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gormflath
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Ketsch

Bewertungen

Insgesamt 44 Bewertungen
Bewertung vom 23.03.2025
Die Nacht / Art Mayer-Serie Bd.3
Raabe, Marc

Die Nacht / Art Mayer-Serie Bd.3


ausgezeichnet

Geniale Verstrickungen mit der Vergangenheit

In einem Waldstück südlich von Berlin stehen mehr als 200 Hektar Wald in Flammen, als Art Mayer und seine junge Kollegin Nele Tschaikowski vom BKA in einer längst aufgegebenen Wohnwagensiedlung einem anonymen Hinweis zu der vermissten Dana Karasch nachgehen.

Dana ist Arts Nachbarin, und seit ihrem Verschwinden lebt deren achtjährige Tochter Milla mit der immer mehr an Demenz leidenden Oma alleine in der Wohnung. Art hat die Kleine ins Herz geschlossen und kümmert sich, so oft es sein unregelmäßiger Dienst erlaubt, um das Mädchen.
Bei der Polizei scheint sich niemand mehr für die Vermisste zu interessieren und so bittet Art einen mächtigen Freund aus der Politik um Hilfe und ahnt nicht, welche Schatten aus der Vergangenheit hervortreten.
In einem der alten Wohnwagen finden Art und Nele eine aufgeschlitzte Leiche, es ist Richard Dressel, Richter am Berliner Kammergericht, der vor drei Tagen von seiner Frau als vermisst gemeldet wurde.
Dort ganz in der Nähe werden kurz darauf mehrere weitere Tote in einer Senke gefunden, was eine ganze Maschinerie in Gang setzt: Art und Nele werden von den Ermittlungen ausgeschlossen und beurlaubt, das LKA will die Fälle, die offensichtlich miteinander zusammenhängen, an sich reißen - aber Art und seine Kollegin stochern unerbittlich weiter im Sumpf der Vergangenheit.

Was ist mit Rocco geschehen? Der kleine Junge ist fünfzehn Jahre vor seiner Halbschwester Dana ebenso in der Wohnwagensiedlung verschwunden. Und obwohl damals Hundertschaften nach ihm suchten, wurde er weder gefunden noch taucht seine Akte irgendwo auf.
Welche Verbindung hat die Witwe des ermordeten Richters zu einem Jugendfreund Danas aus der Siedlung?
Was steckt hinter dem Tod von Walter Bauer, Danas Vater und welche Ziele verfolgt Jan Südel vom Verfassungsschutz?
Nach „Der Morgen“ und „Die Dämmerung“ beweist Marc Raabe auch im dritten Teil der Art-Mayer-Serie, dass er sein Handwerk bestens versteht. Er schreibt in zwei Zeitebenen und lässt in der verlassenen Wohnwagensiedlung längst Vergangenes wieder aufleben, während dazu parallel die aktuellen Entwicklungen den Spannungsbogen bis zum rasanten Ende des Pageturner aufrecht erhalten.
Nebenbei beobachten wir als Leser auch das private Geschehen der beiden Hauptprotagonisten, das ebenso schwierig zu sein scheint wie die komplexen Ermittlungen.

Auch dieser Band hat mich von der ersten Seite an so gepackt, dass ich fast die ganze Nacht durch lesen musste, bevor ich das Buch weglegen konnte. Für mich ist dieser Thriller ein echtes Highlight und ich freue mich jetzt schon sehr, dass im Frühjahr 2026 mit „Im Morgengrauen“ ein vierter Teil erscheinen wird.

Bewertung vom 10.03.2025
Haus Waldesruh
Krems, David

Haus Waldesruh


sehr gut

Vergangenheitsbewältigung

Aus Marcos Initiative hin treffen sich die ehemaligen Schulfreunde Anna, Lea, Ferdinand und besagter Marco für ein gemeinsames Wochenende in einem Forsthaus, von dem Marco angibt, dass es seinem Onkel gehört.
Seit der Matura – dem österreichischen Abitur - hatten sie untereinander kaum Kontakt und zunächst scheint die Freude über das Wiedersehen groß zu sein. Auch Frank, der Lea zur Waldhütte gefahren hat, wird zum Bleiben eingeladen, obwohl er doch gar nicht zur ehemaligen Freundesgruppe gehört.

Schnell wird klar, dass in der Runde eine Person fehlt, nämlich Max, der sich damals kurz nach dem Schulende das Leben genommen hat. Marco macht bis heute den gehassten Klassenlehrer Treichel für den Tod seines Freundes verantwortlich – und schon bald wird klar, dass er das gemeinsame Wochenende keineswegs ohne Hintergedanken geplant hat. Alte Konflikte brechen auf, nach und nach kommen lang gehütete Geheimnisse an die Oberfläche und die Stimmung im Jagdhaus droht zu kippen. Als dann auch noch ein unerwarteter Gast eintrifft, ist die Katastrophe nicht weit.

Der Roman, hinter dem ich nach der Leseprobe zunächst einen Krimi vermutet habe, entpuppt sich – wie auf der Buchrückseite zu lesen – als Kammerspiel und ist als handliches Buch mit 230 Seiten schnell zu lesen.
In ruhigem Schreibstil beschreibt der Autor die Szenerie, die durch die Dialoge recht lebendig wirkt. Trotzdem wurde mir beim Lesen keiner der Protagonisten so richtig sympathisch und ein Teil der Story ist vorhersehbar.
Der Roman gliedert sich in drei Teile, wobei der erste Teil den größten Raum einnimmt. So dauert es auch fast bis zur Mitte des Buches, bis die Geschichte an Fahrt aufnimmt. Gegen Ende bietet das Buch ein paar Überraschungen, wenn auch für meinen Geschmack nicht allesamt glaubwürdig.
Trotzdem habe ich das Buch gern gelesen. Die fehlende Spannung machten für mich ein paar Details wett, die zum Nachdenken anregten.

Bewertung vom 08.03.2025
Die Kammer
Dean, Will

Die Kammer


ausgezeichnet

Klaustrophobische Atmosphäre tief unter Wasser

Bei ihrem Einsatz bei einer Ölpipeline in der Nordsee in über 100 m Wassertiefe - ausgehend vom Taucherbasisschiff DSV Deep Topaz - müssen sechs Sättigungstaucher mehrere Tage in der eisernen Tauchkammer zum Druckausgleich verbringen. Der überaus anstrengende Job auf engstem Raum ist für die Taucher zwar Routine, wird dieses Mal jedoch zum Horrortrip, denn nach dem ersten Tauchgang gibt es einen Toten. Für die Männer und Ellen Brooke, die einzige Frau im Team, gibt es kein Entkommen aus der Druckkammer, und so müssen sie mit dem toten Kollegen ausharren. Wenig später kommt es zu einem weiteren rätselhaften Todesfall – nun wird zwar endgültig der Tauchgang abgebrochen, aber die verbliebenen Taucher müssen in der Kammer bleiben, da eine zu schnelle Dekompression tödlich enden würde.

Aus Ellens Sicht erzählt Autor Will Dean, wie die Taucher ihre Zeit zwischen Schlafkojen, Aufenthaltsraum und der winzigen Nasszelle verbringen. Detailliert schildert er den Lebensraum ohne Privatsphäre, in einer Enge, in der man nicht aufrecht stehen kann. Alle sind aufeinander angewiesen und in der langen Zeit, die sie miteinander verbringen müssen, erzählen sie sich gegenseitig Geschichten aus ihren zahlreichen Militär- und Taucheinsätzen.
Ruhig erzählt Ellen von Szenen, in denen man regelrecht die beklemmende und klaustrophobische Atmosphäre greifen kann. Die Zeit bis zum Ausstieg aus dem Druckbehälter scheint nicht enden zu wollen, und die anfangs gute Stimmung kippt immer mehr in Misstrauen. Die Taucher sind von der Schiffsbesatzung in puncto Heliumgas, Lebensmittel und Medikamenten abhängig und fragen sich bald, ob der Besatzung noch zu trauen ist oder ob einer der Kameraden ein Mörder ist. Die Situation zehrt an den Nerven, Minuten werden zu Stunden und mit jedem Tag steigt die Spannung ins Alptraumhafte.
Immer wieder muss man beim Lesen innehalten, so lebhaft wird diese Ausnahmesituation erzählt, bis am Ende lose Fäden zusammenfinden. Bis zum Schluss bleibt die Spannung erhalten, ebenso wie die Frage nach dem Täter bzw. der Todesursache bis zum Ende offen bleibt.
Das für mich absolut neue Setting in diesem beklemmenden Thriller mit außergewöhnlicher Atmosphäre hat mich sehr angesprochen. Passend dazu finde ich die Covergestaltung mit der Hilfe suchenden Hand hinter einem Bullauge.
Eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 24.02.2025
Echokammer / Ein Fall für Benjamin & Tong Bd.1
Johnsrud, Ingar

Echokammer / Ein Fall für Benjamin & Tong Bd.1


ausgezeichnet

Realistischer Politthriller, der aktueller nicht sein könnte

In Norwegen stehen Neuwahlen bevor und bei der Terrorabwehr herrscht höchste Alarmbereitschaft, denn Hinweise deuten einen bevorstehenden Anschlag rechtsnationaler Extremisten an mit dem Gift Rizin an. Die beiden Antiterror-Ermittler Liselott Benjamin und Martin Tong versuchen mit allen Mitteln den Anschlag zu vereiteln und dazu parallel die in diesem Zusammenhang verübten Morde aufzuklären. Noch ist nicht klar, ob der Wahlkampf mit dem geplanten Terroranschlag zusammenhängt...

Währenddessen geht der Wahlkampf in die heiße Phase: Christina Nielsen, die Spitzenkandidatin der Arbeiterpartei sieht sich kurz vor der Machtübernahme und bedient sich dafür auch zweifelhafter Mittel, um ihre Macht zu sichern. Während ihres Wahlkampfs tendiert ihre Partei von der sozialen Mitte nach rechts und bald weiß man nicht mehr, wem überhaupt noch zu trauen ist und wer welche Ziele verfolgt.
Mittendrin steht Jens Meidell als juristischer Berater. Immer mehr lässt er sich in die politischen Intrigen verstricken und gerät unter Druck. Wie weit ist er bereit zu gehen, um der Arbeiterpartei zurück zur Macht zu verhelfen? Kann er seine eigene dunkle Vergangenheit hinter sich lassen?

Wenige Seiten umfassende Kapitel beschreiben den Countdown, die letzten Wochen und Tage bis zur Parlamentswahl aus unterschiedlichen Perspektiven. Johnsrud ist ein realistischer Pageturner gelungen, den man nicht mehr aus der Hand legen möchte.
Ingar Johnsrud hat mich als Spannungsautor bereits mit seiner „Fredrik Beier – Trilogie“ überzeugt, aber dieser Politthriller als Auftakt einer neuen Serie ist an Spannung und vor allem Aktualität im Hinblick auf die politischen Entwicklungen in Europa nicht zu überbieten – geht es doch um Rechtsterrorismus, Wahlkampfintrigen, Datenmanipulation und Macht.
Ich bin schon jetzt gespannt auf die beiden Folgebände und empfehle diesen Nordic Noir-Thriller ohne Abstriche!

Bewertung vom 02.02.2025
Schmerz
Jónasson, Jón Atli

Schmerz


sehr gut

Zwei Außenseiter ermitteln in Reykjavík

Als im Thingvellir-Nationalpark bei einer Klassenfahrt ein Teenager spurlos verschwindet, steht der Reykjaviker Kripochef Ellidor vor einem großen Problem: Bei einer groß angelegten Razzia gegen einen polnischen Clan werden sämtliche Einsatzkräfte dringend gebraucht – außer Rado und Dora.
Rado ist zwar ein erfolgreicher Ermittler, gleichzeitig jedoch Schwiegersohn des polnischen Clanchef, daher muss Ellidor ihn aus den Ermittlungen heraushalten.
Dora kämpft nach wie vor seit einem missglückten Einsatz gegen ihre Hirnverletzung. Seit der schweren Kopfverletzung hat sich ihr Wesen sehr verändert, sie ist häufig unkontrolliert und aufbrausend. Trotzdem hat Dora ein sehr gutes Gespür und findet in den Fallakten der Kollegen oft die entscheidenden Lösungen. Sie bewältigt Schreibtischarbeiten und ist auch aufgrund ihrer Schmerzmittelabhängigkeit nur bedingt einsatzfähig.

Ausgerechnet Dora und Rado müssen nun den Fall der verschwundenen Schülerin übernehmen. Die beiden Außenseiter müssen erst zusammenfinden, aber beide haben nichts zu verlieren und wachsen schließlich über sich selbst hinaus. Dora ist eine Kämpfernatur und lässt sich nicht unterkriegen – und Rado erkennt ihre Stärken, das schweißt die beiden ungleichen Ermittler zusammen.
Der isländische Autor ist ein vielfach ausgezeichneter Bühnen- und Drehbuchautor, der sich hier ganz neu einem völlig anderen Genre widmet, dem Nordic Noir.
Seine Charaktere sind glaubhaft gezeichnet und die Lösung beider Fälle, der Razzia samt ihrer Folgen sowie der Vermisstenfall, wirken nachvollziehbar. Die Idee hinter dem Roman ist ein aktuelles Thema, gemischt mit Gesellschaftskritik und trockenem Humor. Der Cliffhanger am Ende des Buches verspricht eine baldige Fortsetzung (für die auf der hinteren Umschlagseite bereits geworben wird).

Ich bin bei diesem Roman etwas zwiegespalten. Einerseits finde ich das Thema sehr gut gewählt, den Schreibstil flüssig, die Protagonisten glaubhaft und letztendlich die beiden miteinander verknüpften Fälle sehr gut gelöst. Andererseits erscheint es mir recht unrealistisch, denn eine Ermittlerin wie Dora, die derart unter ihrer Hirnverletzung leidet, wäre in Wirklichkeit nicht im Polizeidienst und schon gar nicht mit solchen Ermittlungen und Freiheiten betraut. Im Laufe des Buches muss sie zweimal erneut operiert werden und jedes Mal steht ihr Leben auf der Kippe und jedes Mal steht sie wieder auf, macht weiter und findet auch noch die Lösung.
Ich habe das Buch sehr gern gelesen und regelrecht verschlungen, freue mich auch absolut auf die Fortsetzung – aber in meiner Bewertung ziehe ich trotzdem ein Sternchen ab.

Bewertung vom 26.01.2025
Kummersee
Schwarz, Iver Niklas

Kummersee


ausgezeichnet

Das Grauen im Kummersee

Viele Jahre nach dem Tod ihres Bruders Tom kehrt Lena in ihr Heimatdorf Horlow zurück. Als Polizistin hat sie alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den Personenschutz für das Vorauskommando eines sehr umstrittenen Bauvorhabens übernehmen zu dürfen. Dort im Wendland an der ehemals innerdeutschen Grenze sollen die Vermesser prüfen, ob sich der Kummersee als potenzielles Endlager eignet – und in eben diesem See ertrank vor dreißig Jahren Lenas Bruder unter mysteriösen Umständen. Lena hat dieses Trauma nie verarbeitet und hofft nun, dem Tod ihres Bruders auf den Grund gehen zu können.
Nicht nur eine Gruppe junger Umweltaktivisten versucht, die Arbeit der Vermesser zu stören, auch andere Kreise versuchen zu sabotieren, und Lena weiß bald nicht mehr, wem sie überhaupt noch trauen kann: Ihre eigene Mutter scheint sie abzuweisen, alte Schauergeschichten über den See leben wieder auf und die ehemalige Nachbarin, die Lena früher so vertraut war, spricht in Rätseln.
Als einer der beiden Vermessungsingenieure am Ufer des Kummersees einem bizarren Mord zum Opfer fällt, stürzt sich Lena kopfüber in die Ermittlungen. Gemeinsam mit ihrem Jugendfreund Andi kommt sie einem ungeheuerlichen Geheimnis auf die Spur, das sehr weit in die Vergangenheit reicht. Lena muss ihre schlimmsten Ängste überwinden, bis sie entdeckt, was in diesem See lauert – denn das Böse, das damals ihren Bruder das Leben kostete, lauert immer noch unter der Wasseroberfläche und darf nicht hinausgelangen…
Das düstere und zugleich atmosphärische Debüt von Iver Niklas Schwarz ist an Hochspannung kaum zu übertreffen! Auch wenn das Taschenbuch mehr als 500 Seiten aufweist, gibt es keinerlei Längen. Ganz im Gegenteil, der Autor schafft es gleich von Anfang an, Spannung zu erzeugen und durch zahlreiche Geheimnisse der Dorfbewohner, die Sagen rund um den Kummersee und nicht zuletzt durch die dramatischen Ereignisse die gruselige Atmosphäre bis zum Ende mit gut gezeichneten Charakteren nicht nur aufrecht zu erhalten, sondern immer mehr zu steigern.
Der rasante Thriller mit Mystery- und Horror-Elementen hat mich absolut überzeugt und zählt für mich jetzt schon zu den Jahreshighlights. Ich hoffe auf weiteren Lesestoff von diesem Autor.

Bewertung vom 19.01.2025
Die Schanze
Menz, Lars

Die Schanze


sehr gut

Schatten der Vergangenheit

Nach der Trennung von ihrem Freund sucht die junge Ärztin einen Neuanfang kehrt an den Ort ihrer Kindheit zurück, wo sie eine in die Jahre gekommene Hausarztpraxis übernimmt. Kurz darauf geschieht ein Mord. Bereits der Empfang und die Praxisübergabe klappen nicht wie geplant, und dann geschieht in der Kleinstadt noch in derselben Nacht von Ellens Rückkehr ein dramatischer Mord.
Als Ellen den Toten an der Schanze hängen sieht, kommen die schrecklichen Erinnerungen ihrer Abiturfeier wieder hoch, die sie damals veranlasst haben, den Ort am Rande der Alpen zu verlassen. Bei dem Toten handelt es sich um Johannes, der mit einem elektrischen Viehtreiber misshandelt und dann erhängt wurde. Johannes ist Grubers Sohn, der Bürgermeister und Lokalpolitiker ist und so Manches zu verbergen hat.
Als der zweite Mord geschieht – Max, ebenfalls Sohn des alten Gruber – weiß Ellen nicht mehr, wem sie im Ort überhaupt noch vertrauen kann. Wie zuverlässig sind der Ex-Polizist Haußer, der seine kranke Frau pflegt, Ellens Schwester Saskia und deren unzuverlässiger Mann Bruno, der ehemals unscheinbare Klassenkamerad Vogl und der Lokalreporter Merab?
Wer hat das stärkste Motiv für die Morde, etwa Ellen selbst?
Der erste Roman von Lars Menz liest sich kurzweilig und flüssig. Von Beginn an liegt eine bedrückende Atmosphäre über dem Ort und Ellen deckt immer mehr Geheimnisse aus der Vergangenheit auf. Die detailgenauen Schilderungen der Morde sind wahrlich nichts für schwache Nerven, aber dem Autor ist ein spannender Roman gelungen, den man nicht so leicht aus der Hand legt.

Bewertung vom 10.01.2025
In einem Zug
Glattauer, Daniel

In einem Zug


sehr gut

Gespräche über die Liebe

Der einst gefeierte Autor Eduard Brünhofer sitzt auf der Fahrt von Wien nach München im Zug. In München erwartet ihn kein angenehmer Termin, denn er hat seit Jahren keinen Liebesroman mehr bei seinem Verlag abgeliefert und der bereits erhaltene Vorschuss ist schon längst ausgegeben. Während der Fahrt wollte Brünhofer sich auf den bevorstehenden Verlagstermin vorbereiten, aber mit ihm im Abteil sitzt „eine Frau frühen mittleren Alters“, die ihn in ein Gespräch verwickelt.
Sehr geschickt stellt sie es an, sie bringt Brünhofer dazu, seine Ehejahre mit Gina zu reflektieren und trotzt ihm ein eindringliches Gespräch über die Liebe ab.
Catrin Meyr ist ebenso wortgewandt wie ihr Gegenüber, sie analysiert ihn und seine Antworten so dermaßen geschickt, dass der Autor gar nicht anders kann, als immer mehr von sich preiszugeben.
Erst ganz am Ende des Buches kommt eine überraschende Wendung, mit der ich nicht gerechnet habe, die aber das Buch um Einiges aufwertet.
Ich habe alle bisherigen Bücher von Daniel Glattauer gelesen - an „Gut gegen Nordwind“ kommt dieses hier leider nicht ganz heran, auch wenn Glattauer erneut mit trockenem Humor und Wortwitz brilliert. Hier sind es eher die Gedanken des alternden Autors Brünhofer anstelle von durchgehenden Dialogen, die einem als Leser in einen Sog ziehen, nach dem Klappentext habe ich etwas Anderes erwartet.

Bewertung vom 09.12.2024
Dorn
Beck, Jan

Dorn


ausgezeichnet

Spannende Ermittlungen in einem abbruchreifen Hotel

Nach schweren Schicksalsschlägen hat Kriminalpsychologe Simon Dorn seinen Polizeidienst beendet und sich in das leer stehende Hotel Dornwald in Bad Gastein zurückgezogen. In diesem Hotel, das seiner Familie gehört, versucht er in leeren Hotelzimmern der Aufklärung ungelöster Mordfälle auf die Spur zu kommen. Das Hotel verlässt er nie, sein einziger Kontakt besteht zu Karla Hofbauer, einer Ermittlerin des Bundeskriminalamts in Österreich, die im Cold-Cases-Management arbeitet.
Als Karla in Hamburg ermordet wird, deuten die Spuren auf einen Serientäter, dem Dorn bereits drei Morde in der Vergangenheit zugeschrieben hat. Hier tritt die junge, selbstbewusste Kriminalbeamtin Lea Wagner aus Wien auf den Plan. Als sie vom Mord an ihrer Bekannten Karla erfährt, ermittelt sie auf eigene Faust und folgt deren Spuren nach Bad Gastein. Schon bald jagt sie gemeinsam mit Dorn nach dem skrupellosen Mörder.
Durch unterschiedliche Handlungsstränge, kurze Kapitel mit den damit verbundenen Perspektivwechseln steigert sich die Spannung von Seite zu Seite, so dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen kann.
Als Leser begleitet man die Entwicklung mal aus Leas Sicht, dann wieder von Dorns Seite. Auch die Sichtweisen des Mörders werden immer wieder eingeblendet, ohne dass man ahnen könnte, worauf die Geschichte hinausläuft. Auch interessante Nebenfiguren werden ins Geschehen eingewoben: die neugierige Lisa, die eine Mutprobe bestehen möchte, der habgierige Bürgermeister der Stadt und nicht zuletzt der weiße Schäferhund Buddy bekommen eine Rolle im Geschehen.
Der Fall hält bis zum überraschenden Finale immer wieder Überraschungen bereit und ist ein absolut gelungener Auftakt zu einer neuen Thrillerreihe des Bestsellerautors Jan Beck, dessen „Björk und Brand-Reihe“ mich ebenso gefesselt hat. Der erste Fall für Simon Dorn und Lea Wagner lässt erneut auf mehrere Bände hoffen, alleine die Idee mit einem alten Hotel voller Cold-Case-Fälle ist neu und absolut bestsellerverdächtig.
Auch wenn ich in diesem Jahr schon unzählige Bücher gelesen habe, gehört dieser Thriller zu meinen Jahres-Highlights.

Bewertung vom 18.11.2024
Minus 22 Grad
Peck, Quentin

Minus 22 Grad


ausgezeichnet

Eisiger Wettlauf gegen die Zeit

Für Laura Gehler ist es ein ganz normaler Abend, als sie mit ihrem Trekkingrad kurz vor Mitternacht ihr Trainingsprogramm absolviert. Plötzlich taucht mitten im verschneiten Wald ein Auto hinter ihr auf und drängt sie vom Weg ab. Als die Studentin der Fotografie Stunden später wieder zu sich kommt, befindet sie sich in einem Käfig aus Plexiglas. Der Raum ist wie ein Jugendzimmer aus den 1980er Jahren eingerichtet und Laura soll das Rätsel des Käfigs lösen, andernfalls wird sie sterben, wie ihr Entführer prophezeit.
Kurz danach erhält Lauras Mutter ein unheimliches Päckchen mit einer Barbiepuppe, die Lauras Sterbedatum vorhersagt. Imke Gehler ist als Landrätin bestens vernetzt und arbeitet nicht nur mit der Polizei, sondern schaltet auch die Medien ein.
In der Botschaft mit der Puppe glaubt Kommissar Lukas Johannsen die Handschrift des bisher nicht gefassten Puppenmörders zu erkennen. Lukas beginnt den Kampf gegen das Unbekannte und sieht sich mit Schweigen konfrontiert.
Eine weitere Protagonisten, Ariane, hat sich nach dem Tod ihres Mannes zurückgezogen. Die Biologin lebt alleine und scheut den Kontakt zu Menschen, als plötzlich Tom in ihrem Leben auftaucht. Tom sucht immer wieder ihre Nähe, aber Ariane glaubt nicht an eine Zufallsbekanntschaft.

Anfangs lassen sich in diesem Psychothriller von Quentin Peck keine Zusammenhänge erkennen, denn der Autor legt in jedem Kapitel neue Spuren, die es zu entschlüsseln gilt. Die Geschichte entwickelt sich in ganz unterschiedlichen Strängen mit etlichen unerwarteten Wendungen, da muss man als Leser:in einfach dranbleiben. Bevor am Ende alle losen Fäden zusammenlaufen, werden so manche Geheimnisse der beteiligten Personen gelüftet.
Der Autor versteht es blendend, immer wieder auf falsche Fährten zu schicken. Gelungene Formulierungen und die Beschreibungen der Winterkälte in der verlassenden Gegend lassen das Kopfkino bis zum Finale arbeiten.
Von mir gibt es für diesen Psychothriller absolut verdiente 5 Sterne. Und ganz am Ende lässt ein Hinweis auf eine Fortsetzung hoffen!