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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1361 Bewertungen
Bewertung vom 22.12.2024
Wer mit den Wölfen heult / Die Canterbury-Fälle Bd.2
Duncan, Tessa

Wer mit den Wölfen heult / Die Canterbury-Fälle Bd.2


ausgezeichnet

Die Stärke des Wolfs ist das Rudel, die Stärke des Rudels ist der Wolf.
2019 Dover. Als die Polizei zu einem Banküberfall gerufen wird, schießt ausgerechnet Police Sergeant Martin Gordon absichtlich während des Einsatzes auf seinen Kollegen Clark Jarrett. Fast sieht es so aus, als wäre die Tat vorprogrammiert, denn zwischen den beiden Männern gibt es einiges an Konfliktpotential. Therapeutin Lily Brown hat einen schweren Job vor sich, denn sie soll ein psychologisches Gutachten über Martin Gordon und dessen Diensttauglichkeit erstellen, wobei dieser sich allerdings sehr zugeknöpft gibt. Kurze Zeit später begeht Gordon spektakulär Selbstmord und stellt Lily vor eine große Herausforderung, denn sie soll die Gründe für seinen Freitod herausfinden. Mit ihren Nachforschungen kommt sie einigen Dingen auf die Spur, die bisher verschleiert wurden…
Tessa Duncan alias Marita Spang hat mit „Wer mit den Wölfen heult“ den zweiten Band ihrer Psychothriller-Reihe „Die Canterbury-Fälle“ rund um die Psychologin Lily Brown vorgelegt, der dem Vorgänger an Spannung und Unterhaltung in nichts nachsteht und den Leser wieder in einen grandiosen fesselnden Fall verwickelt, der echten Verbrechen zugrunde liegt. Der flüssige, bildhafte und packende Erzählstil wickelt den Leser schon mit einem atemberaubenden Prolog ein, so dass dieser das Buch kaum aus der Hand legen kann. Anhand wechselnder Perspektiven lernt der Leser in dem neuen Fall nicht nur die Gedankenwelt und Sichtweise von Lily kennen, sondern darf auch Martin Gordon in den Kopf schauen. Während Lily versucht, Martins Handlungsweise zu verstehen und den Gründen dafür auf die Spur zu kommen, merkt man Martin nicht nur seine Zerrissenheit deutlich an, sondern wartet gespannt darauf, was sich hinter seiner Verschwiegenheit wirklich verbirgt. Sein Tod spornt Lily erst recht an, tiefer zu graben und so unglaubliche Machenschaften aufzudecken, die neben Mobbing und sexueller Übergriffigkeit gegenüber Frauen auch das Phänomen der Gruppendynamik sehr gut beschreiben. Nebenbei hat Lily noch eine schwangere Patientin, die ihr ebenfalls einiges abverlangt. Zusätzlich ist es die Beziehung zu ihrem verheirateten Freund Dan, der ihr Privatleben immer wieder einer Achterbahn gleichen lässt. Der Spannungsbogen wird schon im Prolog relativ hoch gelegt, flacht dann erst etwas ab, um sich dann jedoch immer mehr zu steigern. Der Leser durchläuft nicht nur das gesamte Gefühlsbarometer, sondern klebt aufgrund der Sogwirkung der Handlung regelrecht an den Seiten, damit ihm keine Kleinigkeit entgeht und er eigene Spekulationen zur Lösung des Falles zu entwickeln. Spang alias Duncan hat ein wunderbares Händchen dafür, ihre Leser durchweg bei der Stange zu halten.
Die Charaktere wurden lebendig und lebensnah erschaffen und in Szene gesetzt, der Leser kann seine Sympathien gerecht verteilen und sich an ihre Fersen heften, um das Geschehen hautnah mitzuerleben. Lily Brown ist fast zu gut für diese Welt, sie besitzt ein großes Maß an Empathie und Einfühlungsvermögen, dazu besitzt sie einen messerscharfen Verstand und lässt sich so schnell nichts vormachen. Im Privatleben verlässt sie allerdings ihre Menschenkenntnis, denn mit Freund Dan hat sie sich ein echtes Ei ins Nest gelegt. Der denkt ausschließlich an sich und hat es sich gemütlich eingerichtet mit Freundin und Ehefrau. Praxiskollege Matt ist ein feiner Kerl, der zwar schwerkrank, doch immer eine Anlaufstelle und guter Freund für Lily ist. Martin Gordon ist ein aufrechter Mann, der einiges durchlebt hat und irgendwann keinen Ausweg mehr sieht. Und Lilys Kater Mick weiß ganz genau, wie er seine Karten ausspielt, er ist ein richtiger Filou!
„Wer mit den Wölfen heult“ beschreibt nicht nur exakt die Rudelbildung, um die es in diesem Roman zum Teil geht. Duncan hat einen gut strukturierten, wunderbar packenden Psychothriller vorgelegt, der dem Leser spannende Lesestunden beschert und mit Lily Brown eine Protagonistin an die Seite stellt, die nicht nur nahbar, sondern auch sehr intelligent an die zu lösenden Fälle herangeht. Absolute Leseempfehlung für tollen Nervenkitzel – Prädikat besonders lesenswert!!!!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.12.2024
Endlich das ganze Leben
Recchia, Roberta

Endlich das ganze Leben


ausgezeichnet

Die Summe unseres Lebens sind die Stunden, in denen wir geliebt haben. - Wilhelm Busch
50er bis 80er Jahre Italien. Marisa Ansaldo wächst in einem behüteten Umfeld auf, ihre Familie führt einen kleinen gutgehenden Feinkostladen. Als Marisa ungewollt schwanger und vom Vater des Kindes sitzengelassen wird, muss schnell ein geeigneter Ehemann her, der im Lieferanten Stelvio gefunden wird, welcher insgeheim in Marisa verliebt ist und sie fortan auf Händen trägt. Stelvio und Marisa übernehmen schon bald den Familienladen und bekommen neben Tochter Betta auch noch einen Sohn. Das Familienglück endet jäh, als eines Sommers die 16-jährige Betta nachts mit ihrer Cousine Miriam an den Strand schleicht und es dort zu einem furchtbaren Verbrechen kommt. Danach ist Betta tot, während Miriam alles in sich hineinfrisst und sich selbst für die Tragödie bestraft, indem sie sich völlig zurückzieht. Die polizeilichen Ermittlungen verlaufen im Sande, Marisa und Stelvio stehen vor den Scherben ihres Lebens. Doch dann begegnet Miriam zufällig dem Drogendealer Leo, der das Leben aller verändern wird…
Roberta Reccia hat mit „Endlich das ganze Leben“ eine eindrucksvolle, fesselnde Familiengeschichte vorgelegt, die den Leser nicht nur durch eine Achterbahn der Gefühle jagt, sondern auch die damalige Zeit mit all ihren Facetten wiederspiegelt. Der flüssige, bildhafte und empathische Erzählstil saugt den Leser direkt hinein in die Handlung, wo dieser sich als unsichtbarer Gast bei den Ansaldos einnistet und von dort alles hautnah miterleben darf. Schnell schleicht sich die Familie in das Leserherz, vor allem Marisa und Stevio mit ihrer erst ungewollt arrangierten Heirat, aus der schon bald eine wirkliche Liebe wird und deren gemeinsames Leben von gegenseitigem Respekt und Harmonie geprägt ist. Alles scheint wunderbar, bis der Feriensommer am Meer ihnen die geliebte Tochter Betta auf furchtbare Weise entreißt. Die Autorin versteht es meisterhaft, die Protagonisten die Tat auf unterschiedliche Art verarbeiten zu lassen. Während Marisa sich von allem zurückzieht und die Wohnung zu ihrer Höhle macht, stürzt sich Stevio in die Arbeit und findet Trost in der abendlichen Flasche Wein. Miriam allerdings schottet sich innerlich ab, landet bei einem schlechten Arzt, um am Ende das Vergessen in Drogen zu suchen. Als sie Leo begegnet, ist es ausgerechnet er, der sich gemeinsam mit seiner Schwester Corallina um sie kümmert, während ihre eigenen Eltern egoistisch ihre Karrieren verfolgen und das Leid ihrer Tochter gar nicht bemerken. Die Geschichte hat durch die zwischenmenschlichen Beziehungen und ihre Verknüpfung miteinander eine solche Sogwirkung, dass der Leser das Buch kaum aus der Hand legen kann.
Die Protagonisten sind wunderbar lebensnah und glaubwürdig gestaltet, der Leser fühlt sich ihnen schnell verbunden und verfolgt ihre Handlungen auf Schritt und Tritt. Marisa ist eine liebenswerte Frau, die die Familie zusammenhält. Stevio ist ein wahrer Schatz, der seine Familie beschützt und liebt. Miriam ist eine arme Seele, die keinen Rückhalt in ihrer Familie hat und auf sich allein gestellt ist. Leo ist zwar ein Filou, aber er besitzt Anstand und Herz, vor allem aber Mitgefühl. Corallina ist der heimliche Star der Geschichte, denn ohne sie wäre vieles nicht ans Tageslicht gekommen.
„Endlich das ganze Leben“ umfasst Familiengeschichte, Tragödie, Hilflosigkeit, Liebe, Sehnsucht und Hoffnung in einer wunderbaren wirklichkeitsnahen Art wie im wahren Leben. Reccia hat mit ihrem Debütroman Großartiges geleistet, denn sie bannt den Leser an die Seiten und lässt ihn mit ihren Protagonisten durch die Hölle gehen, um zum Schluss doch noch das Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Meisterlich erzählt und ein wahres Lesehighlight, absolute Empfehlung – Chapeau!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.09.2024
Herbstglühen am Liliensee
Büchle, Elisabeth

Herbstglühen am Liliensee


ausgezeichnet

Ein jeder ist so viel wert, wie die Dinge wert sind, um die es ihm ernst ist. – Marc Aurel
1966 Schwarzwald. Nachdem Bärbel Stein ihr Studium und ihre Ausbildung zur Lehrerin absolviert hat, kehrt sie an ihren Heimatort Vierbrücken am Liliensee zurück, um dort die Kinder in Dorfschule zu unterrichten. Schon bald begegnet sie ihrer alten Jugendliebe Ralf Vogel wieder, der als Tierarzt ebenfalls in die Heimat zurückgekehrt ist. Bärbel trägt eine alte Last aus der Vergangenheit herum, die sie nicht nur äußerlich gezeichnet hat, sondern auch innerlich so unsicher hat werden lassen, dass sie kaum wirkliche Freude beim Unterrichten empfindet aus Angst, dass den Kindern irgendetwas zustoßen könnte. Schon bei einem Schulausflug rettet Ralf sie unwissend vor einer heimlichen Panikattacke. Doch als ein großes Unwetter Vierbrücken und Umgebung völlig überschwemmt, sieht sich Bärbel auf einmal allein mit Ralf in der ungemütlichen Natur, wo zwischen den beiden einige Dinge aus der Vergangenheit zur Sprache kommen und auch die alten Gefühle wieder Oberhand zu gewinnen scheinen. Kann und vor allem will Bärbel sich wirklich dagegen wehren?
Elisabeth Büchle hat mit „Herbstglühen am Liliensee“ den vierten und leider letzten Band ihrer Liliensee-Jahreszeiten-Reihe vorgelegt, der ebenso wie seine Vorgänger mit viel Tiefgang und großen Gefühlen sowie zauberhaften Charakteren für wunderbare Unterhaltung sorgt. Der flüssige, farbenfrohe, gefühlvolle Erzählstil mit feinem Humor lädt den Leser in den kleinen Ort Vierbrücken zu Mitte des letzten Jahrhunderts ein, wo er sich unter bereits liebgewonnenen Protagonisten wiederfindet und nun intensiver in das Leben von Bärbel und Ralf eintaucht. Die Autorin versteht es hervorragend, die Örtlichkeiten lebhaft und farbenprächtig zu beschreiben, so dass der Leser alles regelrecht vor Augen sieht, während er Bärbels Neustart in ihrer Heimat ebenso hautnah miterlebt wie ihre innere Gedanken- und Gefühlswelt und ihre Unsicherheit. Schon in der Jugend war Bärbel in Ralf heimlich verliebt, doch nun als Lehrerin, die zur damaligen Zeit unverheiratet sein musste, bringt die Begegnung sie in einen zusätzlichen Zwiespalt. Nicht nur alte Erinnerungen und Gefühle drängen an die Oberfläche, auch ihre übervorsichtige Art, jegliches Unglück vermeiden zu wollen, lässt Bärbels Nervenkostüm dünn werden. Ralf liest in Bärbel wie in einem Buch und versucht auf jegliche Art und Weise, ihr Mut zuzusprechen. Gleich einem geschlossenen Kokon wirkt die Dorfgemeinschaft, die alle irgendwie miteinander verbunden sind und den Leser einfach mit aufnehmen. Großartig die Kuppeleiversuche von Charlotte, die Schwiegervater Johann gern unter die Haube bringen würde, dieser aber den Spieß umdreht und dadurch Charlotte in die Bredouille bringt. Der christliche Aspekt ist unaufdringlich mit der Handlung verbunden und sendet die Botschaft, jeder ein Geschöpf Gottes ist, das in seiner Art wertvoll ist.
Die Charaktere sind liebenswert und glaubwürdig gezeichnet und in Szene gesetzt. Der Leser fühlt sich unter ihnen sofort wohl und folgt ihnen nur zu gern. Bärbel ist eine freundliche, herzensgute Frau, die in ihrer Lehrtätigkeit aufgeht und über die ihr anvertrauten Kinder wie eine Glucke wacht. Ihre innere Zerrissenheit rührt nicht nur von ihrem versehrten Gesicht, sondern auch von Unsicherheit vor den Gefahren des Lebens. Ihre Entwicklung während der Geschichte ist wunderschön zu beobachten. Ralf ist ein selbstbewusster, empathischer Mann, der hinter die Fassade blickt und einfühlsam Mut zuspricht. Opa Johann ist ein Spaßvogel der besonderen Art, während Schwiegertochter Charlotte fast schon etwas übergriffig wirkt, obwohl sie es nur gut meint. Aber auch die anderen Protagonisten stützen mit ihren Handlungen den Wohlfühlcharakter der Geschichte.
„Herbstglühen am Liliensee“ isst eine wunderbar tiefgründige Geschichte über Ängste, Sorgen, Hoffnungen und Neuanfang. Auch die Romantik sowie ein feinsinniger Humor kommen nicht zu kurz, so dass den Leser ein zauberhaftes Leseerlebnis erwartet, dass ihn wie eine warme Kuscheldecke umhüllt und ihn mitten ins Herz trifft. Absolute Empfehlung für ein echtes Lesehighlight!

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.09.2024
Schwestern im Geiste / Das Pensionat an der Mosel Bd.2
Pierre, Marie

Schwestern im Geiste / Das Pensionat an der Mosel Bd.2


ausgezeichnet

Das Leben ist turbulent, aber immer aussichtsreich. - Unbekannt
1911 Diedenhofen. Die turbulenten Ereignisse der vergangenen Monate haben dafür gesorgt, dass sich Pensionatsleiterin Pauline Martin und Hauptmann Erich von Pliesnitz angefreundet haben und sie durch ihn Rückhalt und Unterstützung bekommt. Zudem hat sie die irische Lehrerin Rhona O’Meally eingestellt, die die Schülerinnen neben Englischunterricht auch mit Informationen über ihr Heimatland versorgt und sich schnell großer Beliebtheit erfreut. Doch kaum hat sich ein normaler Tagesablauf eingependelt, kommt es im Pensionat nicht nur zu antisemitischen Äußerungen zwischen Schülerinnen, sondern auch zu Diebstählen. Dann wird eine preußische Kaserne mit Schmierereien versehen, was Wachtmeister Schrotherr auf den Plan ruft, der das Pensionat sowieso auf dem Kieker hat. Das ruft wiederum Hauptmann von Pliesnitz auf den Plan, aber auch Gärtner Vincent springt Pauline bei. Und dann ist da noch Rhona, die ein Geheimnis zu haben scheint…
Marie Pierre alias Marie W. Peter hat mit „Schwestern im Geiste“ den zweiten Teil ihrer Pensionatstrilogie vorgelegt, der dem ersten in punkto Unterhaltung, historischem Hintergrund, spannender Handlung sowie wundervollen Charakteren in nichts nachsteht. Der flüssige, bildhafte und fesselnde Erzählstil beamt den Leser sofort zurück ins 20. Jahrhundert, wo er sich im Pensionat unter die Schülerinnen mischt und immer wieder an der Seite von Pauline landet, um deren Handeln genau zu verfolgen. Pauline atmet nach den letzten Ereignissen auf, doch ihr bleibt nur eine kurze Verschnaufpause, denn nicht nur die neue irische Lehrerin bringt neuen Schwung in den Lehralltag, sondern auch die Schülerinnen unterschiedlicher Herkunft und Religion tragen so manchen Disput auf die Spitze. Sowohl Diebstähle im Pensionat als auch Schmierereien an einer preußischen Kaserne bringen die Polizei ins Haus, so dass Hilfe von Seiten Hauptmann von Pliesnitz von Nöten ist. Pauine hat alle Hände voll zu tun, um ihre Schülerinnen, vor allem Charlotte, zur Raison und gleichzeitig die aufwallenden Gefühle für den Hauptmann unter Kontrolle zu bringen. Die Autorin hat den historischen Hintergrund akribisch recherchiert und verknüpft die gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten wunderbar mit den Geschehnissen rund um die Schule für höhere Töchter. Dabei lüftet sie gekonnt nach und nach das Geheimnis um Rhona. Dem Leser rinnen die Seiten nur so durch die Finger bei dieser durchweg spannenden Handlung, die ihm ein tolles Kopfkino beschert.
Die Charaktere sind lebendig in Szene gesetzt und glaubwürdig mit menschlichen Ecken und Kanten versehen. Der Leser klebt regelrecht an ihren Fersen, um nichts zu verpassen. Pauline ist eine engagierte Frau, die sich durchzusetzen weiß. Sie liebt ihre Arbeit, behält auch bei schwierigen Situationen die Contenance und hat ein gutes Gespür für Menschen. Hauptmann von Pliesnitz ist ein wirklicher Freund und Vertrauter, der zwar mit preußischer Gründlichkeit vorgeht, sich aber nicht aus der Ruhe bringen lässt. Rhona kann die Schülerinnen zwar begeistern, jedoch wirkt sie oftmals düster und radikal, wenn nicht sogar unehrlich. Polizist Schrotherr ist ein unangenehmer Wichtigtuer, der sehr auf seiner Meinung beharrt. Charlotte ist eine Teufelin, die anderen das Leben zur Hölle macht, damit sie sich besser fühlt. Aber auch Vincent, Esther sowie weitere Protagonisten tragen zur Lebhaftigkeit der Handlung bei.
Mit „Schwestern im Geiste“ ist eine wunderbare Fortsetzung gelungen. Den Leser erwartet eine spannende und atmosphärisch-dichte Handlung vor historischem Hintergrund. Starke Protagonisten schleichen sich schnell ins Leserherz, während dieser mit einem fesselnden Kopfkino bei der Lektüre zusätzlich belohnt wird. Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner der Extraklasse, einfach toll!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.09.2024
Im Warten sind wir wundervoll
Inden, Charlotte

Im Warten sind wir wundervoll


weniger gut

Seichter Groschenroman
Studentin Luise Adler landet 1948 in New York, um dort den amerikanischen GI Joseph Hunter zu heiraten, doch bleibt sie die einzige, die nicht von ihrem Verlobten am Flughafen abgeholt wird. Als gestrandete und sitzengelassene War Bride wird sie unfreiwillig zum Medienstar. Siebzig Jahre später macht sich ihre Enkelin Elfie ebenfalls auf den Weg nach New York, um dort ihren Verlobten zu überraschen, der dort gerade ein Auslandssemester absolviert. Während des Fluges macht sie Bekanntschaft mit ihrem Sitznachbarn, dem sie in den langen Stunden von dem Schicksal ihrer Großmutter erzählt. Wird es Elfie in New York ebenso ergehen wie ihrer Oma Luise oder entpuppt sich der Sitznachbar als der wahre Schlüssel zum Glück?

Charlotte Inden hat mit „im Warten sind wir wundervoll“ einen unterhaltsamen, aber leider sehr seichten Roman ohne jeglichen Tiefgang vorgelegt, der sich über zwei Zeitebenen erstreckt. Der flüssige Erzählstil weiß den Leser zwar sofort einzufangen, doch täuscht er nicht darüber hinweg, dass die beiden unterschiedlichen Zeitebenen durch fehlende Kennzeichnung immer wieder ineinander verschwimmen und so kein klares Bild entsteht. Luise unterstützt im Nachkriegsdeutschland die Familie als Zeitungsausträgerin für die Amerikaner finanziell und lernt dabei Joseph Hunter kennen und lieben. Als Joseph zurück in die USA beordert wird, kann Luise nicht sofort mit ihm fliegen, sondern muss auf ihr Visum warten, bis sie ihm folgen kann. Doch bei ihrer Ankunft bleibt sie allein auf dem Rollfeld zurück, während alle anderen War Brides von ihren Liebsten abgeholt werden. Das Flughafenpersonal sowie die Presse unterstützt sie bei der Suche nach Jo. All das erzählt ihre Enkelin Elfie, ebenfalls auf dem Weg nach New York, ihrem unbekannten Sitznachbarn. Durch die fehlende Abgrenzung der unterschiedlichen Zeitebenen weiß der Leser nie genau, ob es um Luise oder Elfie geht, denn ihre Geschichten gleichen sich in manchen Phasen zu sehr an. Dabei spart die Autorin nicht mit Klischees und streut jede Menge Zuckerperlen obendrauf. Als Leser hat man die ganze Zeit das Gefühl, die Handlung ebenso wie den Ausgang schon zu kennen, was dem Ganzen völlig die Spannung und den Unterhaltungswert nimmt. Zudem wirkt alles mehr als konstruiert und zusammengebastelt, damit es irgendwie passt.

Die Charaktere sind 08/15 gestaltet und wirken austauschbar. Der Leser wird nur als unsichtbarer Statist engagiert, der das Schicksal von Luise und Elfie verfolgen soll, wobei zu den Protagonisten weder Nähe noch Miterleben aufgebaut wird. Während Luise noch gewissenhaft, hilfsbereit und vor allem zupackend wird, ist ihre Enkelin sehr oberflächlich gestrickt. Elfie vertraut einem völlig Fremden während des Fluges jede Menge Privates an, wirft sich ihm mehr oder weniger regelrecht an den Hals. Das Flughafenpersonal der Vergangenheit waren die einzigen Protagonisten, die der Leser einigermaßen ins Herz schließen konnte.

„Im Warten sind wir wundervoll“ ist ein seichter Roman ohne jeglichen Tiefgang, den man ohne Nachdenken mal nebenbei lesen kann. Obwohl das Thema War Brides sehr interessant ist, wurde hier sehr wenig daraus gemacht. Leider liegt hier die Konzentration auf zwei fast identischen Liebesgeschichten, die ineinander verschwimmen aufgrund der fehlenden Zeitbarrieren. Wer einen Groschenroman lesen möchte, greift zu diesem Buch, ansonsten kann das weg. Keine Empfehlung!

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.09.2024
Sommerfarben in der Stadt der Liebe / Paris und die Liebe Bd.2
Martin, Lily

Sommerfarben in der Stadt der Liebe / Paris und die Liebe Bd.2


ausgezeichnet

Farbe ist meine tägliche Obsession, Freude und Qual. - Claude Monet
Kunststudentin Marie lebt in Paris, der Stadt der Liebe, und konzentriert sich seit langer Zeit im Café Lola nur auf ihre Doktorarbeit über Claude Monet, die von der Fertigstellung noch weit entfernt ist. Doch der Liebe möchte Marie aufgrund der Enttäuschung mit Ex-Freund Antoine keine weitere Chance geben, da ist jede Ablenkung willkommen. Nebenbei arbeitet Marie aushilfsweise als Führerin in der Orangerie, wo sie bei einem Schülerrundgang auf den deutschen Lehrer Jan trifft, mit dem sie augenscheinlich die Liebe zu Monet teilt. Als sie Jan aus der Misere hilft, schlägt er ihr als Dankeschön einen Ausflug zu Monets Wohnhaus in der Normandie vor. Was Marie nicht weiß: auch Jan hat eine Enttäuschung hinter sich und wagt kaum, die Liebe wieder in sein Leben zu lassen. Während des Ausflugs nach Giverny öffnen sich behutsam die Herzen von Jan und Marie, die Funken zwischen den beiden springen hin und her. Doch kaum zurück in Paris, steht Maries Ex Antoine auf der Matte und will zu ihr zurückkehren. Wie wird Marie sich entscheiden?
Lily Martin hat mit „Sommerfarben in der Stadt der Liebe“ den zweiten Band ihrer wunderschönen Paris-Reihe vorgelegt, der dem ersten Roman in punkto liebenswerten französischen Savoir vivre, Romantik, Herzschmerz und feingezeichneten Charakteren in nichts nachsteht. Der flüssig-leichte, atmosphärische und farbenfrohe Erzählstil lädt den Leser in die eindrucksvolle französische Metropole Paris ein, wo Liebe neben Tragik anscheinend immer in der Luft liegt. Als unsichtbarer Schatten mischt der Leser sich unter die Protagonisten, wobei er seine Aufmerksamkeit vor allem auf Marie und Jan richtet, deren Gedanken- und Gefühlswelt in sich aufsaugt und ihr Schicksal nur zu gern verfolgt. Einsame enttäuschte Herzen pochen in Marie und Jan, doch während er sich als Lehrer mit seinen Schülern umgibt, muss sich die eher schüchterne Marie unter die Leute zwingen. Am liebsten sitzt sie im Café Lola von Nachbarn umgeben und feilt an ihrer Doktorarbeit, die nicht fertig werden will, da der zündende Gedanke fehlt. Jan macht derweil mit seinen Schülern Paris unsicher und teilt sein Wissen über die französische Lebensart, da er schon einmal in Frankreich gelebt hat. Das Aufeinanderprallen von Jan und Marie ist zufällig, doch schicksalshaft, denn beide teilen die Liebe zur Kunst und Monet. Die Verletzlichkeit der beiden wird immer wieder durch kleine Rückzieher deutlich, wo sie sich wieder in ihr Schneckenhaus verkriechen, um dann erneut einen größeren Schritt hinaus zu wagen. Die Autorin versteht es wunderbar, die Gefühle ihrer Protagonisten mit Streifzügen durch das atmosphärische Paris zu verbinden: die Begegnung der beiden vor der Kulisse eines der größten Impressionisten der Welt oder das malerische Giverny für den Ausflug, bei dem die Funken sprühen. Während der Leser die Charaktere nicht aus den Augen lässt, verliebt er sich immer wieder aufs Neue in Paris und schwebt von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt das Gefühlsbarometer rauf und runter.
Die Charaktere sprühen vor Lebendigkeit und nehmen den Leser sofort als Teil von ihnen in die Mitte. Marie ist eine zurückhaltende, eher schüchterne Frau, der es an Entscheidungsfreudigkeit mangelt, innerlich tief verletzt und verunsichert. Gleichzeitig ist sie hilfsbereit, freundlich und lässt ihre Freunde nicht im Stich. Jan ist ein liebenswerter Mann, der seine Schüler auf Augenhöhe behandelt. Auch er ist in Liebesdingen unsicher und wagt sich gerade erst wieder aufs Parkett. Ebenso lassen bereits liebgewonnene Charaktere wie Fabien oder die alternde Operndiva das Leserherz höher schlagen und geben ihm das Gefühl, daheim unter alten Freunden zu sein.
„Sommerfarben in der Stadt der Liebe“ treffen mit liebenswerten Charakteren, Liebeskummer, Romantik und ganz viel französischem Savoir vivre mitten in die Seele des Lesers, der nicht nur eine zauberhafte Auszeit vom Alltag genießen darf, sondern sich auch selbst ein Stück weit in den Protagonisten wiederfindet. Absolute Leseempfehlung – einfach wunderschön!!!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.09.2024
Die Frauen von Maine
Sullivan, J. Courtney

Die Frauen von Maine


sehr gut

Der Friede beginnt im eigenen Haus. – Karl Jaspers
Awadapquit/Maine. Jane Flanagan hat in einem verlassenen viktorianischen Haus direkt auf einer Klippe über dem Meer ihren persönlichen Zufluchtsort gefunden. Mit einer Alkoholikerin als Mutter und einer jüngeren Schwester, die immer im Vordergrund stand, hält sie es daheim kaum aus. Ihr Studium führt sie von Maine an die Universität Harvard, doch 20 Jahre später kehrt sie nach dem Tod ihrer Mutter zurück nach Awadapquit, um nicht nur deren Haus zur räumen, sondern auch Ordnung in die Trümmer ihrer eigenen Existenz zu bringen. Als die jetzige wohlhabende Besitzerin des alten Klippenhauses, Genevieve Richards, Jane bittet, mehr über die Geschichte des Hauses herauszufinden, erkennt Jane bei ihren Nachforschungen, dass diese auch viel mit ihrer eigenen Vergangenheit zu tun haben…
J. Courtney Sullivan hat mit „Die Frauen von Maine“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der neben einer komplizierten Familiengeschichte auch starke Frauen und viel gut recherchierten historischen Hintergrund über die amerikanischen Ureinwohner bietet. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Erzählstil der Autorin nimmt den Leser schnell gefangen und lädt ihn auf eine Reise ein, die ihn neben der Gegenwart auch in die Vergangenheit führt, um die unterschiedlichsten Frauenschicksale kennenzulernen. Janes Kindheit war nicht glücklich, einzig ihr Geheimplatz am Klippenhaus hat ihr eine Atempause gegeben. Das Studium ermöglichte ihr die Flucht aus Maine, doch die Vergangenheit kann man auch nach vielen Jahren einfach nicht abschütteln. Obwohl sie verheiratet ist und einen gutdotierten Job hat, setzt sie mit ihrem Verhalten fast alles aufs Spiel. Die Rückkehr nach Maine soll Atempause sein und gleichzeitig nach dem Tod ihrer Mutter mit der Räumung deren Hauses einen Schlusspunkt setzen. Doch dann kommt es mit der Begegnung von Genevieve alles ganz anders. Sowohl sie als auch Jane sind eng mit dem Klippenhaus verbunden, und die Nachforschungen fördern einiges zutage, was Janes Leben auf den Kopf stellt. Sullivan versteht es hervorragend, ihren Protagonisten sowohl Stärken als auch Schwächen zu verleihen und Historie gekonnt einen Rahmen zu geben. Die Vielfalt der Themen ist gut miteinander verstrickt, allerdings stören die esoterischen Abschweifungen eher und nehmen der Geschichte deutlich einiges an Tiefe. Zudem ist der erste Teil leider sehr langatmig, hier muss der Leser sich wirklich durchkämpfen, etwas Straffung hätte hier gut getan.
Die Charaktere sind glaubwürdig mit menschlichen Ecken und Kanten versehen, so dass sie für den Leser authentisch wirken und diesen auf ihre Fährte locken. Jane ist eine zurückhaltende, intelligente und belesene Frau, die aufgrund ihres familiären Hintergrunds nicht nur mit Unsicherheiten und Einsamkeit zu kämpfen hat, sondern auch extrem misstrauisch geworden ist. Genevieve dagegen weiß genau, was sie will, dabei ist sie weltoffen und nicht so schnell zu verängstigen. Doch das alte Haus „atmet“ in ihren Augen etwas zu sehr und hinterlässt bei ihr ein ungutes Gefühl, dem sie sich gemeinsam mit Jane stellen will.
„Die Frauen von Maine“ vereint starke Protagonistinnen, unterschiedliche Familienschicksale sowie historischen Hintergrund miteinander, wobei viele Themen wie amerikanische Geschichte, Geheimnisse, Verlust und Trauer eingebracht werden. Etwas Straffung und weniger Esoterik hätten der Handlung allerdings gut getan. Verdiente Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.08.2024
Eine Rose, die im Sand erblüht
Peterson, Tracie

Eine Rose, die im Sand erblüht


sehr gut

Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. – Antoine de Saint-Exupery
1911 Kalifornien/New Mexico. Die 25-jährige Isabella Garcia hat einige Zeit bei ihrer Tante in Kalifornien verbracht, wo sie bisher ein sehr angenehmes Leben voller Luxus gefrönt hat. An ihren Eltern lässt sie kein gutes Haar und möchte am liebsten gar nichts mehr mit ihnen zu tun haben. Doch dann äußern ihre Eltern den Wunsch, dass sie in ihr Elternhaus nach New Mexico zurückkehrt, was ihr gar nicht schmeckt. Isabella ist wütend und lässt ihre Eltern ihren Unmut deutlich spüren. Dass sie auch noch Aaron Bailey, einen Mitarbeiter ihres Vaters, als Sicherheitseskorte bekommt, ist für sie kaum zu ertragen. Erst in New Mexico erfährt Isabella den Grund für ihre gewünschte Anwesenheit sowie die von ihren Eltern getroffenen Entscheidungen für die Zukunft. Wie wird Isabella damit umgehen?
Tracie Peterson hat mit „Eine Rose, die im Sand erblüht“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der den Leser ins vergangene Jahrhundert entführt, wo er auf eine junge Frau trifft, die während der Handlung einige Veränderungen durchleben wird. Isabella lebte die letzten Jahre von ihren Eltern getrennt bei ihrer Tante in Kalifornien und hat bisher nie den Grund dafür erfahren. Aufgrund dessen hat Isabella eine regelrechte Wut ihren Eltern gegenüber entwickelt, während sie ein privilegiertes Leben in Luxus lebte. Ihre arrogante, verwöhnte Art sowie ihre Überheblichkeit und Boshaftigkeit machen sie nicht zu einer Sympathieträgerin. Die Rückkehr Isabellas nach Silver Veil/New Mexiko in ihr Elternhaus wird durch ihr schlimmes Verhalten erst einmal zur Qual für alle Beteiligten. Erst die Offenbarung über die Krankheit ihres Vaters Daniel sowie der Grund für die lange Trennung zwischen Eltern und Tochter legen bei Isabella einen Schalter um. Auch Aaron Bailey, der Isabella nach Hause eskortiert hat, verändert mit seinem Wesen das Verhalten von Isabella. Die Autorin versteht es geschickt, ihre Charaktere sowie deren Veränderung wunderbar dazustellen, so dass der Leser durch eine Achterbahn der Gefühle rauscht, während die Seiten durch die Finger fliegen. Zudem gibt es interessante zwischenmenschliche Beziehungen, die durch überraschende Wendungen vor einigen Entscheidungen stehen. Der christliche Aspekt ist sehr schön mit der Handlung verwoben und thematisiert nicht nur das Verzeihen der eigenen Fehler, sondern auch die Veränderung, den Neubeginn und das Vertrauen in Gott bei schwierigen Situationen.
Die Charaktere sind lebendig gezeichnet und bestechen mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften. Der Leser heftet sich sofort an ihre Fersen und wird so manche Überraschung erleben. Isabella ist zu Beginn menschlich kaum zu ertragen. Sie ist arrogant, bösartig, benimmt sich wie Rumpelstilzchen, wenn sie ihren Willen nicht bekommt und verletzt ihre Mitmenschen auf egoistische Weise. Erst der Aufenthalt bei ihren Eltern hält ihr den Spiegel vor und lässt sie ihr unmögliches Verhalten ändern, denn eigentlich ist sie gar nicht so übel. Aaron ist ein gottesfürchtiger, freundlicher und starker Mann. Er nimmt Isabella so, wie sie ist und gerade durch seine angenehme und unbeeindruckte Art dringt er zu ihr durch. Diego ist ein selbstverliebter Egoist. Isabellas Eltern dagegen sind voller Mitgefühl, Wärme und Selbstlosigkeit, so dass man kaum glauben kann, dass die Isabella vom Beginn der Geschichte wirklich ihre Tochter ist.
„Eine Rose, die im Sand erblüht“ ist ein schöner historischer Roman, der mit einer interessanten Familiengeschichte ebenso punkten kann wie mit Spannung, starken Charakteren und tiefgründigen Botschaften. Den Leser erwartet ein tolles Kopfkino! Ein echter Pageturner mit verdienter Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.08.2024
Im Nordwind / Nordwind-Saga Bd.1
Georg, Miriam

Im Nordwind / Nordwind-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Sturm und Wellen geben der See erst Seele und Leben. – Wilhelm von Humboldt
1913 Hamburg. Alice lebt gemeinsam mit Ehemann Henk und Töchterchen Rosa im Arbeiterviertel auf der Uhlenhorst. Da Henk das Geld immer wieder ins Wirtshaus trägt, um sich mit Alkohol zuzudröhnen, ist Alice gezwungen zu arbeiten. Nebenbei muss sie auch noch die ständigen Misshandlungen ihres Ehemannes ertragen und hat ständig Angst, dass er seine Übergriffigkeiten auch auf Rosa ausdehnt. Alice sieht keinen anderen Ausweg, als sich scheiden zu lassen. Auf der Suche nach einem Rechtsbeistand trifft sie auf den gutsituierten, verlobten Anwalt John Reeves, der nebenbei Arme auch pro bono vertritt. Als er von Alice Willen hört, eine Scheidung zu erwirken, weiß er um die Aussichtslosigkeit, doch trotzdem stimmt er zu, ihr zu helfen. Sowohl Alice als auch John begeben sich damit auf einen Drahtseilakt, der für beide größtmögliche Gefahren birgt…
Miriam Georg hat mit „Im Nordwind“ den ersten Teil ihrer historischen Nord-Dilogie vorgelegt, der sowohl mit menschlichen Schicksalen als auch mit einer sehr berührenden, spannenden Handlung durchweg zu fesseln weiß. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Erzählstil der Autorin nimmt den Leser sofort mit ins Hamburg des vergangenen Jahrhunderts, wo er über wechselnde Perspektiven die Gefühls- und Gedankenwelt sowohl von Alice als auch von John kennenlernt. Alice wurde als kleines Kind von ihren Schausteller-Eltern an eine Pastorenfamilie verkauft. Obwohl ihr Leben ab dann in geordneten Bahnen verlief, wurde sie missbraucht, schwanger und musste ihr Kind gegen ihren Wunsch weggeben. Da das Leben sie auch noch mit einem gewalttätigen Ehemann bestraft hat, der sie mit ihrer Tochter in ständiger Angst leben lässt, nimmt sie all ihren Mut zusammen und reicht die Scheidung ein wohlwissend, dass dies zur damaligen Zeit eigentlich unmöglich ist. Aber in John Reeves hat sie jemanden gefunden, der nicht nur von Alice fasziniert ist und schon bald sein Herz an sie verliert, sondern der ihr beisteht und versucht, ihr zu ihrem Recht zu verhelfen, egal wie aussichtslos das Unterfangen erscheint. Die Autorin gelingt es wunderbar, ihren Charakteren Leben einzuhauchen und die zwischenmenschlichen Beziehungen so an den Leser zu bringen, dass dieser ebenso wie die Protagonisten eine Gefühlsachterbahn durchlebt, während er wie gebannt an den Seiten klebt. Der historische Hintergrund sowie die damaligen gesellschaftlichen Gepflogenheiten sind wunderbar mit der Handlung verknüpft und vermitteln dabei ein klares Bild, wie das Leben der Menschen zu jener Zeit geprägt war.
Die Charaktere wurden detailliert ausgestaltet und liebevoll in Szene gesetzt. Mit ihren menschlichen Ecken und Kanten können sie den Leser sofort überzeugen, der sich wie ein Schatten an ihre Fersen heftet, um ihr Schicksal hautnah mitzuverfolgen. Alice besitzt den Mut und die Stärke, die nur Menschen haben, die sich lebenslang durchkämpfen mussten. Sie ist eine liebenswerte Frau, die sich endlich etwas Glück wünscht für sich und ihre Tochter. John dagegen stammt aus einem privilegierten, reichen Elternhaus, besitzt Anstand, Ehre und Gerechtigkeitssinn. Henk ist ein ausgemachter Widerling, der seine Unzulänglichkeit in Alkohol ersäuft und seine Familie drangsaliert. Ebenso bestechen Alice Tochter Rosa und Johns Schwester Blanche mit ihren Handlungen.
„Im Nordwind“ weiß den Leser von der ersten Sekunde an zu fesseln mit einem sehr gelungenen Mix aus menschlichen Schicksalen, einer starken Hauptprotagonistin, Liebe, historischem Hintergrund sowie den damaligen gesellschaftlichen Gepflogenheiten. Absolute Leseempfehlung für einen Roman, der mitten ins Leserherz trifft – einfach wunderbar!

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.08.2024
Letzte Lügen / Georgia Bd.12
Slaughter, Karin

Letzte Lügen / Georgia Bd.12


ausgezeichnet

Mörderische Flitterwochen
Gerichtsmedizinerin Sara Linton und Agent Will Trent sind endlich in den Hafen der Ehe eingefahren und verbringen ihre Flitterwochen in einer einsam in der Natur gelegenen Lodge am Appalachian Trail. Doch ihr Honeymoon ist nach einem abendlichen Seebad beendet, denn sie hören entsetzliche Schreie einer Frau, die Will kurze Zeit später ermordet auffindet. Die Tote war Mercy McAlpine, die Managerin der Lodge-Anlage, sie wurde brutal erstochen. Als dann der Sohn der Ermordeten spurlos verschwindet, nehmen Sara und Will die Ermittlungen auf. Allerdings können sie keine Unterstützung erwarten, da alle Familienmitglieder von Mercy und sogar der örtliche Sheriff nicht gut auf das Mordopfer zu sprechen sind. Sie alle verbergen etwas und haben somit ein Mordmotiv…
Karin Slaughter hat mit „Letzte Lügen“ den zwölften Teil ihrer Georgia-Reihe um Agent Will Trent und die Gerichtsmedizinerin Sara Linton vorgelegt, der den Vorgängern in punkto Spannung und Nervenkitzel in nichts nachsteht. Der flüssige, bildhafte und fesselnde Erzählstil lässt den Leser ab den ersten Zeilen an die Seite von Will und Sara gleiten, wo er nicht nur die wunderschöne Naturkulisse des Appalachian Trails mitgenießen und am Glück des frischgebackenen Ehepaares teilhaben darf, sondern wo ihm bei den markerschütternden Schreien einer Frau die Haare zu Berge stehen und sich Gänsehaut breit macht. Slaughter versteht es auf ganz besondere Art, die Spannung mit jedem Absatz, jedem Wort in die Höhe zu treiben und den Leser mitermitteln zu lassen. Dabei bringt sie aktuelle Themen in ihren Romanen unter wie hier Kindesmissbrauch, Kindheitstraumata sowie menschliche Abgründe, die man sich als Mensch nur schwer vorstellen kann. Gänsehaut wird beim Leser deshalb zum Dauerzustand, während er durch ein Wechselbad der Gefühle jagd bei der Suche nach dem Täter. Will wird bei diesem Fall mit seiner Vergangenheit konfrontiert, kann sich aber auf Saras Unterstützung verlassen. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, weil jeder Verdächtige wohl ein Hühnchen mit der Toten zu rupfen hatte. Zudem erschwert ein Unwetter und fehlendes Internet, dass Will und Sara Unterstützung anfordern können. Das Spannungslevel steigert sich immer weiter, während die Tätersuche sich durch überraschende Wendungen schwierig gestaltet.
Die Charaktere sind glaubhaft und lebendig in Szene gesetzt, besitzen Authentizität und Ausstrahlung, so dass der Leser ihnen gern über die Schulter schaut und den Fall unbedingt mit ihnen gemeinsam so schnell wie möglich lösen will. Sara Linton hat in Will ihren Seelenmenschen gefunden. Als Gerichtsmedizinerin ist sie unnahbar und sehr professionell. Will wirkt durch die Konfrontation mit seiner Vergangenheit etwas angeschlagen, doch wie ein Pitbull verbeißt er sich in die Mordermittlung, um den Täter zur Strecke zu bringen.
„Letzte Lügen“ begeistert mit einer perfiden Handlung, hohem Spannungslevel und allerlei Verwicklungen. Slaughter gelingt es mit diesem Psychothriller erneut, den Leser in einen Sog zu ziehen und das Buch von Anfang bis Ende durchzulesen und damit die Nacht zum Tag zu machen. Absolute Leseempfehlung für Hochspannung pur!

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