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Sternenfisch

Bewertungen

Insgesamt 2 Bewertungen
Bewertung vom 03.02.2025
Die Eigensinnige
Müller, Lucca

Die Eigensinnige


sehr gut

Die Eigensinnige von Lucca Müller ist ein Roman, der sich sehr grob am Leben der Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach orientiert. Die Autorin Lucca Müller fügt allerdings Ereignisse und Begegnungen mit historischen Persönlichkeiten hinzu, die so nicht stattgefunden haben, weist aber in einem Disclaimer am Anfang des Buches darauf hin.

Wir begleiten Marie in drei Abschnitten durch ihr Leben: ihre Jugend vor ihrer Heirat, Jahre der Kinderlosigkeit, Irrungen und Wirrungen bis zu ihrem schriftstellerischen Durchbruch.

Der Roman liest sich leicht und flüssig, die Seiten fliegen nur so dahin. Die geschilderten Handlungen sind durchaus spannend. Insgesamt ist das Buch ein schönes Portrait eines Frauenschicksals in den 1850 – 1880er Jahren, allerdings wird der Name Ebner-Eschenbach als Pull-Factor benutzt, denn viele geschilderten Ereignisse entsprechen nicht den biografischen Wahrheiten. Außerdem wird der schriftstellerischen Tätigkeit viel zu wenig Raum gegeben. Die Prosawerke, die ihren späten Ruhm begründen, werden in den letzten beiden Kapiteln lediglich zusammenfassend erwähnt.

Dessen eingedenk ist der Roman dennoch lesenswert. Einige Schilderungen aus der frühen Jugend Maries oder ihres Ehelebens sind zu Herzen gehend und sehr schön.

Das Cover in seiner Farbigkeit und Lebensfreude ist besonders gelungen.

Leider haben mich historische Ungenauigkeiten doch zu sehr gestört.

Bewertung vom 02.12.2024
May Morrigans mysteriöse Morde
Black, Katherine

May Morrigans mysteriöse Morde


sehr gut

Nichts ist, wie es scheint

Katherine Black „May Morrigans Mysteriöse Morde” aus dem Bastei Lübbe Verlag, veröffentlicht 2024

May ist eine liebenswerte, elegante ältere Dame, die in einem majestätischen Anwesen mit ihrem besten und loyalen Freund Fletcher, einem belesenen pensionierten Professor wohnt. Das Haus befindet sich in dem kuscheligen Dorf Blackheath nicht weit entfernt von London. Doch so ganz beschaulich ist das Leben dort doch nicht: In Mays Umfeld kommen immer mal wieder Dorfbewohner, mit denen May oder ihre Freunde eine Auseinandersetzung hatten, auf mysteriöse Weise ums Leben. Aber das können ja auch Unfälle sein, oder nicht?
Außerdem ist Jessica, eine Schülerin der örtlichen Schule verschwunden. Daniel Fox, ein aufstrebender junger Journalist, vermutet eine Mordserie. May, ihre Freunde und Fox nehmen sich des Falls an - und eine spannende Jagd nach dem Täter beginnt.

„May Morrigans Mysteriöse Morde“ ist Katherine Blacks Debütroman und obwohl er als „cozy crime“ bezeichnet werden kann wegen des gemütlichen Settings, ist er eben doch erfrischend anders und überraschend hintergründig. Eigentlich hat jede Figur eine helle und eine dunkle, verborgene Seite, von der die Dorfbewohner nichts ahnen und in manchem Falle nichts ahnen sollen. Eine schöne Analogie ist der Unterschied zwischen Mays Buchhandlung und ihrer privaten Bibliothek: "Buchhandlung wie Bibliothek waren von May geprägt und offenbarten mehr über sie als ein Porträt. Ihre Bibliothek war geordnet und elegant und wirkte auf Gäste einschüchternd,
aber die Buchhandlung war freundlich und hieß jeden willkommen. Beide bargen ihre jeweils eigenen Geheimnisse und Schätze." (S. 49-50) Auch May hat eine elegante, verbindliche Seite, die sie den Nachbarn präsentiert, und eine verborgene geheimnisvolle Seite, welche sie zu ihrer eigenen Befriedigung auslebt.

Neben der spannenden Handlung ist das Schönste an diesem Roman die wundervolle Schreibweise. Auf der einen Seite fließt die Sprache bildlich und lyrisch dahin, dass ich wirklich ergriffen war; dann wird wieder eine Szene so skurril und komisch beschrieben, typisch englischer Humor halt.
Der Spannungsbogen wird konsequent weiterverfolgt. Während im ersten Drittel die Figuren eingeführt und charakterisiert werde, zieht die Handlung im weiteren Verlauf immer mehr an, am Ende zu sehr. Gut gelöst finde ich, dass jeder der Protagonisten ein Interesse an dem Vermisstenfall hat und seine Talente nutzt, um der Lösung ein Stück näher zu kommen.

Eine Besonderheit ist, dass die angenehm kurzen Kapitel mit Songtiteln überschrieben sind. Ich habe mir nach dem Lesen des Kapitels den dazugehörigen Song angehört und fand, dass dieser der Charakterisierung der jeweiligen Person und der Vertiefung der Handlung gedient hat. So wird Fox, der unerfahrene rothaarige Journalist durch „Little Red Rooster“ von den Stones perfekt charakterisiert. Das hat mir wirklich Spaß gemacht.

Einen Kritikpunkt habe ich wie gesagt: Ich war vom gehetzt wirkenden Finale enttäuscht. Dem Buch hätten ein paar mehr Seiten sehr gut getan, um den Leser mitzunehmen und an der Erarbeitung der Lösung des Falles teilhaben zu lassen.

„May Morrigans Mysteriöse Morde“ bekommt von mir einen Daumen nach oben. Die liebevoll beschriebenen Charaktere sind mir ans Herz gewachsen und ich freue mich schon auf eine Fortsetzung.