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Benutzername: 
gormflath
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Ketsch

Bewertungen

Insgesamt 27 Bewertungen
Bewertung vom 16.07.2024
Reise nach Laredo
Geiger, Arno

Reise nach Laredo


sehr gut

Der Sinn des Lebens

1558: Karl V., der ehemalige Kaiser und König ist alt: Er hat abgedankt und sich in einem abgelegenen Kloster in Spanien zur Ruhe gesetzt. Seines Lebens ist er überdrüssig, gequält von zahlreichen Krankheiten und innerlich ist er zerrissen von der Monotonie seines jetzigen Lebens.
Er begegnet dem elfjährigen Jungen Geronimo, der jedoch nicht ahnt, dass Karl sein Vater ist. Gemeinsam begeben sie sich auf eine Reise nach Laredo. Karl auf einem Maulesel, der Junge auf einem Pferd reiten sie eines Nachts los.
Auf ihrer Reise geraten sie in wilde Abenteuer und treffen auf unterschiedliche Weggefährten. Nicht alle neuen Bekanntschaften lassen sich als positiv bewerten, auch Abschiede müssen verkraftet werden.
Die Reise führt Karl zu der wichtigen Erkenntnis, dass er trotz aller Macht, Ruhm und Reichtum wichtige Dinge in seinem bisherigen Leben nicht kannte: Freundschaft und Liebe sowie die Freiheit, den Moment zu leben. Und egal, wie viel Zeit einem im Leben noch bleibt, es lohnt sich immer, die Dinge wieder selbst in die Hand zu nehmen.

Das Buch ist keine leichte Kost, sondern steckt voller kluger Gedanken, die nachdenklich machen. Es ist kein Roman, den man zügig weg liest, als Leser sollte man sich Zeit nehmen, um gedanklich in die Geschichte einzutauchen.
Arno Geiger ist sprachlich ein Werk gelungen, das tief berührt, auch wenn oft die Schwermut überwiegt. Wenn man es versteht, sich auf die gedankliche Reise einzulassen, erlebt man einen magischen Roman über das Loslassen und über die Dinge, auf die es im Leben wirklich ankommt.
Ein wenig mehr der historisch bekannten Fakten hätte ich dem Roman gewünscht.

Bewertung vom 05.07.2024
Signum / Stormland Bd.2
Lindqvist, John Ajvide

Signum / Stormland Bd.2


ausgezeichnet

Nichts für Zartbesaitete...

Kim Ribbing hat den Schockdoktor Martin Rudbeck entführt und hält ihn in seiner Villa fest. Er selbst war vor vielen Jahren ein Opfer des Arztes und möchte verstehen, wie ein Mensch unter dem Vorwand der Wissenschaft junge Menschen quälen kann.
Die ehemalige Polizistin Julia Malmros ermittelt währenddessen im Milieu der "Wahren Schweden", einer rechtsextremen Partei mit Kontakten in die kriminelle Szene.
Als Leser verfolgt man voller Spannung nicht nur Julias Ermittlungen, sondern auch die Ermittlungen im Fall des verschwundenen Arztes. Kim hat zwar bei der Entführung gekonnt viele Spuren verwischt, aber nach und nach kommt ihm die Polizei trotzdem bedrohlich näher. Julia steht auf einmal vor einer sehr schwierigen Entscheidung: Hält sie zu Kim oder muss sie ihn an die Polizei verraten?
Trotz der Themenvielfalt verliert man als Leser nicht den Überblick, auch wenn man sich lange fragt, wie sich die losen Enden am Schluss zusammenfügen sollen.
Der Autor beschreibt auch brutalere Szenen wie Folter und Missbrauch sehr bildhaft, für zartbesaitete Leser ist der Roman daher womöglich an manchen Stellen etwas zu heftig. Ich bin jedoch der Meinung, dass gerade diese Szenen zum intensiven Leseerlebnis beitragen, die Handlungen sowie die seelische Verfassung insbesondere von Kim Ribbing lassen sich dadurch besser nachvollziehen.
Der Autor versteht es blendend, seine Charaktere zum Leben zu erwecken, indem er Gefühle und Probleme auch im privaten Bereich vermittelt. Die Balance zwischen dem privaten Bereich und den Ermittlungen sorgt für Glaubhaftigkeit.
Mit „Signum“ beginnt der zweite Fall für das Ermittlerduo Julia Malmros und Kim Ribbing – die Stormland-Trilogie - genau dort, wo der erste teil „Refugium“ endete. Von daher würde ich empfehlen, beim Lesen die Reihenfolge einzuhalten.
Ich finde diesen zweiten Teil überaus gelungen und äußerst spannend!
Auf den dritten und letzten Teil müssen die Leser leider noch eine Weile warten, aber ich bin jetzt schon sehr gespannt.

Bewertung vom 04.06.2024
Anna O.
Blake, Matthew

Anna O.


ausgezeichnet

Spannender Pageturner mit vielen überraschenden Wendungen

Vor vier Jahren soll Anna Ogilvy im Schlaf ihre beiden besten Freunde und Geschäftspartner mit zahlreichen Messerstichen ermordet haben. Seitdem liegt die Schlafwandlerin Anna in einer Klinik im Tiefschlaf. Aber ist man schuldig, wenn man im Schlaf ein Verbrechen begeht?

Während Viele an ihre Unschuld glauben, will das Justizministerium Anna vor Gericht bringen. Dazu wird sie heimlich in die Schlafklinik „The Abbey“ verlegt: Der Psychologe und Experte für Schlafmedizin Dr. Ben Prince soll Anna unter größter Geheimhaltung aufwecken, damit ihr der Prozess gemacht werden kann. Ben ist Experte für Verbrechen, die im Schlaf begangen wurden, für ihn spricht bei der Patientin Vieles für die Resignationstheorie.
Während Dr. Prince durch Stimulation versucht, Anna aufzuwecken, gerät er unwissentlich selbst in höchste Gefahr: Vom Justizministerium wird er ebenso beobachtet wie von seiner Ex-Frau Clara, die als Kommissarin damals die erste am Tatort war. Ebenso beobachten ihn Annas Mutter, zum Tatzeitpunkt eine einflussreiche Ministerin sowie eine geheimnisvolle Bloggerin, die im Besitz von Annas Tagebuchaufzeichnungen ist. Und dann ist da noch der mysteriöse Patient X, dem Anna vor den Morden auf der Spur war.

Der Autor erzählt die Geschichte um Anna O. aus verschiedenen Blickwinkeln, wobei der überwiegende Teil der Handlung aus Bens Perspektive berichtet. Mit Rückblicken in Annas Tagebuchaufzeichnungen springt er immer wieder in die Vergangenheit – Anna setzte sich in ihrem Tagebuch mit ihren Ängsten vor dem Schlaf auseinander.

In diesem spannungsgeladenen Pageturner werden die Grenzen zwischen Wahrheit und Fiktion verwischt. Neben interessanten Fakten über das Resignationssyndrom bringen Fragen zur menschlichen Psyche zum Nachdenken. Die außergewöhnliche Thematik und einige Wendungen lassen einen als Leser*in bis zum überraschenden Ende mitfiebern!

Ein toller Marketing-Gag ist neben dem Cover mit einem geschlossenen Auge die Schlafbrille, die mit einer Banderole um das Buch geliefert wird.

Bewertung vom 21.05.2024
Einfach gesund schlafen
Amann-Jennson, Günther W.

Einfach gesund schlafen


sehr gut

Ganzheitliches Schlafkonzept

Prof. Dr. Günther W. Amann-Jennson ist Schlafpsychologe, Schlafforscher und Pionier der Schlaf-Gesund-Philosophie „Schlaf als Therapie“. Mit diesem Motto fungiert er auch als Schlaf-Coach.
In seinem Buch vereint er seine Erfahrungen von 40 Jahren Schlafforschung, die Arbeit mit tausenden Betroffenen und das von ihm wissenschaftlich erprobte Konzept des Bioenergetischen Schlafs®.
Wenn man sich vor Augen führt, dass mehr als 80 Prozent aller erwerbstätigen Menschen unter Schlafstörungen leiden, was die körperliche und geistige Gesundheit gefährdet, müssen wir auch die Mechanismen unseres Körpers verstehen, die ihn gut oder schlecht schlafen lassen.
Der Autor beschreibt in seinem Buch ein ganzheitliches Konzept für mehr Energie, Erholung und Erfolg und gibt dazu viele Praxistipps, um die Einschlafzeit zu verkürzen und die Tiefschlafphase zu verlängern.
Auf verständliche Art vermittelt er fundiertes Wissen über das Thema Schlaf, erklärt die unterschiedlichen Schlafphasen und gibt seinen Lesern ein Schlaf-Gesund-Konzept an die Hand, das schrittweise zu einer Verbesserung des Schlafs führen kann.
Da ich schon etliche Bücher zum Thema „Gesunder Schlaf“ gelesen habe, war ich insbesondere auf der Suche nach neuen Erkenntnissen.
Völlig neu waren für mich die Erklärungen zum Schrägschlaf und wie die Himmelsrichtungen den individuellen Schlaf beeinträchtigen können.
Neu und interessant war auch das Kapitel über die 4-Nächte-Schlaf-Gesund-Woche mit praktisch umsetzbaren Tipps. Die sechs Schritte vom Wachsein bis zum Schlaf sind gut umsetzbar und hilfreich.

Wer bereits seit langer Zeit Einschlaf – und / oder Durchschlafprobleme hat, darf keine Wunder erwarten, findet hier aber insgesamt viele hilfreiche Tipps, von denen zumindest mir einige neu waren.

Meine Kritik gilt hier keineswegs dem Autor oder seinem Buch, sondern dem Verlag: Die Schriftart beeinflusst leider die Lesbarkeit. Nach ein paar Seiten musste ich eine Pause einlegen. Vielleicht sollte man das als Anregung für eine Neuauflage überdenken.

Bewertung vom 28.04.2024
Bonjour Agneta
Hamberg, Emma

Bonjour Agneta


ausgezeichnet

Lebenslust und Selbstfindung

Agneta führt ein sehr vorhersehbares Leben mit ihrem Mann in Schweden. Die Kinder sind längst aus dem Haus und melden sich nur, wenn sie Geld benötigen. Ihr Mann Magnus hat sein Leben der Gesundheit gewidmet und ist nur noch in Radlershorts oder Neoprenanzug zu sehen. In ihrem Job langweilt sie sich und ist auch noch für die Kollegen quasi unsichtbar. Und dank Magnus’ Gesundheitswahn sind Käse, Wein und Weißbrot auch für sie streng verboten. Das Leben zieht an ihr vorbei, das kann doch mit 49 Jahren nicht alles gewesen sein?
Spontan antwortet sie auf eine seltsame Zeitungsanzeige und findet sich kurz darauf in einem kleinen Dorf in der Provence wieder, um den alten dementen Einar zu pflegen. Das Abenteuer, das nur eine Flucht aus dem Alltag mit Wiederkehr sein sollte, entwickelt sich zur Geschichte ihres Lebens.
Agneta, die bisher nur im Geheimen gegen die Regeln ihres Ehemanns rebellierte, überrascht mit einer Vielschichtigkeit, die man beim Lesen zu Beginn nicht erwartet. Sie lernt neue Seiten an sich kennen und lieben und überrascht damit nicht nur sich selbst.
Auch Einar ist ein interessanter Mensch, der zu begeistern weiß. Seine Lebenserfahrung ist immens – auch wenn er aufgrund seiner Demenz nicht immer am aktuellen Geschehen teilhat. Agneta kommt für ihn genau zur rechten Zeit: Indem sie ihm zuhört und für ihn da ist, wird ihre geplante Auszeit immer mehr zu ihrem neuen Leben und sie erkennt, was ihr im bisherigen Leben fehlte.
Die Protagonisten mit ihren unterschiedlichen Lebenserfahrungen werden authentisch geschildert, so dass man sich mitten in die Provence hineinversetzt fühlt. Auch die schrullige ältere Dame Bonnibelle sowie Barbesitzer Fabien tragen lebhaft dazu bei, dass dies kein gewöhnlicher „Frauenroman“ geworden ist, sondern bei einigen Ereignissen mit ernsten Themen überrascht.
Mein erstes Buch der Schwedin Emma Hamberg hat mich sehr positiv überrascht. Der flüssige Schreibstil mit einer abwechslungsreichen und unterhaltsamen Geschichte bietet zwar viele amüsante Lesemomente, aber als Leser*in kann man so manches Mal selbst ins Grübeln kommen über die eigenen Lebensentscheidungen. Der Autorin ist hier ein heiterer Wohlfühlroman mit ernsten Handlungssträngen gelungen, der durch die persönlichen Lebenswegen der Protagonisten nie in Klischees abdriftet.
Für den Roman mit sprühendem Frankreich-Flair verteile ich gerne 5 Sterne!

Bewertung vom 18.03.2024
Meeresfriedhof / Die Falck Saga Bd.1
Nore, Aslak

Meeresfriedhof / Die Falck Saga Bd.1


sehr gut

Geheimnisvolle Machenschaften einer Familiendynastie

Während des Zweiten Weltkriegs wird ein Schiff der Hurtigrouten von einer englischen Mine getroffen und versinkt. An Bord war neben norwegischen Zivilisten und deutschen Soldaten auch der Unternehmer und Reeder Thor Falck. Seine Frau, die junge Schriftstellerin Vera und ihr kleiner Sohn Olav überleben wie durch ein Wunder.
In den 1970er Jahren versucht Vera, diese Ereignisse in einem Buch zu verarbeiten und alles richtigzustellen. Doch daran wird sie gehindert – und als sie schließlich 75 Jahre nach dem Unglück Selbstmord begeht, ist mit ihr auch das Testament verschwunden, das sie sich kurz vor ihrem Tod hat aushändigen lassen.
Olav, inzwischen der Patriarch der Familie und Vorsitzender der einflussreichen SAGA-Stiftung sorgt sich, ob seine Mutter in letzter Sekunde das Testament geändert haben könnte, um den verarmten Zweig der Familie zu bedenken.
Alexandra, eine von Olavs Töchtern, versucht, die Arbeit ihrer Großmutter fortzusetzen, und stößt dabei auf zahlreiche Hindernisse, die ihr die Brisanz der Situation klarmachen. Was hat es mit Veras Memoiren auf sich, die damals vom Staatsschutz beschlagnahmt wurden? Alexandra ist fest entschlossen, der Wahrheit auf den Grund zu gehen, auch wenn sie sich dabei gegen ihren überaus mächtigen Vater stellt. Unangenehme Wahrheiten kommen ans Licht, die bisher vertuscht werden sollten. Als sie schließlich das verschwundene Testament ihrer Großmutter findet, ahnt sie nicht, welche Konsequenzen dies nach sich ziehen wird.

Authentisch beschreibt Aslak Nore über Generationen hinweg die Geschichte der mächtigen und reichen norwegischen Reederfamilie Falck. Der Stammbaum zu Beginn des Buches ist dabei sehr hilfreich, um als Leser nicht den Überblick zu verlieren. Gerade die umfangreichen Informationen zu Beginn des Romans gestalteten sich sehr umfangreich, zum besseren Verständnis habe ich mehrmals zum Stammbaum zurückgeblättert.

Ausführlich und mitreißend beschreibt Nore seine Charaktere und baut dabei kontinuierlich Spannung auf. Der Thriller ist nicht nur einfach „spannend“ zu lesen, sondern bietet mit seinem Genremix tiefe Einblicke in die norwegische Geschichte und die Schattenseiten menschlicher Beziehungen innerhalb einer von Reichtum und Macht geprägten Familiendynastie. Zwei weitere Bände der packenden Falck-Saga werden folgen.

Bewertung vom 20.02.2024
Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück (eBook, ePUB)
Kvensler, Ulf

Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Eine tragische Entscheidung : ein Leseerlebnis!

Anna und ihr Verlobter Henrik sowie ihre beste Freundin Milena fahren jedes Jahr für ein paar Tage zum Wandern in den Norden Schwedens, um in der Natur vom Alltag abzuschalten. Milena hat einen neuen Freund und bittet Anna darum, Jacob zu dieser Wanderung mitnehmen zu dürfen. Anna und Henrik sind zunächst von dieser Idee nicht begeistert, einen Fremden auf die Tour mitzunehmen, erklären sich aber schließlich damit einverstanden. Bereits auf der Zugfahrt beim gegenseitigen Kennenlernen schlägt Jacob vor, diesmal die Route zu ändern. Stattdessen möchte er in den unbewohnten und weitläufigen Nationalpark Sarek, einem Inbegriff der Abgeschiedenheit. Sarek, Schwedens größter Nationalpark mit hohen Gipfeln, Bergmassiven, Gletschertälern, rauschenden Stromschnellen ist der Traum jedes Überlebenskünstlers. Dort gibt es keine markierten Wege, Hütten oder andere Annehmlichkeiten und bald stellt sich heraus, dass dies eine tragische Entscheidung für die Freunde sein wird. Immer wieder bringt Jacob es fertig, die Gruppe zu weiteren gefährlichen Herausforderungen anzustiften. Bald liegen die Nerven in der Gruppe blank, gegenseitige Unterstellungen, Rivalitäten und Eifersucht machen sich breit. Ist Jacob zu trauen? Bald geht es nur noch darum: Wer wird überleben und nach Hause zurückkehren?

Authentische Schilderungen des psychischen Ausnahmezustands, atmosphärische Naturbeschreibungen mit ständig neuen Bedrohungen durch die Naturgewalten und tiefgründige Charakterbeschreibungen lassen diesen Thriller zu einem wahrhaft spannungsgeladenen Leseerlebnis werden.
In seinem Thrillerbedüt versteht es Ulf Kvensler mit Cliffhangern am Ende der jeweiligen Kapitel, vielen Dialogen und perfekten Perspektivwechseln eine unvorhersehbare Handlung aufzubauen und durch zahlreiche Wendungen zwischen Anspannung und Entspannung seine Leser zu verunsichern. Dazwischen finden sich kurze Zeugenbefragungen von Anna, die nach mehreren Tage alleine aufgefunden wird und im Rückblick von der Wanderung berichtet.

Für mich war dieses Buch ein absolutes Lesehighlight, ich habe das Buch innerhalb von 24 Stunden gelesen und war ständig am Mitfiebern. So viel Spannung hat bei mir schon lange kein Thriller mehr erzeugt!

Bewertung vom 12.02.2024
Der Sturm - Vergraben / Engelhardt & Krieger ermitteln Bd.4
Sander, Karen

Der Sturm - Vergraben / Engelhardt & Krieger ermitteln Bd.4


ausgezeichnet

Cold Case auf dem Darß mit Cliffhanger
Als bei einer Sturmflut auf dem Darß ein Stück der Steilküste wegbricht, werden die Gebeine einer jungen Frau freigelegt. Noch während die Kriminaltechniker die Überreste bergen, entdecken sie ein weiteres Skelett. Kommissar Tom Engelhardt und sein Team erinnern sich an einen Fall Ende der 1980er Jahre, als der sogenannte Darß-Ripper auf der Halbinsel mehrere Liebespaare brutal ermordete. Engelhardt vermutet Parallelen zu diesem alten Fall, dessen Mörder nie gefasst wurde.
Am Fundort wird eine CD gefunden, von der man Hinweise erhofft, die Kryptologin Mascha Krieger wird hinzugezogen, doch die Daten auf der CD sind schwer beschädigt.
Beim Sichten der damaligen Ermittlungsakten aus der DDR fällt auf, dass einige Seiten fehlen. Ausgerechnet Maschas Vater war damals Ermittler und sie ahnt, dass er mehr weiß, als er preisgibt.
Wie schon in der ersten Trilogie „Der Strand“ schafft es Karen Sander auch in ihrem neuen Fall gleich zu Beginn ihre Leser zu fesseln. Fast alle der kurzen Kapitel enden mit einem Cliffhanger, da kann man gar nicht anders, als weiterzulesen!
Spannend und mit bildhaften Beschreibungen bringt uns die Autorin auf die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst und eröffnet ihre neue Trilogie, die sich als vierter Band in die Krimireihe rund um die Ermittler Tom Engelhardt und Mascha Krieger einfügt.
Beim Lesen trifft man auf ein bekanntes Team mit authentischen und lebendigen Charakteren. Aber auch Leser, die die vorangegangene Trilogie nicht kennen, finden sich schnell in diesem spannenden Cold Case zurecht.
Eindrücke rund um die Ostsee, das Chaos der Zeit im Umbruch vor der Wiedervereinigung und unterschiedliche Perspektiven garantieren für viele Stunden Lesegenuss.
Auf die Fortsetzung darf man sich freuen!

Bewertung vom 25.01.2024
Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge
Tsokos, Anja;Tsokos, Michael

Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge


ausgezeichnet

Eine lesens- und liebenswerte Sicht auf die Ereignisse

Auch nach der Wiedervereinigung ist Heinz Labensky im Osten Deutschlands geblieben und verbringt nun seine letzten Lebensjahre in einem „Feierabendheim“, wie es zu DDR-Zeiten hieß. Sein ganzes Leben lang galt er als geistig minderbemittelt, die Grundschule hatte er als schulbildungsunfähiger, förderungsunfähiger Intelligenzgeminderter verlassen müssen. Lediglich Rita, seine ebenso vom Leben bestrafte Jugendfreundin, hatte an ihn geglaubt. Doch eines Tages war Rita wie vom Erdboden verschwunden, in die Großstadt im Westen wollte sie. „Heinzi“ wollte sie beschützen, aber immer dann, wenn er sie endlich wieder gefunden hatte, war sie alsbald wieder weg.
Eines Tages erreicht ihn ein Brief von der Tochter der vermeintlich toten Rita, der Fragen zu ihren Eltern enthält. Er besteigt spontan den Flixbus nach Warnemünde, um der Sache auf den Grund zu gehen. Den mit einer blühenden Fantasie ausgestatteten Labensky animieren seine Mitreisenden zu einer Reise in seine eigene Vergangenheit, Heinzi erzählt eine haarsträubende Geschichte nach der anderen. Seine Zeitreise durch die DDR-Vergangenheit berichtet von Situationen, die im Westen eher unbekannt waren: typische DDR-Gegenstände, Abkürzungen, die uns nicht geläufig sind bis hin zu Bespitzelungen eigener Bürger ebenso wie westdeutscher Personen der Stasi. Heinz ist ein kauziger, älterer Herr, der Geschichten erzählt über ein Land, das es nicht mehr gibt. Doch endlich in Warnemünde am Meer angekommen, muss er die wichtigste Entscheidung seines Lebens treffen. Will er die Wahrheit zulassen und die Realität akzeptieren und lieber weiterhin mit Luftschlössern in seiner selbst geschaffenen Fantasiewelt leben?

Rechtsmediziner Michael Tsokos und Professor an der Berliner Charité ist als Autor zahlreicher True-Crime-Thriller bekannt. Gemeinsam mit seiner Frau Anja, die selbst aus dem Osten Deutschlands stammt, erzählt er originell und warmherzig die Geschichte des liebenswerten Einzelgängers Labensky und seiner Sicht auf die Dinge. Großartig ist die Fabulierkunst des Protagonisten, die den Leser bis zum Ende darüber im Unklaren lässt, ob seine Geschichten sich tatsächlich so ereignet haben können oder seiner Fantasie entsprungen sind, denn schließlich ist Heinzi doch eher von schlichtem Gemüt. Über so manche geschilderten Ereignisse im Leben des Heinz Labensky kann man einfach nur schmunzeln.

Auch wenn die Geschichte inhaltlich eine völlig andere ist, hat mich dieser unterhaltsame Roman ein wenig an die Erzählkunst des Romans „Rückwärtswalzer: oder Die Manen der Familie Prischinger“ von Vea Kaiser erinnert.
Eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 01.01.2024
White Zero
Falk, Thilo

White Zero


sehr gut

Klimathriller ohne durchgehende Spannung

Deutschland wird von einer erbarmungslosen Kältewelle heimgesucht. Seit Monaten herrschen Temperaturen von bis zu -30° C, das Leben der Bevölkerung wird zunehmend bedroht. Energiepreise sind unbezahlbar geworden, durch die zerstörte Infrastruktur ist die Versorgung der Menschen nicht mehr gewährleistet und erste Gebäude kollabieren, weil auch sie den Temperaturen nicht mehr standhalten. Droht eine neue Eiszeit oder ist der Klimawandel für die Situation verantwortlich?
Fachleute in diversen Gremien versuchen, der Katastrophe auf den Grund zu gehen. Auch die Geophysikerin Jana Hollmer ist in einem Wissenschaftsteam integriert. Gemeinsam mit ihrem Partner Clemens Bach und Titus van Dijk, dem Chef einer Reederei, macht sie eine unglaubliche Entdeckung, der zunächst keiner der Fachleute Glauben schenken will.

Nach „Dark Cloud“ ist dies der zweite Umweltthriller von Thilo Falk. Die Idee zu diesem Thriller ist ebenso erschreckend wie faszinierend. Auf ein solches Szenario ist niemand vorbereitet und so wird überall nach Methoden geforscht, wie sich dieser Zustand möglichst rasch beenden lässt.
Als Leser folgt man zahlreichen Charakteren und vielen Ortswechseln in klar gegliederten Kapiteln, deren Temperaturangaben in den Überschriften Wirkung zeigen. Auch die Idee mit den eingestreuten Zeitungsartikeln finde ich sehr gut, da sie die Auswirkungen auf die Gesellschaft verdeutlichen. Politiker werden als Macher dargestellt, die trotzdem keine Lösungen parat haben.

Immer noch wird der Klimawandel zu sehr ignoriert, obwohl extreme Wetterverhältnisse zunehmen. Die Extremkälte wird meiner Meinung nach vom Autor gut dargestellt, die Szenen wirken realistisch. Beim Lesen spürt man die Verzweiflung und Hilflosigkeit der Fachleute auf der Suche nach Antworten, trotzdem fehlte mir ein durchgehender Spannungsbogen. Das Buch vereint zwar unterschiedliche Themen, zieht sich aber an einigen Stellen etwas zu sehr in die Länge.
Die Protagonistin Jana verliert im Laufe des Geschehens ihre Nahbarkeit und blieb daher für mich eher auf Distanz, auch wenn sie nie unsympathisch. Janas Lebensgefährte Clemens fungiert als Bindeglied, aber seinen Job mit Grußkartensprüchen fand ich irgendwie unpassend.
Für mich fühlte sich Manches zu sehr konstruiert an. Besonders spannend fand ich den Anfang, die Auflösung war zwar stimmig, aber etwas zu zu weit hergeholt.
Besonders fesseln konnte mich der Roman leider nicht, daher vergebe ich nur 4 Sterne.