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Benutzername: 
reimon
Wohnort: 
Vorarlberg

Bewertungen

Insgesamt 25 Bewertungen
Bewertung vom 02.10.2024
Über Leben und Tod
Klenk, Florian

Über Leben und Tod


ausgezeichnet

Makaber und lehrreich

Allein das Zitat „Ich wüsste, wie der perfekte Mord geht, werde mich aber hüten, es jemandem zu verraten“ (Christian Reiter, Gerichtsmediziner) sagt schon fast alles über dieses gelungene Buch.
Klenk und Reiter, ersterer Jurist und Chefredakteur des Wiener „Falter“, sind in Österreich schon für ihren sehr originellen, informativen und manchmal schaurig-schönen Podcast „Klenk+Reiter“ bekannt und beliebt. Dabei geht es um mehr oder weniger spektakuläre und zum Teil auch berühmte Todesfälle, die Reiter im Lauf seines Berufslebens aufklären konnte. Im Buch erfährt man auch einiges über den Werdegang, die Sicht aufs Leben und das breit gefächerte Allgemeinwissen des „Universalgelehrten“ Reiter. Florian Klenk recherchiert sehr gewissenhaft und kann die Ergebnisse in gut verständlicher Sprache sehr empathisch wiedergeben. Das freundliche Bild der beiden Spezialisten auf dem Cover passt wunderbar zum Inhalt - eine ganz große Leseempfehlung!

Bewertung vom 02.10.2024
Ein anderes Leben
Peters, Caroline

Ein anderes Leben


gut

Mutter-Tochter – eine ungewöhnliche Beziehung

Dieses Buch hab ich mir gewünscht, weil ich Caroline Peters als Schauspielerin (u.a. Mord mit Aussicht, Burgtheater Wien, Jedermann Salzburg) sehr schätze. Auch das schöne Cover hat mein Interesse geweckt. Trotzdem hat das Buch dann nicht meinen Erwartungen entsprochen. Eine Mutter-Tochter-Geschichte, noch dazu ungewöhnlich – das hat mich angesprochen. Leider bin ich nicht in einen Lesefluss gekommen. Zu sprunghaft und verwirrend wegen der vorgestellten Personen ist für mich die Geschichte, so habe ich sie nach einer Weile beiseite gelegt.
Es wäre interessant, ob die Geschichte autobiografisch ist. Der Versuch der Autorin, die Beziehung "vom Ende her" zu verstehen, lässt mich darauf schließen. Dann wäre auch plausibel, dass mir die Verarbeitung noch nicht gelungen scheint.
Kann sein, dass es mich zu einem späteren Zeitpunkt packt, ich werde es noch einmal versuchen.

Bewertung vom 31.07.2024
Alte Eltern
Kitz, Volker

Alte Eltern


sehr gut

Über das Kümmern und die Zeit, die uns bleibt (Zitat Kitz)

Das Buch kann und soll nicht als Roman, sondern als „literarischer Essay“ gelesen werden. Es ist eine persönliche Auseinandersetzung mit der familiären Verantwortung, wenn ein Elternteil in die Demenz „abtaucht“ — ein wichtiges Thema, das die meisten von uns irgendwann betreffen wird.
Der Autor bezieht sich immer wieder auf den Bestseller aus dem Jahr 2011 „Der alte König in seinem Exil“, in dem sich Arno Geiger virtuos mit dem derzeit sehr aktuellen Thema Demenz und deren Auswirkungen auf die/den Betroffenen und deren Familie beschäftigt. Auch Kitz erzählt von der Verzweiflung des erkrankten Vaters. Er tut dies allerdings viel nüchterner als Geiger. So ähnelt das Buch auch mehr einem „Sachbuch aus persönlicher Betroffenheit“. Immer wieder werden ExpertInnen und andere SchriftstellerInnen zum Thema zitiert. Das reißt mich aus dem Fluss des Miterlebens.
Dass im Alter die Eltern wieder zu Kindern werden, sich also die Betreuungssituation umkehrt, wird zurecht schon von Geiger als beschönigend bezeichnet. Die Entwicklung von Kindern führt schließlich aufwärts.
Kitz möchte Vaters Welt ergründen, um darin einzutauchen, und er tut das sehr intensiv und empathisch.
Der Vater übersiedelt in ein gut geführtes Pflegeheim, das allerdings immer wieder mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Auch die verheerenden Auswirkungen der Corona-Pandemie werden erwähnt.
Für alle, die sich intensiver mit dem Thema auseinandersetzen möchten, führt Kitz eine sehr ausführliche Literaturliste an.

Bewertung vom 15.03.2024
Nature Guide Vögel
Nibbenhagen, Kalle

Nature Guide Vögel


ausgezeichnet

Raus in die Natur!

Nicht mein erstes Vogelbeobachtungs- und -bestimmungsbuch - aber das bisher praxistauglichste. Außerdem gefällt mir die Gestaltung sehr gut: fröhlich, schöne Fotos, auch mit Blick auf Details - und überhaupt ein sehr gelungenes Layout mit praktischen Farbcodes!
Die kompakten Informationen helfen mir, dranzubleiben an der Erweiterung meiner Vogel-Kenntnisse, ganz nach dem Motto: Man schätzt und schützt, was man kennt. Die geografischen Angaben und die vorgestellten Vögel gelten für Deutschland, aber die allermeisten Vogelarten sind sicher auch in Österreich zu entdecken.
Ein wunderbarer Bonus sind die Links zu verschiedenen kostenlosen Apps, in denen man auch Filme ansehen und Vogelstimmen anhören kann. Was mir jetzt noch fehlt, ist ein gutes Fernglas.
Ein tolles Buch für EinsteigerInnen und bereits begeisterte VogelkennerInnen!

Bewertung vom 16.02.2024
Wir sitzen im Dickicht und weinen
Prokopetz, Felicitas

Wir sitzen im Dickicht und weinen


gut

Traurig-schön

Bis zur Mitte des Romans bin ich bisher gekommen - und ich komme nicht in einen Lesefluss.
Der traurige Titel hat mich vorerst angesprochen - da ist es mir ergangen wie Elke Heidenreich in ihrer Empfehlung im Spiegel-Interview. Vordergründiges Thema ist die schwierige Mutter-Tochter-Beziehung zwischen Valerie und ihrer Mutter Christina. Deren Mutter, also Valeries Großmutter, hat ihre Kinder völlig abgelehnt.
Valerie muss sich als alleinerziehende Mutter eines 16-Jährigen um ihre schwierige krebskranke Mutter kümmern. Die wirkt sehr fordernd und eher unsympathisch. Und der Sohn, ist der so geworden, weil er zu viel Mutter- und zu wenig Vaterliebe erfahren hat?
Wie wir alle entkommt auch Valerie der genetischen Prägung durch die Vorfahren nicht.
Heidenreich findet es „tröstlich, dass andere Menschen den gleichen Mist erleben wie wir“.
Die vielen Namen finde ich verwirrend - die unterschiedlichen Erzählebenen schaffen Unklarheit.
Für einen Debütroman hat die Autorin schon einen sehr reflektierten Zugang zu ihrer Geschichte. Vielleicht lese ich das Buch doch noch fertig.

Bewertung vom 16.01.2024
Eine halbe Ewigkeit
Kürthy, Ildikó von

Eine halbe Ewigkeit


ausgezeichnet

Angenehm leichte Lektüre mit Tiefgang

Die Autorin gibt sehr gekonnt Einblick in den Werdegang einer Frau „in den besten Jahren“ - so würde es zumindest bei einem Mann genannt. Der Satz aus dem Klappentext: „Ich bin frei, und der Rest meines Lebens kann endlich beginnen!“ sagt schon viel über das Buch aus. Es erzählt von Frauenleben - und es wäre schön, wenn es auch viele Männer zu lesen bekämen.
Als die Kinder aus dem Haus sind und ihre Ehe mürbe geworden ist, fragt sich Cora - vielen noch bekannt aus „Mondscheintarif“ - wie ihr Leben weitergehen soll und was sie mit ihren Erinnerungen und mit ihrer „Schuld“ anfangen kann. So nimmt sie uns mit, immer weiter zurück in ihre Vergangenheit. Die Wechseljahre mit all ihren Widrigkeiten werden durch diese Reflexion auch für sie zur Chance auf erfreuliche Veränderungen.

Das Cover lässt mich an Urlaub am Meer denken. Das eine offene neben mehreren noch abgedunkelten Fenstern passt wunderbar zur Geschichte.

Bewertung vom 10.11.2023
Eigentum
Haas, Wolf

Eigentum


ausgezeichnet

Ein typisches Haas-Buch und doch so ganz anders als die Brenner-Krimis. Auch hier kommen die bekannten - und von manchen verachteten - verkürzten Sätze vor, die meist der gesprochenen Sprache entsprechen, mit Einsprengseln im Pinzgauer Dialekt.
Das schmale Büchlein will sorgfältig gelesen werden, damit die sprachlichen Kostbarkeiten auch wirklich ankommen: 
Dann ist die Inflation gekommen und das Geld war hin. In etlichen Varianten kommt das vor.
Oder: Wer kennt die „rhetorische Trias“: waschen putzen bügeln; Arbeit Arbeit Arbeit; sparen sparen sparen
Der Autor/Sohn philosophiert über „Seufzen als vielfältige vorsprachliche Äußerung“.
Aus dem bekannten Lied Besame mucho (Küss mich oft) macht Haas den köstlichen Text Bes auf mi, Mutti?
Mein Lieblingssatz: Mutter erzählte häufig, wie sie schon als Kind die Stutzen der Bauernsöhne ausbessern und nachstricken musste. „Dafür muss ich jetzt ihr Leben nachstricken.“
Wie immer bei Wolf Haas weiß man nicht, wieviel von der erzählten Familiengeschichte wahr ist. Ist auch egal. Auf jeden Fall ist es eine Auseinandersetzung mit der sterbenden Mutter.
Der Titel wird verständlich, wenn von der „tobenden Geldentwertung“ erzählt wird: Immer wieder kommt es zu Grundverkäufen des Großvaters, um einen größeren zu kaufen. Plötzlich ist das Geld wertlos. Auch die Mutter ist immer wieder beim Sparen hinterher, nie kommt sie zu eigenem Besitz - das Grab mit seinen 2 m2 wird ihr erstes „Eigentum“.

Bewertung vom 10.09.2023
Das Pferd im Brunnen
Tscheplanowa, Valery

Das Pferd im Brunnen


sehr gut

Frauenleben zwischen den Welten

Gar nicht so weit weg, und doch ein fremder Kulturkreis. Wie nebenbei wird beim Lesen ein Teil der Geschichte der Sowjetunion lebendig.
Die autobiographisch beeinflusste Hauptgeschichte ist die zwischen der erzählenden Enkelin Walja und ihrer Großmutter Nina. Als sich Walja auf die Suche nach ihrer Herkunft macht, erfährt sie nach und nach vom schweren Schicksal ihrer Großmutter, über das diese nie gesprochen hat. Beiden Frauen geht ihre Unabhängigkeit über alles. Die langsam entstehende Freundschaft der beiden hat einen schönen Höhepunkt im Satz der Großmutter: „Auch wenn du nicht meine Enkelin wärst, sondern eine Fremde, ich würde dich mögen.“
Ein bisschen verwirrend sind immer wieder die Beziehungen der verschiedenen Frauen in der Geschichte zueinander, weil häufig zwischen den Generationen bis zur Urgroßmutter gewechselt wird.
Es ist mir ein bisschen schwer gefallen, mich auf Tscheplanowas Sprache einzulassen. Bildstark, wie im Klappentext bezeichnet, ist sie allerdings.

Bewertung vom 02.08.2023
Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe
Knecht, Doris

Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe


ausgezeichnet

Sperrig wie der Titel

Die Kolumnen von Doris Knecht lese ich immer wieder sehr gern, vor allem im „Falter“. Mit ihren Büchern hab ich’s nicht so leicht. Auch mit diesem Buch mit dem sperrigen Titel geht’s mir so.
Die Lebensphase, in der sich die Protagonistin - und wohl auch die Autorin - gerade befindet, ist mir sehr vertraut. Die Kinder sind erwachsen und verlassen die elterliche Wohnung. Da die Mutter vom Vater der Kinder getrennt ist, wird ihr diese Bleibe zu groß und vor allem auch zu teuer. So beschließt sie nach einigem Hin und Her, in ihr kleines ehemaliges Rückzugsrefugium zu ziehen. Das bedeutet natürlich, sich von vielen Dingen zu verabschieden, die dann einfach keinen Platz mehr haben werden. Nicht ganz allerdings, denn es gibt auch noch das kleine, alte Häuschen auf dem Land.
Sich von Besitz zu trennen, der auch meist mit Erinnerungen verbunden ist, das fällt wohl niemandem leicht. Ich habe den Roman allerdings über weite Strecken als „Sudern“ erlebt. Erst am Schluss kommt Hoffnung auf, dass die Ich-Erzählerin in ihrem neuen Leben gut ankommen kann und sich nicht mehr ständig mit ihren scheinbar so perfekten Schwestern vergleichen muss.

Bewertung vom 08.07.2023
Elternhaus
Mank, Ute

Elternhaus


sehr gut

Nur ein Haus?
Das Elternhaus ist mehr als ein Haus: Erinnerungen, Erfahrungen, Werte, … so vieles ist damit verbunden.
Ute Mank erzählt von drei Schwestern in einer typischen Konstellation: Eine ist die fürsorgliche „große Schwester“, die auf sich selbst vergisst; eine lebt entfernt als Single mit Affäre; eine ist die eher unscheinbare „normale“.
Sanne, die große, überredet die alten Eltern, aus ihrem selbst gebauten Häuschen mit dem wunderbar weitläufigen Garten in eine „praktische“ Wohnung zu ziehen. Welches Motiv hat sie für ihre egozentrische Fürsorge? Vielleicht Ablenkung vom eigenen Unglücklichsein?
Die Eltern arrangieren sich unerwartet gut mit der neuen Umgebung. Der Vater kehrt aber heimlich immer wieder zurück in sein Haus. Das gehört mittlerweile der Ältesten und Sanne will es verkaufen. Aber so einfach ist das nicht. Es ist zwar aus aktueller Sicht unzulänglich, weil sparsam und eigenhändig erbaut. Aber schließlich hängt für die ganze Familie viel dran.
Die Geschichte zieht sich zeitweise etwas dahin - das kann als Gelegenheit für die eigene Reflexion zum Umgang mit dem Altwerden betrachtet werden.