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Book Lover
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Berlin / Germany

Bewertungen

Insgesamt 3 Bewertungen
Bewertung vom 02.01.2010
September 11th Families for Peaceful Tomorrows
Potorti, David

September 11th Families for Peaceful Tomorrows


ausgezeichnet

Ein starkes Buch über Menschen, die Mut, Engagement und moralische Überzeugung auszeichnet.

Vereint durch die Trauer um Angehörige, die sie am 11. September verloren haben, sind Menschen aus den gesamten USA, jeglichen Alters und mit unterschiedlichen Lebensläufen zusammengekommen und haben die Organisation "September 11th Families for Peaceful Tomorrows" gegründet.
Als klar wurde, daß Präsident Bush den 11. September dazu benutzen würde, Afghanistan und später auch den Irak zu bombardieren, wollten sich Familienangehörige von Opfern nicht für politische Aktionen der Bush-Administration benutzen lassen. Ihnen war nicht an Rache oder Vergeltung gelegen sondern an Frieden. Sie wollten und wollen den Menschen in Afghanistan und im Irak ein Leid ersparen, das sie durchlitten haben.
Dieses Buch enthält Berichte von Angehörigen, Gedichte, E-Mails und Gästebucheintragungen von der Webseite der Organisation.
Da erfährt man von Anfangsschwierigkeiten - persönlicher und organisatorischer Art - und emotionalen Achterbahnfahrten. Menschen noch in tiefer Trauer engagieren sich politisch und nehmen an Aktionen und Friedensmärschen teil. Sehr eindrucksvoll sind die persönlichen Erfahrungen von "einfachen" Amerikanern bei Reisen nach Afghanistan und in den Irak und ihre Begegnungen mit den Menschen dort. Da findet sich Verständnis über Sprachbarrieren hinweg.
Die Menschen von "September 11th Families for Peaceful Tomorrows" berichten aber auch vom schwierigen Umgang mit den US-Medien (Zeitungen berichten nicht gründlich über das Ziel der Organisation, die Redefreiheit wird eingeschränkt), von Angriffen und Kritik, von Beschimpfungen als "unpatriotisch", "feige" und "naiv". Auch negative E-Mails an die Organisation sind abgedruckt, die man nur mit einem Kopfschütteln lesen kann. Mutig erscheint das und vielleicht auch als "Beweis" und Untermauerung des Rechts auf Redefreiheit, das die Organisation selbst für sich wünscht.
Nach dem Lesen dieses Buches kann man nur Respekt empfinden für engagierte US-Amerikaner, die in Zeiten großen Leids, den Mut aufbrachten, über den Tellerrand zu blicken.
Dies ist ein starkes Buch über Menschen, die Mut, Engagement und moralische Überzeugung auszeichnet.
Ein Buch, das hoffentlich mithilft, dass nicht alle US-Amerikaner "über einen Kamm geschert werden".
Ein Buch, das beweist, dass Menschen gegenüber einer ignoranten und arroganten Administration zwar keinen Krieg verhindern aber doch etwas verändern können.

Bewertung vom 02.01.2010
The Day the World Came to Town
Defede, Jim

The Day the World Came to Town


ausgezeichnet

Als die Welt nach Gander, Neufundland kam - Ein anderes Buch über den 11. September 2001

Dieses Buch handelt zwar auch vom 11. September 2001 erzählt aber eine andere Geschichte.
Als die Vereinigten Staaten ihren Luftraum geschlossen hatten, wurden viele Flugzeuge auf kanadische Flughäfen umgeleitet. 38 Flugzeuge mit 6595 Passagieren landeten in Gander, Neufundland, einer Stadt mit kaum 10.000 Einwohnern.
Was dann passierte erzählt dieses Buch. Wie die Einwohner von Gander ihre Herzen und die Türen ihrer Häuser total Fremden öffneten. Wie sie Gastfreundschaft zeigten und Mitgefühl und Wärme verströmten den Tausenden Reisenden gegenüber, die plötzlich bei ihnen gestrandet waren. Die Menschen in Gander bewiesen Mitmenschlichkeit zu einer Zeit als der Glaube daran von Terroristen erschüttert wurde.
Schulen wurden geschlossen um Platz zu machen für Gäste aus aller Welt. Einwohner brachten Decken und Laken und blieben die Nacht über auf, als die Passagiere endlich die Flugzeuge verlassen durften.
Ortansässige sprachen die "Plane People" an und luden sie zu sich nach Hause ein, zum Essen oder Duschen. Apotheker machten Tausende von Anrufen weltweit, um Rezepte zu überprüfen und verteilten die Medikamente kostenlos. Ladeninhaber gaben Waren aus ihren Lagern an die Menschen, die sie brauchten.
Autor DeFede vermischt in diesem Buch geschickt Tragik und Komik. Die Einwohner von Gander kümmern sich z. B. rund um die Uhr um eine Mutter, deren Sohn Feuerwehrmann in New York ist und vermisst wird. Zwischendurch machen andere Ortansässige mehrere Passagiere zu Ehrenbürgern Neufundlands mit einer sehr alten Zeremonie, in der man u. a. einen Kabeljau küssen und einen Likör, namens Screech, trinken muss. Dieses Buch enthält viele kleine Geschichten, die wundervoll erzählt und verbunden werden. Da wird z. B. von der amerikanischen Familie berichtet, die aus Kasachstan mit ihrer neu adoptierten Tochter kommt und die schnell organisierten Geburtstagsfeiern für Kinder.
Die Schulleiterin der Lewisporte Middle School erlaubt einem Fluggast, der sich um "sein kleines Geschäft" kümmern muss, den Computer in der Schule zu benutzen. Später kommt heraus, dass der Name des Fluggastes Gordon Conway war und das "kleine Geschäft", um das er sich im Computerraum der Schule gekümmert hatte, die Rockefeller Foundation war.

An diesen sechs Tagen nach dem 11. September 2001 sind Freundschaften entstanden. Viele Fluggäste sind nach dem unfreiwilligen Stopp in Gander später zurückgekehrt und haben ihre Wertschätzung den Menschen gegenüber ausgedrückt, die so freundlich und großzügig zu ihnen waren.

Warum gerade Gander - eine kleine Stadt inmitten Neufundlands? Auch diese Frage wird in dem Buch beantwortet: Gander hat einen großen Flugplatz, der während des zweiten Weltkrieges den amerikanischen Militärflugzeugen dazu diente, voll zu tanken bevor sie über den Ozean nach Europa geflogen sind.

"The Day the World came to Town: 9/11 in Gander, Newfoundland" ist ein exzellentes Buch über die wundervollen Einwohner der Stadt Gander, die nach einem der dunkelsten Tage unserer Geschichte, Menschlichkeit und Gastfreundschaft bewiesen.
Ein Buch, das man nur schwer beiseite legen kann, wenn man erst einmal damit begonnen hat.
Bedauerlich, dass es nie in Deutsch erschienen ist.