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Anna La

Bewertungen

Insgesamt 26 Bewertungen
Bewertung vom 06.07.2024
Das Licht in den Birken
Fölck, Romy

Das Licht in den Birken


gut

Inhalt: Sommer in der Lüneburger Heide, Sonnenauf- und Untergänge, summende Insekten, rauschende Birken.
Und mittendrin Benno, ein verschrobener Einzelgänger, der seinen Hof bewirtschaftet. Er vermietet ein Zimmer an Thea, eine resolute Mitfünfzigerin, die nach 20 Jahren aus Portugal zurück in ihre Heimat kehrt und er trifft zeitgleich auf Juli, gerade volljährig und auf der Durchreise nach Amsterdam, die sich am Fuß verletzt hat und sich auf seinem Hof auskuriert.
Diese drei grundverschiedenen Charaktere müssen sich nun im Zusammenleben arrangieren und gleichzeitig versuchen Bennos Lebenshof für Tiere aus finanziellen Schwierigkeiten zu befreien.

"Das Licht in den Birken" von Romy Fölck wird getragen von seiner Atmosphäre. Die Natur- und Landschaftsbeschreibungen sind wirklich toll und mehr als einmal hab ich mir gewünscht ich könnte es selber vor Ort erleben. Die Handlung selber war für mich ein bisschen zu unrealistisch und klischeehaft dramatisch. Auf knapp 350 Seiten wird ein riesiger Haufen Probleme aller Art bei allen drei Figuren erst ausgebreitet und dann in rasantem Tempo abgearbeitet. Geldsorgen und familiäre Probleme lösen sich innerhalb von gut 2 Wochen (wie lange braucht ein verstauchter Fuß zum abheilen?) in Luft auf, alles läuft etwas zu glatt, glückliche Fügungen und Wendungen werden konstruiert um die Story voran zu treiben. Auch die Charakterentwicklung war für mich unrealistisch schnell.

Wer darüber hinweg sehen kann und wer einen locker geschriebenen Sommerroman lesen möchte der den Alltag kurz vergessen lässt ist hier genau richtig. Ein Wohlfühlbuch durch und durch und spätestens am Ende hat man große Lust auf Pastéis de Nata.

Bewertung vom 06.07.2024
Treibgut
Brodeur, Adrienne

Treibgut


ausgezeichnet

Inhalt: Abby und Ken Gardner sind Geschwister die früh ihre Mutter verloren haben. Während sie sich in ihrer Kindheit aneinander festhielten, haben sie heute als Erwachsene eine schwierige und angespannte Beziehung zueinander.
Ihr Vater Adam Gardner, ein berühmter Ozeanograph, kämpft seit sie denken können mit einer bipolaren Störung. Kurz vor seinem 70. Geburtstag möchte er noch einmal den ganz großen Ruhm ernten und eine bahnbrechende wissenschaftliche Entdeckung veröffentlichen. Dafür setzt er seine Medikamente ab und bringt Ereignisse in Gang die die Familie in ihren Grundfesten erschüttern.

"Treibgut" spielt 2016 auf Cape Cod. Doch idyllische Sommervibes kommen nur bedingt auf während die scheinbar perfekte Kulisse der Gardners Risse bekommt.
Ich hatte einige Probleme in die Geschichte hineinzufinden. Der Schreibstil war mir zu hölzern, die Story zu wenig subtil, die Charaktere zu unsympathisch. Nach einem Drittel wollte ich eigentlich abbrechen. Doch während Adam und Ken charakterliche Kotzbrocken sind waren mir die Frauen, vor allem Abby, direkt sympathisch und das hat mich am Ball bleiben lassen. Am Ende bin ich dafür belohnt worden.

Der Fokus der Geschichte liegt eher auf der Charakterentwicklung als auf dem Vorantreiben des Plots und anfangs war mir das alles zu langsam. Nach und nach wurde allerdings deutlich wie wichtig die verschiedenen Erzählperspektiven sind um die unterschiedlichen Sichtweisen auf die Ereignisse zu verstehen.
Denn das war für mich faszinierend und verstörend gleichzeitig: wie sehr (nicht aufgearbeitete) Traumata aus der Kindheit Menschen im Erwachsenalter noch immer beeinflussen können und wie unterschiedlich ein und dasselbe Erlebnis wahrgenommen bzw. verdrängt werden kann.

Auf den letzten ca. 60 Seiten nimmt die Story ordentlich Fahrt auf und alle losen Fäden laufen zusammen. Das Ende hat mich einerseits beklommen und gleichzeitig versöhnt zurückgelassen.
"Treibgut" ist ein Buch über Traumata, Schuld und Verantwortung aber auch über den Wert von Familie und deren Definition. Es erinnert an eine moderne, clever erzählte feministische Adaption der biblischen Geschichte von Kain und Abel und ist für mich eins der Bücher das mich spät, vielleicht sogar erst nach Beenden, sehr begeistert hat.

Übersetzt von Karen Witthuhn

Bewertung vom 06.07.2024
Mühlensommer
Bogdahn, Martina

Mühlensommer


gut

Von anna.liest
"Mühlensommer" von Martina Bogdahn erzählt die Geschichte von Maria, die mit ihren zwei Teenagertöchtern eigentlich ein Wochenende in den Bergen verbringen möchte, dann aber spontan auf den Hof ihrer Kindheit zurückkehren muss. Ihr Vater hatte einen schweren Unfall und liegt im Krankenhaus, die Mutter schafft die Arbeit alleine nicht, von der dementen Großmutter ist keine Hilfe zu erwarten und Marias Bruder lässt sich nicht blicken.

Es ist interessant zu lesen wie Maria plötzlich wieder mit ihrer Vergangenheit und ihrer Kindheit konfrontiert wird, ein Leben dass sie fast vergessen hatte und dass sich aber für die Menschen die noch auf dem Hof leben gar nicht so sehr verändert hat.

Auf zwei Zeitebenen wird aus Marias Leben erzählt wobei der Fokus auf der Vergangenheit liegt und darauf wie sie in der vermeintlich ländlichen Idylle aufgewachsen ist, welche Entbehrungen die harte Arbeit und das Leben auf dem Hof mit sich bringen.
Mich hätte die zweite Zeitebene, nämlich Marias heutiges Leben in der Großstadt, viel mehr interessiert jedoch kommt dieser Erzählstrang leider etwas zu kurz.

"Mühlensommer" hat ein tolles ländliches Flair, man kann spüren wie die Sommerhitze über den Feldern flirrt, die Arbeit auf einem Hof wird sehr ehrlich und manchmal auch zu drastisch und explizit beschrieben.
Und so kommen durch die wechselnden Perspektiven Marias zwei Leben, ihr vergangenes und ihr heutiges, zusammen und führen zu der Erkenntnis dass es nicht schlimm ist gewisse Lebensentscheidungen zu überdenken und gegebenenfalls auch zu korrigieren.

Es passiert nicht wahnsinnig viel in der Geschichte, ich hätte mir an manchen Stellen mehr Entwicklung und mehr Plot gewünscht. Dennoch ist "Mühlensommer" ein atmosphärischer Roman der es schafft, die Stimmung des Landlebens beim Lesen toll zu transportieren.

Bewertung vom 26.06.2024
Funny Story
Henry, Emily

Funny Story


sehr gut

Tolle Sommerlektüre

Funny Story von Emily Henry, übersetzt von Katharina Naumann und Silke Jellinghaus

Inhalt: Als Daphnes Verlobter Peter sie für seine beste Freundin Petra verlässt muss Daphne sich entscheiden: bleibt sie an dem Ort an den sie eigentlich nur für Peter gezogen ist oder packt sie ihre Koffer und wagt irgendwo noch einmal einen Neuanfang? Anfangs gibt es für sie nur einen guten Grund noch eine Weile zu bleiben, doch als sie aus einer Laune heraus Petras Ex Freund Miles als ihren neuen Partner ausgibt nimmt die Geschichte einen ganz anderen Verlauf als geplant.

Wer schon einmal ein Buch von Emily Henry gelesen hat weiss was sie am besten kann: sie kreiert extrem sympathische Hauptcharaktere und lässt sie witzige, humorvolle und chaotische Geschichten erleben die trotzdem Tiefgang haben da auch ernste Themen zur Sprache kommen ohne bedrückend zu sein.
Und das gelingt ihr in Funny Story wieder sehr gut. Ich habe Daphne und Miles direkt ins Herz geschlossen und auch die Nebencharaktere sind so liebevoll gezeichnet und machen eine nachvollziehbare Entwicklung durch dass es Spaß gemacht hat zu lesen. Themen wie Freundschaften schließen im Erwachsenenalter, Prägungen in der Kindheit oder schwierige Eltern/Kind Verhältnisse werden sensibel behandelt.
Besonders toll fand ich die Tatsache dass Daphne Kinderbibliothekarin ist und ihre Liebe zu Büchern und zum Lesen immer wieder zur Sprache kommt.
An manchen Stellen ist es cheesy und vorhersehbar oder zu gewollt konstruiert aber das hat meinem Lesespaß keinen Abbruch getan. Funny Story ist ein leichter Sommerroman der mich nach der letzten Seite sehr happy zurückgelassen hat

Bewertung vom 17.06.2024
Leute von früher
Höller, Kristin

Leute von früher


sehr gut

Leute von früher erzählt die Geschichte von Marlene die mit Anfang 20 ihr Studium beendet hat und nun auf der Nordseeinsel Strand einen Nebenjob beginnt. Dieser Job führt sie in ein künstlich angelegtes Dorf in dem das Leben "wie früher", umnca. 1900, nachgestellt wirf. Je länger sie dort arbeitet desto tiefer gerät sie rein in dieses Leben das eigentlich ja gar nicht echtbist jedoch immer realer erscheint. Und dann lernt sie noch Janne kennen mit der sie bald eine gabnz besondere Beziehung verbindet.

Zu Marlene einen Bezug aufzubauen fiel mir schwer denn sie wirkt sehr distanziert und nüchtern. Genauso wie die Lesenden hält sie die Menschen in ihrem Leben auf Distanz. Bis auf Janne, die sie näher an sich heran lässt. Und ab da wurde es etwas einfacher Marlenes Verhalten und ihre Gedanken zu verstehen.

Trotzdem wirkt sie als Erzählerin recht unzuverlässig, für mich führten nicht alle losen Enden zusammen und manches hing vage in der Luft. Das kann auch einen gewissen Reiz haben, ich hatte aber immer wieder sehr viele Fragezeichen wodurch mir die Geschichte nicht rund genug war. Alles in allem mochte ich Leute von früher irgendwie gerne, es herrscht beim Lesen eine ganz besondere Atmosphäre die sich durch das ganze Buch zieht.

Bewertung vom 17.06.2024
That Girl
Santos de Lima, Gabriella

That Girl


sehr gut

Schöner Schein

Tess ist 25 und ein typisches That Girl: sie verkörpert den Stereotyp der erfolgreichen Frau indem sie gut gelaunt morgens um 6 Uhr aufsteht, ihr Workout macht, sich einen grünen Smoothie mixt, in ihr Journal schreibt und Selbstliebe predigt. All das teilt sie mit ihren tausenden Followern und hat ein Buch darüber geschrieben. Jedoch ist das nur der schöne Schein denn Tess wird dabei immer wieder von ordentlichen Selbstzweifeln geplagt. Sie weiss, was andere von ihr erwarten und tut alles um zu gefallen. Gleichzeitig ärgert sie sich darüber dass sie sich in so vielen Situationen nicht selber treu bleiben kann.
Dann taut Leo auf der Bildfläche auf der den Typ Mann verkörpert, an den Tess eigentlich schon nicht mehr geglaubt hat.

Auch wenn es in That Girl viel um Dating und Tinder und potentielles Boyfriend Material geht ist es dennoch nicht oberflächlich und keine Liebesgeschichte. Denn im Vordergrund stehen eher Selbstliebe, Selbstfindung und Freundschaft. Alle Protagonistin*innen, vor allem Tess und Cora, machen eine nachvollziehbare Entwicklung durch, ohne dass es am Ende unrealistisch wirkt.

Auch wenn man als Leser*in die 20er schon länger hinter sich und mit social media wenig am Hut hat kann man dieses Buch sehr gut lesen. Auch ich habe mich so oft in einer der Figuren wiedererkannt. Wie Tess trotz besseren Wissens handelt um zu gefallen tat oft beim lesen weh und ich wollte sie so oft schütteln und dachte gleichzeitig wie sehr mir so ein Verhalten bekannt vorkommt.
Neben dem sehr angenehmen und lockeren Schreibstil ist es eine große Stärke von Santos, nachvollziehbar zu erzählen wie sehr Tess in manchen Situationen nicht aus ihrer Haut kann obwohl ihr Bauchgefühl etwas anderes sagt. Denn wir alle kennen wahrscheinlich Situationen in denen man emotional zu sehr involviert ist und deshalb nicht rational entscheiden kann.

Ich hab That Girl sehr gerne gelesen und würde es allen empfehlen die sich manchmal verloren fühlen.

Bewertung vom 06.06.2024
Sorry not sorry
Landsteiner, Anika

Sorry not sorry


ausgezeichnet

Ein sehr persönliches Werk

"Doch nichts empfinde ich als mutiger als die Verletzlichkeit. Denn sie kann Türen öffnen, welche die Scham verschlossen hat."

Anika Lansteiner hat mit "Sorry Not Sorry" ein sehr persönliches Buch geschrieben. In 10 kurzen Kapiteln schreibt sie über Scham in allen Facetten aus ihrer Sicht einer weißen cis Frau.
Ihre ganz eigene Geschichte und ihre eigenen Erfahrungen kombiniert sie mit immer wieder mit Zahlen, Daten, Fakten und legt dabei den Fokus auf Körper, Identität und Status.

Ich habe beim Lesen des Buches immer wieder zustimmend genickt, erstaunt den Kopf geschüttelt, war erschrocken, verwundert, verunsichert, habe mich wiedererkannt, war am Ende des Buches dankbar und habe mich sehr verstanden und gesehen gefühlt.

Auch wenn die Tatsache an sich mich leider nicht überrascht hat war ich doch erschrocken über des Ausmaß der Dinge und Situationen für die FLINTA* sich heute noch immer so häufig schämen, wie tief diese Scham in unserer Sozialisierung verankert ist und wie sehr das Patriarchat dieses Verhalten noch immer fördert. Über Generationen tragen wir Traumata mit uns die nur durchbrochen werden können wenn wir bereit sind uns verletzlich zu zeigen.

Während sich vor allem Frauen so oft mit dem Gefühl der Scham am liebsten nicht auseinandersetzen möchten nimmt Annika Landsteiner in ihrem Buch dieses brennende und unangenehme Gefühl komplett auseinander bis es in seine Einzelteile zerfällt und fast nur noch Verständnis, Empathie und Akzeptanz bleibt.
Damit dies gelingen kann braucht es Zeit und Mut das Schweigen zu brechen, sich zu öffnen und einander zuzuhören.

Große Leseempfehlung für alle die sich mit Scham, Weiblichkeit und der Macht des Patriarchats auseinander setzen wollen. Und für alle, die dies nicht wollen, erst recht!

Bewertung vom 31.05.2024
Happy Hour
Granados, Marlowe

Happy Hour


weniger gut

Die beide Freundinnen Isa und Gala, beide Anfang Zwanzig, zieht es von London nach New York. Sie versprechen sich Glamour, Party und viele kostenlose Annehmlichkeiten, spendiert durch reiche Menschen die sie im Nachtleben kennenlernen und die ihnen den Lebensstil ermöglichen den sie sich selbst gar nicht leisten könnten. Sie mieten sich eine viel zu teure Wohnung und halten sich mit Gelegenheitsjobs und Flohmarktverkäufen über Wasser.

Der Klappentext klang vielversprechend. Wie kommen junge Menschen in der Großstadt zurecht, wie suchen und finden sie ihren Platz im Leben? Und dazu hoffentlich New York Vibes auf jeder Seite.
Leider traf für mich nichts davon zu. Die Geschichte kratzt so sehr an der Oberfläche dass es mich schnell gelangweilt hat. Isa und Gala feiern, schnorren sich durch und fragen sich ständig wie es weitergeht sobald die aktuelle Bekanntschaft aus irgendwelchen Gründen nicht mehr profitabel ist. Dazwischen wird immer wieder deutlich dass auch die Freundinnenschaft der beiden gar nicht echt sondern eher eine Zweckgemeinschaft ist.
Entwicklung macht leider keine der beiden durch und zwischen Mai und August, der Zeitrahmen in dem die Geschichte spielt, geht es repetitiv ausschließlich um darum, den Tag zwischen zwei Partys zu überstehen.
Themen hätte es genug gegeben, es kommt z.B. Rassismus zur Sprache und Isas schwierige Familiengeschichte. Aber all das wird schnell von der nächsten Party verschluckt bevor es richtig aufgearbeitet werden kann.

Mir hat bei dem Buch leider das versprochene Drama, der Charme und ein roter Faden gefehlt.
Positiv: der Schreibstil bzw. die Übersetzung ins Deutsche von Stefanie Ochel.
Deshalb gibt's nur eine eingeschränkte Leseempfehlung von mir wenn man einen netten Zeitvertreib sucht bei dem man auch mal 10 Seiten gedanklich abschweifen kann und trotzdem nichts verpasst.

Bewertung vom 27.05.2024
Yellowface
Kuang, R. F.

Yellowface


sehr gut

Wer darf welche Geschichte erzählen? Das ist wohl die zentrale Frage in Rebecca Kuangs neuem Buch Yellowface, ins Deutsche übersetzt von Jasmin Humburg.

Athena und June sind beide junge, aufstrebende Schriftstellerinnen. Doch während Athena in der Literaturszene schon einige Erfolge feiern konnte, interessiert sich für Junes Werke bisher niemand so richtig. Als Athena bei einem Unfall stirbt nutzt June die Gelegenheit um deren neues, unveröffentlichtes Manuskript an sich zu nehmen und als ihr eigenes auszugeben. Dadurch verstrickt sie sich in einen Strudel Lügen aus denen es kaum ein Entkommen gibt.

Wem gehört die Geschichte also? Athena, die die Grundidee hatte? Oder June, die sie ausgearbeitet und veröffentlicht hat? Und selbst wenn es ihre eigene wäre, darf sie als weiße Frau überhaupt über chinesische Arbeiter:innen im 1. Weltkrieg schreiben?

Yellowface vereint so viele wichtige und aktuelle Themen. Kulturelle Aneignung, Identität, Rassismus, Copyright, Mobbing in sozialen Medien. Im Vordergrund steht jedoch die Literaturszene und die Vermarktung von Büchern, die teilweise um jeden Preis zu Bestsellern werden sollen und sämtliche negativen Schlagzeilen überstehen müssen. Und da weist Yellowface erschreckende Parallelen zur aktuellen realen Literaturwelt auf.

Yellowface war wohl das Hypebuch das literarischen Frühjahrs um das man kaum herumkam. Ist es den Hype wert? Ich finde schon, wenn auch mit Abzügen in der B Note. Thematisch war es mir irgendwann zu überladen, es geht eher in die Breite als in die Tiefe und bei der Masse an Themen kann nicht jedes angemessen ausgearbeitet werden.
Aber es ist fesselnd, der Erzählstil rasant und es hat einige spannende Plot Twists die mich immer haben weiterlesen lassen. Auch den satirischen Grundton mochte ich sehr und all das hat das Buch für mich zu einem wichtigen und kritischen Werk gemacht.

Bewertung vom 21.05.2024
Hallo, du Schöne
Napolitano, Ann

Hallo, du Schöne


sehr gut

Als William Julia kennenlernt, eine von vier Schwestern, verändert sich dadurch sein Leben. Er selber ist in eher ärmlichen, wenig liebevollen Verhältnissen groß geworden, die Padovano Schwestern wachsen behütet und eng miteinander auf. William ist davon erst einmal etwas überfordert, kann sich bald dieser besonderen Familienkonstellation nicht mehr einziehen und bleibt über Jahre mit der Familie verbunden.

Familiengeschichten, insbesondere Geschwisterbeziehungen, üben schon immer eine ganz besondere Faszination auf mich aus. Vor allem wenn man die Mitglieder über so lange Zeit begleiten darf. In diesem Fall gelingt es Ann Napolitano sehr gut, nur wenige Längen in ihrer Erzählung entstehen zu lassen. Manche Zeitspannen waren mir zu ausführlich erzählt während andere m.M.n wichtigen Erlebnisse in wenigen Sätzen abgehandelt wurden. Das tat dem Sog, den die Familie Padovano auf mich ausgeübt hat, jedoch keinen Abbruch. Durch die lockere Erzähweise und den angenehmen Schreibstil war es leicht der Handlung zu folgen. Thematisch war eher schwere Kost dabei. Suizid, Depressionen, Schicksalsschläge werden behandelt und verarbeitet und so tragisch die Geschichte auch ist, so authentisch ist sie auch. Denn sie beschreibt das Leben in allen Facetten und stellt die besondere Bedeutung von Familie und deren Werten und die Bereitschaft, einander beizustehen, in den Vordergrund.
Trotz einiger Längen war Hallo, du Schöne eine großartige, fast schon epische Familiengeschichte bei der ich mitgefiebert und -gelitten habe und am Ende traurig war mich von den Charakteren verabschieden zu müssen.

Übersetzt von Werner Löcher-Lawrence