Falk – „Winterkartoffelknödel“ bekannt. Franz, der Polizist, der aus München in seine niederbayerische Heimat, Niederkaltenkirchen bei Landshut, zwangsversetzt wurde, seine Oma, die beste Köchin und bekennende Schnäppchenjägerin, sein Vater, der gerne Beatles hört und dabei ab und zu sogar illegale Drogen konsumiert. Franz hat eine Freundin – Susi, die im ersten Teil höchstens mal als Beischlafgeschichte auftaucht, im „Dampfnudelblues“ aber eine durchaus bedeutende Rolle zugewiesen bekommen hat. Auch Franz' Freunde sind aus dem ersten Roman bekannt – Simmerl, der Metzger, Flötzinger, der „heizungspfuscher“, und Wolfi, der Wirtshausbesitzer, wo sich die Spezls täglich auf das eine oder andere Bier treffen. Neu ist Panida, die neueste Freundin von Franz' Bruder Leopold, diesmal eine Thai-Frau, und deren kleine Tochter Uschi, vom Franz jedoch Sushi genannt.

In der gewohnten Art mit viel Humor und unverkennbarer bayerischer Sprachfärbung erzählt Rita Falk über das tägliche Leben von Franz, vom Frühstück mit der Frühstücksgöttin schlechthin (Omi), über kleinere (Schlägerei zwischen bekannten Trinkbolden) und größere (Streit zwischen den Thermometerspannern) Einsätze in seiner Karriere als Polizist bis hin zum abendlichen Verweilen beim Wolfi. Man könnte einen langweiligen, öden Roman vermuten, doch nein, der Schreibstil reißt's raus. Man überfliegt Seite für Seite mit einem Lächeln auf den Lippen. Gerade wenn man selber – so wie ich – auf dem Lang in Bayern wohnt, weiß man, dass die Situationen stellenweise wirklich aus dem wahren Leben gegriffen sein könnten.

Sehr gut gefallen hat mir, dass der Kriminalfall diesmal eine bedeutendere Stelle im Roman einnimmt, als beim Erstlingswerk. Auch die Lösung ist spannender verstrickt. Trotzdem muss man nicht auf solche Highlights wie „Leopoldisierung“ der Familie durch den angekündigten Besuch ebendiesen verzichten. oder auf einen Ausflug von Omas „Mädels“clique zum Einkaufzentrum nach Regensburg. Herrlich, sog i dir!

Ich habe „Dampfnudelblues“ mit Vergnügen gelesen und hoffe auf eine baldige Fortsetzung der Franz Eberhofer-Reihe. Bis dahin kann man ja die vielen Rezepte von der Oma am Ende des Buches nachkochen ;-)

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.03.2011
Heiraten für Turnschuhträgerinnen
Bluhm, Filippa

Heiraten für Turnschuhträgerinnen


sehr gut

Komisch und zugleich romantisch

Charlotte ist eine überzeugende „Turnschuhträgerin“ und kann sich gar nicht vorstellen, eines Tages in einem schicken Brautkleid und mit allem dazugehörigen Krimskrams vor dem Altar zu stehen. Aber der Tag kommt. Georg macht ihr einen Heiratsantrag. Die Vorbereitungen können beginnen. Die Zeit läuft...

Doch alles ist nicht so einfach wie es scheint. Vor allem ihre Vorstellungen und die von ihrer engsten Freundin lassen sich mit der Wirklichkeit nicht zusammenbringen. Soll die Hochzeit romantisch sein, mit allem Schnickschnack, die normalerweise nicht ihren Geschmack entspricht? Oder eher karg, schlicht und eben fast in Turnschuhen anstatt hochhackigen Lack-Pumps?
Die Zeit läuft... In Form eines Tagebuchs geschrieben, geht die Geschichte schnell voran. Von der kuriosen und verzweifelten Suche nach dem Traukleid bis zum Hochzeitstag selber gibt es nur Probleme, die am Ende aber zu aller Zufriedenheit gelöst wurden. Zickige Freundinnen und trinkfreudige Verwandschaft dürfen auch nicht fehlen und tragen zur Komik des Sujets bei.

Eine schöne Lektüre für Zwischendurch. Humorvoll, manchmal leicht übertrieben, was sie noch lustiger macht. Liest sich schnell, ist unterhaltsam, macht gute Laune, lässt das Grinsen während des Lesens nicht aus dem Gesicht verschwinden.
Empfehlenswert, aber nur in diesem Zusammenhang: leichter Lesestoff!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.03.2011
Die Ludwig-Verschwörung
Pötzsch, Oliver

Die Ludwig-Verschwörung


sehr gut

Noch ein Märchen über den Märchenkönig gemurmelt

Jeder würde gerne einen König als Vorahnen haben. Nicht jeder aber, der ein Nachkomme des Königs ist, weiß davon Bescheid.
Mit dem Leben und besonders mit dem Tod des Märchenkönigs Ludwig II. sind viele Geheimnisse verbunden, es tauchen immer wieder neue Theorien, Vermutungen und Mutmaßungen auf.
Der Münchner Antiquar Steven Lukas bekommt rein zufällig ein geheimnisvolles Kästchen mit einem Tagebuch aus dem 19. Jahrhundert in seine Finger. Als er das Büchlein aufschlägt, kann er noch nicht ahnen, wohin ihn diese Geheimnisse führen werden. Sonst hätte er vielleicht das Tagebuch auf der Stelle zurückgegeben, vor allem weil so viele (und nicht immer nur gute) Leute es haben wollen. Es beginnt eine gefährliche Schnitzeljagd.

Auf Stevens Seite steht die schöne Sara, aber steht sie wirklich für ihn? Hin und wieder gibt es Andeutungen, sie könne auch zu den Stevens Verfolgern gehören. Und auch freiwillige Helfer – sind sie wahre Königsfreunde oder handeln sie nur aus eigenem Interesse? Das alles wird natürlich am Ende zu allem Guten erklärt, aber der Autor macht es spannend. Er hat die historischen Hintergründe und die aktuelle Krimi-Handlung gut vermischt. Die Fakten aus dem Leben Ludwigs II. sind interessant, genau so wie die heutige damit verbundenen Tatsachen, wie z.B. dieser Guglmänner-Orden (wenn auch etwas übertrieben, aber mit Humor). Sehr hilfreich sind jedoch das kleine Glossar für Verschwörungstheoretiker und die Karten und Pläne von den beschriebenen Orten. Das macht übrigens Lust, diese berühmten Schlösser (noch mal) zu besuchen.
Die bayrische Authentizität des Romans muss auch noch erwähnt werden. Vielleicht nicht für alle Nicht-Bayern verständlich, aber diese Liebe zu dem „Kini“ existiert hier doch auch heute, die von dem Autor liebevoll bemalten Bilder sind keineswegs unglaubhaft.

Was mich beim Lesen allerdings ziemlich störte, war die besondere Vorliebe des Autors zum Wort „murmeln“. Die im Buch handelnden Personen reden kaum, sie sprechen fast nicht, sie schreien nicht, sie flüstern auch nie. Sie murmeln nur. Das Wort kommt auf jeder Seite vor, und sogar mehrmals. Als ob Herr Pötzsch keine weiteren Synonyme finden könnte. Eigentlich schade, weil sein Stil mir insgesamt gut gefallen hat, er ist lebendig und abwechslungsreich, der Roman liest sich schnell und flüssig. Die zwei Stränge (damals, im Tagebuch, und heute, in unserer Zeit) sind bewusst wie von zwei verschiedenen Leuten geschrieben, den sprachlichen und inhaltlichen Unterschied hat der Autor ganz gut erfasst und wiedergegeben, das ist ihm gut gelungen.
Die Spannung der Geschichte lässt den Leser das Buch kaum beiseite legen, bis die letzten Seiten gelesen werden. Obwohl manche Passagen nicht sehr wahrheitsgetreu, unrealistisch und gar märchenhaft erscheinen, ist das Buch fesselnd und lesenswert. Genau die richtige Märchengeschichte über den Märchenkönig. Sehr zu empfehlen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.03.2011
Entrissen / Marina Esposito Bd.1
Carver, Tania

Entrissen / Marina Esposito Bd.1


sehr gut

Nichts für schwache Nerven

Manchmal, wenn ich Krimis mit Beschreibungen besonders brutaler Täter lese, frage ich mich: was war zuerst da, die Henne oder doch das Ei? Schreibt der Autor über die unmenschlichen Taten, zu denen er von irgendwelchen wirklichen Geschehnissen inspiriert wurde, oder haben einige „fleißige“ Leser das nachgemacht, was sie aus solchen brutalen Thrillern gelernt haben?

Man denkt, so was ist nur der Fantasie des Autors entsprungen, es könnte nie und nirgends passieren, so schrecklich sind die Verbrechen, so irreal sind die menschlichen Verhältnisse, so irre und krank sind die Leute. Aber die Polizei eilt zum Tatort, entdeckt Leichen, sichert Spuren und versucht, den Mörder zu finden.
Man spricht viel, aber leise über diese „seltsamen“ Familien, die in den tiefen Dörfern leben und in denen man alles Mögliche erlebt, nur nicht das, was man normal nennt. Existieren sie wirklich..?
Es ist die Aufgabe der Polizei, herauszufinden, was den Serienmörder dazu treibt, hochschwangeren Frauen das Baby aus dem Leib rauszuschneiden. Ein Team unter der Leitung des Detective Inspectors Phil Brennan bittet eine gelernte Psychologin Namens Marina um Hilfe – ohne ihre Fachkenntnisse kommen sie nicht weiter, können nichts damit anfangen, was sie über den Verdächtigen wissen. Natürlich hat es zwischen Brennan und Marina gefunkt, sie haben sich während der früheren Zusammenarbeit kennengelernt. Und ja, natürlich ist Marina auch schwanger und der Täter hat sie schon im Visier…

Die Handlung entwickelt sich rasch, schon ist das nächste Opfer an der Reihe. Die Abschnitte sind kurz, die Spannung wächst von Seite zu Seite. Liegt das Team in seinen Vermutungen richtig? Kann die verzweifelte Marina die erhoffte Hilfe leisten oder gibt sie auf?
Der Autorin ist das fesselnde Sujet sehr gelungen. Der Leser kann die eigene Variante der Entwicklung des Plots durcharbeiten und trotzdem ist das Ende des Romans eher unerwartet, obwohl man oft das Gefühl hat, ja jetzt kommt die Lösung. Wie in allen guten Krimis, irrt sich der Leser gewaltig, wenn er von Anfang an den Hauptverdächtigen ausfindig zu machen meint. Die Hauptcharaktere sind gut gearbeitet und die Nebenfiguren erscheinen auch mit konkreten Gesichtern.

Alles im Roman scheint überzeugend, obwohl auch sehr grausam. Empfehlenswert für alle Krimiliebhaber, allerdings nur für diejenigen, die starke Nerven haben. Gut gearbeitete Lektüre!
Und trotzdem frage ich mich manchmal, ob das Leben solche brutale Geschichten schreibt oder die Krimiautoren mit blühender Fantasie den kranken Tätern Hinweise auf weitere Untaten geben. Ich hoffe nur, die Verbrecher lesen kaum...

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.01.2011
Verräter wie wir
Le Carré, John

Verräter wie wir


sehr gut

Verräter im Osten und Westen

Das neue Buch vom Bestsellerautor John le Carre wirkt schon bei der Aufmachung sehr solide und verspricht gute Unterhaltung.
Das goldene Cover sieht edel aus, das Papier ist dick und wirkt teuer, was den allgemeinen Eindruck von dem Buch noch mehr steigen lässt.
Inhaltlich ist der neue Roman von John le Carre eben ein Roman und kein Action-Krimi. Mann muss genau aufpassen, wer was sagt und wer was macht, um alle Stränge richtig zu zuordnen. Denn nur diejenigen, die aufmerksam der Geschichte folgen, können die Intrige letztendlich verstehen. Alle Kleinigkeiten und Untertöne spielen auch große Rollen im Plot. Das ist typisch für den Autor, genau so wie sein Stil, sarkastisch und detaillästig. Die Handlung entwickelt sich nicht rasant, wie man vielleicht von einem Spionage-Thriller erwarten kann. Dafür mangelt es nicht an Dialogen, inneren Zweifeln und Überlegungen, Verhörsberichten und Familienszenen.

Dima, einer der Hauptfiguren der russischen Mafia, Spezialist für Geldwäscherei, wird langsam in den höheren Kreisen des organisierten Verbrechens immer mehr unerwünscht. Es geht jetzt um sein Leben. Um seine Familie und sich selbst zu schützen, hofft er auf die Rettung im Westen. Er knüpft Kontakte zu einem englischen Urlauber-Pärchen und mit dessen Hilfe zu den Agenten in London. Sein ganzes kriminelles Wissen bietet er für die Möglichkeit friedlich in England leben zu können an. Der britische Geheimdienst freut sich darüber, aber er freut sich zu früh. So einfach lässt die Mafia seinen Feind nicht gehen. Und auch in England gibt es Leute, die kein Interesse daran haben, Dimas geheime Informationen lüften zu lassen. Die Intrige ist also mehrschichtig, viele Fäden ziehen sich dorthin, wo keiner sie erwartet…
Die Handlung wechselt ständig zwischen Gegenwart und Vergangenheit, die Spannung wächst von Seite zu Seite. Das Ende kommt aber eher erwartet vor, ich zumindest hatte schon nach der Hälfte der Geschichte eine böse Ahnung, dass es genau so enden wird.

Wie alle seine „Auslands“-Romane, ist dieser auch gut von le Carre recherchiert, es gibt fast nichts auszusetzen. Das einzige, was mir negativ aufgefallen ist, ist dass der Autor „Dimas“ als Bezeichnung für die ganze Familie verwendet, was immerhin falsch ist, weil Dima nur ein Vorname ist und nach einem Vornamen (wenn auch des Oberhauptes) nennt man in Russland nie eine Familie. Allerdings stammt der Klappentext an dem Cover bestimmt nicht von dem Autor selber, mit der Erwähnung des Gulags, wo Dima sich angeblich an die Spitze der Mafia hochgearbeitet hat. Ist Gulag für den Schreiber dieses Textes der russische Knast im Allgemeinen? Gulag existierte seit 1960 nicht mehr, und in dieser Zeit hatte Dima bestimmt noch einen Schnuller in der Hand und kein schmutziges Geld zum Waschen. Nun ja, das sind nur Kleinigkeiten, die das Interesse am Buch nicht schmälern.
Der Roman regt zum Nachdenken an und ist empfehlenswert für alle, die in einem Spionage-Thriller nicht unbedingt nur Action sehen wollen.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.01.2011
Du
Drvenkar, Zoran

Du


sehr gut

Nicht ich und nicht er, sondern DU

Der Roman DU besteht aus drei Erzählsträngen, die der Autor genial zusammenführt, was aber nur am Ende der Geschichte völlig klar wird. Natürlich, sonst wäre es ja nicht so spannend!
Ein gefühlloser Massenmörder reist durch das Land und tötet in regelmäßigen Abständen Fahrer, die im nächtlichen kilometerlangen Stau stehen, oder die Bewohner ganzer Dörfer.
Es gibt auch einen kleinen Familienclan aus Berlin, Vater und seine zwei kriminelle Söhne, die auch ihre unglaublichen Rollen im Sujet spielen.
Und dazu noch fünf freche Teenager-Freundinnen, oder der „Club der süßen Schlampen“, wie der Autor sie nennt.

Die sind alle in die Geschichte verwickelt und es geht rasant vor. Opfer, Täter, Drogen, Waffen, große Gelder, gefrorene Leiche und gestohlene Autos, von allem gibt es genug in diesem Roman und darum kommt es manchmal fast unglaublich vor.
Das Coverbild schon ist sehr interessant und birgt eine optische Täuschung (ob nun absichtlich oder nicht). Eigentlich zeigt es einen Mann mit geschlossenen Augen, wenn man das Cover jedoch aus einigen Metern Entfernung anschaut, scheint es so, als sähe er einem direkt in die Augen. (Und das mit grusligen weißen Augen).

Der Titel des Buches heißt auch nicht umsonst DU. Es ist nicht nur der Titel, sondern auch die Erzählform der Geschichte. Und genau diese Form ist etwas, was vielleicht nicht jeder so leicht annehmen kann. Ich kann mich mit keiner der Figuren identifizieren und ich will es auch nicht. Soll ich Mitleid zu einem haben und mich wie in seiner Haut fühlen? Nicht unbedingt. Mir sind alle zu kriminell ;-) Darum ärgert mich auch diese DU-Form. Es ist zwar modern und ungewöhnlich, aber auch verwirrend und nicht dringend nötig. Ich fand mich mit dieser Form der Erzählung erst nach den ersten hundert Seiten zurecht, bevor ich begriffen habe, dass es im jeden einzelnen Abschnitt um eine jeweils andere Person geht, obwohl sie alle für den Lesern DU sind. Ich musste anfangs immer ein bisschen zurückblättern, um das ganze Bild im Kopf zu haben. Nur die Bezeichnungen der einzelnen Abschnitte verraten uns, um wen es diesmal geht. Man muss die ersten (paar) Seiten wirklich überwinden.

Die Story selber fand ich spannend. Stellenweise märchenhaft, was mehrere Stränge angeht – es wird im wahren Leben nie passieren, diese „zufälligen“ Treffen oder der leichte Sieg der „starken“ 15-jährigen Mädchen gegen Profikiller usw. Der Autor kann sich über fehlende Fantasie nicht beschweren. Aber genau deswegen lässt sich der Thriller schnell und flüssig lesen, wenn man wie erwähnt diesen DU-Aufbau der Geschichte schnell genug versteht. Die Spannung steigt von Seite zu Seite und man bekommt das Buch kaum aus der Hand, bis man es fertig hat. Der Stil ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber das Buch ist interessant zu lesen und sehr empfehlenswert für alle Thriller-Liebhaber.
Das Ende bleibt mehr oder weniger offen – ob wir wohl auf eine Fortsetzung warten dürfen?

4 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

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