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Rainbookworld
Wohnort: 
Karlsruhe

Bewertungen

Insgesamt 5 Bewertungen
Bewertung vom 06.10.2024
Yoko
Aichner, Bernhard

Yoko


ausgezeichnet

Viele Leserinnen und Leser behaupten, Aichinger schreibe besser als Strobel und Fitzek. Diese Meinung hat mich neugierig gemacht, weshalb ich seinem neuesten Thriller eine Chance geben wollte.

**Inhalt und Protagonistin:**
Der Thriller dreht sich um die Titelheldin Yoko, die in ihrer Vergangenheit und Gegenwart extrem grausame Dinge durchgemacht hat. Diese sind so erschreckend, dass keine Triggerwarnung ausgereicht hätte, um darauf vorzubereiten. Schon in der ersten Hälfte des Buches stellte ich mir die Frage, warum ein männlicher Autor eine weibliche Protagonistin derart leiden lässt. Yoko hat nicht nur sexuellen Missbrauch in ihrer Kindheit erlebt, sondern wird auch in der Gegenwart Opfer einer Vergewaltigung – und das, als sie versucht, einen missbrauchten Hund zu retten. Diese Taten bringen Yoko in Konflikt mit der chinesischen Mafia, und sie begibt sich auf einen brutalen Rachefeldzug gegen alle, die ihr Leid zugefügt haben oder es noch vorhaben.

**Stil und Umsetzung:**
Einerseits ist es erfrischend, die Wut einer Frau so ungebremst dargestellt zu sehen. Die Idee eines Revenge-Thrillers, in dem die Protagonistin keinerlei Skrupel kennt, hat durchaus ihren Reiz. Andererseits wird meiner Meinung nach jedoch zu viel auf das Trauma der Protagonistin gesetzt, um die Handlung voranzutreiben. Hier wäre eine deutliche Triggerwarnung dringend notwendig gewesen, denn selbst in einem Thriller sollte man nicht ständig mit Vergewaltigung konfrontiert werden. Ich hätte mir gewünscht, dass diese Storyline von einer Autorin erzählt worden wäre. Zudem ist die Handlung insgesamt etwas weit hergeholt und nicht besonders realistisch nachvollziehbar. Trotz der generischen Satzstruktur, die typisch für das Thrillergenre ist, liest sich das Buch allerdings recht schnell und eignet sich gut für zwischendurch.

**Kritik und Fazit:**
Für meinen Geschmack gibt es in diesem Thriller manchmal einfach zu viel Blut. Die Grundidee ist interessant, doch ich denke, eine Person wie Melanie Raabe hätte das Thema besser umsetzen können. Denn für Spannung braucht es nicht zwangsläufig ein Blutbad.

Bewertung vom 06.10.2024
Almost isn't enough. Whispers by the Sea / Secrets of Ferley Bd.1
Bright, Jennifer

Almost isn't enough. Whispers by the Sea / Secrets of Ferley Bd.1


ausgezeichnet

Dieses Buch hätte mein Jahreshighlight sein können, doch leider hat es mich am Ende enttäuscht. Aber fangen wir von vorne an: Summer musste miterleben, wie ihr Elternhaus in Flammen aufging. Niemand weiß, wer dafür verantwortlich ist. Summer weiß nur, wie viel sie in diesen wenigen, kostbaren Momenten verloren hat. Um ihren Kopf freizubekommen, widmet sie sich dem Kitesurfen. Niemand versteht sie wirklich, bis Ares in die Stadt kommt. Viele sehen in ihm den typischen Bad Boy und einen schlechten Einfluss, aber auch er trägt seine eigenen Lasten.

Die Geschichte klingt zunächst wie ein reines Klischee in diesem Genre, und ehrlich gesagt hatte ich ähnliche Erwartungen, als ich das Buch als Ferienlektüre am Flughafen kaufte. Trotzdem habe ich es nicht bereut. Auf emotionaler Ebene ist das Buch eine Wucht. Jennifer Bright schreibt auf eine wunderbar poetische Art, die die Gefühle der Figuren intensiv zum Ausdruck bringt.

Das große Problem des Buches ist jedoch die Erotik, die den Plot zu überlagern versucht. Die emotionale Bindung zwischen Summer und Ares entwickelt sich so schön und gefühlvoll, doch dann kommen die beiden viel zu schnell auf körperlicher Ebene zusammen. Es wirkt, als wären diese Szenen nur eingefügt worden, um das Buch in der BookTok-Community populärer zu machen. Dabei würde die Geschichte auch ohne die erotischen Szenen hervorragend funktionieren.

Abgesehen davon habe ich kaum etwas an dem Buch auszusetzen. Die Auflösung der Geschichte war spannend und überraschend – ich bin ehrlich gesagt nicht darauf gekommen, wie sich alles entwickeln würde.

Bewertung vom 06.10.2024
Die vorletzte Frau
Oskamp, Katja

Die vorletzte Frau


gut

Von Katja Oskamp habe ich bereits Marzahn, Mon Amour gelesen, und war daher gespannt auf ihr nächstes Werk. In diesem Roman tritt Oskamp selbst als Protagonistin auf. Sie ist mit einem Musikdirektor verheiratet, trennt sich jedoch von ihm, nachdem sie den Schriftsteller Tosch kennenlernt. Auch Tosch trennt sich von seiner Partnerin. Er ist 19 Jahre älter als sie und ein bekannter Schweizer Schriftsteller, der zugleich ihr größter Förderer wird – allerdings unter strengen Bedingungen.

Ich muss sagen, dass ich diese Beziehung als ziemlich toxisch empfunden habe. Doch dann kommt der Twist: Der Schriftsteller erkrankt an Prostatakrebs. Oskamp beginnt daraufhin eine Ausbildung zur Fußpflegerin, worüber wir in Marzahn, Mon Amour mehr erfahren. Ihr Ziel ist es, unabhängig von ihrem Partner zu sein und sich ein eigenes Leben aufzubauen. Sie pflegt ihren kranken Mann, kümmert sich um die gemeinsame Tochter und arbeitet nebenbei. Bekommt sie dafür die Anerkennung, die sie verdient? Natürlich nicht. Ihr Ehemann ist zudem alles andere als begeistert von ihrer neu gewonnenen Unabhängigkeit.

Ehrlich gesagt fällt es mir schwer, diese Rezension zu schreiben, da das Buch so tabulos ist. Katja Oskamp ist ihren Weg gegangen, und doch fühlt es sich unangenehm an, so intime Einblicke in ihr Leben und das ihres Partners, der gegen den Krebs kämpft, zu erhalten. Gleichzeitig bleiben diese Einblicke jedoch oberflächlich. Ich frage mich, warum Themen wie die Krankheit, der Altersunterschied und die Reaktionen ihres Umfelds angesprochen werden, wenn sie nicht weiter vertieft werden. Wie denkt beispielsweise die Tochter über all das? Diese Fragen bleiben offen.

Das Buch regt auf jeden Fall zum Nachdenken an – insbesondere darüber, wie wir das Altern in unserer Gesellschaft wahrnehmen. Katja Oskamp zeigt sowohl die positiven als auch die negativen Seiten einer 19-jährigen Beziehung, und das ist einer der stärksten Aspekte dieses Romans.

Bewertung vom 12.08.2024
Stolz und Vorurteil
Austen, Jane;Kühn, Claudia

Stolz und Vorurteil


sehr gut

Zur Zeit von Bridgerton ist bei allen die Lust auf Regency Romances gesteigert. Auch bei mir. So habe ich mich sehr auf die Neuinterpretation eines alten Stoffes gefreut. Zum Inhalt muss man eigentlich nicht viel. Stolz & Vorurteil ist einer der bekanntesten Klassiker. Nicht nur männliche Personen haben in der Vergangenheit gute Bücher geschrieben. An den Zeichenstil musste ich mich erst noch gewöhnen, er ist eher Skizzenhaft an manchen Stellen und nicht sehr plastisch und doch bin ich begeistert von der Umsetzung. Dies ist auch eine tolle Chance Menschen, die nicht gerne lesen, diesen Text zugänglich zu machen. Jane Austens Charaktere sind ein Traum. Man kann so viele Probleme der Charaktere immer noch mit der heutigen Zeit vergleichen. Es ist und bleibt ein zeitloser Stoff. Die Aufmachung als wunderschönes Hardcover ist jetzt nicht meine Favoritenumsetzung, da es ziemliche unhandlich ist. Vielleicht erscheint ja eines Tages noch ein Paperback.

Bewertung vom 06.11.2022
Blutbuch
de l'Horizon, Kim

Blutbuch


ausgezeichnet

Unsere Erzählperson ist nichtbinär und lebt in der Schweiz. „Wer bin ich „, ist eine der großen Fragen für die Erzählperson selbst. Als die Großmeer an Demenz erkrankt, begibt sich die Erzählperson auf eine Suche nach den eigenen alten binären Wurzeln der Familie. Dabei zerstört die Erzählperson alle Stereotypen, die die Gesellschaft der Erzählperson auferlegt hat und zeigt in 5 gewaltigen Kapiteln, ein Spektrum des Erzählens, wie man es noch nicht gesehen hat.
Emotional konnte mich die Geschichte packen, sprachlich tauchte ich in einem kalten unbekannten See. Ich war schlichtweg überrascht und habe jede Seite verschlungen, manchmal nochmal umgeblättert, um gewisse Stellen noch einmal zu genießen. Diese autobiographische Identitätssuche, die manchmal sehr direkt und laut und voller Schmerz zu sein scheint, aber an anderen Stellen wieder sanft und leise, trifft ins Herz. Manchmal findet man im Schweigen die Antwort und manchmal im Brüllen, Und die Existenz dieses Werkes müssen wir herausbrüllen und sichtbar machen. Das ist der bedeutendste Roman für die queere Community überhaupt. Wir müssen uns von den Ketten befreien, die uns auferlegt wurden durch die Gesellschaft.
Kommen wir zum Cover, welches eine Geschichte aus der grieschichen Mythologie ziert. Apollo verunglimpfte den Gott der Liebe und deshalb bestrafte er ihn auf grausame Art und Weise. Er ist dazu gezwungen Daphne über alles zu begehren, aber dank Eros will sie nicht so begehrt werden und bittet ihren Vater sie in ein anderes Lebewesen zu verwandeln in einen Baum. Was sehr gut passt. Begehren und eine Verwandlung spielen auch in Blutbuch eine sehr große Rolle.
Es ist unverschämt queer (gab bspw eine Szene mit Grindr, die ich sehr gut nachvollziehen konnte) und unverschämt gut.
Für mich definitiv das Beste Buch des Jahres. Eine augenöffnende Suche, die ich nie vergessen werde.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.