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goldtime
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München

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Insgesamt 63 Bewertungen
Bewertung vom 12.02.2017
Tadunos Lied
Atogun, Odafe

Tadunos Lied


ausgezeichnet

"Wenn die Musik schweigt, hört man das Lachen des Tyrannen"

Taduno ist ein außergewöhnlicher Gitarrist und Sänger. Mit seinen Liedern hat er einst beinahe eine Revolte in seinem Heimatland Nigeria ausgelöst. Dafür wurde er hart bestraft – und verbüsste eine lange Haftstrafe. Als er zurückkehrt, ist nichts mehr, wie es war: alle Nigerianer haben sich der diktatorischen Regierung unterworfen und Taduno komplett aus ihrem Gedächtnis gestrichen.
Nur sein bester Freund erinnert sich ganz vage an ihn – und sein früherer Musikproduzent, der inzwischen als Obdachloser in der Stadt haust. Taduno sucht ihn – und wird selbst vom Geheimdienst gefunden. Doch als ihn Briefe seiner einstigen Freundin Lela erreichen, wächst in Taduno eine ungeahnte Kraft…

Der nigerianische Journalist und Schriftsteller Odafe Atogun hat mit seinem ersten Roman bereits in seiner Heimat für großes Aufsehen gesorgt. Der Roman ist politisch engagiert, setzt sich für die Menschenrechte und gegen die Diktatoren ein, die afrikanische Länder leider viel zu oft im Griff haben, auch Nigeria. Sein Erzählstil erinnert an alte Märchen und Fabeln, doch inhaltlich sind die Themen knallhart und aktuell.
Mich hat dieses Buch zunächst ziemlich erstaunt, da ich schon etliche nigerianische Autoren kenne, die aber alle in den USA leben und vermutlich stark vom westlichen Stil beeinflusst wurden (Adichie, Cole); am ehesten sehe ich Atogun in der traditionelleren Erzähltradition von Chinua Achebe.

Nach anfänglichem „Fremdeln“ mit einigen surrealen, märchenhaften Elementen dieses Buches konnte ich mich sehr gut darauf einlassen und habe diese ungewöhnliche, poetische Lektüre sehr genossen. Besonders die Tiefe der Freundschaft zwischen Taduno und seinem Nachbarn, zu Lela und zu TJ hat mich sehr beeindruckt – unter Lebensgefahr. Da dieser Roman sich auf reale Ereignisse und Personen (vor allem auf den politisch aktiven Afro-Beat-Sänger Fela Kuti) in den Jahren 1960/70 bezieht, raubten mir gerade die unausgesprochenen Ereignisse, die nur angedeutet erden, oft den Atem. Ungerechtigkeit und Willkür, Menschenverachtung und Egomanie prägen den stets eiskalt lächelnden Diktator und seine Offiziere. Sie zerbrechen systematisch alle, die Kritik üben und sich wehren.
Taduno macht in dieser Geschichte alle Höhen und Tiefen durch, erfährt brutale Gewalt, aber auch Liebe und Freundschaft.

Fazit: ein absolut lesenswerter Roman über den unschätzbaren Wert von Freiheit, Freundschaft und Humanität. 5 von 5 Sternen!

Bewertung vom 12.02.2017
Gefährliche Empfehlungen / Xavier Kieffer Bd.5
Hillenbrand, Tom

Gefährliche Empfehlungen / Xavier Kieffer Bd.5


ausgezeichnet

Kulinarische Schnitzeljagd durch 7 Jahrzehnte
Xavier Kieffer, der renommierte Luxemburger Koch, rutscht wieder einmal ganz unfreiwillig in einen Krimi hinein - diesmal mit historischem Background.
Xaviers Freundin Valérie lebt in Paris und ist die Erbin eines Imperiums im Gastronomiesektor: des "Guide Gabin", des bedeutenden Restaurantführers, der die berühmten Sterne vergibt.
Während der Feier zur Eröffnung des neuen Firmensitzes überschlagen sich die Ereignisse. Während eines Stromausfalls bricht Chaos aus, und aus einer Vitrine verschwindet der Band des Guide Gabin aus dem Jahre 1939. Als Xavier versucht, das Buch irgendwo in Paris aufzutreiben, stellt er Merkwürdiges fest: fast alle Exemplare sind vergriffen oder wurden aus den Bibliotheken entwendet, im Internet kosten sie ein Vermögen. Das Seltsame daran: nur der Jahrgang 1939 scheint derartig gefragt zu sein, dass sogar dafür gemordet wurde...

Was hat es speziell mit diesem Band auf sich? Will ein erfolgreiches Restaurant seine schlechten Bewertungen von damals vertuschen?
Durch einen der ersten Sterneköche Frankreichs stößt Xavier auf eine erste Spur, die ihn in die unruhigen Zeiten der deutschen Besatzung und der französischen Résistance führt...

Tom Hillenbrandt wurde 1972 geboren und studierte zunächst Politikwissenschaften, bevor er als Journalist den SPIEGEL online leitete. Er schrieb mehrere erfolgreiche, kritische, teils satirische Sachbücher, sein Krimi "Drohnenland" erhielt den Friedrich-Glauser-Preis. Über Xavier Kieffer schrieb er bereits vier Kriminalromane.
Seinen ersten historischen Roman, "Der Kaffeedieb" - ebenfalls mit spannender Handlung - legte er 2016 vor.

Seit der Lektüre des besagten "Kaffeediebs" bin ich ein großer Fan von Tom Hillenbrandt und habe auch zwei der Kieffer-Krimis gelesen. Ich denke, dass er durch sein breit gefächertes Wissen noch viel Potential hat, das den Rahmen der kulinarischen/regionalen Krimis sprengt. Da mich Geschichte sehr interessiert, besonders auch das 20. Jahrhundert, war ich von den "Tödlichen Empfehlungen" begeistert: Tom Hillenbrandt scheint sich da Volker Kutscher anzunähern, der durch seine etwas düsteren historischen Krimis bekannt wurde. Hillenbrandts Erzählstil ist allerdings bedeutend unterhaltsamer und "leichter verdaulich", um mal im Bild zu bleiben... :-) Auch die kleinen Ausflüge in die luxemburgische Küche sowie einige ganz spezifisch luxemburgische Gepflogenheiten ließen mir dieses kleine Ländchen mitten im Zentrum der Europapolitik sehr lebendig werden.

Fazit: ich freue mich sehr, dass Hillenbrandt das sichere Terrain des Regionalkrimis ausweitet und sich politischen und historischen Themen zuwendet - weiter so! Von mir gibt es dafür 5 Sterne

Bewertung vom 28.09.2016
Malcontenta
Kucher, Felix

Malcontenta


ausgezeichnet

Koufra, 2012:
Said ist ein junger Libyer, der sich als Automechaniker und Graffity-Künstler durchschlägt. Leider gehört er einer afrikanischen Minderheit an, auf die zunehmend Gewalt ausgeübt wird. Als eines Nachts in seiner Nähe eine Bombe hochgeht, beschließt er, die gefährliche Flucht über das Mittelmeer zu riskieren.

London, Paris, Venedig in den 1920-er Jahren:
Albert "Bertie" Landsberg ist ein reicher, aber ungeliebter Sohn eines erfolgreichen jüdischen Bankiers. Er sucht seinen Weg inmitten der turbulenten Künstlerszene der "Roaring Twenties". Auf Druck seines Vaters hin investiert er in Kunst, doch sein großer Traum ist es, ein einzelnes, großes Projekt von bleibendem Wert zu erschaffen. Da trifft er kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs auf die halb verfallene Villa Malcontenta, die zu seiner Obsession wird...

Norditalien, 16. Jahrhundert:
Battista ist ein lebenslustiger, talentierter Freskenmaler, der von Kirche zu Kirche zieht, um seine Kunst zu verfeinern und sich damit über Wasser zu halten.
Eines Tages erhält er einen großen Auftrag: die Innengestaltung der Villa Malcontenta, einem etwas protzigen Bauprojekt der Brüder Foscari, nahe Venedig. Endlich Battistas Durchbruch - oder sein Verhängnis?

Felix Kucher wurde 1965 in Klagenfurt geboren. Nach seinem Studium der Philosophie, der Theologie und der Klassischen Philologien publizierte er in zahlreichen Fachzeitschriften.
Er lebt in Klagenfurt als Qualitätsmanager, Lehrer und Weinbauer. (was seine Vielseitigkeit untermauert!).

Mit diesem Romandebut hat Felix Kucher mich wirklich total überzeugt. Als ich den Klappentext las, dachte ich: Aha, ein sehr ehrgeiziges Projekt - drei Zeitebenen miteinander zu verweben, und dann durch eine (mir bis dato völlig unbekannte) alte Villa zu verknüpfen - spannend! Doch Felix Kucher schafft all dies - und er erreicht, allen drei Männern eine eigene, glaubhafte Identität zu verleihen, so dass sie richtig lebendig erscheinen, mit all ihren Ecken und Kanten.

Allen drei Hauptfiguren ist die Liebe zur Kunst gemeinsam, ebenso die Suche nach einem festen Platz im Leben. Für Bertie bedeutet die Villa "La Malcontenta" am ehesten so etwas wie eine Heimat, für Said könnte sie es vielleicht werden, und für Battista war es die erste große Chance, sich als Freskenmaler gegenüber Michelangelo zu behaupten.
Ich wäre nach der Lektüre am liebsten sofort an all die beschriebenen Orte gereist, nach Paris und London (nach Koufra eher nicht), aber vor allem nach Malcontenta - Battistas Fresken müssen wirklich beeindruckend sein.
Hoffentlich gibt es bald Neues von Felix Kucher!

Fazit: ein wunderschönes, unterhaltsam und zugleich anspruchsvoll geschriebenes Buch, das viele interessante historische Details beinhaltet und das zugleich einen brandaktuellen Bezug hat.
Ein richtig tolles Lesevergnügen für alle Fans von historischen Romanen - meine Lese-Empfehlung!!!

Bewertung vom 14.06.2016
Die Holunderschwestern
Simon, Teresa

Die Holunderschwestern


ausgezeichnet

Zwei Schwestern, zwei Welten und die Macht der Freundschaft

Dieser wunderbare Roman spielt auf zwei Zeitebenen: wir lernen im heutigen München Katharina kennen, die zusammen mit ihrer besten Freundin Isi eine Restaurationswerkstatt betreibt.
Eines Tages steht ein geheimnisvoller Fremder vor der Tür: Alex Bluebird. Er behauptet, mit Katharina verwandt zu sein, und überreicht ihr einen Stapel Tagebücher, die zwischen 1918 und 1938 von einer gewissen Fanny Raith verfasst wurden – Katharinas Urgroßmutter!
Sofort beginnt Katharina mit der Lektüre, und taucht in eine fremde Welt ein: voller Strapazen, Umbrüche, gefährlicher Ideologien, aber auch voller Wunder, Liebesfreuden und Familiengeheimnisse. So wechselhaft Fannys Leben auch war, wie stressig auch ihre Beziehung zur Zwillingsschwester Fritzi sein mochte – sie verlor nie ihren Lebensmut, ihre Wärme – und ihre leckeren Kochrezepte… all dies lässt Katharina ihr Leben in neuem Licht sehen, und hilft ihr, einige wichtige Entscheidungen zu treffen…
Teresa Simon ist ein Pseudonym einer Autorin, die bereits viele erfolgreiche Romane geschrieben hat. Mit diesem Roman eröffnet sie eine Buchreihe, in der mutige Frauen, aufregende historische Familiengeheimnisse und außergewöhnliche Schauplätze eine wichtige Rolle spielen.
Mir hat das Lesen dieses Romans sehr viel Freude bereitet: es ist sprachlich wunderschön geschrieben, die Figuren werden durch ihre Besonderheiten rasch richtig lebendig, so dass man die ganze Handlung bildhaft vor Augen sehen kann – und meint, die gebackenen Holunderblüten direkt zu riechen! Alle Frauenfiguren des Romans fand ich richtig sympathisch – und diesen geheimnisumwitterten Alex Bluebird würde ich zu gerne mal kennenlernen…
Besonders toll fand ich die liebevolle Aufmachung durch den Verlag, mit farbenfrohem Cover und einem Lesezeichen mit Rezepttipp. Durch die verschiedenen Schriftbilder kann man die beiden zeitlichen Ebenen sehr gut auseinander halten. Mir ist aufgefallen, dass die Tagebucheinträge der Urgroßmutter Fanny immer einen Bezug zum Leben ihrer Urenkelin Katharina haben, und dass ihre Empfindungen oft dieselben sind, auch wenn die äußeren Lebensumstände total unterschiedlich sind. Das rundet diesen Roman perfekt ab.
Fazit: von mir gibt es 5 Sterne von 5 – und eine Leseempfehlung für alle, die sich für charaktervolle Frauen und spannende Geheimnisse begeistern!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.09.2015
Ich liebe was, was du nicht siehst
Blumkist, Mia

Ich liebe was, was du nicht siehst


ausgezeichnet

"Vertreiben wir den Pudel des Schreckens!"

Franziska und Paula sind beste Freundinnen – ihre Freundschaft hat schon einige „Periodenmänner“ überdauert. Beide malochen in einem Callcenter, beide leiden unter akutem Liebeskummer, als Kollegin Conchita die beiden zu einem „Transformationswochenende“ für einsame Herzen anmeldet – mit einem echten Psycho-Guru!

Das Seminar findet mitten in der Pampa statt – im beschaulichen Kurort Bad Örzen an der Schlurf. Dort finden sich die unterschiedlichsten Typen ein: der witzige, etwas korpulente Dennis, der geheimnisvolle Schönling Lukas, die Sexbombe Laura… da fragen sich Franziska und Paula schon, was die alle in einem solchen Seminar wollen. Schon bald stellt sich heraus: die Wünsche, Träume und Absichten der Teilnehmer sind sehr unterschiedlich, und nicht immer ehrlich.
Die beiden Freundinnen Paula und Franziska halten zusammen, streiten sich, ab und zu knallt es auch mal – doch am Ende siegt immer ihre Freundschaft.

Das Debut der jungen Autorin Mia Blumkist hat mich von der ersten bis zur letzten Seite total gefesselt! Auch wenn die Handlung erst mal witzig und leicht daherflattert, wie „eine Elfe im Glitzertutu“ – hinter der schillernden Single- Fassade steckt Einsamkeit, und der Wunsch danach, endlich irgendwo anzukommen.
Dazu müssen alte Belastungen und persönliche „Strickmuster“ verändert werden – bis man „ürgendwie transformiert“, und seine wahren Talente und Fähigkeiten erkennt. Die Rituale des Psycho-Gurus mit dem vielversprechenden Namen Jungbluth sind dabei gar nicht so lächerlich, wie es erst mal scheint, und es kommen einige Überraschungen auf die Kursteilnehmer zu - inclusive Transformation!
Der Roman lädt dazu ein, auch mal die eigenen "Baustellen" des Lebens genauer zu betrachten, und macht Mut zu Veränderungen.

Fazit: ein absolut lesenswerter, junger Frauenroman, witzig und voller Überraschungen – ohne oberflächlich zu sein!

Bewertung vom 30.06.2015
Die Glücklichen
Bilkau, Kristine

Die Glücklichen


ausgezeichnet

"Schweben wie in einer Seifenblase"...

Isabell und Georg haben es geschafft: sie haben ihre Träume beruflich verwirklicht; Isabell ist eine erfolgreiche Cellistin, Georg ein ambitionierter Journalist. Sie wohnen in einem angesagten Viertel in einer der begehrtesten deutschen Großstädte. Sie haben ein gesundes Kind, das sich prächtig entwickelt. Doch das Glück der kleinen Familie steht auf tönernen Füßen…

Als der kleine Matti nicht mehr durchschläft, bekommt Isabell auf einmal Panikattacken während ihrer Auftritte – ihre Bogenhand beginnt, unkontrolliert zu zittern und macht das Spielen unmöglich. Verschiedene Therapien bleiben erfolglos, und die Engagements brechen rasch weg. Gleichzeitig büßt Georgs Zeitung an Lesern ein und baut gnadenlos Stellen ab – Georg wird arbeitslos.
Die Krise spitzt sich zu, als das Geld knapp wird, und die teure Stadtwohnung unbezahlbar wird.

Eine Krise bedeutet auch einen Neuanfang – doch die Lebensentwürfe, Träume und Pläne der beiden driften immer mehr auseinander. Wie sollen sie weiterleben – die Wohnung aufgeben und aufs Land ziehen? Den abgetakelten Elektroladen von Georgs Mutter übernehmen? Welche Zukunft können die jungen Eltern ihrem kleinen Sohn bieten?

Auf beklemmend realistische Weise zeichnet Kristine Bilkau in ihrem Debut-Roman ein Bild der deutschen Mittelschicht und ihrer aktuellen Lebenssituation: der Arbeitsmarkt wird immer härter, die Mieten steigen exorbitant, die Ansprüche sind hoch, Bio-Kost und Fernreisen zählen zur Normalität – wer nicht mehr finanziell mithalten kann, wird ganz schnell ausgegrenzt, verliert jegliches Selbstbewusstsein und steuert einer echten psychischen Krise entgegen.

Mich hat dieses Buch von der ersten bis zur letzten Seite an total gepackt und berührt . Die minutiösen Beobachtungen der Gedanken und Gefühle von Isabell und Georg sind für mich absolut nachvollziehbar, ihre Träume und Ängste ähneln den unsrigen, ihr Seiltanz über dem Abgrund ist uns nur allzu bekannt. Das Buch ist aber keine trübselige Selbstbespiegelung, sondern zeigt kleine, unvorhersehbare Entwicklungsmöglichkeiten, die sich aus der Krise ergeben, Humor und Optimismus schwingen immer mit.

Fazit: ein richtig beeindruckendes, tiefgründiges, poetisches Buch und ein hervorragendes Debut – ich freue mich schon sehr auf weitere Romane dieser tollen Autorin!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.06.2015
Der Fluch der Sommervögel
Steyer, Nicole

Der Fluch der Sommervögel


ausgezeichnet

Teufelsbrut oder Himmelsgeschöpf?

Frankfurt am Main, 1664:
Maria Merian, die Tochter des berühmten Malers und Kupferstechers Matthäus Merian, liebt die Natur – besonders die Schmetterlinge oder „Sommervögel“ haben es ihr angetan. Sie beobachtet und zeichnet sie in allen Stadien ihrer beeindruckenden Metamorphose.
Da die Schmetterlinge zur damaligen Zeit dem Teufel zugeordnet wurden, wird Maria im ganzen Ort mißtrauisch beobachtet – besonders von Pastor Waldschmidt und seinem fanatischen Sohn Conrad.
Doch Maria findet einen Seelenverwandten: Christian, der Totengräber, teilt ihr Interesse für Sommervögel und fängt ihr Wesen in hauchzarten Steinskulpturen ein. Als sich die beiden näherkommen, steht ihr Umfeld Kopf: als Tochter aus gutem Hause soll Maria schließlich standesgemäß verheiratet werden! Als sich herausstellt, dass Christian unehelich geboren wurde und regen Kontakt zu Juden unterhält, werden Maria immer mehr Freiheiten genommen – und sie droht zu verkümmern, wie ein eingesperrter Schmetterling.
Da wird Maria plötzlich Zeugin eines Mordes, und ist nicht einmal in ihrem Zimmer ihres Lebens sicher…

Die junge Autorin Nicole Steyer, bekannt durch „Die Hexe von Nassau“ und „Das Pestkind“, stellt hier erneut einen wundervollen, spannenden Roman vor. Besonders die Landschafts- und Gartenbeschreibungen sind so lebendig, dass man sofort den Duft von Flieder, Rosen und Lilien in der Nase hat. Aber auch die Entwicklung der Einzelgängerin Maria zu einer jungen, liebenden Frau wird sehr einfühlsam geschildert. Die historischen Begebenheiten erwachen zum Leben - und es wird einem bewusst, dass die Zeit der Hexenverbrennung noch gar nicht so lange vorbei ist.
Zum Glück lässt Maria Merian sich nicht einschüchtern, und erst recht nicht verbiegen!

Nicole Steyer sorgt immer wieder für überraschende Wendungen, und auch das Ende ist ganz anders als erwartet…

Fazit: ein wundervolles Buch über das Erwachsenwerden einer besonderen Frau in einer schwierigen Zeit, die Frauen kaum Raum zur Selbstverwirklichung liess. Ein MUSS für alle Fans von historischen Unterhaltungsromanen!

Bewertung vom 21.05.2015
Die schönste Art, sein Herz zu verlieren
Sánchez, Mamen

Die schönste Art, sein Herz zu verlieren


ausgezeichnet

Eine Redaktion - zum Verlieben!

Atticus Craftsman ist der junge Spross einer reichen, englischen Verlegerfamilie. Sein Leben verläuft in wohlgeordneten Bahnen – bis sein Vater ihn nach Spanien schickt: er soll die gesamte 5-köpfige Belegschaft der unrentablen Literaturzeitschrift „Librarte“ entlassen und die Zeitschrift einstellen. Atticus hat ein mulmiges Gefühl – schließlich besteht die Redaktion aus fünf äußerst vitalen Damen, die alles andere als einen gefügigen Eindruck machen!
Besonders die hübsche Soleá mit den himmelblauen Augen hat es ihm angetan. Als sie ihm auch noch anbietet, sie ins tiefste Andalusien zu begleiten, um einen literarischen Schatz zu entdecken, nimmt Atticus Leben auf einmal ganz gehörig an Fahrt auf!

Ganz nebenbei sucht der lässige Inspektor Manchego den Grund für das finanzielle Debakel der „Librarte“, Atticus´Eltern suchen Atticus, Soleá sucht einen alten Koffer – und alle finden das Unerwartete…

Die spanische Schriftstellerin Mamen Sánchez studierte Kommunikations- und Literaturwissenschaften in Madrid, Paris und Oxford – sie kennt also die britischen Eigenarten, die sie in ihrem Roman immer wieder liebevoll auf die Schippe nimmt. Auch ihre Landsleute, besonders die andalusischen „gitanes“ und ihre Bräuche, beschreibt sie in bunten Farben. Dass Mamen Sánchez selbst auch noch als (stellvertretende) Chefredakteurin einer Literaturzeitschrift fungiert, merkt man an der lebendigen Schilderung der ziemlich ungewöhnlichen „Librarte“- Redaktion!

Der Roman stand in Spanien ganze 48 Wochen in den Bestsellerlisten.

Mir hat das Lesen dieses kurzweiligen und einfallsreichen Romans sehr viel Spass gemacht. Die Figuren werden liebevoll mit kleinen oder größeren Marotten ausgestattet, ihre Gefühle fahren oft Achterbahn – und am Ende macht jede(r) eine ungeahnte Entwicklung durch.
An einigen Stellen dachte ich, ich könnte den weiteren Gang der Dinge vorhersehen – und wurde durch geschickte Wendungen total überrascht!
Der Culture- Clash zwischen den steifen Briten und den feurigen Spaniern ist originell und witzig eingebunden und brachte mich immer wieder zum Kichern.

Und: ich bin wieder zur begeisterten Teetrinkerin geworden! Wie der schöne Originaltitel verrät: „La félicidad es un té contigo“…

Fazit: eine wundervolle, romantische, literarische, spannende Liebeskomödie – mit einer gehörigen Prise spanischem Tabasco gewürzt! Von mir gibt es dafür 5 von 5 Sternen und eine Leseempfehlung für die Sommerferien! Und für die Herbst- und Winterferien erst recht!!