Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
BW77
Wohnort: 
Lübeck

Bewertungen

Insgesamt 5 Bewertungen
Bewertung vom 21.02.2025
Unbedingt lesen, wenn ...
Smith, Julie

Unbedingt lesen, wenn ...


sehr gut

Nachdem ich schon ein Buch der Autorin und Psychotherapeutin gelesen habe, war ich gespannt, wie ich dieses finde. Die Autorin schreibt, es sei das Buch, das man in schwierigen Lebensphasen herausholen kann wenn man akut einen Rat braucht und weniger das Buch, mit dem man seine Vergangenheit aufarbeitet und sein inneres Kind findet. Das hat mich erstmal sehr angesprochen. Das Buch ist gut aufgegliedert in verschiedene Kapitel, die verschiedene Probleme ansprechen, wie z.B. Schwierigkeiten in Freundschaften, wenn einem alles zu viel ist oder wenn man sich selbst andauernd hinterfragt. Diese etwa zehnseitigen Kapitel sind dann noch mal in Unterabschnitte gegliedert, so zum Beispiel Briefe von der Autorin an die Leserin, eine Toolkit Box und eine Zusammenfassung am Ende. Ich selber bin angehende klinische Psychologin und vieles davon war für mich natürlich nicht neu, allerdings fand ich das meiste sehr gut, emphatisch und wertschätzend auf den Punkt gebracht mit einfachen und trotzdem wissenschaftlich korrekten Erklärungen. In dieser Hinsicht hat es mir super gefallen und ist ein Buch, was ich vielleicht später auch PatientInnen empfehlen werde oder FreundInnen schenken, denen es nciht gut geht. Was mir manchmal gefehlt hat, sind wirklich konkrete Tipps, wie man step by step aus einer schwierigen Situation rauskommen kann. Der Name "Toolbox" hat da oft mehr versprochen, als drinsteckt. In der Toolbox waren nämlich oft mehr allgemeine Erklärungen und Tipps als ganz konkrete Übungen. Aus meiner klinischen Praxis weiß ich jedoch, dass es hier viele passende Übungen gegeben hätte, die gut und einfach helfen. In dieser Hinsicht hätte ich mir vielleicht etwas mehr erhofft, das ist auf jeden Fall meckern auf hohem Niveau, denn eigentlich hat mir das Buch sehr gut gefallen und ich werde immer mal wieder in verschiedenen Situationen wieder reinblättern. Plus: Ich finde das Buch sieht echt ästhetisch aus - wird mein Bücherregal auf jeden Fall verschönern :)

Bewertung vom 04.11.2024
Intermezzo
Rooney, Sally

Intermezzo


sehr gut

In Sally Rooneys neuem Roman geht es mal um ein ganz neues Thema: Bruderschaft und Trauer. Und zwar um Ivan und Peter, zwei Bruder die nach dem Tod ihres Vaters auf ihre Weise versuchen damit weiterzuleben. Beide so unterschiedlich, Ivan der geniale Schachspieler der sich in eine deutlich ältere Frau verliebt und Peter, der erfolgreiche Anwalt, der sich nicht zwischen zwei Frauen entscheiden kann und versucht seinen Kummer mit Alkohol und Medikamenten zu betäuben.

Im Laufe des Buches erfährt man mehr über die beiden und ihr bisheriges Leben, auch wenn einige Themen weiterhin offen bleiben. Und mir Peter leider bis zum Ende etwas unsympathisch und schwer greifbar blieb.
Ich habe eine Weile gebraucht um in das Buch rein kommen, und fand es anfangs sehr anstrengend zu lesen, da wörtliche Rede nicht gekennzeichnet ist. Nach und nach gewöhnt man sich aber dran und dann hat mir das Buch gut gefallen.

Es ist schlau und ich habe mir viele Zitate herausgeschrieben, die so gut das Leben und Erwachsenwerden beschreiben. Allerdings ist es für mich kein spannendes Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen möchte, sondern eher eine Story die dahinplätschert auf vielen Seiten.

Und danach waren für mich doch noch viele Fragen offen und ungeklärt, aber ich glaube dass ist genau was Rooney beabsichtigt hat. Insgesamt sehr schön und Sally Rooney schreibt einfach toll.

Bewertung vom 18.04.2023
Keine gute Geschichte
Roy, Lisa

Keine gute Geschichte


sehr gut

Das Debütroman "Keine gute Geschichte" der Autorin Lisa Roy beschreibt die Geschichte von Arielle Freytag, einer Social-Media-Managerin, die nach einer Depression und einer psychosomatischen Kur zurück in ihre Heimat Essen-Katernberg kehrt. Arielle wird mit Erinnerungen an ihre Kindheit konfrontiert, als ihre Mutter vor 24 Jahren spurlos verschwand und sie bei ihrer Großmutter zurückließ. Während sie sich in ihrer Heimatstadt aufhält, verschwinden auch zwei kleine Mädchen, was Arielle zusätzlich belastet.

Das Cover des Buches ist bunt und schön gestaltet, was sofort ins Auge sticht. Die Autorin schreibt in einem trockenen Humor, der der Geschichte eine besondere Note verleiht. Der Roman gibt interessante Einblicke in soziale und gesellschaftliche Strukturen.

Obwohl die Hauptfigur Arielle mit ihrer oft derben und vulgären Sprache nicht besonders sympathisch wirkt und ihr Verhalten oftmals egoistisch ist, kann man dennoch mit ihr mitfühlen und ihr Schicksal nachvollziehen. Die Geschichte wirkt an einigen Stellen überladen und schwer zugänglich, was den Lesefluss beeinträchtigen kann.

Trotz dieser Schwächen empfehle ich das Buch gerne weiter und bewerte es mit 4 von 5 Sternen. Die Autorin hat es geschafft, ein interessantes und emotionales Debüt zu schreiben, das Leser*innen sicherlich begeistern wird

Bewertung vom 29.11.2022
Lektionen
McEwan, Ian

Lektionen


ausgezeichnet

Rolands Baines Vater ist Major und schickt seinen Sohn auf ein englisches Landinternat. Es ist eine prägende Erfahrung. Roland lernt die Klavierlehrerin Miriam Cornell kennen, die sein Leben für immer verändert. Später, Mitte der 1980er Jahre, verlässt Rolands deutsche Frau Alissa ihn und den gemeinsamen kleinen Sohn abrupt, um ihren literarischen Ambitionen nachzugehen - und Roland gerät unter Mordverdacht: Die Polizei glaubt, dass er etwas mit ihrem Verschwinden zu tun haben könnte. Aber "Lektionen" ist eigentlich die Geschichte von Rolands Leben vor dem Hintergrund der turbulenten europäischen Geschichte, einschließlich des Falls der Berliner Mauer. Es endet mit den Folgen des Brexit. Es ist ein Versuch, das Leben eines Mannes durch das Geschehen der Weltgeschichte erzählen. Aber es ist auch eine Liebesgeschichte. Und stellenweise ein bisschen wie ein Thriller. Diese außergewöhnliche Mischung macht den Roman für mich total besonders, außerdem fesselnd und bezaubernd. Ich kann den Roman allen McEwan Fans empfehlen und denen, die es gerne werden wollen!

Bewertung vom 13.05.2022
Morgen kann kommen
Kürthy, Ildikó von

Morgen kann kommen


sehr gut

Das Cover, der Klappentext und die Leseprobe haben mich direkt angesprochen. Als ich dann das Buch in den Händen hielt, war ich begeistert - es fühlt sich schön und hochwertig an. Auch über die kleinen farbigen Illustrationen, die im Buch immer wieder auftauchen, habe ich mich gefreut, das kennt man nicht von vielen Romanen.

In "Morgen kann kommen" geht es um Ruth, die zufällig ein mysteriöses Foto findet und daraufhin Hals über Kopf ans andere Ende Deutschlands reist - in den Ohnsorgweg, mit dem Ruth viele Kindheitserinnerungen verbindet und in dem ihre Schwester Gloria wohnt, mit der sie sich zerstritten hat.

Die Charaktere sind allesamt sehr authentisch und liebenswert, man schließt sie beim Lesen sehr ins Herz. So zum Beispiel Erdal und Sozi. Zwischendurch fühlt man sich beim Lesen so, als würde man selbst im Ohnsorgweg sein bzw. man wünscht sich dorthin.

Die Autorin hat einen sehr angenehmen, lockeren und humorvollen Schreibstil, beim Lesen musste ich oft schmunzeln. Trotz der Tatsache, dass das Buch sehr leicht geschrieben ist, fehlt es nicht an Tiefgang und ich konnte kaum abwarten, was es mit dem Foto und der Geschichte von Ruth und Gloria auf sich hat. Beim Lesen habe ich mir einige tiefgründige, teils traurige und weise Zitate rausgeschrieben, die ich sehr schön fand und die "Mut machen".


Ich glaube aber, dass das Buch nicht allen Lesern so gut gefällt. Gerade ich als junge (24) Leserin hatte anfangs Schwierigkeiten, mich mit den deutlich älteren Charakteren zu identifizieren, aber habe mich letztendlich über den "Perspektivenwechsel" gefreut und mich daran gewöhnt, dass die Protagonistin eben über 50 ist und nicht mehr 20. Das war dann ein bisschen so, als würde ich in die Köpfe meiner Eltern schauen. Ich kann das Buch jedem empfehlen, der einen Roman für zwischendurch sucht, der sowohl leicht und schnell zu lesen ist, dem es aber auch nicht an Spannung und Tiefe fehlt. Gleichaltrigen würde ich das Buch aber eher nicht empfehlen, obwohl es vom Cover her ein bisschen wie ein Roman für junge Leute wirkt, das finde ich etwas irritierend - vom Cover her hätte ich eine andere Story erwartet.

Insgesamt war das Buch etwas anderes, als das, was ich sonst lese und dahingehend erfrischend und schön!