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Leselöckchen

Bewertungen

Insgesamt 2 Bewertungen
Bewertung vom 03.10.2023
Wellenkinder
Bahrow, Liv Marie

Wellenkinder


gut

Eine schonungslose Geschichte über die Suche nach der eigenen Identität.
Der Roman nimmt uns mit in die Leben dreier "Wellenkinder": Margit versucht in der harten Nachkriegszeit ein neues Leben in der neu gegründeten DDR aufzubauen, Oda, eine junge Studentin aus Ost-Deutschland kämpft nach einem missglückten Fluchtversuch im Gefängnis ums Überleben und Jan folgt in der Gegenwart den Spuren der Vergangenheit auf der Suche nach seiner Identität.

Der Schreibstil war gewöhnungsbedürftig und ich bin bis zum Schluss nicht mit diesem warmgeworden. Der Wechsel zwischen den drei Protagonisten und Zeitsträngen war gut gelungen und hat die Spannung hochgehalten. Vor allem waren Jans Verzweiflung und innere Unruhe sehr spürbar. Die vorgestellten Charaktere waren leider alle unangenehm und unsympathisch, viele Entscheidungen waren für mich nicht nachvollziehbar und man konnte keine tiefere Beziehung zu den Personen aufbauen. Die Handlung war stellenweise sehr erschreckend und schonungslos, insbesondere Odas Erfahrungen während der Haft waren schwer auszuhalten. Die Stimmung war durchgehend unbehaglich und bedrückend, der Hauch Frühling ist bei mir auch Ende leider nicht angekommen.

Ein Roman, der zeigt, dass die Vergangenheit noch lange nicht aufgearbeitet ist und viele Schrecken und Geschichten der Zeit noch unerzählt sind. Die Geschichte war zwar insgesamt packend, für mich jedoch schwer aushaltbar und keine leichte Lektüre.

Bewertung vom 03.10.2023
Erinnerung und Lüge
Garat, Anne-Marie

Erinnerung und Lüge


gut

Ein eigensinniger, verwirrender Generationsroman, der die Leser herausfordert.

Eine Dozentin reist im Rahmen einer Feldstudie in das verschlafene, französische Dörfchen Le Mauduit, welches ihr aus einem Familienurlaub noch in Erinnerung geblieben ist. Dabei quartiert sie sich kurzerhand im Gut der Ardenne bei dem ehemaligen Kindermädchen Lottie ein, welche sich schon von klein auf mit Tagträumen und Geschichten umgibt und der Protagonistin Stück für Stück die weit zurückgreifende Geschichte des Gutshauses und der darin lebenden Menschen erzählt.

Dabei entpuppt sich Lottie als eine unzuverlässige Erzählerin, sodass man jede ihrer Geschichten hinterfragt und sich mit der Protagonistin ein Bild aus den verstreuten Schnipseln zusammensetzen muss. Die Auseinandersetzung mit Erinnerungen, der Wahrheiten und Lügen, die im Vergangenem stecken, zieht sich durch das ganze Buch fort und wirft einige philosophische Fragen, welchen Anspruch man auf Erinnerungen haben kann.

Der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig und bedarf Einiges an Aufmerksamkeit, da die Autorin sich als Meisterin verschachtelter Sätze voller Aufzählungen und detaillierter Beschreibungen herausstellt. So fällt es einem zunächst schwer den Überblick über das Geschehen zu behalten und sich nicht in den Gedankenwindungen und Ausschweifungen zu verlieren. Auch wenn man sich mit der Zeit daran gewöhnt, ist das Buch dennoch alles andere als eine entspannte Feierabendlektüre und verlangt viel vom Leser ab.

Gut gelungen sind die zeithistorischen Anmerkungen und Einschübe, die das Interesse wecken die eine oder andere Sachen nachzuschlagen und zu vertiefen. Vermisst habe ich im Buch mehr Rationalität von Seiten der Protagonistin, eine wissenschaftliche, geordnete Herangehensweise hat man bei ihr nicht finden können.

Insgesamt ein anspruchsvoller Generationsroman mit unerwarteten Wendungen, jedoch ohne einen klaren roten Faden und einigen offenen Fragen.