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EOS
Wohnort: 
Siegen

Bewertungen

Insgesamt 218 Bewertungen
Bewertung vom 03.12.2024
Der König
Nesbø, Jo

Der König


ausgezeichnet

Zwei Könige? Da ist einer zu viel...
Dies ist der Folgeband zu Nesbos Buch 'Ihr Königreich', das ich aber leider nicht gelesen habe. Trotzdem habe ich gut in diesen 2. Band hineinfinden können, da es auch immer wieder Rückblicke gibt, und man sich nach und nach ein Bild machen kann, was in der Vergangenheit passierte.
Es geht um zwei Brüder, Roy und Carl, die die meiste Zeit ihres Lebens im norwegischen Os verbracht haben. Os ist ein kleiner, aber touristisch ausgebauter Ort, und beide Brüder leben vom Tourismus mit verschiedenen Projekten. Nun droht Gefahr, denn ein geplanter Tunnel würde am Ort Os vorbeiführen und die Touristen fernhalten oder zumindest ihre Zahl reduzieren. Was tun, um dies zu verhindern?
Besonders schlimm ist diese Bedrohung, weil Roy gerade im Begriff ist, eine äußerst attraktive Touristenattraktion zu planen, eine sensationelle Achterbahn. Er möchte seinen Traum nicht aufgeben und geht zielstrebig, aber mit kriminellen Methoden Schritt für Schritt weiter.
Anfangs hat man den Eindruck, als würden sich die beiden Brüder gut verstehen und Hand in Hand arbeiten, aber je mehr man in den Seiten vorwärtskommt, erkennt man die Abgründe, die sich in dem Verhältnis auftun. Ein Gewissen scheinen beide nicht zu besitzen, denn sie schrecken vor unmoralischen und kriminellen Handlungen nicht zurück, wenn etwas oder jemand im Weg ist. In gewisser Weise sind sie Konkurrenten, denn jeder von ihnen möchte der 'König von Os' sein.
Im Laufe der Seiten rückt immer mehr die kriminelle Vergangenheit der Brüder in den Vordergrund, die gleichzeitig auch bedrohlich für die beiden wird, auch wenn sie glauben, dass ihre Taten verjährt sind.
Der Ich-Erzähler ist Roy, der mir anfangs sogar sympathisch war, bevor mir klar wurde, dass er skrupellos intrigiert und dadurch Zwang ausübt. Da er die Einwohner des kleinen Ortes gut kennt, weiß er über alle Schwächen Bescheid und weiß sie zu nutzen. Das wirkt oft zunächst harmlos, aber da sollte man die Hintergründe betrachten.
Der Schreibstil des Autors ist mitreißend, man möchte immer mehr erfahren über die Verwicklungen der Brüder. Gleichzeitig sind die Szenen so detailliert beschrieben, dass man sich im Kopf ein Bild davon macht.
Ich hatte eine spannende Lesezeit und kann diesen Nesbo wärmstens empfehlen, für alle, die Krimis/Thriller mit Tiefgang wüschen und nicht brutale Action-Sequenzen.

Bewertung vom 24.11.2024
Siegen-Wittgenstein - HeimatMomente
Stoltenberg, Stefanie

Siegen-Wittgenstein - HeimatMomente


ausgezeichnet

Touristische Highlights in Siegen-Wittgenstein
Dieses Buch ist eine wahre Fundquelle sowohl für Einheimische als auch für diejenigen, die das Siegerland und das angrenzende Wittgensteiner Land kennenlernen möchten. Ich als Einheimische hatte gedacht, alle Sehenswürdigkeiten in meiner Heimat zu kennen, aber das war ein Irrtum.
Im Laufe des Lesens habe ich noch so einige Attraktionen in meiner Heimat entdeckt, die mir entweder unbekannt oder nur oberflächlich bekannt waren und die auf meiner To-Do-Liste für das kommende Ausflugsjahr stehen.
Mir gefällt sehr gut, dass auch historische Hintergründe erzählt werden, die mir bislang unbekannt waren.
Es ist unterteilt in 6 Kapitel, die uns die einzelnen Gebiete in dieser Region mit all ihren Highlights präsentieren. Das fängt bei der Stadt Siegen an, geht weiter über das nördliche, mittlere und südliche Siegerland und erfreulicherweise wird auch das Wittgensteiner Nachbarland eingeschlossen und mit zwei Kapiteln bedacht.
Sehr praktisch finde ich das kleine handliche Format, das gut in Tasche oder Rucksack passt.
Begeistert haben mich die wunderschönen Fotos, die die interessantesten Aspekte der beschriebenen Attraktionen illustrieren. Das fängt schon beim Cover mit der herrlichen Fachwerk Kulisse von Freudenberg an.
Der Schreibstil der Autorin liest sich locker und leicht, die einzelnen Orte werden detailliert beschrieben.
Alles in allem ein empfehlenswerter kleiner Reiseführer, der die empfehlenswertesten Momente in dieser Region festhält.

Bewertung vom 13.11.2024
Kalte Erlösung / Mara Billinsky Bd.9
Born, Leo

Kalte Erlösung / Mara Billinsky Bd.9


ausgezeichnet

Erbarmungslose Morde
Wieder einmal treibt ein Serienmörder in Frankfurt sein Unwesen, drei Menschen werden brutal gefoltert und getötet. Zunächst scheint es, als hätten die Morde nichts miteinander zu tun, aber dann wird doch eine Parallele bei den Foltermethoden entdeckt. Aber was verbindet die Opfer, so dass genau diese auserwählt wurden? Mara Billinsky ermittelt....
Zeitgleich ist Mara in diesem Band auch Mitglied einer internationalen Ermittlungsgruppe, die auf der Suche nach einem Kriminellen ist, der Polaris genannt wird. Mit dem ebenfalls dort tätigen Nordin verbindet sie mehr als Kollegialität.
Obwohl dies bereits der 9.Band der Reihe ist, kann man problemlos einsteigen. Aber sehr wahrscheinlich bekommt man dann Lust, auch Vorgängerbände zu lesen....
Seit ich Mara im ersten Band dieser Reihe kennengelernt habe, bin ich ein Billinsky Fan. Sie ist eine ausdauernde und mutige Ermittlerin, ihre Fahndungsmethoden sind spektakulär, wobei sie auch oft Blessuren davonträgt und ihr Leben in Gefahr kommt. Sie liebt Alleingänge und ist deswegen schon mehrmals von ihrem Chef Klimt ermahnt worden. In diesem Buch muss sie oft alleine ermitteln, weil sie keinen Kollegen zur Seite hat. Sie geht auf sehr lockere Weise mit ihrem Chef Klimt um, und dieser hat Mara schätzen gelernt, ja, er hat sogar Angst um sie.
Ein weiterer von mir sehr geschätzter Protagonist dieser Reihe ist Maras früherer Ermittlungspartner Rosen. Er ist überkorrekt und verbissen, was die Recherchearbeit betrifft. Gleichzeitig ist er sehr zuverlässig und unterstützt Mara, wann immer er kann.
Leo Borns Schreibstil ist packend, er bedient sich des Perspektivenwechsels, so dass der Spannungsbogen fast durchgehend hoch bleibt. Durch häufige Cliffhanger am Ende der Kapitel möchte man immer weiterlesen und das Buch nicht weglegen, besonders da die Kapitel recht kurz sind. Man macht sich auch selbst viele Gedanken, wer der Täter sein könnte und was dahinter steckt, so dass man indirekt auch in die Ermittlungen eingebunden ist. Das gefällt mir sehr.
Alles in allem hatte ich eine spannende Lesezeit und kann es kaum erwarten, den nächsten Band in Händen zu halten, denn dort wird sicher eines der Themen weitergeführt. So ist dieser ganze 9.Band auch wiederum ein Cliffhanger für den nächsten....

Bewertung vom 14.10.2024
Aus dem Haus
Böttger, Miriam

Aus dem Haus


gut

Was will das Buch mir sagen?
Dies ist mir bis zum Ende nicht klar geworden. Ich habe mich sehr gefreut, das Buch lesen zu dürfen, denn der Klappentext versprach eine unterhaltsame Auseinandersetzung mit Familienleben, im Speziellen und im Allgemeinen. Unter dieser Prämisse habe ich zu lesen begonnen und anfangs wurde ich nicht enttäuscht, denn ich fand das Buch unterhaltsam. Besonders die Wortspiele fand ich sehr gelungen (schockgealtert, todgesund usw.), und die Fähigkeit der Autorin, ellenlange verschachtelte Sätze zu schreiben, die man dennoch versteht, fand ich beeindruckend.
Den etwas merkwürdigen Alltag der leicht schrulligen Mutter fand ich humorvoll beschrieben: die vielen TV-Geräte, die zwar laufen, aber nicht beachtet werden, und eine Frau, die die Nacht zum Tag macht und deshalb ihren Mann oft nicht sieht. Hier könnte ich noch viele Beispiele anfügen, die mich beim Lesen grinsen ließen, denn wer weiß, welche ungewöhnlichen Eigenheiten man sich selber noch zulegt....
Ich fand das Buch durchaus unterhaltsam bis diese immense Aversion gegen Kassel und seine Bewohner einsetzte. Mich verbindet zwar mit Kassel überhaupt nichts, aber diese Gehässigkeit war mir unverständlich. Zunächst habe ich alles mit Einsamkeit der Mutter entschuldigt, die sich im neuen Wohnort erstmal einleben muss. Aber dann weitete sich der Hass auch auf das HAUS aus. Es scheint ein großes und gut ausgestattetes Haus zu sein, trotzdem strahlt es nur Negatives aus, sowohl in den Augen der Mutter, aber nun kommt auch noch die Tochter dazu.
Das Verhalten der Tochter, die übrigens bis zum Schluss 'anonym' bleibt, ist rätselhaft. Einerseits ist sie froh, dem Alltag im HAUS zu entfliehen, als sie anfängt, in Berlin zu studieren. Aber andererseits sucht sie auch immer wieder den Kontakt.
Irgendwann setzte der Punkt ein, an dem ich mich fragte, was das Buch mir denn sagen will und ob ich nicht Zeit verschwende, wenn ich weiterlese. Es wurde zusehends langweilig, trotzdem habe ich bis zum Ende durchgehalten. Aber ich frage mich immer noch, was ich aus dem Buch für mich 'mitnehmen' kann....

Bewertung vom 14.10.2024
Wallis Simpson
Lindinger, Michaela

Wallis Simpson


ausgezeichnet

Eine Biografie mit vielen Details, auch über Edward VIII
Seit ich den Film 'The King's Speech' gesehen habe, lässt mich dieses Kapitel der englischen Geschichte nicht mehr los. Davor war mir Wallis Simpson nur als Persona non Grata im englischen Königshaus bekannt, dann wurde mir klar, welchen großen Konflikt sie ausgelöst hat. Ich wollte mehr über diese Frau erfahren. Wie war ihr Verhältnis zu Edward VIII? Hat sie ihn wirklich geliebt, oder war er nur Mittel zum Zweck, um in der Gesellschaftshierarchie aufzusteigen? Ich habe die Antwort erhalten.
Das Buch vermittelt auf ansprechende Weise viele Details aus Wallis Leben, und nicht nur das. Man erfährt auch viel über Edward VIII, der noch nicht einmal ein Jahr lang König war, bevor er wegen Wallis abdankte.
Zuerst störten mich die vielen Geschichten rund um Edward, denn ich wollte ja Wallis näher kennenlernen, aber dann verstand ich, dass beides miteinander verwoben ist. Ich habe über beide Personen vieles erfahren, was mein Gesamtbild erweitert.
Für mich ist diese Biografie sehr informativ und hat mich keinesfalls gelangweilt. Dies wurde ergänzt durch das reichhaltige Bildmaterial, wodurch einzelne Aspekte noch mehr veranschaulicht wurden. Die Autorin hat sehr intensiv recherchiert, um hier ein umfassendes Bild des berühmten und gleichzeitig verachteten Paares abzubilden.
Der Schreibstil ist einfach und angenehm zu lesen, da fliegen die Seiten im Buch nur so dahin. Es gibt humorvolle Passagen, ebenso wie sehr leidvolle. Auch ironisierende Ausführungen sind reichlich vorhanden. Sehr beeindruckend finde ich beschrieben, wie sehr Wallis intrigiert, um ihre Ziele zu erreichen. Insgesamt hat mich dieser Schreibstil gefesselt und gut unterhalten.
Sehr lobenswert finde ich das ausführliche Personenverzeichnis am Ende des Buches. So findet man schnell die richtige Stelle, wenn man nach einer bestimmten Person im Umfeld des Paares sucht.
Im Hintergrund habe ich auch noch viel Interessantes über die anderen Royals erfahren, was mein Wissen zur englischen Königsfamilie erweitert hat.
Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen, und ich kann es jedem empfehlen, der an der englischen Geschichte interessiert ist.

Bewertung vom 25.09.2024
Und später für immer
Jarck, Volker

Und später für immer


sehr gut

Der pure Wunsch zu überleben
Gegen Ende des zweiten Weltkriegs beschließt Johann Meinert, gemeinsam mit ein paar Kameraden zu desertieren. Nach all den Einsätzen bei der Luftwaffe hat er nur noch den dringenden Wunsch, endlich zu seiner Frau und dem ungeborenen Kind zurückzukehren. Als die Situation geographisch günstig ist, setzt er sein Vorhaben in die Tat um. Er flieht zu Onkel und Tante und versteckt sich dort im Heuschober. Alles verläuft ruhig, bis plötzlich das Nachbarsmädchen Frieda ihn entdeckt, sich mit ihm bekannt macht und ihn immer wieder mal besucht. Sie ist 16 Jahre alt, und ihr Vater dient der NSDAP. Sie verhält sich anfangs recht feindselig gegenüber Johann. Von da an wird er von Zweifeln gequält, ob Frieda ihn verrät oder ob er ihr vertrauen kann....
Der Autor bedient sich eines sehr spannenden Schreibstils, Johanns Angst während der Flucht und im Versteck ist förmlich spürbar. Besonders trifft dies auf den Moment zu, als einer der Deserteure plötzlich einen Rückzieher machen will, da hält man den Atem an.
Sehr atmosphärisch ist es auch, als er von Frieda entdeckt wird und das Scheitern seiner Flucht in greifbare Nähe rückt. Intensiv bemüht er sich um die Zuneigung von Frieda, um nur ja nicht verraten zu werden. Man spürt regelrecht seine Panik.
Immer wieder werden Rückblicke auf die Zeit vor der Desertation eingeschoben. Diese Zeitsprünge waren zunächst nicht klar erkennbar. Die Erinnerungen, die auf wahren Begebenheiten beruhen, machen einen großen Teil des Buches aus. Diese Einschübe sind zwar interessant und sie spiegeln die Gefühlswelt der Soldaten intensiv wieder, aber das eigentliche Thema wird dabei umgangen. Ich fand das etwas langatmig, denn ich wollte ja wissen, wie es mit Johann und Frieda weitergeht und ob die Flucht erfolgreich ist.
Hochspannend wird es dann nochmal, als Frieda und Johann sich annähern. Auch diese Situation ist wieder sehr gefühlsintensiv. Man spürt, wie es zwischen den beiden knistert. Hier hätte ich etwas mehr erwartet. Diese gefährliche Situation wurde nur kurz beschrieben.
Auch das Ende ist mir etwas zu kurz geraten, im Prinzip ist es ein offenes Ende....
Alles in allem hat mir das Buch gefallen, es hat Einblicke in eine mir fremde Welt geliefert und Denkanstöße gegeben. Nur einige Situationen kamen mir zu kurz, während andere zu ausführlich waren. Durchaus lesenswert!

Bewertung vom 12.09.2024
Alte Eltern
Kitz, Volker

Alte Eltern


sehr gut

Vom Umsorgten zum Kümmerer
Der Autor beschreibt in diesem Buch die allmähliche Entwicklung der Demenzerkrankung seines Vaters und gibt in Rückblicken Einblicke in das Leben der Familie, als alles noch 'normal' war, bevor die Mutter plötzlich durch einen Unfall starb... In dieser Zeit konnte man den Alltag noch planen, wohingegen man seit der Erkrankung des Vaters immer wieder auf Unvorhergesehenes gefasst sein muss.
Ich habe dieses Buch nicht gelesen, weil ich vielleicht selbst in die Situation kommen könnte, demente Eltern zu betreuen, denn meine Eltern sind schon lange gestorben. Mich interessierte die andere Seite, denn ich könnte ja selbst von dieser Krankheit betroffen werden, und was passiert dann mit mir, was ich nicht mehr kognitiv mitbekomme?
Darüber erfährt man in diesem Buch sehr viel, denn der Autor setzt sich intensiv mit der Erkrankung des Vaters auseinander. Er kümmert sich um die meisten Anliegen persönlich und erlebt alle Feinheiten der Veränderung im Verhalten. Diese direkten Erfahrungen vermitteln ein reales Mitempfinden für den Leser, was mich oft in Gedanken abschweifen ließ...Das Buch hat mich auch beschäftigt, wenn ich es beiseite gelegt habe, denn es berührt durch seine intensiven Einsichten und Erkenntnisse.
Auf der Suche nach den Anfängen der Demenz lässt der Autor die eigene Vergangenheit Revue passieren und reflektiert die emotionale Bindung zwischen ihm und dem Vater. In der Rolle des Kümmerers hat er Angst, dass seinem Vater nicht genug Respekt entgegen gebracht wird, so dass er vieles selber in die Hand nimmt.
Er liest auch viele Bücher und Essays zum Thema, was man an den vielen Zitaten und Hypothesen anderer Autoren sieht, die Volker Kitz auf seine eigene Situation bezieht. Diese Passagen im Buch fand ich etwas weniger interessant als das direkte Vater-Sohn Erleben.
Um dieses Buch zu lesen, braucht man viel Ruhe und Ungestörtsein. Es ist mit Sicherheit keine Zuglektüre, denn es löst viele Reflektionen über das eigene Leben aus.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.08.2024
Yoko
Aichner, Bernhard

Yoko


ausgezeichnet

Erbarmungslose Rache einer Metzgerstochter
Was für ein Buch! Es hat mich gefesselt von der ersten bis zur letzten Seite. Und immer, wenn ich meine Lektüre unterbrechen musste, habe ich mich bereits aufs Weiterlesen gefreut. Immer wieder gibt es Überraschungen.
Yoko ist die Tochter eines Metzgers, die von ihrem Vater nach dem Tod der Mutter allein aufgezogen wurde. Dadurch entstand eine sehr enge Beziehung, die Yoko dann auch den Beruf des Metzgers erlernen ließ. Ob dies so ganz freiwillig geschah, sei dahingestellt. Denn nach des Vaters Tod macht Yoko aus der Metzgerei eine Glückskeksmanufaktur. Ihr Unternehmen läuft gut, bis es auf einer Auslieferungsfahrt zu traumatisierenden Ereignissen kommt, die Yokos Leben auf den Kopf stellen.
Nach einer Zeit der Selbst-Isolation wird ihr klar, dass sie die schlimmen Erinnerungen nur aus ihrem Kopf verjagen kann, wenn sie zurückschlägt. So schmiedet sie Rachepläne, die brutaler nicht sein können. Aber auch ihre Widersacher schlagen mit Grausamkeit zurück, so dass ich einige dieser Szenen, die besonders grausam waren, nicht aus dem Kopf bekam und auch außerhalb des Lesens daran denken musste.
Sehr überzeugend beschreibt der Autor, wie Yoko immer mehr in ihren Rachegelüsten aufgeht, anstatt rationale Wege zu beschreiten, um dem Unglück zu entkommen. Dabei bemerkt sie zu spät, dass auch Personen, die ihr wichtig sind, hineingezogen werden. In ihre Vergeltungsgedanken bezieht sie dann auch ihre Vergangenheit ein, denn auch hier gibt es noch Klärungs- und Befreiungsbedarf.
Obwohl ich nachvollziehen kann, wie sich Yokos Rachegedanken entwickelt haben, ist sie mir absolut unsympathisch, denn sie scheint kaum Empathie zu empfinden, was sicher auf ihre Kindheit zurückgeht. Sie beschreibt ihren Metzgerberuf ohne jegliches Mitgefühl und sieht in ihrem Job eine gerechtfertigte Dominanz gegenüber anderen Lebewesen. Diese Einstellung überträgt sie schließlich von Tieren auf Menschen.
Der Schreibstil des Autors gefällt mir, auch wenn ich mich erst einmal darauf einstellen musste. So gibt es z.B. keine Zeichen der wörtlichen Rede. Dialoge werden beim Sprecherwechsel einfach mit einem Gedankenstrich eingeleitet, auf den dann auch bisweilen nichts folgt, weil der andere nicht antwortet. Interessant, aber manchmal musste man den Dialog nochmals durchgehen, um zu erkennen, wer was gesagt hat.
Auf jeden Fall spreche ich eine Leseempfehlung aus, es sei denn, man hat Probleme mit brutalen Szenen. Ich freue mich schon auf den Nachfolgeband, der in 2025 erscheinen soll.

Bewertung vom 05.08.2024
Kleine Monster
Lind, Jessica

Kleine Monster


sehr gut

Gestörtes Mutter-Kind Verhältnis
In diesem Roman geht es um eine junge Familie: Pia, Jakob und deren Sohn Luca (7 Jahre alt). Luca hat in der Grundschule etwas gemacht, das er nicht hätte tun dürfen und das mit einem Mädchen zu tun hat. Die Eltern werden in die Schule bestellt, und in einem atmosphärischen Gespräch wird der Leser vor das Rätsel gestellt, was denn eigentlich passiert ist. Man erfährt dies erst etliche Seiten später, aber diese Seiten sind erfüllt mit Hochspannung, da man die Zusammenhänge verstehen möchte.
Der Schreibstil der Autorin gefällt mir sehr, denn er drückt die jeweilige Atmosphäre und die Gefühlswelt der Hauptpersonen so sorgfältig aus, dass man sich einfühlen kann.
Zunächst bin ich davon ausgegangen, dass es hier um ein Familiendrama geht, da die heile Welt, in der sich die Familie glaubte, durch den eigenen Sohn zerstört wird. Doch nach und nach stellte sich heraus, dass es eher um die traumatischen Erlebnisse Pias in ihrer Kindheit geht, die sie noch nicht bewältigt hat. Das hat mich etwas enttäuscht, weil meine Erwartungen an das Buch in eine andere Richtung gingen.
Richtig sympathisch ist mir keiner der Charaktere, am ehesten noch Jakob, der meist versucht, auftretende Probleme zu verharmlosen.
Pia, die Hauptprotagonistin, ist so sehr mit ihrer Vergangenheit beschäftigt, dass sie die Realität völlig falsch einschätzt und damit ihrem Sohn schadet. Das ist tragisch! Die Auseinandersetzung Pias mit ihrer Vergangenheit birgt einige Längen, da hier die Spannung fehlt.
Trotzdem habe ich mich gut unterhalten gefühlt, indem ich mehr und mehr in das 'Innere' der gesamten Familie Einsicht erhielt.

Bewertung vom 09.07.2024
Agatha Christie / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.21
Lieder, Susanne

Agatha Christie / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.21


gut

Einblicke in das Leben der Agatha Christie
Die famose Krimi-Autorin sollte eigentlich Pianistin werden, da sie gut Klavier spielen konnte und darin ausgebildet wurde. Nur machte ihr das Lampenfieber so zu schaffen, dass die Familie allmählich von dieser Idee abkam. Außerdem war es in dieser Zeit üblich, die Töchter so zu verheiraten, dass sie auch ohne eigenes Einkommen ein sorgloses Leben führen konnten und dadurch versorgt waren. Deshalb dreht sich auch gefühlt die Hälfte der Biografie um die Suche nach einem geeigneten Ehemann.
Diesen findet sie schließlich selbst und setzt sich gegen die Bedenken ihrer Mutter durch, heiratet sogar heimlich, weil ihr Ehemann, ein Pilot der Royal Air Force, wieder in den Krieg ziehen muss. Sie hob sich mit Sicherheit von vielen anderen Frauen dieser Zeit ab durch ihren Mut und ihre Entschlossenheit.
Agatha Christie ist 86 Jahre alt geworden, und ich kann mir vorstellen, dass sie ein abwechslungsreiches und interessantes Leben geführt hat, denn sie war eine starke Frau. Leider enden die Einblicke in Mrs Christies Leben in diesem Buch schon sehr früh, nämlich Ende der 20er Jahre, nachdem ihre Mutter verstorben ist, zu der sie eine sehr intensive und freundschaftliche Beziehung hatte. Ihr Tod hat sie stark getroffen, aber ihre Stärke lag darin, weiter zu machen.
Gern hätte ich mehr erfahren über ihre zweite Ehe und ihre produktiven Zeiten als Kriminalromanschriftstellerin. So erscheinen mir die vielen Dialoge zwischen Agatha und ihrer Mutter, in denen es um Tanzveranstaltungen, potentielle Ehemänner und Wohlverhalten in der Gesellschaft geht, ziemlich langatmig und ohne großen Aussagewert. Zwar ist dies auch unterhaltsam und informativ, denn man erhält viele Einblicke in die damalige Zeit, aber dies ist eben nur ein Teilbereich in Agathas Leben.
Der Schreibstil der Autorin ist anschaulich und angenehm zu lesen. Sie bedient sich des Perspektivenwechsels, mal erfährt man als Leser mehr über Agatha nach dem Tod ihrer Mutter, dann wiederum kehrt man zurück in ihre Kindheit und Jugend.
Alles in allem hat mich das Buch zwar unterhalten, aber mir erscheint es irgendwie unvollständig, weil ich einfach gern mehr über Agathas späteres Leben erfahren hätte.