Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
JED
Wohnort: 
Berlin
Über mich: 
Wenn Ihr Lust habt, besucht doch mal meinen Bücherblog: http://schmoekerstube.blogspot.com/ Hier findet Ihr noch mehr zum Thema BÜCHER sowie weitere Rezensionen von mir. Freue mich über Euren Besuch. :o)

Bewertungen

Insgesamt 132 Bewertungen
Bewertung vom 26.01.2014
Flug ins Apricot (MP3-Download)
Müntefering, Mirjam

Flug ins Apricot (MP3-Download)


sehr gut

Kurzinhalt:
Franzi ist 16 Jahre und lebt beschaulich in einem kleinen Dorf. Zusammen mit ihrer besten Freundin Mercedes, die vor allem ihr Pferd und Jungs in Kopf hat, denkt sie viel über ihre Zukunft nach.
Während alle ganz genauzu wissen scheinen, was sie wollen, hat Franzi das Gefühl, von jedem ein wenig zu können, aber nichts wirklich gut genug, um ein größeres, vielleicht sogar berufliches Interesse daran zu entwickeln. Die Begeisterung für Jungs von Mercedes kann sie auch nicht recht teilen.
Da kommt Alex(andra) neu in ihre Klasse. Frisch aus der Großstadt zugezogen und so ganz anders als alle anderen Mädchen, die Franzi bisher kannte. Und das nicht nur, aufgrund ihrer coolen Frisur und tollen Klamotten.

Meine Meinung:
Dies ist nicht nur ein Buch über das ohnehin schon schwierige Erwachsenwerden, sondern auch über die zusätzliche Schwierigkeit, zudem noch homosexuell zu sein.

Es ist wirklich beeindruckend, wie realistisch Mirjam Müntefering das buchstäbliche Kribbeln im Bauch beschreibt, das bei Franzi langsam Einzug hält, wenn sie Alex sieht. Wie es ihr durch und durch geht, wenn Alex sie einfach nur ansieht.
Oder ist es einfach nur ein verwirrtes Gefühl, weil Alex so anders ist? Schließlich war Franzi doch auch schon in Jungs verliebt.
Wie Müntefering diese sich widerstreitenden Gefühle in Worte fasst, die sich langsam doch als ein (echtes) Verliebtsein herauskristallisieren, ist beeindruckend und hat mich unglaublich an mein eigenes erstes Verliebtsein in eine Frau erinnert, was ich damals nicht als solches identifzieren konnte (ein solches Buch hätte mir geholfen!) und von dem ich daher auch nicht recht wuste, was ich davon halten sollte.

An einer Stelle im Buch sagt ein älteres Lesbenpärchen zu Franzi, sie wären froh gewesen, wenn sie schon so früh sich im Klaren gewesen wären, dass sie lesbisch sind. Das hätte ihnen einiges erspart und vieles andere ermöglicht.
Mir ging es ähnlich: Hätte es solch ein Buch in meiner frühen Jugend schon gegeben, wären mir einige "falsche" Wege auf der Suche nach der Liebe vielleicht erspart geblieben.


Gleichzeitig muss Franzi sich fragen, ob sie "so" ist (das Wort "lesbisch" geht ihr lange Zeit nicht über die Lippen).
Und schließlich: Was das für ihre Zukunft bedeuten würde. Wie die "normale" Gesellschaft ihr zukünftig begegnet.

Es dauert eine Weile, bis sie sich darüber klar wird. Und was sich schließlich für Alex und sie als "normal" anfühlt, für "die anderen" doch einfach "unnormal" ist. Womit immer auch eine gewisse Bedrohung über dieser ersten großen Liebe hängt, die doch einfach nur als wunderschön in Erinnerung bleiben sollte - ohne sich verstecken zu müssen.


Fazit:
Ein toller Beitrag zum bevorstehenden Coming out lesbischer Mädchen.
Für mich endete das Buch allerdings zu früh, denn die tatsächliche Herausforderung, ihre Liebe auch OFFEN zu leben (und die daraus resultierenden Folgen, die auf einem Dorf sicher nicht ausbleiben), fehlte hier völlig. Es gibt allerdings noch einen Nachfolgeband (Apricot im Herzen: Roman ), den ich mir gleich mal besorgen werde...

Bewertung vom 26.01.2014
Blaue Augen bleiben blau
Buschbaum, Balian

Blaue Augen bleiben blau


gut

Kurzinhalt:

Balian Buschbaum (zur Zeit vielen aus "Let's dance" bekannt) wurde 1980 als Yvonne geboren. Sie war eine der besten deutschen Stabhochspringerinnen Deutschlands, bis sie 2007 ihren Rückzug vom Profisport bekannt gab und gleichzeitig auch aufhörte als Frau zu leben und sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterzog.
In diesem Buch beschreibt Balian Buschbaum seinen Weg.



Meine Meinung:

Das Problem bei der Bewertung von Biografien ist sicher die Erwartungshaltung, mit der man an sie herangeht. Bei diesem Buch hatte ich die ganz klare Vorstellung, dass es um die Schwierigkeiten eines Menschen geht, der feststellt, dass er/sie im falschen Körper zu Welt gekommen ist ist.

Der Untertitel "Blaue Augen bleiben blau" weist zudem explizit auf eine Veränderung hin, die eigentlich keine ist. Wie eine Aufforderung, ihn als den selben Menschen zu sehen - der er ja auch ist.


Tatsächlich war ich dann aber ein wenig enttäuscht über die Umsetzung des Buches. Es wirkt, als hätte Balian wenig Probleme mit seiner Identität (Junge im Mädchenkörper) gehabt. Danach hätte sich schon in der 3. Klasse ein Mädchen in ihn (damals noch sie) verliebt und auch später hätte er problemlos viele (heterosexuelle!) Freundinnen gehabt.

Das hat bei mir einige Fragen aufgeworfen. War Balian tatsächlich schon immer so eindeutig männlich, dass sein tatsächliches Geschlecht kein Thema war?
Ich habe mir daraufhin alte Videos von Yvonne Buschbaum angesehen, die trotz einiger androgyner Züge für mich doch eindeutig weiblich wirkte.
Wie kann dieses also scheinbar "problemlose" Leben in der männliche "Rolle" sein?

So blieben bei mir während des Lesens mehr Fragen offen, als beantwortet wurden. Wie sind die Eltern mit diesem Kind (das scheinbar eine "normale" Jungenkindheit hatte) umgegangen?
Manche Dinge klingen kurz an. Aber oft schreibt Balian nur: "Wir haben darüber nie gesprochen."

Und gedacht?
Wie ist sein eigenes Erleben gewesen, welche Fragen hat er sich gestellt, welche Unsicherheiten gab es?
Gab es in der Schule tatsächlich nie Probleme? Mit anderen Kindern?
Auch darauf findet man kaum eine Antwort in dem Buch. Es scheint, als hätte er viel mit Sport (der in diesem Buch auch großen Raum bekommt) unterdrückt, aber eine wirkliche Auseinandersetzung mit sich selbst hat nicht stattgefunden, obwohl er immer wieder versucht, hier schreibend seine eigene geistige Tiefgründigkeit zu betonen.

Mich hat das alles eher ratlos zurückgelassen.

Zwar sind die Ausführungen über das eigentliche Prozedere sehr interessant und haben mir nochmal einige Sichtweisen eröffnet.
Im Großen und Ganzen ist mir das alles aber zu glatt abgelaufen. Wenn es so war, kann man Balian letztlich nur gratulieren, aber das ist sicher nicht die Norm.

Zumal Balian ja auch möchte, dass andere Transsexuelle aufgrund seiner Ausführungen den Mut finden, zu sich selbst zu stehen.

Ganz schlimm fand ich auch die Ausführungen zu Männern und Frauen (Buschbaum hat diesbezüglich auch ein zweites Buch geschrieben: Frauen wollen reden, Männer Sex: Wie verschieden sind wir wirklich, Herr Buschbaum? ), das letztlich wieder Rollenklischees manifestiert, die gerade er doch abgelegt haben sollte.

Fazit:
Dass ein Transsexueller seinen Weg öffentlich macht, ist so häufig noch nicht und verdient insofern viel Respekt und Anerkennung.
Dennoch: nicht besonders gut umgesetzt. Zu viele Fragen bleiben offen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.01.2014
Eisenkinder
Rennefanz, Sabine

Eisenkinder


ausgezeichnet

Kurzinhalt:

Sabine Rennefanz wurde 1974 in der DDR geboren. Kurz vor der Wende kam sie in eine Eliteschule nach Eisenhüttenstadt ("Eisenkinder"), wo der "sozialitische Kader" herangezogen werden sollte.
In diesem Buch beschreibt sie ihr Leben vor und ihr Suchen nach neuem Halt nach dem Mauerfall.


Meine Meinung:

Sabine Rennefanz und ich sind ein Jahrgang und ich wollte das Buch sofort lesen, als ich die erste Rezension darüber in der Zeitung entdeckte.

Besonders fasziniert hat mich der Untertitel: "Die stille Wut der Wendegeneration".
Gab es soetwas? Gibt es soetwas? Eine stille Wut?

Je länger ich las, umsomehr fand ich mich in dem Buch wieder. Und war beeindruckt von dem völlig neuen Ansatz, den Rennefatz hier bietet.

Sie beginnt nämlich hochaktuell mit den Verbrechen der Terrorzelle von Jena, deren Mitglieder ebenfalls Mitte der 70er Jahre in der DDR zur Welt kamen und 1989 genau so einen Bruch erlebt haben, wie viele von uns, die zu dieser Zeit mitten in der Pubertät steckten.

Auch ich kann mich gut an die Zeit erinnern, als in der Schule von einem Tag auf den anderen völlig andere Dinge gelehrt wurden. Der Lehrer, der uns kurz vorher eine Meinung vermittelt hatte, drehte nun alles um 180° um. Unsere Geschichtslehrerin sagte damals, sie müsse sich den Stoff erst wieder neu anlesen und ist uns inhaltlich jetzt immer genau eine Woche voraus.

Auch die anderen Erwachsenen waren verunsichert und wir im Prinzip allein gelassen in dieser ohnehinschon nicht einfachen Zeit für uns. Dass das auch anderen Jugendlichen so ging, habe ich in dieser Gesamtheit noch nie gesehen.

(Fast) jeder hat auf seine Art neuen Halt gesucht, nachdem die alten Werte aufeinmal nichts mehr galten. Kam man aus einer sozialistischen Eliteschule wie Rennefatz, musste das nocheinmal sehr viel extremer gewesen sein, als wenn man etwa aus einem Umfeld kam, das ohnehin schon skeptischer der DDR gegenüberstand.

Rennefanz suchte Halt in dogmatisch-christlichen Lehren, Mundlos und Böhnhardt im Rechtsradikalismus.

Jeder musste auf seine Weise erawchsen werden, den "richtigen" Weg wieder finden. Einige fanden ihn nie (Mundlos, Böhnhardt). Rennefanz schreibt heute für die Berliner Zeitung.

Fazit:

Ein tolles Buch, über das ich noch sehr lange nachgedacht habe und das viele Bilder evoziert hat, die ich lange verschüttet glaubte. Und das ich auch nur jedem "Wessi" empfehlen kann, der bis heute nicht versteht, was der Zusammenbruch eines (totalitären) Staates für Menschen wirklich bedeutet.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.01.2014
Kein Kuss unter dieser Nummer
Kinsella, Sophie

Kein Kuss unter dieser Nummer


ausgezeichnet

Kurzinhalt:

Während eines Essens mit ihren Freundinnen verschwindet aufeinmal der sehr wertvolle Verlobungsring von Poppy. Als wäre es damit noch nicht genug, wird kurz darauf auch noch ihr Handy gestohlen - und das, nachdem sie gerade jedem ihre Nummer gegeben hat, sollte er/sie etwas von ihrem Ring erfahren.
Sofort muss ein neues Handy her. Poppy traut ihren Augen nicht, als sie ein solches im Papierkorb findet.
Ein Geschäftshandy, das eigentlich Sam Roxton gehört, und der es auch unbedingt zurück möchte.
Doch da hat er nicht mit Poppy gerechnet, die nur an ihren Ring denken kann.


Meine Meinung:

Als riesiger Fan von Sophie Kinsella kam ich an diesem Buch nicht vorbei und wurde nicht enttäuscht! Wieder findet sich hier eine leicht naive, aber deswegen nicht weniger liebenswerte Protagonistin, die mit viel Witz durch dieses Buch stolpert.

Nach dem etwas holprigen Anfang (sehr konstruiert, aber letztlich musste die Autorin diesen Plot so bauen, sonst hätte er nicht funktioniert), konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

Sophie Kinsella beweist dabei ein unglaubliches Gespür für Situationskomik, wie man sie schon aus den "Schnäppchenjägerinnen"-Romanen kennt und kann diese wunderbar ausfeilen.

Die Tatsache, dass Poppy irgendwann beginnt, die Nachrichten, die eigentlich Sam gehören, zu lesen, und daraus ihre ganz eigenen Schlüsse zieht, ist nicht nur typisch für die von Kinsella geschaffenen Frauen, sondern sorgt auch für unglaubliche Verwicklungen!

Wenn man genau hinschaut, kann man aber auch einige sehr tiefgründige Gedanken in dieser Geschichte entdecken: etwa die Tatsache, wie stark wir mittlerweile von unseren Handys abhängig sind, wie diese unsere Kommunikation verändern (sehr schön hier der SMS-Wechsel zwischen Poppy und Sam, den sie im "realen" Leben, Auge in Auge genüber, so nicht geführt hätten).

Aber auch welche Möglichkeiten sich uns nun bieten (ich sag nur: SCRABBLE - aber lest selbst!).

Bis zum Schluss behält das Buch Humor und Spannung gleichermaßen, einzig die Szenen in und um Sams Unternehmen erschienen mir zwischenzeitlich etwas lang, aber das schmälert nicht den tollen Gesamteindruck des Buches.

Fazit:
Ganz wunderbar und absolut lesenswert! Sophie Kinsella ist in alter Form zurück!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.01.2014
Ich. Darf. Nicht. Schlafen
Watson, S. J.

Ich. Darf. Nicht. Schlafen


sehr gut

Kurzinhalt:

Christine leidet nach einem Unfall an einer seltenen Form von Amnesie: Jeden Morgen, wenn sie aufwacht, kann sie sich an nichts mehr erinnern.
Jeden Morgen wacht sie neben einem für sie fremden Mann (Ben) auf, ist aufeinmal 20 Jahre älter, als sie glaubt und muss jeden Morgen ihr Leben neu erklärt bekommen.
Bis ein Arzt ihr empfiehlt, Tagebuch zu führen. Und sie aufeinmal andere Dinge liest, als man ihr weiszumachen versucht.

Meine Meinung:

Die Idee fand ich genial: Diese Form der Amnesie, die einen Menschen derart abhängig von den Menschen um sich herum macht, ist für mich persönlich einfach mehr als gruselig.
Zumal einem aufeinmal bewusst wird, wie "Realität" beeinflusst werden kann.

Wer sagt die Wahrheit und wer nicht?

Diese absolute Abängigkeit von den Menschen um Christine und dieses Grundvertrauen, was sie entgegen bringen muss, wird im Verlaufe der Handlung aufgeweicht.
Dadurch, dass Christine Tagebuch führt (und Dr. Nash ihr jeden Morgen sagt, wo sie es versteckt hat, sonst würde sie es auch nicht wiederfinden!) bekommt sie nach und nach einen Eindruck davon, welche Lügen die Menschen ihr auftischen.

Dies kulmuniert in einem Satz gleich zu Beginn des Tagebuchs: "Vertraue Ben nicht!".
Ausgerechnet dem Mann, mit dem sie zusammenlebt und der ihr jeden Morgen aufs Neue erklärt, wer sie ist?

Es ist ein Verdienst der Autorin, dass dabei eine unheimliche Spannung aufgebaut wird, da man als Leser weiß, dass Christine immer nur wenige Stunden bleiben, um die Puzzleteile zusammenzusetzen - um am nächsten Morgen im Prinzip wieder von vorn anzufangen.

Von anderen Rezensenten wurde beklagt, dass sich die Handlung dadurch in die Länge zieht, das ständige Wiederholen des Tagesablaufs - aber letzlich ist genau das die Realität von Christine.

Da ich das Buch als Hörbuch gehört habe, war ich besonders von Andreas Sawatzkis Darstellung des Ben (Christines Mann) beeindruckt. Wenn er (sie) "Christine" durchs Haus ruft, weiß man nie, ob man sich geborgen fühlen kann oder einfach wegrennen sollte.
Es ist genau die Ambivalenz, mit der Christine die ganze Zeit zu kämpfen hat.

Fazit:

Sehr spannend. Zum Schluss hin wirkt Christine zwar etwas sehr naiv - aber tolle Gesamtidee!

Bewertung vom 26.01.2014
Voll streng, Frau Freitag
Frau Freitag

Voll streng, Frau Freitag


sehr gut

Kurzinhalt:

Voll streng Frau Freitag ist das 2. Buch einer Gesamtschullehrerin (inzwischen geoutet: aus Berlin), die aus ihrem Schulalltag berichtet.
Ihre Schüler sind inzwischen in der 10. Klasse und müssten sich eigentlich um ihre Bewerbungen kümmern. Eigentlich....
Zum Glück entdeckt Frau Freitag ein neues Mittel, um mit ihren Schülern zu kommunizieren: Facebook.


Meine Meinung:

Im Vergleich zum ersten Band Chill mal, Frau Freitag: Aus dem Alltag einer unerschrockenen Lehrerin fand ich dieses Buch insgesamt runder, da diesmal nicht nur mehr oder weniger unzusammenhängende Anekdoten aneinandergereiht wurden, sondern diese nun eine chronologische Reihenfolge haben: eben vom Beginn der 10. Klasse an bis zum Ende.
Immer unter dem Damoklesschwert: Habt Ihr Euch schon beworben?

Wie immer konnte ich beim Lesen die Liebe und die Leidenschaft, die diese Lehrerin ihren Schülern entgegenbringt, nur bewundern.
Vielleicht kann auch nur jemand, der selbst in diesem Beruf arbeitet, ermessen, was es wirklich bedeutet, permanent dasselbe sagen zu müssen, permanent mit Zuspätkommern zu tun zu haben, mit den Beleidigungen, dem Lärm - vom alltäglichen Desinteresse der Schüler mal ganz abgesehen.

In gewisser Weise finde ich es insofern schade, dass Frau Freitag das Buch nicht nutzt, um dies stärker zu verdeutlichen. Allein die Tatsache, dass sie abends noch vor Facebook sitzt, um ihre Schüler an irgendwas zu erinnern, klingt bei ihr eher nach einer lockeren Freizeitbeschäftigung als tatsächlicher Arbeit.
Insofern besteht eher die Gefahr, dass sie das Klischee vom "faulen Lehrer" noch ungewollt unterstreicht, wenn sie mal wieder betont, wie schlecht vorbereitet sie im Unterricht steht.

Nur manchmal blitzt ein wenig von dem durch, was diesen Beruf wirklich ausmacht: etwa die fehlende Anerkennung, die auch sie erfährt, nachdem sie sich das jahrelang für ihre Schüler aufgerieben hat.

Es ehrt sie, dass sie zugibt, dass ihr ihren Schülern gegenüber schonmal Dinge rausrutschen, die ihr hinterher leid tun (was sie den Betreffenden auch sagt). Auch hier lässt sich der unglaubliche Stress nur erahnen, unter dem diese Frau eigentlich steht.

Umso bewundernswerter finde ich all die liebevollen Beschreibungen ihrer Schüler, die sie zwar oft "nervig" findet, aber vor allem sehr mag. Nur so kann man in diesem Job überleben.


Fazit:

Für mich ein guter Beitrag, um den alltäglichen Wahnsinn des Lehrerberufs ein wenig besser zu begreifen.
Empfehlenswert besonders für alle, die gerade auf dem Weg zum Elternabend sind und sich mal wieder so richtig mit dem Lehrer anlegen wollen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.01.2014
Gezeichnete des Schicksals / Midnight Breed Bd.7 (eBook, ePUB)
Adrian, Lara

Gezeichnete des Schicksals / Midnight Breed Bd.7 (eBook, ePUB)


weniger gut

Kurzinhalt:
Der 7. Band der Reihe um den Orden von Stammeskriegern stellt Kade in den Mittelpunkt, der nach Alaska fährt, um die grausamen Morde an einer Familie näher zu untersuchen. Dabei stößt er nicht nur auf Dragos, den derzeit erklärten Feind Nr. 1 des Ordens, sondern auch auf die Pilotin Alex, die bereits in ihrer Kindheit ganz eigene Erfahrungen mit Vampiren gesammelt hat.


Meine Meinung:
Tja, da sind sie wieder, die muskelbepackten Vampire, die sich diesmal durch die Kälte Alaskas kämpfen.

Wobei zunächst nur Kade dort halbnackt rumsteht, woraufhin sich die Pilotin Alex unsterblich in ihn verliebt und die beiden dann erstmal wieder dank der üblichen Sexszenen den Schnee zum Schmelzen bringen.

*gähn*

Alles schon tausendmal so gelesen und leider überhaupt nicht mehr spannend. Im Gegensatz zu den Büchern von J.R.Ward sind die von Lara Adrian mittlerweile extrem vorhersehbar, da irgendwie immer nach demselben Muster gestrickt. Wirkliche Überraschungen oder gar Spannung darf man da nicht mehr mehr erwarten.


Erstaunt bin ich eigentlich immer nur über das offenbar eingebaute GPS einzelner Figuren: Egal, wo man gerade mitten in der Wildnis rumsteht, das Böse (oder wahlweise das Gute - je nach Bedarf) steht garantiert schon am Baum nebenan. Die Welt ist klein.

Nur bei den Dialogen fehlte mir eigentlich noch der schnulzige Geigenspieler an besagtem Baum:

Er war ihr Herz, ihr Geliebter, ihr Gefährte.
Ihr Ein und Alles.
"Liebe mich, Kade", murmelte sie.
"Für immer", erwiderte er.


Fazit:
*gähn*

Lara Adrian hat hre Sogwirkung auf mich verloren.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.01.2014
Bringen Sie doch Ihre Freundin mit!
Breitsprecher, Claudia

Bringen Sie doch Ihre Freundin mit!


ausgezeichnet

Kurzinhalt:

Claudia Breitsprecher hat Gespräche mit lesbischen Lehrerinnen in ganz Deutschland über ihre persönliche Entwicklung, ihren Berufsalltag als auch ihr Selbstverständnis als homosexuelle Pädagogininnen geführt.

Diese Interviews hat sie anonymisiert und behutsam in diesem Buch zusammengefasst. Sie zeigen ein ganz unterschiedliches Bild lesbischer Pädagoginnen, denen vor allem eins gemein ist: sie wollen sich nicht verstecken und sind dennoch eingezwängt zwischen Vorurteilen, Misstrauen und auch den eigenen Ängsten.


Meine Meinung:

Lehrerinnen sind nicht nur Menschen, die den ganzen Tag in der Öffentlichkeit stehen. Sie sollen auch Wertevermittlerinnen sein, Kinder erziehen, deren Lebensweg mitgestalten.

Es ist für Heterosexuelle kaum vorstellbar, in welchen Konflikt eine lesbische Lehrerin mit diesen Ansprüchen gerät.
Selbstverständliche Handlungen wie das Berühren eines Schülers im Sportunterricht werden zum Politikum. Gespräche im Lehrerzimmer über das Wochenende mit dem Ehepartner werden gemieden. Direkte Nachfragen der Schüler zum Privatleben müssen irgendwie umschifft werden.

Es ist eine permanente Anspannung, unter der diese Frauen stehen, solange sie sich nicht geoutet haben.
Und selbst wenn sie sich zu diesem Schritt entschließen, kann dies weitere Probleme nach sich ziehen, wie einige Interviews auf erschreckende Art zeigen.

Vor allem "die Eltern" stehen immer als bedrohliche Masse im Hintergrund, von der man nie weiß, ob sie einmal zu einer Lawine wird.
Tatsächlich wird in dem Buch deutlich, dass deren Kinder oft ein entspannteres Verhältnis haben, solange man offen mit ihnen redet. Auch wenn hier manchmal durchklingt, dass es Schülern auch wiederum schwer fällt, das, was bei ihrer Lehrerin vielleicht nach vielen Gesprächen in Ordnung ist, auch auf andere zu übertragen.

"Schwul" ist noch immer das am häufigsten benutze Schimpfwort auf deutschen Schulhöfen.

Je nach Lebensweg, Örtlichkeit und individuellem Umfeld haben sich die interviewten Lehrerinnen zu einem ganz unterschiedlichen Umgang mit ihrem Lesbischsein entschieden. Während einige ganz offen damit umgehen, ja sich politisch engagieren, um weitere Aufklärungsarbeit zu leisten, fürchten andere zu Recht Repressalien und versuchen, sich "möglichst unauffällig" zu verhalten.
Es ist kaum vorstellbar, welch einen Spagat diese Frauen jeden Tag hinlegen müssen, weil sie nicht so sein dürfen, wie sie sind.

Bewundersnwert ist in diesem Kontext auch die Beobachtungsgabe der Autorin, die immer wieder von leisen Zwischentönen berichtet, die in den Interveiws anklangen und oft mehr aussagten, als das gesprochene Wort.

Ergänzt wird das Buch durch einige - zum Teil erschreckende - Zitate, die widerspiegeln, welchen Stellenwert Aufklärungsarbeit eingeräumt wird. Besonders erschüttert war ich von der Aussage einer Bildungspolitikerin in NRW, nachdem die dortige Schulbehörde die Verwendung einer Broschüre über Homosexualität im Unterricht untersagt hat:
"In den nächsten Jahren haben wir wichtigere inhaltliche Probleme an unseren Schule zu lösen, als lesbisch und schwul zu sein in besonderer Weise zu propagieren. Durch intensive Befassung mit der rot-grünen Homofibel ist Pisa nicht zu gewinnen."

Fazit:
Dieses Buch müsste man allen Eltern zur Einschulung ihrer Kinder in die Hand drücken. Als wäre der Lehrerberuf nicht schon schwierig genug, bringt die eigene Homosexualität für einige Pädagoginnen noch einen zusätzlichen zermürbenden Faktor mit hinein.
Eine zusätzliche Befragung von Schülern und Eltern zu dem Thema hätte ich noch spannend gefunden, aber das hätte den Rahmen des Buches sicher gesprengt.

Bewertung vom 26.01.2014
Liebe Lügen
Kuck, Manuela

Liebe Lügen


gut

Kurzinhalt:

Die arbeitslose Lisa ist mehr als froh, als sie in einem renommierten Hotel Unter den Linden in Berlin eine Stelle bekommt. Dabei hat sie gar keine Erfahrung vom Hotelgewerbe. Warum also bekommst sie dann den Job trotz zahlreicher qualifizierterer Mitbewerberinnen?
Das ist nicht die einzige Frage, die sie sich stellt. In dem Frauenhotel soll sie aufeinmal merkwürdige Listen von den einzelnen Damen erstellen, die dort absteigen.

Meine Meinung:

Das Buch ist immer abwechselnd aus der Sicht von Lisa, der Polizistin Hannah und von Charlotte geschrieben, die gerade ihren Mann wegen einer Frau verlässt.

Auf den ersten Blick drei Frauen, die eigentlich gar nichts miteinander zu tun haben.
Je weiter die Geschichte jedoch voranschreitet, um so mehr verweben sich die Schicksale der drei Frauen miteinander, bis sie zum Schluss untrennbar miteinander verbunden sind.

Die Figuren erhalten durch die verschiedenen Perspektiven eine gewisse Tiefe und oft auch ganz eigenen Charme. Wenn Lisa z.B. in Panik ausbricht, weil ihre Chefin in einem Auto hinter ihr sitzt und immer tiefer in den Sitz rutscht, während diese (Perspektivwechsel) deren Auto nur peripher wahrnimmt, ist das schon sehr lustig und zeugt auch von dem alltäglich Wahnsinn, wie oft wir uns wegen Dingen verrückt machen, die andere vielleicht nicht einmal wahrnehmen.

Ein interessanter Kniff der Autorin, wobei es zu der einen oder anderen wirklich überraschenden Wendung kommt.

Mit der Datensammelwut von Lisas Chefin erhält das Buch zudem einen sehr aktuellen Bezug bezüglich Datenschutz u.ä., zusätzlich gewürzt mit der für Krug & Schadenberg so typischen lesbischen Romanze. Auch wenn diese nur ganz am Rande stattfindet und dadurch leider wenig (be)greifbar wird.

Je mehr sich das Buch dem Schluss nähert, um so vorhersehbarer wird es aber leider auch - und um so unglaubwürdiger. Kriminalgeschichten brauchen nunmal auch einen gewissen Spannungsbogen, der sich nicht "so einfach" und dank zahlreicher Zufälle lösen lässt.

Fazit:
Berlin-Krimi, der in einem Frauenhotel spielt. Kurzweilig, aber nicht herausragend.

Bewertung vom 26.01.2014
Auszeit
Breitsprecher, Claudia

Auszeit


ausgezeichnet

Kurzinhalt:

Die Politikerin Dr. Martina Wernicke fällt bei einer Wahlkampfrede einer Messerattacke zum Opfer.
Zurückgezogen in einem brandenburgischen Dorf stellt sie den Verlauf ihres bisherigen Lebens in Frage.



Meine Meinung:

Das Buch setzt zu einem Zeitpunkt ein, da Martina zwar körperlich wieder genesen ist, aber mit den mentalen Spätfolgen des Anschlages zu kämpfen hat. Sie zieht sich in das Haus ihrer Politfreundin Frauke in einem brandenburgischen Dorf zurück

Dieser Rückzugsort, vor allem der Garten des Hauses, in dem Martina sich nun oft wiederfindet, wird von der Autorin so anschaulich beschrieben, dass der Leser am liebsten selbst zur Gießkanne greifen würde, um mal hier und da Pflanzenpflege zu betreiben.

In Zeiten der Krise, beginnt man langsam zu gehen, die Welt neu zu sehen, überhaupt wieder zu SEHEN.


Die detaillierten Beschreibungen zeugen zudem von einer bemerkenswerten Beobachtungsgabe der Autorin, die sie auch schon in anderen Büchern bewiesen hat (z.B. in: Bringen sie doch ihre Freudin mit), wobei die geneigte Leserin sich automatisch irgendwann fragt, welche Zeilen Breitsprecher in den Kopf kämen, wenn man ihr selbst gegenüber stünde.

Sehr schön karikiert sind in diesem Kontext auch einige Einwohner des Dorfes, die einem sicher schon auf die eine oder andere Art in Brandenburg begegnet sind.

Und doch bleibt stets die Bedrohungssituation spürbar, die für jeden Menschen präsent bleibt, der Opfer eines wie auch immer gearteten Traumas geworden ist.


Körperliche Folgen kann man sehen, die anderen nicht. Und insofern beginnt nun auch der Druck von außen zu Rückkehr ins "normale Leben".


Doch was ist letztlich das "normale Leben"?
Martina stellt das ganze Politkgeschäft in Frage, wobei Breitsprecher hier einen interessanten Einblick in die Realpolitik gibt. Das Abwägen für's Regieren, das Verkaufen der Ideale - großartig!

Martina denkt zudem an ihre Lebensgefährtin Eleni, für die sie aufgrund ihres Arbeitsalltages im Prinzip keine Zeit mehr hatte.
Es sind Gedanken, die möglicherweise jeden von uns an einem bestimmten Punkt im Leben schon einmal umgetrieben haben oder umtreiben sollten: Karriere oder Familie? Erfolg oder Liebe? Und muss das eine das andere ausschließen?

Hochaktuell ist insofern in unserer oft schnelllebigen Gesellschaft die Thematik dieses Buch und man möchte das Titelbild mit dem Schriftzug "AUSZEIT" dem einen oder anderen gern einmal wie eine gelbe Karte beim Fußball vor Augen halten. Oder auch sich selbst. Für eine Zeit des Innehaltens, des Insichgehens, des Überdenkens des bisherigen Lebens.

Linien werden ebenso deutlich wie Brüche.
Und es bleibt der Nachdenkenden letztlich selbst überlassen, wie sie weiterleben möchte.


Fazit:
Ganz wunderbar. Ein Buch zum Innehalten, sich-selbst-neu-denken. Für eine Auszeit.