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gormflath
Wohnort: 
Ketsch

Bewertungen

Insgesamt 36 Bewertungen
Bewertung vom 09.12.2024
Dorn
Beck, Jan

Dorn


ausgezeichnet

Spannende Ermittlungen in einem abbruchreifen Hotel

Nach schweren Schicksalsschlägen hat Kriminalpsychologe Simon Dorn seinen Polizeidienst beendet und sich in das leer stehende Hotel Dornwald in Bad Gastein zurückgezogen. In diesem Hotel, das seiner Familie gehört, versucht er in leeren Hotelzimmern der Aufklärung ungelöster Mordfälle auf die Spur zu kommen. Das Hotel verlässt er nie, sein einziger Kontakt besteht zu Karla Hofbauer, einer Ermittlerin des Bundeskriminalamts in Österreich, die im Cold-Cases-Management arbeitet.
Als Karla in Hamburg ermordet wird, deuten die Spuren auf einen Serientäter, dem Dorn bereits drei Morde in der Vergangenheit zugeschrieben hat. Hier tritt die junge, selbstbewusste Kriminalbeamtin Lea Wagner aus Wien auf den Plan. Als sie vom Mord an ihrer Bekannten Karla erfährt, ermittelt sie auf eigene Faust und folgt deren Spuren nach Bad Gastein. Schon bald jagt sie gemeinsam mit Dorn nach dem skrupellosen Mörder.
Durch unterschiedliche Handlungsstränge, kurze Kapitel mit den damit verbundenen Perspektivwechseln steigert sich die Spannung von Seite zu Seite, so dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen kann.
Als Leser begleitet man die Entwicklung mal aus Leas Sicht, dann wieder von Dorns Seite. Auch die Sichtweisen des Mörders werden immer wieder eingeblendet, ohne dass man ahnen könnte, worauf die Geschichte hinausläuft. Auch interessante Nebenfiguren werden ins Geschehen eingewoben: die neugierige Lisa, die eine Mutprobe bestehen möchte, der habgierige Bürgermeister der Stadt und nicht zuletzt der weiße Schäferhund Buddy bekommen eine Rolle im Geschehen.
Der Fall hält bis zum überraschenden Finale immer wieder Überraschungen bereit und ist ein absolut gelungener Auftakt zu einer neuen Thrillerreihe des Bestsellerautors Jan Beck, dessen „Björk und Brand-Reihe“ mich ebenso gefesselt hat. Der erste Fall für Simon Dorn und Lea Wagner lässt erneut auf mehrere Bände hoffen, alleine die Idee mit einem alten Hotel voller Cold-Case-Fälle ist neu und absolut bestsellerverdächtig.
Auch wenn ich in diesem Jahr schon unzählige Bücher gelesen habe, gehört dieser Thriller zu meinen Jahres-Highlights.

Bewertung vom 18.11.2024
Minus 22 Grad
Peck, Quentin

Minus 22 Grad


ausgezeichnet

Eisiger Wettlauf gegen die Zeit

Für Laura Gehler ist es ein ganz normaler Abend, als sie mit ihrem Trekkingrad kurz vor Mitternacht ihr Trainingsprogramm absolviert. Plötzlich taucht mitten im verschneiten Wald ein Auto hinter ihr auf und drängt sie vom Weg ab. Als die Studentin der Fotografie Stunden später wieder zu sich kommt, befindet sie sich in einem Käfig aus Plexiglas. Der Raum ist wie ein Jugendzimmer aus den 1980er Jahren eingerichtet und Laura soll das Rätsel des Käfigs lösen, andernfalls wird sie sterben, wie ihr Entführer prophezeit.
Kurz danach erhält Lauras Mutter ein unheimliches Päckchen mit einer Barbiepuppe, die Lauras Sterbedatum vorhersagt. Imke Gehler ist als Landrätin bestens vernetzt und arbeitet nicht nur mit der Polizei, sondern schaltet auch die Medien ein.
In der Botschaft mit der Puppe glaubt Kommissar Lukas Johannsen die Handschrift des bisher nicht gefassten Puppenmörders zu erkennen. Lukas beginnt den Kampf gegen das Unbekannte und sieht sich mit Schweigen konfrontiert.
Eine weitere Protagonisten, Ariane, hat sich nach dem Tod ihres Mannes zurückgezogen. Die Biologin lebt alleine und scheut den Kontakt zu Menschen, als plötzlich Tom in ihrem Leben auftaucht. Tom sucht immer wieder ihre Nähe, aber Ariane glaubt nicht an eine Zufallsbekanntschaft.

Anfangs lassen sich in diesem Psychothriller von Quentin Peck keine Zusammenhänge erkennen, denn der Autor legt in jedem Kapitel neue Spuren, die es zu entschlüsseln gilt. Die Geschichte entwickelt sich in ganz unterschiedlichen Strängen mit etlichen unerwarteten Wendungen, da muss man als Leser:in einfach dranbleiben. Bevor am Ende alle losen Fäden zusammenlaufen, werden so manche Geheimnisse der beteiligten Personen gelüftet.
Der Autor versteht es blendend, immer wieder auf falsche Fährten zu schicken. Gelungene Formulierungen und die Beschreibungen der Winterkälte in der verlassenden Gegend lassen das Kopfkino bis zum Finale arbeiten.
Von mir gibt es für diesen Psychothriller absolut verdiente 5 Sterne. Und ganz am Ende lässt ein Hinweis auf eine Fortsetzung hoffen!

Bewertung vom 22.10.2024
Blutrotes Karma
Grangé, Jean-Christophe

Blutrotes Karma


ausgezeichnet

Nervenzerreißende Ermittlungen zwischen Unruhen und Spiritualität

Wir schreiben das Jahr 1968 in Paris und sind sogleich mitten in den Studentenunruhen: Die Straßen der Hauptstadt brennen, die Institutionen, die durch die Zusammenstöße widersprüchlicher Ideologien zwischen Studenten, Arbeitern, Einwanderern und der Regierung destabilisiert wurden,scheinen ausgehebelt zu sein. Auf allen Seiten wächst der Protest, der Auftritt des jungen Daniel Cohn-Bendit in den Medien dient als Zeitmarke. Die Jugend will sich ausprobieren an Haschisch, ersten Versuchen mit LSD, Sex in allen Stellungen, orientalischen Philosophien und Kommunismus.
Mitten in diesem Chaos findet der ebenso kluge wie wütende Student Hervé die Leiche seiner Freundin Suzanne: Ausgeweidet, an einem Fuß aufgehängt an einem Balken ihrer Wohnung in einer Yogaposition, die bald als die des Baumes definiert wird, die Schenkel mit Bisswunden übersät.
Hervé gerät in Panik und bittet seinen Halbbruder und Polizisten Jean-Louis Mersch um Hilfe. Gemeinsam mit Nicole, einer Freundin des Opfers, stoßen die ungleichen Brüder auf eine Spur, die sie tief in die spirituellen Bewegungen Indien führt.
Nicole ist eine idealistische Philosophiestudentin wohlhabender Herkunft, Hervé, ein romantischer Geschichtsstudent, während sein Halbbruder Jean-Louis, ein sozialistischer Polizeiermittler, der immer noch unter Rückblenden des Algerienkriegs leidet. Seine aggressive Entschlossenheit gepaart mit Hervés Intellektualismus sowie Nicoles Wissen über die damals bekannten indischen spirituellen Praktiken treiben ihre Suche nach den unschuldigen Opfern an.
Doch als Cécile, eine weitere Freundin von Hervé ermordet und in einer Yogapose arrangiert wird, ahnen sie, dass es der Mörder auf Hervé selbst abgesehen hat.
Das Trio ermittelt auf eigene Faust in Indien, zwischen Kalkutta und Varanasi kommen sie einer schockierenden Wahrheit auf die Spur, die jedoch noch viel weiter reicht, als sie ahnen können.
Die ebenso blutige wie nervenzerreißende Verfolgungsjagd führt vom tiefen Elend und der Armut des indischen Kastensystems über spirituelle Praktiken in Glaubensgemeinschaften, geflüsterten Mantras und Gurus, religiösem Synkretismus und Karma, Tantrismus und Sekten bis zu Jeanne de Texier, ehemalige Anführerin „des Reigens“ und Mutter genannt – und ausgerechnet Hervé soll die Reinkarnation der längst verstorbenen „Mutter“ sein!
Aufregende Verfolgungsjagden, politische Kommentare und philosophische Überlegungen, kombiniert mit plausiblen Protagonisten und finsteren Nebencharakteren haben mich als Leserin beeindruckt. Während Nicole, Hervé und Jean-Louis ihre gegenwärtige Existenz und ihren vergangenen Glauben in Frage stellen müssen, bietet Grangé eine Fülle an demografischen, historischen und politischen Informationen und führt seine Ermittlungen schlussendlich nach Rom bis zum Vatikan.
Für mich ist dieser neue Roman von Jean-Christophe Grangé, der nicht umsonst als Meister des französischen Thrillers gilt, ein atemberaubender Roman, der die Fantasie anregt und den ich nicht vor der letzten von immerhin 608 Seiten weglegen konnte!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.10.2024
Die Abende in der Buchhandlung Morisaki
Yagisawa, Satoshi

Die Abende in der Buchhandlung Morisaki


sehr gut

Emotionales Wohlfühlbuch für Buchliebhaber

Die 25-jährige Takako verbringt liebend gerne ihre Zeit im Antiquariat ihres Onkels Satoru und ihrer Tante Momoko. Neben ihrem Job in einer Werbeagentur ist sie am liebsten von alten Büchern umgeben und genießt neben dem Lesen auch die Gespräche mit den Kunden ihres Onkels.
Seit kurzer Zeit ist sie in Wada verliebt, der an einem Roman arbeitet, in dem es um eben diese Buchhandlung Morisaki gehen soll. Die Beziehung zu Wada kommt nicht recht in Fahrt und manchmal kommen Takako Zweifel…
Als Tante Momoko erneut schwer erkrankt, wird Takako gebraucht: Sie unterstützt ihren Onkel im Antiquariat und kümmert sich um Tante Momoko. Durch die Gespräche mit ihrer Tante wird ihr auch bewusst, dass sie ihre Beziehung zu Wada bisher blockiert.
Nach Momokos Tod schließt Onkel Satoru vor Kummer sein Antiquariat. Aber Takako hat ihrer Tante ein Versprechen gegeben, und so sorgt sie dafür, dass Satoru mit ihrer Hilfe und der seiner Stammkunden neuen Mut fasst.
Im ersten Teil der Reihe „Bücherliebe in Tokio“ lernt Takako die Welt der Bücher lieben. Nach einer schlimmen Trennung kuriert sie ihren Liebeskummer im Antiquariat Morisaki aus. Dort, im berühmten Bücherviertel Tokios schöpft sie neue Kraft und entdeckt ihre Leidenschaft zu Büchern und zum Lesen.
Dieser zweite Teil des Bestsellers lässt sich unabhängig ohne Kenntnis der Vorgeschichte lesen. Der Autor Satoshi Yagisawa wurde für den ersten Teil, der bereits verfilmt wurde, mit einem Literaturpreis ausgezeichnet. Schnörkellos und charmant erzählt er von Menschen, die durch ihre Liebe zu Büchern und einem liebenswerten Buchladen miteinander verbunden sind und sich gegenseitig helfen, schwere Zeiten zu überwinden.
Beim Lesen kann man die Hektik des Alltags hinter sich lassen, man spürt die Atmosphäre, die zwischen den staubigen Büchern im Buchladen herrscht. Feinfühlig, aber ohne übertriebene Emotionen liest man von kleinen Momenten des Alltags, in denen der Autor die Themen Familie, Freundschaft und Selbstfindung leise einfließen lässt. Kulturelle Eigenheiten mögen uns fremd erscheinen, beeindruckend ist der zwischenmenschliche Respekt, der sich im Umgang miteinander zeigt.
Das Buch lebt durch emotionale Stellen und punktet mit einem gefühlvollen Ende. Das lebhafte Cover passt hervorragend zu diesem Wohlfühlbuch, das ich gerne nebenbei gelesen habe.

Bewertung vom 01.10.2024
SCHWEIG!
Merchant, Judith

SCHWEIG!


ausgezeichnet

Fulminantes Ende einer toxischen Beziehung
Einen Tag vor Heiligabend fährt Esther in den Wald zum Haus ihrer Schwester Sue, um ihr ein Geschenk zu bringen.
Sue lebt seit ihrer Scheidung alleine in einer riesigen Villa mitten im Wald und Esther macht sich große Sorgen um die labile Sue, nachdem das letzte Weihnachtsfest in einem Desaster endete. Sie möchte sich vergewissern, ob bei der jüngeren Schwester alles in Ordnung ist und ob diese regelmäßig ihre Tabletten einnimmt.
Abwechselnd erzählen die beiden Schwestern jeweils aus ihrer Perspektive und dabei kommt immer mehr aus deren Vergangenheit an die Oberfläche: Die dominante Esther will alles und jeden beschützen, daraus resultiert ihr manipulatives und ständig bevormundendes Wesen – das bekommt zuhause auch Ehemann Martin zu spüren, der aufgrund der ständigen Kontrolle ein Alkoholproblem entwickelt hat. Sue wiederum hat unter der Bevormundung der Schwester bereits als Kind gelitten und hatte daher Probleme, eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Um ihre Schwester zu ärgern, hat sie sich immer wieder kleine Gemeinheiten ausgedacht, immer mehr wird von der toxischen Beziehung der Schwester sichtbar.
Obwohl Sue der Besuch ihrer Schwester unangenehm ist und sie diese schnell wieder loswerden möchte, kommt in den wechselnden Erzählperspektiven nach und nach immer mehr von der Wahrheit ans Licht. Bald ist nichts mehr so klar, wie es anfangs schien, denn es werden viele Themen angesprochen, die womöglich besser ungesagt geblieben wären.

Dann setzt ein Schneesturm ein und in der Einsamkeit im Wald gibt es keine stabil funktionierende Netzverbindung, die bevorstehende Bedrohung und Eskalation ist mit Händen zu greifen, da taucht auch noch Esthers Ehemann Martin auf und eine der beiden Schwestern greift zum Messer.
In ihrem neuen psychologischen Spannungsroman charakterisiert Judith Merchant sehr detailliert ihre Protagonisten, die man im Laufe der Handlung immer besser versteht. Das Ende bringt eine völlig überraschende Wende, von dem nur so viel verraten werden kann: Nicht alle überleben den Vorweihnachtstag.
Für mich gehört dieser Roman zu einem absoluten Highlight, dem man ohne Weiteres die Höchstpunktzahl geben kann!

Bewertung vom 01.10.2024
Wintersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.2
Engman, Pascal;Selåker, Johannes

Wintersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.2


ausgezeichnet

Eisige Spannung im Rotlichtmilieu

Nach „Sommersonnenwende“, dem gelungenen Auftakt einer neuen schwedischen Krimireihe um Kommissar Tomas Wolf und die Journalistin Vera Berg, folgt mit „Wintersonnenwende“ der zweite, unabhängig lesbare Krimi.
Am Silvesterabend 1994 wird in einem illegalen Bordell in Stockholm der Freier einer jungen Prostituierten erschossen. Noch bevor Kommissar Wolf und sein Kollege Zingo am Tatort die Ermittlungen aufnehmen, flüchtet die junge Frau nackt und verschwindet im Schnee.
Für Kommissar Wolf – von seinem eigenen Trauma schwer gezeichnet – beginnt die Jagd nach dem skrupellosen Mörder, der sein Opfer mit einem Kopfschuss hingerichtet hat.
Die Journalistin Vera Berg hofft, mit der Berichterstattung zu diesem Fall an ihre früheren Erfolge als Starjournalistin anknüpfen zu können. Gleichzeitig ermittelt sie in dem Vermisstenfall um den Bruder des Kommissars und glaubt, dass ihre Spuren Tomas verdächtig erscheinen lassen.

Beide Protagonisten kämpfen mit ihren eigenen Problemen. Tomas, von seiner Frau verlassen, bekommt sein Leben nicht in den Griff und anstatt eine Therapie in Anspruch zu nehmen, denkt er unmittelbar vor dem neuen Fall an Selbstmord. Vera Berg nimmt große Risiken in Kauf, um nach beruflichem Misserfolg wieder Titelblatt-Stories zu produzieren.
Als ein zweiter bestialischer Mord geschieht, müssen sich Wolf und Berg zusammentun, um den Täter zu stellen. Die Spuren führen hauptsächlich ins Rotlichtmilieu, das die beiden Autoren in allen düsteren Facetten beleuchten. Auch wenn nicht alle Details ausformuliert werden, sind Kälte und Ausweglosigkeit auf fast jeder Seite greifbar.

Der Roman ist ein echter flüssig formulierter Pageturner, der vom Beginn bis zum Ende durchweg Spannung erzeugt. Falsche Fährten und zahlreiche Gedankengänge lassen die Leser bis zum Ende auf die Aufklärung des Falles warten. In rasantem Tempo geschehen immer neue unglaubliche Begebenheiten, so dass man auch diesen Roman nicht aus der Hand legen kann.
Die Personen mit ihren unterschiedlichen Charakteren sind glaubhaft geschildert und das Ende, das mit einem Cliffhanger aufwartet, lässt auf eine Fortsetzung hoffen.
Auch die äußere Gestaltung des in Blautönen gehaltenen Covers mit farbigem Buchschnitt ist sehr gelungen und ein echter Eyecatche
Die Fortsetzung finde ich rundum gelungen und somit vergebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 31.08.2024
Mit kaltem Kalkül / Die Sabine Yao-Reihe Bd.2
Tsokos, Michael

Mit kaltem Kalkül / Die Sabine Yao-Reihe Bd.2


ausgezeichnet

Fesselnde Zusammenarbeit von Rechtsmedizin und BKA

Der jordanische Ex-Geheimdienstler Khalaf sucht fieberhaft nach dem achtjährigen Yasser, der aus einem Neuköllner Problembezirk, der High-Deck-Siedlung, verschwunden ist. Seine Mutter traut sich nicht, die Polizei zu involvieren, denn sie lebt mit ihrem Sohn ohne Aufenthaltsbewilligung illegal in Deutschland. Schnell findet Khalaf heraus, dass bereits vor vier ein Junge aus der Siedlung verschwunden und nicht wieder aufgetaucht ist.

Gleichzeitig untersucht Dr. Sabine Yao, stellvertretende Leiterin der Spezialeinheit „Extremdelikte“ in der Rechtsmedizin auffallende Todesfälle: In einer Bauwagensiedlung wird ein unbekannter Toter gefunden. Monica Monti, Ermittlerin und Leiterin der vierten Mordkommission des Berliner LKA, zieht die Rechtsmedizinerin zur Aufklärung des Falls hinzu. Als im Kofferraum des Toten die Leiche eines Kindes gefunden wird, scheint der Fall noch komplexer, denn es handelt sich um den vor vier Jahren verschwundenen Jungen, der jedoch keinen Tag gealtert ist.
Monti folgt unnachgiebig ihrem Instinkt, denn als erst einmal die Verbindung zu dem gerade verschwundenen Yasser hergestellt ist, beginnt ein unerbittlicher Wettlauf gegen die Zeit. Wird Yasser rechtzeitig gefunden?
Die sympathische Rechtsmedizinerin Sabine Yao, die auch privat mit der Sorge um ihre Schwester Malin mehr als genug um die Ohren hat, steht an der Seite der Ermittlerin vom BKA.
Mit der Fortsetzung des True Crime-Thrillers „Mit kalter Präzision“ bietet Michael Tsokos, Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner, seinen Leser*innen erneut tiefe Einblicke in die Forensik. Bei authentischen Fällen aus der Rechtsmedizin bekommt man beim Lesen auf verständliche Art Einblicke in die Arbeit am Seziertisch.
Abwechselnd aus Sabine Yaos, Khalafs und Yassers Perspektive gelingt es Tsokos wieder einmal perfekt, die Balance aus Ermittlungsarbeit und Rechtsmedizin zu halten. Im Detail überträgt der Autor wahre Kriminalfälle in seinen (manchmal morbiden) Lesestoff.
Bei den kurzen Kapiteln sorgt immer ein Cliffhanger dafür, dass man das Buch nicht aus der Hand legen kann.
Bis zum Schluss wird die Spannung aufrecht erhalten. Ich habe sämtliche Romane von Michael Tsokos gelesen und wurde auch dieses Mal nicht enttäuscht!

Bewertung vom 11.08.2024
Das Dickicht
Kuhl, Nikolas;Sandrock, Stefan

Das Dickicht


ausgezeichnet

Wendungsreich bis zum überraschenden Ende

Juha Korhonen, Ermittler mit finnischen Wurzeln, und sein Kollege, der dunkelhäutige Lucas „Lux“ Adisa vom LKA Hamburg werden zu einem Entführungsfall hinzugezogen.
Schnell wird Juha klar, dass der aktuelle Fall Parallelen zu einem fast zwei Jahrzehnte zurückliegenden Verbrechen aufweist, einer der ersten Fälle, bei dem Juha als junger Polizist involviert war. Damals wurde der 14-jährige Daniel Boysen in einer Kiste im Wald tot aufgefunden. Der mutmaßliche Täter beging Selbstmord. Doch der leitende Ermittler hatte seine Zweifel.

Gemeinsam mit seinem Partner Lux rollt Juha den alten Fall wieder auf. Bei den erneuten Ermittlungen entdeckt Lux in der Akte Boysen viele Unstimmigkeiten – der damalige Kommissar konnte selbst nach Abschluss des Falles nicht loslassen und ließ bis zu seinem Tod nicht locker...
Die beiden Ermittler stoßen nicht nur auf polizeiliche Versäumnisse, sondern auch auf jahrzehntealte Lügen und Geheimnisse, die es zu entwirren gilt. Immer tiefer folgen Juha und Lux den Hinweisen in die Vergangenheit, bis sie eine Tragödie enthüllen, in der die Grenzen zwischen Opfern und Tätern verschwimmen und deren Auswirkungen bis heute spürbar sind.

Das spannende und zugleich unterhaltsame Krimidebüt hält seine Leser mit etlichen unerwarteten Wendungen bis zur letzten Seite in Atem. Kurze Kapitel mit Einblicken in die Vergangenheit und der lockere Schreibstil machen den Krimi zu einem Pageturner, den man erst nach dem überraschenden Ende aus der Hand legen kann. Der komplexe Fall mit rasanter Action wirkt absolut glaubwürdig. Juha und Lux ergeben ein authentisches Team, in dem jeder auf eigene Weise mit den Dämonen der Vergangenheit kämpft. Die beiden Ermittler ergänzen sich perfekt durch Lebenserfahrung kombiniert mit Neugier.
Ich hoffe sehr, dass die Autoren Nikolas Kuhl und Stefan Sandrock bereits an einer Fortsetzung brüten!

Bewertung vom 02.08.2024
Yoko
Aichner, Bernhard

Yoko


ausgezeichnet

Mit Yoko übertrifft Aichner sich selbst!

Seit der „Totenfrau“ habe ich alle Bücher von Bernhard Aichner mit Genuss gelesen und konnte den neuen Titel „Yoko“ kaum erwarten. Diesmal wurden meine Erwartungen sogar noch übertroffen, mit Yoko betritt eine neue Frauenfigur die Bühne. Aber der Reihe nach...

Yoko ist eine Frau Ende zwanzig, die von ihrem verstorbenen Vater die heimische Metzgerei geerbt hat. Schon als Teenager konnte sie bestens Schweinehälften zerlegen und das beliebte Wurstbrät herstellen. Jahrelang hat sie ihren kranken Vater hingebungsvoll gepflegt, aber nach seinem Tod ist das Ende der Metzgerei gekommen, denn Yoko verwandelt sie in eine Manufaktur für Glückskekse. Liebevolle selbst verfasste kurze Texte verpackt sie in ihre Glückskekse und findet dafür reichlich Abnehmer. Als sie sich dann auch noch in Maren verliebt, könnte das Leben nicht schöner und leichter sein.
Aber eines Tages befindet sich Yoko zur falschen Zeit am falschen Ort. Als sie gerade an ein chinesisches Restaurant ihre Glückskekse ausliefert, muss sie mit ansehen, wie zwei Männer einen Hund misshandeln. Sie geht dazwischen, versucht dem kleinen Hund zu helfen und wird dafür von den beiden Chinesen aufs Schlimmste für ihre Courage bestraft. Im Rausch der Gewalt wird Yoko in ihrem eigenen Auto entführt, mehrfach vergewaltigt und ihr Auto fällt den Flammen zum Opfer. Von einem Augenblick zum anderen liegt Yokos Leben in Trümmern.

Auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnt, dass sie es mit der chinesischen Mafia zu tun hat, nimmt sie ihr Schicksal nicht einfach so hin, sondern sinnt auf Rache, und zwar gnadenlos. Mit ungeahnter Härte sorgt die junge Frau für Vergeltung, und da kommt ihr auf einmal der erlernte Metzgerberuf zugute.
Yoko wird alles genommen, was sie liebt und ihre Rache dafür ist heftig!

Aichners neue Protagonistin ist ebenso unbequem wie seine bisherigen Charaktere, trotzdem fühlt man von der ersten Seite mit Yoko mit, was sie erleidet.
In kurzen Sätzen mit einer rasanten Abfolge und eingestreuten Dialogen entsteht eine Spannung, der man sich nicht mehr entziehen kann.
Kein Wort in diesem Roman ist zuviel, und auch wenn man beim als Leser starke Nerven benötigt, kann man dieses Buch nicht aus der Hand legen, bis man weiß, ob Yoko mit ihrer Rache Erfolg hat.
Dieses Buch ist für mich als Vielleserin ein absolutes Jahreshighlight!

Bewertung vom 16.07.2024
Reise nach Laredo
Geiger, Arno

Reise nach Laredo


sehr gut

Der Sinn des Lebens

1558: Karl V., der ehemalige Kaiser und König ist alt: Er hat abgedankt und sich in einem abgelegenen Kloster in Spanien zur Ruhe gesetzt. Seines Lebens ist er überdrüssig, gequält von zahlreichen Krankheiten und innerlich ist er zerrissen von der Monotonie seines jetzigen Lebens.
Er begegnet dem elfjährigen Jungen Geronimo, der jedoch nicht ahnt, dass Karl sein Vater ist. Gemeinsam begeben sie sich auf eine Reise nach Laredo. Karl auf einem Maulesel, der Junge auf einem Pferd reiten sie eines Nachts los.
Auf ihrer Reise geraten sie in wilde Abenteuer und treffen auf unterschiedliche Weggefährten. Nicht alle neuen Bekanntschaften lassen sich als positiv bewerten, auch Abschiede müssen verkraftet werden.
Die Reise führt Karl zu der wichtigen Erkenntnis, dass er trotz aller Macht, Ruhm und Reichtum wichtige Dinge in seinem bisherigen Leben nicht kannte: Freundschaft und Liebe sowie die Freiheit, den Moment zu leben. Und egal, wie viel Zeit einem im Leben noch bleibt, es lohnt sich immer, die Dinge wieder selbst in die Hand zu nehmen.

Das Buch ist keine leichte Kost, sondern steckt voller kluger Gedanken, die nachdenklich machen. Es ist kein Roman, den man zügig weg liest, als Leser sollte man sich Zeit nehmen, um gedanklich in die Geschichte einzutauchen.
Arno Geiger ist sprachlich ein Werk gelungen, das tief berührt, auch wenn oft die Schwermut überwiegt. Wenn man es versteht, sich auf die gedankliche Reise einzulassen, erlebt man einen magischen Roman über das Loslassen und über die Dinge, auf die es im Leben wirklich ankommt.
Ein wenig mehr der historisch bekannten Fakten hätte ich dem Roman gewünscht.