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Benutzername: 
Thomas Brandt
Wohnort: 
Frankfurt

Bewertungen

Bewertung vom 16.04.2009
Mein Deutschland
Steinmeier, Frank-Walter

Mein Deutschland


ausgezeichnet

Zunächst war ich als geneigter Leser politischer Bücher (ob nun F. J. Strauß' Memoiren oder Joschka Fischers Erinnerungen) skeptisch ob des Zeitpunkts der Veröffentlichung von Steinmeiers "Mein Deutschland". Es drängt sich ja unweigerlich der Verdacht auf, dass dieses im Vorwahlkampf lancierte Buch einzig dem Zweck dient, den Weg zu einer stärkeren Profilierung des weithin als spröde und langweilig wahrgenommenen SPD-Kanzlerkandidaten zu bereiten. Doch nicht erst seit der "Beckmann"-Sendung vom 16.3.2009 merkt man als aufmerksamer Leser des Buches, das sich jeder trennscharfen Genre-Einordnung entzieht, dass es bereits vor mehr als einem Jahr veröffentlicht bzw. zu Ende verfasst werden sollte und somit weniger Wahlkampf-Philippika, als vielmehr ein persönliches Portrait darstellen soll. Besonders die Jahre der Sozialisation des Frank-Walter Steinmeier im nordrhein-westfälischen Brakelsiek sind von besonderer Akkuratesse und zeichnen ein treffliches Sittengemälde der damaligen Verhältnisse. Auch der evident beabsichtigte Anklang an die Vita Gerhard Schröders, der in einem Nachbardorf ebenfalls aus armen Verhältnissen avancierte, gerät unaufdringlich und doch eindrucksvoll. Schmerzlich vermissen wird man indes die Beleuchtung und Rechtfertigung der sog. "Kurnaz-Affäre", welche bekanntlich unter die Ägide Steinmeiers als Leiter des Bundekanzleramtes fiel. Dies ist aber insofern verzeihlich, als "Mein Deutschland" keine Autobiographie (oder Memoiren) ist und folglich nicht das gesamte Spektrum des Wirken und Schaffen Frank-Walter Steinmeiers illustrieren will und kann.

3 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.