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Benutzername: 
Jackolino
Wohnort: 
Rheinland-Pfalz

Bewertungen

Insgesamt 60 Bewertungen
Bewertung vom 06.12.2024
La Louisiane
Malye, Julia

La Louisiane


sehr gut

Den Einband ziert ein seitenverkehrtes Bild von Eugène Delacroix „Jeune orpheline au cimitière“, das auf mich sehr aufmerksamkeitsstark wirkte, auch wenn es mit unserem Thema nicht unbedingt etwas zu tun hat. Aber vielleicht kann man sich die Frauen dieser Zeit in etwa so vorstellen.

Das Buch handelt von Frauen, die aus der großen Heil- und Pflegeanstalt La Salpetrière in Paris ausgewählt werden, um nach Louisiana, der französischen Kolonie in Nordamerika verschifft zu werden, dort zu heiraten und den Fortbestand der französischen Kolonie zu sichern. Wir begleiten sie in ihren letzten Tagen in Paris, bei ihrer Einschiffung auf der „Baleine“, dem Schiff, das sie über die Loire ans Meer und dann über den Ozean bringen soll. Wir sind dabei, als sie in der Karibik von Piraten überfallen werden, und wir werden Zeuge ihrer Ankunft in Biloxi, dem Hafen in Louisiana, von dem es dann nach Nouvelle Orléans oder nach Norden weitergeht. Ich war erstaunt, wie weit sich die französische Kolonie damals erstreckte und hatte mir auch wenig Gedanken über die noch dort lebenden Ureinwohner gemacht, von denen wir im Buch die Natchez und Illinois ein wenig kennenlernen dürfen. Das Buch ist gut recherchiert, laut Julie Malye haben die Recherchen 10 Jahre Zeit in Anspruch genommen, darüber hinaus Reisen in die Region und unzählige Gespräche und E-Mails mit Fachleuten.

Vier dieser Frauen freunden sich auf der langen Überfahrt über den Atlantik an und versuchen auch nach der Ankunft, sich nicht aus den Augen zu verlieren. Lediglich von Étienette ist später nicht mehr die Rede, es scheint sie weiter in den Norden verschlagen zu haben.

Für die Ausreise auserwählt zu werden ist die erste Hürde zu einem etwas freieren Leben und mehr Selbstbestimmung. Dennoch hat diese Selbstbestimmung ganz enge Grenzen und ist meistens an einen Ehemann gebunden. Am Beispiel von Geneviève erfahren wir, dass diese Frauen vollkommen abhängig waren und dann auch falsche Entscheidungen mit einer neuen Ehe trafen, um ihre Kinder zu retten und mitnehmen zu können. Und trotzdem wendete sich dann doch so manches zum Guten. Vor allem als Witwe hatte man, wenn man etwas geerbt hatte, gute Chancen, sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen.

Die Kapitel sind jeweils aus der Sicht einer der Frauen geschrieben. Damit können wir ihren Werdegang verfolgen und erleben auch die Interaktionen mit den Freundinnen mal von einer, mal von der anderen Seite. Wir erleben aber auch ihre Offenheit den Frauen anderer Rassen gegenüber. Petronille verdankt später einer Frau aus dem Stamm der Natchez ihr Leben und Geneviève behandelt ihre schwarzen Angestellten mit Würde. Man würde sich wünschen, dass auch die Männer und vor allem die Regierenden im weit entfernten Frankreich ähnlich offen gewesen seien.

Ich fand es nicht immer einfach, den Schicksalen der Frauen zu folgen, hin und wieder waren
die Übergänge recht sprunghaft und durch die hohe Sterblichkeit der Männer hatten wir es auch immer wieder mit neuen Ehen, neuen Orten und neuen Entwicklungen zu tun. Aber trotz aller Schicksalsschläge hat die Freundschaft der Frauen, die auf der „Baleine“ begann, die Zeit überdauert und ihnen allen Rückhalt gegeben. Sie war auf jeden Fall wichtiger, als die aus Vernunft geschlossenen Ehen.

Bewertung vom 08.11.2024
Als wir im Schnee Blumen pflückten
Harnesk, Tina

Als wir im Schnee Blumen pflückten


sehr gut

Die Samin Mariddja lebt ganz im Norden Schwedens zusammen mit ihrem dementen Mann Biera. Sie erhält zu Anfang der Erzählung die Nachricht, dass der Unterleibskrebs, der in ihrem Bauch wütet, ihr vielleicht noch einige Monate Leben lässt, aber nicht sehr viel mehr.
Mariddja ignoriert diese Ankündigung und erzählt ihrem Mann nichts davon. Ihr innigster Wunsch ist es, den Jungen ihrer Schwägerin Risten noch einmal zu sehen, der als Kleinkind einige Jahre bei ihnen lebte, bevor die Schwägerin ihn ohne eine Erklärung einfach mitnahm und sie nie wieder Kontakt zueinander hatten.
Das Buch ist so geschrieben, dass wir auf der einen Seite Mariddja und ihren Mann Biera kennenlernen, dass es Rückblenden in Mariddjas Kindheit gibt, in die Zeit, als Biera sich um sie bemühte, in die Zeit, als die beiden so gerne ein Kind gehabt hätten. Die meisten Szenen spielen allerdings in der Jetzt-Zeit.

Auf der anderen Seite lernen wir Kaj und Mimmi kennen, beides Ärzte, die ihre Praxis in der Stadt für eine Landpraxis im Norden Schwedens aufgegeben haben und gerade versuchen, in ihrem neuen Wohnort heimisch zu werden. Kaj trauert um seine gerade verstorbene Mutter Laura, es gibt Szenen, in denen er sich zusammen mit seinem Bruder Gustav um den Nachlass kümmert, Szenen, als er sich an das Zusammenleben mit der Mutter erinnert. Laura war eine seltsame Frau, nie wirklich ganz da, etwas abgehoben, Künstlerin, oft in höheren Sphären schwebend.
Kaj hat das Gefühl, dass sie ihm etwas verheimlichte, eine bestimmte Zeit ihres Lebens war tabu, da durfte nicht darüber gesprochen werden.

Das Cover ist geschmackvoll und zeigt ein älteres Paar in einer wasserreichen Landschaft vor einer roten Holzhütte. Der Titel ist voller Poesie und gibt schon einen ersten Hinweis auf die unkonventionelle Art Mariddjas. Sie war schon als Kind für außergewöhnliche Ideen und die noch kreativere Erklärung dazu bekannt, warum also nicht im Schnee Blumen pflücken.

Sowohl Mariddja als auch Biera werden als etwas senil geschildert. Mariddja war schon immer etwas speziell gewesen, bei ihr hat es sich vielleicht nur gesteigert. Biera aber lebt in der Vergangenheit, ein freundlicher, alter, etwas verwahrloster Mann, der sich noch im Land der Samen wähnt und ihre Traditionen fortführt.

Es gab Ideen der Autorin, die ich gut fand und die mich zum Schmunzeln brachten. Siri von Apple eine Rolle in dem Buch spielen zu lassen, gefiel mir. Auch wenn ihre Kommentare meistens nichtssagend waren, so reichten sie für Mariddja vollständig aus. Spannend wird es nur dann, wenn Siri selbständig tätig wird und den Notdienst oder die Feuerwehr aktiviert.

Dadurch, dass die Autorin immer mal wieder alte Mythen in die Geschichte einwebt, gibt sie dem Buch manchmal einen spirituellen Touch.

Wenn man noch nie in Schweden war und so gar keine Beziehung zu dem Land hat, sind sowohl die Namen als auch Trachten, Musik oder Fortbewegungsmittel wie Schlitten fremd für den Leser. Mit „Kolt, Akkja und Joiken“ konnte ich bis zum Schluss nicht viel anfangen und ich hätte mir einen Anhang mit Erklärungen gewünscht. In diesem Anhang hätte vielleicht auch noch etwas Information über das Volk der Samen Platz gefunden. Im Buch ist es immer mal wieder am Rande erwähnt, dass es eine große Zwangsumsiedlung gab, die Hintergründe sind mir aber erst beim Recherchieren klar geworden.

Ich habe das Buch in wenigen Tagen durchgelesen, vielleicht hat es nicht ganz die Erwartungen erfüllt, die der Klappentext in mir geweckt hatte. Das mag aber damit zu tun haben, dass Schweden immer noch zu den weißen Flecken in meinem Reiseatlas gehört und ich wenig Zugang zu Menschen und dem Land habe.

Bewertung vom 24.07.2024
Solito
Zamora, Javier

Solito


sehr gut

Javier ist neun Jahre alt und lebt bei seinen Großeltern in El Salvador. Seine Eltern sind schon vor Jahren in die USA geflüchtet, der Vater aus politischen Gründen, die aber nicht näher erläutert werden, die Mutter, weil sie irgendwann bei ihrem Mann sein wollte. Nun soll auch Javier sich auf die lange Reise machen, das Geld für die Schlepper ist endlich beisammen und der Junge scheint alt genug, den Weg allein anzutreten.

Das Buch ist auch Sicht Javiers geschrieben. Es beginnt mit der Schilderung seines Lebens in Mittelamerika, der Geborgenheit bei den Großeltern und seiner Tante, seiner Erfolge in der Schule, dem Umgang mit seinen Freunden und seinen Tieren. Aber die Sehnsucht nach seinen Eltern wird durch wöchentliche Telefonate wachgehalten, seine Eltern schicken Pakete mit Spielzeug und Javier malt sich das Leben in den USA in den tollsten Farben aus.

Irgendwann ist es soweit. Niemand darf etwas wissen, von seinen Freunden und seinen Lehrern darf er sich nicht verabschieden, das könnte die Ausreise noch gefährden. Sein Großvater begleitet ihn noch bis Guatemala, ab dort reist er allein. Javier schließt sich einer Mutter mit Tochter an und später werden die gefälschten Papiere ihn auch als Sohn dieser Frau ausgeben, insgesamt ist es eine Gruppe von 6 Personen, die die Flucht gemeinsam unternimmt.

Für die Schlepper ist es ein Geschäft, der Mensch ist eine Ware, die auf irgendeine Weise von A nach B transportiert wird. Schon die ersten Pläne platzen und ganz oft muss die Reise umgeplant werden. Irgendwann reißt jeglicher Kontakt zu seiner Familie ab, er darf auch nicht mehr telefonieren. Zusätzlich verdienen auch immer die Grenzbeamten an jedem Ausreisewilligen. Sobald jemand als Flüchtling identifiziert wird, drücken sie nur gegen zusätzliches Geld alle Augen zu.

Das Buch ist sehr eindrücklich geschrieben. Die langen Zeiten des Nichtstuns, des Wartens, das Eingesperrtsein in Wohnungen, die langen Wege im Bus und später zu Fuß - das wird sehr plastisch beschrieben. In der Wüste habe ich mit gedurstet, in der Enge der Zelle mitgelitten und jeden Fehlversuch über die mexikanische Grenze zutiefst bedauert.

Ich habe aber nicht nur Schlechtes auf dieser Reise kennengelernt sondern auch Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit. Pati hat sich wie selbstverständlich des Jungen angenommen, die Nonnen an der Grenze haben den Flüchtlingen eine Unterkunft und Essen geboten und Chino war für mich ein wahrer Held.

Javier Zamora arbeitet mit diesem Buch seine Flucht auf, selbst nach so langer Zeit leidet er noch unter den Erfahrungen und Entbehrungen, die er damals erlebt hat. Ich frage mich, ob die Eltern nicht besser ausführlicher mit ihm darüber geredet hätten. Sie haben es einfach totgeschwiegen, er war endlich angekommen und damit war dieses Kapitel für sie beendet.

Ich wünsche ihm, dass er mit diesem Buch seine Reisegefährten von damals wiederfinden kann, auf jeden Fall ist das Buch eine Hommage an alle, die ihm damals hilfreich zur Seite standen.

Drei Kritikpunkte, die schon mehrfach genannt wurden, schränken den sehr positiven Eindruck zum Buch etwas ein:

. eine Karte mit den Fluchtpunkten wäre hilfreich gewesen
. die zahlreichen spanischen Ausdrücke und Sätze, die auch noch von Land zu Land unterschiedlich sein können, erschweren den Lesefluss
. zusätzliche Information zu den politischen Hintergründen in El Salvador hätte ich mir ebenfalls gewünscht

Trotzdem, das Buch ist eine Bereicherung und wird hoffentlich viele begeisterte Leser finden.

Bewertung vom 07.07.2024
Bedrohliche Provence / Commissaire Leclerc Bd.10
Lagrange, Pierre

Bedrohliche Provence / Commissaire Leclerc Bd.10


ausgezeichnet

Mittlerweile kenne ich Albin Leclerc schon von einigen Provence-Krimis und habe ihn und seine besonderen Ermittlungsmethoden ins Herz geschlossen.

In diesem Fall mischt er sich nicht selbst in die Belange seiner ehemaligen Mitarbeiter ein, er wird von einem alten Bekannten dazu aufgefordert. Dieser vermisst seine Nichte und ihren Lebensgefährten und tatsächlich werden die beiden kurze Zeit später erschossen aufgefunden. Und leider bleibt es nicht bei diesem einen Mord, es folgen weitere.

Es ist schon immer wieder interessant, den Ermittlern bei der Arbeit zuzusehen. Da hat man zwei Menschenleben, die ausgelöscht wurden und keiner kennt das Motiv. Man fängt an zu forschen, man wühlt sich durch ihr Leben, sammelt dieses und jenes ohne zu wissen, ob es mit der Tat im Zusammenhang steht.

Albin Leclerc kommt hier seine lange Erfahrung zugute und obwohl seine ehemaligen Mitarbeiter ihn lieber heute als morgen loswerden würden, wissen sie auch, was sie an ihm haben. Wie oft schon hat er sie auf die richtige Fährte geführt oder ihnen entscheidende Hinweise geben können. Im Zwiegespräch mit seinem Mops Tyson, der mittlerweile die ganze Polizeibehörde mit seinem Nachwuchs versorgt hat, klopft er seine Gedanken auf Plausibilität ab und entscheidet sich oft für ganz andere Wege, als es die Kollegen getan hätten.

Ich fand diesen neuesten Krimi von Pierre Lagrange lesenswert, auch deshalb, weil er nicht erst auf den letzten Zeilen in einem fulminanten Höhepunkt abrupt endet, sondern weil die Hintergründe, die zu den Taten führten, erklärt werden und man zumindest hoffen darf, dass es auch den Hintermännern an den Kragen geht.

Auch privat scheint sich für seine Tochter einiges zu entspannen und man darf auf eine neue glücklichere Partnerschaft hoffen.

Für das Gemüsemosaik hätte ich übrigens gerne eine Anleitung gehabt. Vor Jahren habe ich ähnliches in Frankreich gegessen, das Nachkochen ist mir zwar geschmacklich gelungen, aber leider nicht in dieser Form.

Bewertung vom 03.07.2024
Was der See birgt / Ermittlungen am Gardasee Bd.1
Koppelstätter, Lenz

Was der See birgt / Ermittlungen am Gardasee Bd.1


sehr gut

Ich hatte bereits mehrere Südtirol-Krimis von Lenz Koppelstätter gelesen und war daher direkt davon angetan, auch einmal einen Krimi vom Gardasee in die Hand zu nehmen. Und tatsächlich grüßt uns Riva vom Cover entgegen.

Im Jachthafen von Riva wird ein Toter gefunden. Gianna Pitti, Polizeireporterin der Lokalzeitung ist immer zur Stelle, wenn am See etwas passiert. Mit Entsetzen stellt sie fest, dass sie das Opfer kannte. Mehr noch: Sie war eine der Letzten, die den jungen Mann lebend gesehen hat. Während die Polizei im Dunkeln tappt, beginnt die Journalistin zu recherchieren. Unterstützung bekommt sie von ihrem Onkel Francesco und der Chefredakteurin Elvira.

Das Buch ist jeweils aus der Sicht eines der Hauptprotagonisten geschrieben. So lernt man Gianna, ihren Onkel Marchese Francesco Pitti-Sanbaldi und die Chefredakteurin des Messaggero di Riva Elvira Sondrini kennen. Von der Staatsanwaltschaft ist außerdem Staatsanwalt Foscolo mit von der Partie.

Häppchenweise erfährt der Leser mehr über die Hauptpersonen und den Hintergrund des Falles. Der Mord scheint außerdem etwas mit dem mysteriösen Verschwinden von Giannas Vater und Francescos Bruder Arnaldo, einem bekannten und engagierten Journalisten zu tun zu haben und macht somit die Ereignisse für Gianna und Francesco zu Ereignissen, die sie auch persönlich betreffen.

Zunächst aber ist Gianna hauptsächlich an Filippos Schicksal interessiert. Wer war er? In welcher Sache recherchierte er? In Sisyphusarbeit verfolgt sie seine letzten Schritte und die Tage vor ihrem Treffen. Ihr Weg führt sie nach Saló, nach Lazise und Sirmione und vor allem zum Vittoriale degli Italiani, wo alles zusammenläuft.

Der Leser lernt eine Geschichte Italiens kennen, von der man glaubte, dass sie der Vergangenheit angehört. Tatsächlich habe ich während des Lesens kurz zu Logen und Freimaurern in Italien recherchiert und fand vieles bestätigt. Da gibt es einen Staat im Staate und man weiß nie, wer zu welcher Gruppe gehört und wen unterstützt. Das muss auch Gianna erfahren, die sich von ihrem engeren Umfeld verraten sieht.

Von den Protagonisten gefiel mir der Marchese am besten. Er ist ein authentischer Charakter, ist sich seiner Schwächen bewusst und lebt damit und steht für seine Überzeugungen ein. Gianna war mir noch zu sehr Heißsporn, aber ihre Aktionen erhöhen natürlich die Spannung. Toll fand ich, mit wieviel Chuzpe sie sich in polizeiliche Ermittlungen einschaltet und hier Hürden überwindet.

Das Buch endete mit einem Cliffhanger. Und so werde ich wahrscheinlich auch Band 2 der Reihe um Gianna Pitti lesen, denn das Schicksal Arnaldos bleibt ja ungeklärt und bedarf noch einer Auflösung.

Bewertung vom 19.06.2024
Vino, Mord und Bella Italia! Folge 2: Das Vermächtnis der Winzerin (eBook, ePUB)
Homma, Christian; Frank, Elisabeth

Vino, Mord und Bella Italia! Folge 2: Das Vermächtnis der Winzerin (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Dieser Band ist der zweite Band aus der Reihe "Vino, Mord und Bella Italia" und tatsächlich kommen weder der Wein noch das Verbrechen zu kurz. Die Handlung spielt in Fontenaia in der Toskana.

Anna ist immer noch dabei, das von ihrer Oma geerbte Häuschen instand zu setzen. Glücklicherweise hat sie mittlerweile in Loris einen begabten Handwerker gefunden, der auch sonst nicht zu verachten ist. Sie selbst hat sich während ihres Urlaubs noch einen Ferienjob gesucht und arbeitet für die Lokalzeitung. Beim Dorffest versucht sie, die gute Stimmung einzufangen, stolpert allerdings dann zu späterer Stunde über eine Leiche. Es handelt sich um eine Winzerin aus dem Ort, die Familie war einst bekannt für hervorragende Weine.

Aus der spontanen Bitte, für den Commissario zu übersetzen - der Hauptverdächtige ist ein Österreicher - erwacht ihr Interesse an diesem Fall und schon ist sie wieder mittendrin in den Ermittlungen und oft genug den Kommissaren auch einen Schritt voraus.

Alte bzw. junge Bekannte aus Band 1 sind wieder mit von der Partie und geben dem Buch gehörig Schwung und Leichtigkeit. Anna ist ausgesprochen gut im Ort vernetzt und ihre unorthodoxen Methoden zeigen häufig Erfolg, bringen sie aber auch schon mal in Gefahr.

Das Buch war als Cozy Crime angekündigt und das ist es auch. Die Handlung wird an keiner Stelle blutrünstig, es geht immer mehr um die Auflösung. Auch wenn Anna und Vico vorgeben, sich nicht leiden zu können, so ist da doch ein gewisser Respekt voreinander. Sie verfolgen immerhin ein gemeinsames Ziel und behindern sich nicht gegenseitig.

Der Wein spielt schon dadurch eine Rolle, dass die Ermordete Winzerin war, es geht aber weniger um die Weinherstellung oder den Genuss desselben. Auch das gute Essen und die malerische Landschaft werden zwar erwähnt, spielen aber nicht die Rolle wie in vielen Krimis aus Südfrankreich oder Portugal. Und so ist es eher die Geselligkeit untereinander, das tägliche Schwätzchen im Gemüseladen, ein Fest auf dem Dorfplatz, das Lebensgefühl transportiert. Man fühlt sich auch als Leser gut angekommen, wenn man sich den Gepflogenheiten anpassen kann.

Das Buch bleibt spannend bis zum Schluss und die Auflösung war eine Überraschung, mit der ich nicht gerechnet hatte.

Das Buch hat eine angenehme Länge, die man in ein oder zwei Tagen schaffen kann. Somit muss man sich nicht zu lange in Geduld üben, bis der Fall endlich gelöst wird.

Bewertung vom 19.06.2024
Enjoy Italienisch
Kenzel, Carmen

Enjoy Italienisch


gut

Zunächst einmal kann ein Medium, das sprachliches Wissen vermittelt, den Leser also schlauer zurücklässt, auf keinen Fall sinnlos sein, und sei es die Serviette beim Griechen. Deshalb ist natürlich auch diese Einführung in die italienische Sprache nützlich und man kann sein Sprachwissen erweitern. „Das Gute-Laune-Buch- zum Sprachenlernen“ verspricht uns der schön gestaltete Umschlag mit aufmerksamkeitsstarker Bildcollage. Und in der Tat ist das Buch ansprechend gestaltet und kurzweilig aufgebaut. Die Autoren haben sich Mühe gegeben, praxisrelevante Themengebiete mit den wichtigsten Vokabeln und Redewendungen einzubinden und vor allem, die Lerninhalte durch viele Übungen und Rätsel spielerisch zu vermitteln. Diese fordern geradezu zum Mitmachen auf und sind unterhaltsam konzipiert. Oft sind die italienischen Begriffe mit Illustrationen und Bildern dargestellt, so ist der Lerneffekt größer als über eine reine Vokabelaufstellung. Daneben werden viele nützliche Informationen rund um Land und Leute vermittelt, die das italienische Lebensgefühl hervorrufen, uns helfen, in Italien zurecht zu kommen und Lust zum Weiterlesen und -lernen machen.

Allerdings ist das Buch, obwohl in Titel und Beschreibung nicht angegeben, eher etwas für Jugendliche. Dass man geduzt wird, ist zwar mittlerweile durchaus gebräuchlich, kommt aber hier durch die einfache Sprache und die Ratschläge und Übungen oft sehr kindlich rüber. Dies wird z.B. deutlich durch den Lerntipp, sich doch morgens gegenseitig mit Buongiorno zu begrüßen. Auch ist der Lerneffekt des Buches sehr beschränkt. Es werden sehr schön die wichtigsten Wörter und nützliche Sätze für bestimmte Situationen angegeben, ein Lernwilliger hätte jedoch viel mehr Italienisch-Vokabeln und vor allem eine systematische Grammatik verkraftet. Das wäre noch mit dem Spaßfaktor des Buches, der ein Vokabelpauken ausschließt, zu verargumentieren, dass jedoch keinerlei Hinweise zur Aussprache der Wörter gegeben werden, ist unverzeihlich. Dies macht nicht nur eine praktische Anwendung des vermittelten Wissens in Italien bei vielen Vokabeln unmöglich, im schlimmsten Fall bringt man sich eine falsche Betonung oder Aussprache bei. Somit kann das Buch zwar sehr kurzweilig die Lust auf das Italienischlernen wecken und erste rudimentäre Inhalte vermitteln, es befähigt jedoch nicht zum Verstehen oder gar Sprechen der italienischen Sprache. Deshalb vergebe ich insgesamt 3 Punkte.

Noch ein Hinweis zum Schluss, der angegebene Link zu einem Vokabeltrainer entpuppte sich als wenig hilfreich. Das Buch wurde nicht gefunden und man sollte selbst Vokabeln eingeben.

Bewertung vom 04.06.2024
Südlich von Porto wartet die Schuld
da Silva, Mariana

Südlich von Porto wartet die Schuld


ausgezeichnet

Mariana da Silva hat auch ihren zweiten Krimi südlich von Porto angesiedelt und wenn man die Gegend kennt, fühlt man sich sofort dort angekommen. Mir gefiel die Küste zwischen Lissabon und Porto sowieso noch besser als die Städte.

Der Wiedererkennungswert ist aber auch durch das Cover gesichert, auch hier zieren gelbe Azulejos die Vorderseite.

Ria Almeida ist zurück nach Torreira gezogen, ihren Job bei der Stuttgarter Polizei hat sie nach persönlichen Problemen aufgegeben und hilft nun ihrem Schwager, dem Dorfpolizisten Joao Pinto aus, sie vertritt seine hochschwangere Frau Mariposa.

Eigentlich gibt es in Torreira gar keine Morde, doch seit sie dort ist, häufen sie sich. Eine Gruppe Umweltschützer entdeckt im Naturschutzgebiet an der Küste eine Leiche, es ist zufällig der Richter, auf den ihr Kollege Baptista, der Kommissar aus Aveiro, dringend wartet.

Und so ermitteln die beiden wieder gemeinsam, erst widerstrebend, später immer effektiver und abgestimmter.

Die Ermittlungen nehmen viel Raum ein und sind kompliziert aber auch das Familienleben der Almeidas und Pintos kommt nicht zu kurz. Mariposa ist hochschwanger und mischt trotzdem noch überall mit, ihre Ideen bringen die Polizisten weiter. Rias Eltern reisen aus Stuttgart an und Ria hat das Glück, dass sich die ganze Verwandtschaft ihrer neu angemieteten Wohnung annimmt und diese renoviert und einrichtet. Sie ist viel zu tief in die Ermittlungen eingestiegen, sie hätte keine Zeit dafür gehabt.

Zwischen Ria und Baptista knistert es vernehmlich, dennoch bleibt das kollegiale Verhältnis gewahrt. Aber Baptista hat immerhin schon zugeben müssen, dass Ria für die kleine Polizeistation in Torreira überqualifiziert ist, vielleicht wird sie im nächsten Band zur gleichberechtigten Kollegin in Aveiro. So wären weitere gemeinsame Ermittlungen möglich, denn in Torreira gibt es ja keine Morde.

Bewertung vom 11.05.2024
Mord am Lago Maggiore
Holenstein, Alexandra

Mord am Lago Maggiore


ausgezeichnet

Wir lernen Ludwig und Tabea kennen, die Kapitel sind aus der Sicht jeweils eines der beiden geschrieben. Sie wohnten bisher in Zürich und folgen nun der Einladung von Herbert, Ludwigs Vater, in seine Villa am Lago Maggiore nahe Ascona zu ziehen. Wir begleiten die beiden in ihren ersten Wochen im Zusammenleben mit Herbert. Herbert ist kein sympathischer alter Mann, er ist ausgesprochen schwierig im Umgang. Er hat immer Recht, zumindest sieht er es so, er ist mitleidlos und übergriffig. Und eines Tages findet Tabea ihn tot in seiner Wohnung.

Der herbeigerufene Arzt vermutet zu Recht Unregelmäßigkeiten, die Obduktion ergibt, dass er vergiftet wurde.

Tabea hatte wirklich keinen guten Draht zu ihrem Schwiegervater, aber Mord ist etwas, das der Aufklärung bedarf. Und da ihr Mann ständig mit der Kommissarin zusammenhängt und sie nicht an seinem Wissen teilhaben lässt, recherchiert sie auf eigene Faust.

Jeder, der in diesem Roman eine Rolle spielt, ist verdächtig oder hätte allen Grund gehabt, Herbert etwas Böses zu wünschen. Nach und nach tauchen Tabea und Ludwig in alte Geschichten ein, erfahren Dinge, die weit in der Vergangenheit liegen und trotzdem noch Einfluss auf die Gegenwart nehmen. Nachdem Ludwig dann auch noch für einige Zeit ausfällt, vergräbt sich Tabea vollends in ihre Verdächtigungen und sieht zum Schluss den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Und so kommt die Lösung als Überraschung, damit hatte keiner gerechnet, auch die Kriminalpolizei nicht.

Die Handlung spielt hauptsächlich in Ascona am Lago Maggiore. Herberts Villa hat Seeblick und bietet einen ausladenden Garten, den Tabea für ihren Gemüseanbau nutzt. Jemand, der selbst gern erntet, muss hier ganz neidisch werden, wie fruchtbar dieses Land ist. Aber es wird auch klar, dass nach mehr als 20 kg Zucchini der Ertrag zu einer Belastung werden kann.

Dennoch ist der Schauplatz für den Krimi natürlich traumhaft und die Autorin spart auch nicht mit Beschreibungen, die Lust auf eine neue Reise machen.

Die Beziehung zwischen Tabea und Ludwig ist sehr fein herausgearbeitet. Sie ist nach den vielen Jahren Ehe etwas in die Jahre gekommen, keiner bemüht sich, alles wird für selbstverständlich genommen. Trotzdem, dieser Fall führt doch dazu, dass Tabea eine gewisse Eifersucht verspürt, wenn sie ihren Mann im trauten Gespräch mit der Kommissarin beobachtet und er ihr später nicht davon berichtet. Tabeas Erwartungshaltung wird schon mal enttäuscht, wenn er mit „Bella Donna“ auf sie zukommt, sie sich als schöne Frau angesprochen fühlt und dann einsehen muss, dass er lediglich das Gift meinte, mit dem sein Vater umgebracht wurde.
Ganz anders ist die Reaktion aber, als Ludwig nach einem Autounfall erst mal im Koma liegt. Da zeigt sich dann doch, dass die lange Zeit zusammengeschweißt hat und die Zuneigung noch nicht erkaltet ist.

Einer positiven Erwähnung bedarf auch der feinsinnige Humor, der besonders in Gesprächen hervortritt, wo beide Gesprächspartner gute Miene zum bösen Spiel machen. Zwei Frauen, die einen Kampf ausfechten und sich doch ums Versprühen von Gelassenheit bemühen, wie im Gespräch zwischen Tabea und Kassandra, als diese sich noch als zukünftige Eigentümerin der Villa sieht.

Und schließlich spielt auch noch ein eher phlegmatischer Hund eine besondere Rolle. Bruno, Herberts Hund, der nach seinem Tod von Tabea und Ludwig aufgenommen wird, zeigt ganz zum Schluss, was er kann und bedankt sich auf seine Weise dafür, dass er mit den beiden eine neue Familie gefunden hat. Wie gut, dass Kassandra ihn dann doch nicht haben wollte.

Bewertung vom 30.04.2024
Ein Traum aus Nuss und Schokolade / Café Alba Bd.1
Lombardi, Emilia

Ein Traum aus Nuss und Schokolade / Café Alba Bd.1


ausgezeichnet

Das Cover des Buches stimmt auf die Handlung ein. Auf dem Bild finden wir Kakao, daneben Haselnüsse, die im Buch eine wichtige Rolle spielen, also Zutaten, mit denen sich die Crema Piemontese herstellen lässt. Das Braun der Nüsse und der Schokolade und die türkise Keramik passen sehr harmonisch zusammen, beides sind warme Farben und dieser Eindruck hält sich auch beim Lesen. Man taucht in eine angenehme, warme Atmosphäre ein.

Die 16jährige Francesca wird von ihren Eltern als Hausmädchen zu der Familie Milani nach Alba geschickt. Die Familie betreibt ein gutgehendes Café, das Café Alba.
Neben ihren Aufgaben im Haushalt der Familie lernt sie dank dem Sohn der Familie auch die Backstube kennen und ist fasziniert davon. Mit Matteo verbindet sie bald mehr als nur Freundschaft und sie ist stolz, ihn mit ihren Ideen und ihrer Hände Arbeit unterstützen zu können. Aber als Hausmädchen kann sie sich kaum Hoffnungen auf den Sohn der Inhaberfamilie machen, das passt vom Status her gar nicht zusammen.

Nach dem plötzlichen Tod des Vaters findet die Familie heraus, dass horrende Schulden bestehen und dass die Bank ihnen die Kredite kündigen will. Eine einflussreiche Familie, die ihre Tochter eigentlich mit Matteo verheiraten wollte, steht bereits als Käufer bereit. Den Biancos schwebte schon lange vor, sich das gutgehende Café einzuverleiben und die Milanis auszuschalten.

Diese Gefahr von außen schweißt Matteo und Francesca noch enger zusammen, ihr neues Produkt, die Crema Piemontese, hergestellt aus Nüssen der Region und Schokolade, wird schnell ein Renner und ist uns auch heute noch unter anderem Namen bestens bekannt.

Das Buch liest sich sehr flüssig und gut, auch wenn Schicksalsschläge nicht ausbleiben. Es ist ein steiniger und langer Weg zum Erfolg. Wenn Matteo und Francesca glauben, es endlich geschafft zu haben, tun sich an anderer Stelle wieder Schwierigkeiten auf. Und dennoch - die Hoffnung stirbt nie!
Im letzten Abschnitt wird das Buch noch einmal richtig dramatisch. Und hier zeigt sich Francescas Stärke ganz besonders. Ich habe mir ihr gelitten und mich später mit ihr gefreut, dass sie es als Frau auch ganz allein, wenn auch mit guten Mitarbeitern, schaffte, den Betrieb zu halten und weiterhin erfolgreich zu führen.

Das Buch ist auf mindestens zwei Teile angelegt und im Sommer soll es mit Teil 2 weitergehen. Es endet insofern versöhnlich, als sich zum Schluss eine neue Liebesgeschichte für Francesca andeutet. Aber ich gehe davon aus, dass die Widersache aus dem ersten Band uns auch in Band 2 weiter begleiten werden.

Ich würde das Buch als Wohlfühlschmöker, aber auch als Schicksalsroman bezeichnen. Francesca wird schon in ganz jungen Jahren Witwe, sie hat ihre Ehe kaum genießen können, zumal Matteo und sie schon so viele Widerstände überwinden mussten. Diese Verbindung bestand in erster Linie aus Arbeit und Sorgen, allerdings war geteiltes Leid auch halbes Leid.