Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
fellfluse

Bewertungen

Insgesamt 20 Bewertungen
12
Bewertung vom 18.06.2024
Stolz und Vorurteil
Austen, Jane;Kühn, Claudia

Stolz und Vorurteil


weniger gut

Okay ich gehöre zu der Minderheit, die bisher weder das Originale Buch noch irgendeine Verfilmung kannte.
Und ich muss sagen, nach der Grafic Novel habe ich auch gar kein Bedürfnis mehr danach.

Ja, mir ist klar, dass GNs die Handlung eindampfen müssen, weil es sonst zu sehr ausufert. Aber ich fühlte mich an vielen Stellen einfach nicht abgeholt. Vieles erschien mir unlogisch, als würde einfach viel zu viel Kontext übersprungen worden sein.

Die Zeichnungen finde ich okay, die Frauen sind mir oft zu harsch gezeichnet, aber das ist vielleicht einfach der Stil.
Worüber ich aber leider nicht hinweg komme, ist, dass ich so ungefähr jede einzelne Figur unsympathisch fand.
Und es hat mich wirklich gestört, welche Schriftarten für die Briefe gewählt wurden, das war stellenweise wirklich sehr sehr schwierig zu entziffern.

Insgesamt für Fans von Film und/oder Buch sicherlich eine tolle Ergänzung der Sammlung, für mich aber leider nix.

Bewertung vom 12.06.2024
Funny Story
Henry, Emily

Funny Story


sehr gut

Daphne wurde kurz vor der Hochzeit von ihrem Verlobten verlassen. Für dessen beste Freundin. Und weil Daphne jetzt auch kein Dach mehr über dem Kopf hat, zieht sie kurzerhand mit dem Ex dieser besten Freundin ihres eigenen Exes zusammen. Miles und sie freunden sich an und aus der Schnapsidee, eine Beziehung zu faken, um weniger erbärmlich vor ihren Exen dazustehen, wird unverhofft doch mehr.

Natürlich ist das Buch vorhersehbar. Der Spannungsbogen ist wie aus dem Bilderbuch, es ist einfach eine RomCom die jeder vorhersagen kann, der schonmal einen Film aus dem Genre gesehen oder ein solches Buch gelesen hat. Keine Überraschungen.
ABER! Das Buch macht trotzdem Spaß. Miles ist eben nicht der perfekte, erfolgreiche Businessmann, aber ein absolut sympathischer Charakter. Daphne ist zwar ganz klischeehaft Bibliothekarin, aber dabei einfach nett und freundlich und nachvollziehbar.
Die Nebenfiguren sind alle irgendwie besonders. ZU besonders um realistisch zu sein, aber um Realismus geht es hier auch nicht.

Die Story ist… funny. Da wird nicht zuviel versprochen. Sie ist witzig geschrieben, sprüht vor Lebenslust und ist einfach eine wirklich schöne, leichte Lektüre.

Bewertung vom 12.06.2024
Die kurze Stunde der Frauen
Gebhardt, Miriam

Die kurze Stunde der Frauen


weniger gut

Ich muss leider sagen, dass ich wirklich enttäuscht bin von dem Buch. Ich hatte mir nach Klappentext und Leseprobe etwas anderes erwartet und bin ziemlich auf dem Boden der Tatsachen angekommen.
Ich dachte, es geht darum zu zeigen, wie die Frauen in der Nachkriegszeit gelebt haben, gehandelt haben, was sie geleistet haben, leisten mussten. Und wie es mit ihnen weiterging, warum oder wie sie dann letztendlich aus der ersten Reihe des Wiederaufbaus doch zurückgetreten sind und den Männern die Leitung überlassen haben.
Statt dessen werden durchgehend heutige Maßstäbe angesetzt für Handlungen und Überzeugungen, bei denen die Frauen gar nicht gut abschneiden können. Es wird gewertet und beurteilt und sei es nur durch sprachliche Details. Aber es fühlt sich durchgehend so an, als würde die Autorin mit einem recht abschätzigen Blick auf diese Frauen sehen und sich denken „hättet ihr besser machen können“.

Ungenauigkeiten, die zum Beispiel bei der Beschreibung von Ereignissen auf einem Zeitstrahl betreffen, regen mich dann noch zusätzlich auf (wenn ich so ein Buch schreiben will, dann doch bitte ordentlich aufbereitet).
Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Autorin beruflich Historikerin ist, hatte ich eine Auseinandersetzung erwartet, keine wertende Meinung. Und sauberes Arbeiten.

Das Buch hatte thematisch Potenzial und die Fotos finde ich wirklich gut gewählt aber inhaltlich kann es mich leider absolut nicht überzeugen.

Bewertung vom 02.05.2024
The Summer of Broken Rules
Walther, K. L.

The Summer of Broken Rules


gut

Ein Kriegsspiel als verbindendes Element
Meredith und ihre Familie machen jeden Sommer Urlaub auf Marthas Vineyard. Fast jeden Sommer. Im letzten Jahr waren sie nicht dort, weil sie den Tod von Merediths Schwester Claire verarbeiten mussten. Entsprechend fühlt sich die Reise in diesem Jahr anders an. Nicht nur, weil der Anlass ein besonderer ist – die Hochzeit der Cousine – sondern auch weil hinter jeder Ecke die Erinnerung lauert.

Dem Setting stehe ich etwas ambivalent gegenüber. Einerseits mag ich so leichte Sommerbücher und was schreibt mehr nach Leichtigkeit, als der Urlaub auf einer Insel? Andererseits bin ich kein besonderer Fan dabei, privilegierten Kids dabei zuzuschauen, wie sie ach-so-schlimme-Probleme lösen, während sie sich überhaupt nicht darüber im Klaren sind, wie sehr sie eigentlich vom Schicksal begünstigt wurden, überhaupt SO leben zu können und dies normal zu finden.
Das finde ich hier auch. Hier wird munter über Einkäufe im dreistelligen Bereich gesprochen als wäre das nichts und völlig normal. Riesengroße Flächen auf der Farm, mehrere Gästehäuser, drei Kilometer lange Wege bis zur Grundstücksgrenze… alles normal. Für mich nicht. Und in Anbetracht dieses Umfeldes fällt es mir dann auch schwer, die Sorgen und Nöte der Charaktere so richtig ernst zu nehmen.

Sorgen und Nöte? Ja, tatsächlich ist für die meisten Personen das größte Problem, ob sie bei einem Spiel rausfliegen. Überhaupt, und das ist kein Spoiler weil das Spiel bereits zu Beginn startet, dreht sich fast alles um „Killer“. Wo man einander mit Wasserpistolen zu erlegen versucht. Und das zieht sich durch die ganze Handlung, ist die meiste Zeit sogar der führende Handlungsstrang. Permanent wird von „gekillt“ „einem Kill“ und Ähnlichem gesprochen und ich finde das einfach unpassend. Ja, das Spiel klingt nach Spaß. Aber im Grunde ist das schon recht zweifelhaft, wenn über ein Spiel eine „wir erschießen einander“-Atmosphäre kreiert wird. Bei der wohlgemerkt alle dieses Spiel viel zu ernst nehmen. Ich meine, es ist ein Spiel. Das bei der ganzen Hochzeitswoche eigentlich eine kleine Nebensächlichkeit sein sollte. Netter Zeitvertreib aber mehr auch nicht. Aber einige scheinen es sich zum Lebensinhalt zu machen und da es permanent so in den Vordergrund gerückt wird, hinterlässt das bei mir einen komischen Beigeschmack. Ich meine, es ist am Ende einfach nur ein Spiel und sollte nicht so wichtig genommen werden, dass man deswegen lügt, einander „verrät“ oder so wütend aufeinander wird, dass man erstmal unendlich viel Zucker zum Ausgleich konsumieren muss. Alleine die Aussagen, dass einem schlecht wird bei dem Gedanken, jemand bestimmten mit Wasser „abschießen“ zu müssen. Sorry? Es. Ist. Ein. Spiel. Ich begreife einfach nicht, wieso alle das so verdammt ernst nehmen, als würden sie in echt jemanden erschießen müssen.

Außerdem stört mich ehrlich gesagt auch der Titel des Buches, denn es geht nicht um einen ganzen Sommer, sondern nur um eine einzige Woche. Da war ich alleine aufgrund des überschaubaren zeitlichen Rahmens schon etwas enttäuscht.


Geschrieben ist es gut. Locker-leicht. Sommerlich eben. Jugendlich. Fröhlich trotz aller Dramatik, die dahinter liegt. Wirklich angenehm und eingängig.
Und die Sommerstimmung, das Unbeschwerte, die (finde ich) tolle Familie mit der wunderbaren Feier gefällt mir sehr. Auch wenn die gesamte Familie schon sehr privilegiert lebt und das als selbstverständlich hinnimmt. Aber insgesamt liest das Buch sich wie das was es sein will: eine schöne, leichte Sommerromanze.
Was es hingegen nicht ist und wo ich auch mehr erwartet hätte aufgrund der Beschreibung: Es ist kein Buch, in dem Trauer verarbeitet wird. Das ist immer so ein bisschen unter ferner liefen und auch da finde ich werden etwas falsche Erwartungen geweckt.

Daher: Störst du dich an einem Kriegsspiel, das die komplette Handlung für sich vereinnahmt?
Störst du dich daran, dass es nur um eine einzige Woche geht?
Störst du dich an sich nicht altersgerecht verhaltenden Protagonisten?
Störst du dich am Miscommunication-Trope?
Wenn alle Antworten „nein“ lauten, ist das hier ein tolles Buch für warme Sommertage.

Bewertung vom 29.04.2024
Die Stimme der Kraken
Nayler, Ray

Die Stimme der Kraken


ausgezeichnet

Vieles, über das man sich Gedanken machen könnte (und sollte)

In einer Welt, die mit Unterstützung von KI auf Gewinnmaximierung getrimmt ist und in der Konzerne und Regierungen gleichermaßen als wirtschaftliche und moralische Akteure auftreten, wird entdeckt, dass die Seeungeheuer, von denen Einheimische einer kleinen Insel seit Generationen reden, real sind. Damit ergibt sich nicht nur wissenschaftliches Interesse, sondern vor allem auch monetäres und die Insel wird kurzerhand von einem Großkonzern gekauft und entvölkert. Einzig ein Android, eine Kriegerin und eine Wissenschaftlerin befinden sich jetzt dort. Zumindest denken sie das, denn sie werden beobachtet von Wesen, die ihnen an Intelligenz in nichts nachstehen.

Normalerweise lasse ich mich wenig über Covergestaltung und insbesondere Farbschnitte aus, weil ich finde, es geht ums Buch, um die Geschichte, den Inhalt. Und das Äußere kann ganz toll aussehen, aber eine schlechte Geschichte nicht verschleiern und kann daher immer nur eine optionale Zugabe, ein nice-to-have sein.
Tja in dem Fall ist es für mich ein nicer-not-to-have, denn ich finde die Farbe des Schnitts absolut unpassend zum Cover. Ich hätte lieber weiße Seiten gehabt. Auch, dass der Strichcode noch auf der Frontseite abgedruckt ist, bricht irgendwie mit dem Bild. Schade, das hätte man schöner gestalten können und auch wenn das Buch sich haptisch wirklich positiv hervortut und absolut hochwertig wirkt, der Sprung auf den „Hauptsache Farbschnitt“-Zug und die Umsetzung mit dieser Farbe machen das Ergebnis für mich kaputt.
Letztendlich ist es aber der Inhalt, der zählt (sowieso), weswegen das nur eine Notiz am Rande ist.

Inhaltlich ist das Buch anspruchsvoll. Es fordert heraus zu mit- und selbstdenken und sprachlich ist es auf einem hohen Niveau. Ich habe mich immer für einen intelligenten Menschen gehalten, aber dennoch musste ich einzelne Wörter googeln um die Bedeutung der Sätze verstehen zu können. Fand ich etwas beschämend, aber es passt einfach. Denn wenn Wissenschaftler sich in ihrem Thema bewegen, benutzen sie Fachwörter ganz unwillkürlich im Gespräch. Das geht mir mit meinem Fachgebiet genauso, nur bin ich eben keine (Meeres-)Biologin und mein Wissensstand war an einigen Stellen nicht ausreichend. Ganz allgemein ist das Buch sprachlich und inhaltlich anspruchsvoll. Wenn man nicht nur die Wörter, sondern den Sinn dahinter verstehen will, muss man es aufmerksam lesen. Gerade bezüglich der KI-Strukturen war das für mich herausfordernd und ich bin ungewöhnlich langsam voran gekommen.

Auch werden Themen angesprochen, die zu einer Auseinandersetzung mit sich anregen. Wie viel wollen wir KI überlassen? Wo ist die Grenze für Produktivität und Gewinnerzielungsabsicht? Wie viel Macht sollten Akteure haben? Wann ist man menschlich genug? Wie kann eine solche Ausbeutung verhindert werden? Aber auch einfach „Was zur Hölle tun wir da gerade?“

Je mehr sich aber die einzelnen Handlungsfäden miteinander verwoben haben, desto schneller war auch mein Lesetempo, gerade so, als würde der Strudel der Geschehnisse auch mich als Leserin mitreißen.
Das Setting und die Grundidee finde ich wirklich spannend und gut. Eine Idee, die gar nicht so abwegig ist und die doch Unbekanntes betrachtet – gelungen! Einen Öko-Thriller sehe ich dennoch eher nicht, aber ich verstehe, dass dieses Label wahrscheinlich höhere Verkaufszahlen generiert, als ein „einfacher Thriller“ oder „Wissenschafts-Thriller“.

Das Ende des Buches lässt mich etwas ratlos zurück. Auf den letzten 80 Seiten haben sich die Geschehnisse überschlagen und es fühlte sich etwas hektisch an. Gleichzeitig sind am Ende noch ein paar lose Fadenenden übrig geblieben, die ich gern verknüpft gesehen hätte.
Insgesamt aber eine – wenn auch anspruchsvolle – doch sehr angenehme Lektüre und ein tolles, spannendes Buch.

Bewertung vom 25.04.2024
Wendy, Darling - Dunkles Nimmerland (mit gestaltetem Farbschnitt)
Wise, A. C.

Wendy, Darling - Dunkles Nimmerland (mit gestaltetem Farbschnitt)


sehr gut

Nimmerland ist lange her, Wendy hat sich ein Leben aufgebaut, in dem diese Zeit mit Peter keinen Platz mehr hat. Keinen Platz mehr haben darf, das hat sie schmerzhaft gelernt. Und doch, als eines Tages Peter wieder auftaucht, weiß sie es sofort. Ist sofort wieder alles präsent und sie spürt die Gefahr, die von ihm ausgeht. Allerdings glaubt Peter nicht, dass Wendy erwachsen geworden ist und entführt an ihrer Statt ihre Tochter Jane. Und Wendy muss nun nicht nur versuchen, ihre Tochter zu retten, sondern sieht sich auch – wieder – Männern gegenüber, die nicht glauben wollen und daher nicht hören dürfen, was wirklich geschehen ist.

Das Buch ist abgesehen von seinem fabelhaften Äußeren und der absolut wertigen Haptik schön gemacht.
Es ist nicht das erste und wird nicht das letzte sein, in dem Peter Pan eben nicht als der liebeswerte, nette, verspielte Junge dargestellt wird, als den Disney ihn zeichnete. Sondern als gefährlich, manipulativ und gerissen. Er verfolgt seine eigenen Interessen und weiß, wie er sie durchsetzen kann.
In diesem Buch geht es dann aber nicht darum, Peter als Antihelden zu begleiten, sondern um Wendy, die sich in der Welt nach Nimmerland zurecht finden musste. Die als Frau lernen musste, dass ihre Meinung nicht gehört wird, ihre Worte ihr selbst Schaden können, nur weil die Männer in ihrem Umfeld die Augen vor dem verschließen, was sie ihnen zeigen will. Sie muss sich anpassen, um sich durchsetzen zu können. Und in diesem Setting entführt ausgerecht Peter Pan ihre Tochter. In eine Welt, die von Wendys Brüdern vergessen wurde und von der niemand sonst weiß. Und Wendy riskiert alles, um Jane zu retten.

Die Story ist gut erzählt. Insbesondere die Berichte, wie Wendy ihre Überzeugungen verleugnen musste, finde ich äußerst beklemmend. Zumal es kein Geheimnis ist, wie früher mit Frauen umgegangen wurde, die eben nicht ins Bild passten. Insgesamt finde ich, lebt das Buch von der Stimmung, die man sich im Kopf aufbaut und die auch durch die düstere Aufmachung des Buches unterstützt wird. Vor dem Hintergrund hätte für meinen Geschmack das Worldbuilding etwas detailreicher sein können und die Beschreibungen etwas mehr in die Tiefe gehen können.

Nichts desto trotz ist die Handlung interessant und gerade die aufgezeigte Diskrepanz zwischen dem was war oder ist und dem was sein darf ist enorm. Mir gefällt das Buch gut, es ist keine Neuerzählung, aber eine Weitererzählung auf Basis einer anderen Sichtweise und spiegelt damit im Grunde genommen das wieder, was Wendys Leben ausmacht: Andere Annahme der Wirklichkeit, und darauf aufbauende Entscheidungen.

Bewertung vom 09.04.2024
Yours Truly
Jimenez, Abby

Yours Truly


sehr gut

Brianna ist Ärztin in der Notaufnahme und hatte vor, den Chefarztposten zu übernehmen, nachdem ihre beste Freundin der Liebe wegen weggezogen ist und die Stelle wieder vakant ist. Doch plötzlich wird ihr ein anderer Kollege vor die Nase gesetzt, der mit ihr um die Stelle konkurriert. Nur, dass er das gar nicht tut. Eigentlich möchte Jacob nämlich nur seine Ruhe haben und über die Trennung seiner Ex und deren Verlobung mit seinem Bruder hinwegkommen. Blöd, dass er es sich gleich in den ersten Tagen im neuen Job mit Brianne verscherzt, die wirklich nicht noch mehr Ärger gebrauchen kann, da ihr eigenes Leben gerade einem Trümmerhaufen gleicht.

Bereits auf den ersten Seiten wird klar, das hier ist ein Wohlfühlbuch. Eines, mit dem man sich einkuschelt und das man genießt. Zu dem man zurückkehrt wie zur Lieblingsserie. Bei dem zwar das Krankenhaus das Setting bildet, aber die Menschen im Vordergrund stehen. So wie bei einer gewissen Arztserie auch, die zu Beginn auch mehr menschlich als medizinisch spannend war.
Der Schreibstil war genau auf meiner Wellenlänge. So, dass ich mitfühlen, mitzweifeln, mich mitärgern und mitsorgen konnte.
Etwas anstrengend hingegen war die konsequente Nutzung des miscommunication-tropes als Basis für Entwicklungen der Storyline.
Und das, wo das Buch zu Anfang so sehr bei mir gepunktet hat, weil Jacob sehr früh sehr offen war und sich mit ehrlichen Worten an Brianna gewandt hat. Ehrlichkeit und Ansprache von (vielleicht unangenehmen) Dingen war die Grundlage, auf der die beiden sich begegnet sind. Aber sobald da „mehr“ dazu kam, wurde konsequent aneinander vorbeigeredet, Dinge weder sich noch dem anderen eingestanden und ein riesen Bohei gemacht um Dinge, die mit einer richtigen Aussprache erledigt gewesen wären.

Die Hälfte des Buches gibt es überhaupt nur, weil beide an einander zweifeln und das nicht ansprechen und das finde ich wirklich schade und das hat mich reichlich frustriert. Dass am Ende dann noch ein Handlungsstrang dazu kommt, der mich eigentlich immer in Büchern nervt, macht es leider nicht besser. Der allerdings ist gut aufgelöst und in die Handlung eingebettet, so dass ich da drüber hinweg sehen kann.
Insgesamt dank der absolut sympathischen Charaktere und ihrer liebenswerten Eigenschaften und der Rahmenhandlung ein gutes Buch, auch wenn mit direkterer Ansprache noch Luft nach oben gewesen wäre.

Bewertung vom 04.04.2024
Der Rabengott
Leckie, Ann

Der Rabengott


sehr gut

Der Rabe, ein Gott, wacht über Iraden. Er wird vertreten von einem Raben und einem menschlichen Statthalter. Stirbt das Tier, folgt ihm der Mensch auf den Thron. Ihm folgt ein neuer Rabe und ein menschlicher Erbe. Nur dieses Mal ist der Statthalter statt zu sterben verschwunden. Und anstatt den Thron zu erben, muss Mawat ihn nun von seinem eigenen Onkel zurück fordern. Unterstützt von Eolo, der noch ganz andere, die Welt in ihren Grundfesten erschütternde, Dinge herausfindet.

Dieses Buch ist aufgrund seiner Sprache und Erzählweise etwas Besonderes und das muss man mögen. Ich persönlich hatte damit meine Schwierigkeiten leider. Dass man einem Gott auf seiner eigenen Reise folgt und in der Gegenwart durch die Augen und die Gedanken dieses Gottes Eolo beobachtet, der immer wieder in der 2. Person singular angesprochen wird, das ist speziell. Ich fand es dadurch schwierig, mich emotional einzulassen, weil man die „heutige“ Handlung eben nur aus zweiter Hand erlebt.
Das Worldbuilding hingegen ist wirklich gut und die Idee gefällt mir sehr. Auch mochte ich die Anteile der Story, in der wir den Erzähler in seiner eigenen Vergangenheit begleiten. Da brauchte ich einige Seiten um reinzukommen, aber dann fand ich das eine ganz angenehme Abwechslung. Ist aber auch 1. Person singular und liegt mir einfach mehr.
Setting ist gut gewählt und die Storyline ist gut ausgearbeitet und durchaus spannend.

Das Buch ist insgesamt ganz anders, als ich es erwartet hätte. Etwas schwieriger zu erleben, als gedacht, dafür inhaltlich viel tiefgründiger.

Bewertung vom 19.03.2024
Die sieben Türen
Draschoff, Adrian

Die sieben Türen


sehr gut

Wunderschön und wunder-voll

Ein kleines Leuchten erscheint und weiß nicht, was es ist, warum es ist und was es sein will. Die Raupe Yara nimmt es daraufhin mit auf eine Reise zu den grundsätzlichen Fragen, zu den Dingen, die unser Leben bestimmen und untrennbar miteinander verwoben sind und letztendlich zu der Entscheidung, was das Leuchten sein will.

Bei dem Buch fällt zunächst eines auf: Es ist wunderschön gestaltet. Das Produktbild wird dem keinesfalls gerecht. Das Buch fühlt sich hochwertig an, hat ein Lesebändchen und unfassbar schöne, liebevolle Illustrationen. Die Sprache ist einfach, aber nicht simpel. Für Kinder ab dem Grundschulalter sicherlich mit Begleitung durch die vorlesende Person erfassbar. Grundsätzlich aber würde ich das Buch eher als Erwachsenenliteratur einordnen, denn es fordert dazu heraus, gedanklich von vorn anzufangen und sich der grundlegenden Fragen des Lebens bewusst zu werden.

Kleines Gimmick ist, dass mit der Größe und Darstellung der Schrift gespielt wird und der ganze Text sehr lebendig gestaltet ist.
Optisch definitiv ein Highlight und sehr liebevoll gemacht.

Inhaltlich finde ich es im wahrsten Sinne des Wortes wunder-voll denn im Grunde denkt man immer über all das nach, was einen umgibt und über das Wunder „Leben“ an sich.

Könnte der Text weiter in die Tiefe gehen? Ja, könnte er. Aber dann hätte man hier kein wunderschönes, von Gestaltung und Optik lebendes, handliches und niedrigschwelliges Büchlein, sondern einen textlastigen Wälzer, den zu lesen man unter Umständen schnell die Lust verliert.
So ist es fast schon ein Kunstwerk, das zwar nicht tief gräbt, dafür aber Raum lässt für eigene Gedanken.

Für mich eine absolute Empfehlung und ein Buch, das ich gerade mit meinem Kind sicherlich noch oftmals lesen werde und bei dem ich sicher bin, dass der Zauber noch lange nicht verfliegt.

Bewertung vom 15.03.2024
Das kleine Buch der großen Risiken
Thomä, Jakob

Das kleine Buch der großen Risiken


ausgezeichnet

26 Risiken – erklärt und bewertet

Der Autor nimmt und in diesem Buch mit auf eine Reise in die Zukunft und deren mögliche Bedrohung durch verschiedene Risiken – eines für jeden Buchstaben des Alphabets.
Die Risiken werden dargestellt, erklärt und bewertet jeweils auf der Grundlage der Frage, ob wir uns Sorgen machen müssen.
Und ja, bei ein einigen Dingen sollten wir (oder nachfolgende Generationen) das durchaus tun. Und das sind nicht diejenigen, auf die man beim Lesen der Risiken-Liste getippt hätte.

Das ganze Buch ist mit viel Humor und Augenzwinkern geschrieben. Und das bei Texten, die Wissenschaft und Zukunft, Tod und Verderben, aber eben auch Chancen und Hoffnung beschreiben. Mir persönlich gefällt der Stil sehr gut, er nimmt den teilweise doch schweren Themen ein wenig die Spitze. Aber ich verstehe auch, wenn anderen da die Ernsthaftigkeit fehlt oder man die wissenschaftliche Qualifikation des Autors in Frage stellt. Beides ist nicht nötig, denn der Mensch setzt sich tatsächlich beruflich mit Risiken auseinander und entgegen anderslautender Anweisungen an der einen oder anderen (zumindest meiner) Hochschule, können wissenschaftliche Texte eben DOCH unterhaltsam sein.

Optik und Haptik des Buches finde ich gelungen, Inhalt ohnehin sehr. Einige Themen haben mich beruhigter zurückgelassen, als ich es vorher war. Dafür wurden einige Risiken beschrieben, die ich vorher gar nicht auf meinem persönlichen „was uns alle vernichten wird“-Schirm hatte.
Insgesamt absolut lesenswert.

12