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Benutzername: 
Christoph
Wohnort: 
Pulheim

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Bewertung vom 22.12.2021
Etwas von der Größe des Universums
Stefánsson, Jón Kalman

Etwas von der Größe des Universums


ausgezeichnet

"Etwas von der Größe des Universums" schließt nahtlos an Jón Kalman Stefánssons "Fische haben keine Beine" an und kann ohne dessen vorherige Lektüre wenn überhaupt, dann nur sehr schwer nachvollzogen und verstanden werden. Denn es werden durch die ganzen 400 Seiten hindurch immer wieder Handlungsstränge aus "Fische haben keine Beine" in Bezug genommen und weiter erzählt. So viele unbeantwortete Fragen "Fische haben keine Beine" aufgeworfen hat, so viele Antworten liefert "Etwas von der Größe des Universums" und das in der Jón Kalman Stefánsson so herausragend eigenen Art, dass man, je weiter man in der Lektüre voranschreitet, immer tiefer in dessen Handlung, die sich über 3 Generationen erstreckende Geschichte der Familie des Protagonisten Ari, hineingezogen oder besser gesagt, hineingesaugt wird. Es geht um nichts weniger als das Leben selbst, mit all seinen Verstrickungen, tragischen wie herzergreifend schönen Wendungen, die sich der menschlichen Einflussnahme weitgehend, aber eben doch nicht vollständig entziehen. Die Sprache Jón Kalman Stefánssons, man liest es allenthalben, ist poetische Prosa und man fühlt sich von ihr getragen, fast wie auf Wolken und das hat vor dem Hintergrund der zum Großteil düsteren Stimmung eines im Winter dunklen, kargen und eiskalten Island seinen ganz eigenen Charme. Musik und Lyrik bereichern die Handlung und vermitteln ein tieferes, gefühlvolleres Bild der verschiedenen Stimmungen. Beiden Kunstformen kommt ein hoher Stellenwert zu, die der Gruppe um den Protagonisten Hilfe und Trost in dem kargen und dunklen Island sind, während andere Alkohol, Sex, Gewalt und Glücksspiel bevorzugen, um zu demselben Resultat zu gelangen. Wenn beide Welten aufeinander prallen wie Hochdruck- und Tiefdruckgebiete beim Wetter, bleibt dies für die Biographie der vorkommenden Charaktere über Generationen hinweg nicht ohne Folgen. Ein sehr vielschichtiges, lebenskluges und sehr zum Nachdenken sowie zur Selbstreflexion anregendes Werk, das aus meiner Sicht uneingeschränkt zu empfehlen ist.

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