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Benutzername: 
MarionHH
Wohnort: 
Schenefeld

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Insgesamt 4 Bewertungen
Bewertung vom 27.02.2025
Der Gesang der Seeschwalben / Die Bücherfrauen von Listland Bd.1
Engelmann, Gabriella

Der Gesang der Seeschwalben / Die Bücherfrauen von Listland Bd.1


ausgezeichnet

Bücherliebe und Familiengeheimnisse in Vergangenheit und Gegenwart
Listland, am nördlichsten Zipfel von Sylt und nördlichsten Punkt Deutschlands, lebt Fenja Lorenzen, die sich ganz der Literatur und besonders dem Erhalt der nordfriesischen Heimatdichter verschrieben hat. Sie ist die Nachfahrin ebenfalls bücherverrückter Frauen, ihre Mutter Lene und deren Mutter Beeke sammelten große Mengen an Büchern an. Ein schicksalhaftes Erlebnis bringt Fenja dazu, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen und ihre Beziehung zu ihrer Tochter Elisa zu hinterfragen. Als die Journalistin Anna, die eigentlich ein Buchprojekt mit ihr verwirklichen wollte, auf Geheimfächer und versteckte Dokumente stößt, beschließt Fenja, dass Anna ihr helfen soll, die Geheimnisse ihrer Familie zu ergründen. Anna gräbt tiefer und tiefer und wird immer mehr in den Sog der Lister Bücherfrauen hineingezogen.

Wundervoller, poetischer Roman über die Liebe zu Büchern und über Zusammenhalt in der Familie, aber auch über Schmerz und Verlust und wie wichtig es ist, seine Herkunft zu kennen und die Vergangenheit aufzuarbeiten. Ich liebe Bücher auf zwei oder mehreren Zeitebenen und dieser verknüpft die Ereignisse in Vergangenheit und Gegenwart auf wundersame Weise, ohne etwas vorwegzunehmen. Die Autorin versteht es meisterhaft, die Erzählstränge künstlerisch miteinander zu verweben, tiefe Einblicke in das Leben damals und heute zu geben und die Spannung von der ersten bis zur letzten Zeile zu erhalten. Ihr Stil ist gehoben, ohne kitschig oder anstrengend zu sein, und man merkt ihr ihre Vorliebe für schöne Worte und die Liebe zur Literatur deutlich an.

Unterteilt in zwei Teilen, erzählt der Roman auf zwei Zeitebenen und aus verschiedenen Perspektiven nicht nur über die Liebe zur Literatur, sondern auch über verbotene Bücher und eine verbotene Liebe im Nationalsozialismus, überhaupt über Liebe in all ihren Facetten, über schwierige Mütter-Töchter-Beziehungen und über Vergangenheitsbewältigung. Die starken Frauencharaktere dominieren klar die Handlung, allen voran Lene in der Vergangenheit und Anna in der Gegenwart. Die beiden haben den Hauptanteil in der Geschichte und mit beiden habe ich intensiv mitgelebt. Der ganze Stil der Autorin, die bildhaften Beschreibungen von Orten und Menschen, ihren Gefühlen und die Authentizität der Figuren haben mich sehr gefesselt, so dass ich das Buch kaum aus der Hand legen mochte. Originellerweise kommen auch die zwei Häuser zu Wort, die im Laufe der Geschichte viel erlebt haben und einen, man könnte sagen, Blick von oben auf die Geschehnisse werfen.

Interessant fand ich außerdem die Entwicklung von Anna, ihre Position innerhalb der Familie und ihre Einstellung zu den Geschehnissen. Während Teil eins im Buch sich sehr auf sie in der Gegenwart und Lene in der Vergangenheit konzentriert, richtet sich der Fokus in Teil zwei zunehmend auf die Familiengeschichte der Lister Bücherfrauen, die sich über vier Generationen bis in die Gegenwart erstrecken. War Annas Aufenthalt bis dahin eher ihrem Buchprojekt geschuldet, dringt sie nun, mit dem Auftauchen von Fenja und deren an sie herangetragenen Bitte, immer tiefer in die Vergangenheit ein und fördert so manches Geheimnis zutage. Ihre Motivation kommt meines Erachtens aus ihrer Zuneigung zu dem idyllischen Landstrich und zu Fenja und ihren Kindern. Dieses Aufdecken von Wahrheiten in der Gegenwart und die Schilderung der Ereignisse aus Lenes Perspektive in der Vergangenheit gehen Hand in Hand und werden chronologisch erzählt, ohne sich zu doppeln. Anna beginnt zudem immer mehr, sich mit ihrer eigenen Familiengeschichte zu beschäftigen und sich an Dinge zu erinnern. Am Ende des Buches stehen schließlich zwar einige neue Erkenntnisse, aber noch lange kein vollständiges Bild der Geschehnisse rund um Lene und ihrer Töchter. Und so bewegt sich nicht nur Anna, sondern die gesamte Geschichte weiter auf einen Scheideweg und finale Entscheidungen zu, die die Leben der Protagonisten immer mehr miteinander verknüpfen und möglicherweise für immer verändern werden.

Fazit: Sehr gelungener und fesselnder erster Band über die Geschichte der Lister Bücherfrauen und ihrer Biografin Anna, voller Spannung, Familiengeheimnissen und komplizierten Beziehungen. Besonders die starken Frauen und die Aufarbeitung der Vergangenheit gehen zu Herzen und man verliert und verliebt sich schnell in das romantisch-wilde Sylt und in die Geschichte von Lene und Fenja. Ich warte jedenfalls ungeduldig auf die Fortsetzung und kann eine Lektüre wärmstens empfehlen.

Bewertung vom 14.02.2025
Luzie in den Wolken
Lucas, Charlotte

Luzie in den Wolken


ausgezeichnet

Über zweite Chancen oder: Jeder sucht sein Stück vom Glück
Gabriel Bach schreibt unter dem Namen Henri Fjord sehr erfolgreiche Liebesromane. Leider befindet er sich zurzeit im einer Sinn- und Schaffenskrise und würde am liebsten alles hinschmeißen. Ein roter Luftballon mit einer rührenden Botschaft berührt ihn dermaßen, dass er beschließt, dem Kind zu helfen und es kennenzulernen. Die kleine Luzie und ihre Mutter ziehen ihn dermaßen in ihren Bann, dass er unter falscher Identität mehr und mehr an ihrem Leben teilhaben will und sich immer mehr in seinem Lügenkonstrukt verstrickt.

Gefühlvolle Familien- und sanfte Liebesgeschichte, die zwischendurch ein paar Längen aufweist, sich aber gut lesen lässt und ein humorvolles und romantisches Happy End darbietet. Es wird recht viel geweint, ob aus Trauer, Wut, Zorn, Trotz oder auch Rührung und Erleichterung, und besonders Miriam ist nah am Wasser gebaut. Die Liebesgeschichte entspinnt sich zart und leise und spielt in meinen Augen eine eher untergeordnete Rolle. Die Hauptgeschichte und die Figur, um die sich alles dreht, ist eindeutig die 7-jährige Luzie. Sie ist Miriams Dreh- und Angelpunkt als ihre Mutter und Gabriels Bindung zu ihr ist die Initialzündung für sein Handeln und die schlussendliche Beziehung zu Miriam.

Sprachlich ist der Roman nicht unbedingt anspruchsvoll, einige Formulierungen wiederholen sich und der Stil selbst ist eher locker-eingängig. In der Mitte des Buches fand ich besonders die seitenlangen Beschreibungen vom Ausflug in den Erlebnispark sehr in die Länge gezogen und alles in allem gibt es viel Kinderkrakeele und Zeit in Miriams Laden. Dennoch gab es humorvolle Momente und solche, die zu Herzen gingen und bei denen die Autorin ihr Gespür für einfühlsame Beschreibungen beweist, wie etwa die Second Hand Kleider, die Geschichten erzählen, oder dem Fest für Luzie.

Die Hauptfiguren mochte ich durchaus, ich konnte aber so einige Reaktionen sowohl von Miriam als auch von Gabriel nicht nachvollziehen. Beide handeln sehr emotional und mitunter auch irrational und bei beiden fand ich einiges überzogen dargestellt. Bei Miriam etwa erschien es mir nicht logisch, dass sie trotz ihrer permanenten Skepsis nicht einmal eher einige Sachen checkt und dass sie ihren eigenen Realitäten gegenüber völlig blind ist. Ihre Meinung zu Gabriel/Ben ist häufig skeptisch, aber auch stinksauer und dann wieder versöhnlich. Über die Auslöser ihrer Sinneswandel war ich mir nicht immer hundertprozentig im Klaren. Auch bei Gabriels Motivation, sich aus seiner Depression heraus plötzlich so dermaßen in Luzies und Miriams Leben förmlich hineinzudrängen und viel Geld hineinzupumpen, erschließt sich einem nicht komplett. Auch ist ihm durchaus klar, dass sein Lügenkonstrukt irgendwann zusammenbrechen muss, als es dann passiert, fällt er jedoch komplett hintenüber. Sehr angetan war ich von einigen Nebenfiguren, besonders von Becka und von Jonathan, Becka gefiel mir durch ihre lebensbejahende Art und Jonathan durch seine Empathie und Vernunft.

Fazit: Wer einen romantischen Liebensroman erwartet, in der Kinder eher eine Nebenrolle spielen, wird enttäuscht werden. Luzie ist der absolute Mittelpunkt, und man muss mögen, dass sich alles um sie dreht. Fakt ist aber, dass die Botschaft, dass nämlich jeder eine zweite Chance verdient hat, dass es viel schöner und gesünder ist, seinen Kummer und besonders seine Freude mit anderen Menschen zu teilen, eine universelle ist. Dies hat die Autorin in einer unterhaltsamen Geschichte schön vermittelt.

Bewertung vom 30.01.2025
Dunkle Asche (eBook, ePUB)
Thomsen, Jona

Dunkle Asche (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Emotionaler erster Fall für ein sehr gegensätzliches Ermittlerinnen-Duo
Bislang bestand die Arbeit von Gudrun und Judith in ihrer Cold Case Abteilung darin, sich durch Aktenberge aus dem Archiv zu graben. Diesmal jedoch ist es anders: Sie haben einen Zeugen, der im Sterben liegt und ihnen überraschende Details zu einem dreißig Jahre zurück liegenden Fall preisgeben will. Der Mord an der jungen Sanna Hansen geht Gudrun unter die Haut, denn er geschah in ihrem Heimatort und war besonders brutal. Wie stark sie wirklich involviert ist, verschweigt sie ihrer Partnerin, was beide in höchste Gefahr bringt.

Solider, gut konstruierter und spannender Krimi mit viel Lokalkolorit und einem sehr unterschiedlichen Ermittlerinnen-Duo, dass sich erst noch zusammenraufen muss. Den Hauptteil der Geschichte erzählt der Autor aus verschiedenen Perspektiven und berichtet in Rückblenden von den Ereignissen vor dreißig Jahren. In dem Maße, wie der Fall in der Gegenwart voranschreitet, erfährt der Leser mehr und mehr Details aus der Vergangenheit, so dass sich am Ende ein stimmiges Bild mit durchaus befriedigender Lösung ergibt.

Für mich lebte ein Großteil der Geschichte von der Interaktion und den unterschiedlichen Persönlichkeiten der beiden Protagonistinnen Judith und Gudrun. Beide Anfang 50, haben sie ihre Geheimnisse voneinander und arbeiten eher widerwillig zusammen. Judith ist kühl und elegant, legt Wert auf Ausdruck und Auftreten und hat ein stabiles Familienleben. Gudrun, vom Stil her mehr der Typ Hippie, durchlebt ein Wechselbad der Gefühle, sowohl durch ihre Beteiligung an den damaligen Ereignissen als auch durch eine mögliche aufkeimende Beziehung zu einer sehr viel jüngeren Frau. Beide wissen nicht, was sie voneinander halten sollen, und besonders Gudrun kocht ihr eigenes Süppchen. Ihre persönliche Betroffenheit, ihre Involviertheit in die damaligen Ereignisse und die Freundschaft mit dem einen oder anderen Verdächtigten fügt dem Ganzen viel Brisanz hinzu.

Der Fall selbst ist gut durchdacht, es gibt viele Ungereimtheiten und natürlich ahnt man, dass da noch viel mehr dahintersteckt, als es auf den ersten Blick scheint. Die beiden Ermittlerinnen befragen und recherchieren und mehr als eine Aussage von damals wird revidiert. Auch die anderen Figuren sind vielschichtig in ihrer Persönlichkeit und hüten so manches Geheimnis. Besonders Gudrun erfährt so manches, was ihr Bild von den ihr so bekannten und gemochten Menschen erschüttert. Sie muss einiges an vorgefassten Meinungen über Bord werfen und Judith vertrauen, die eine deutlich sachlichere Herangehensweise hat. Scharfsinnig sind sie beide, dennoch war mir Gudrun mitunter zu impulsiv und zu sehr an ihren Leuten hängend, um objektiv zu bleiben. Das Zusammenspiel der beiden, wie sie alle Lügen enttarnen, und das aufregende Finale, nach dessen Ausgang beide als Partnerinnen zusammengewachsen sind, haben mir aber sehr gut gefallen. Die Spannungskurve steigt im letzten Drittel des Buches noch einmal deutlich an und als Leser fiebert man herrlich mit den beiden Ermittlerinnen mit.

Fazit: Die ganz großen Überraschungen blieben für mich aus, dennoch ein spannender, sehr flüssig zu lesender Krimi mit einigen Wendungen, bei dem man sehr gut mit ermitteln konnte. Ein gelungenes Debüt, das sich neben den wohlbekannten Reihen im Genre nahtlos einreiht. Ich für meinen Teil mochte das Duo sehr gern und freue mich auf weitere Fälle.

Bewertung vom 27.12.2024
Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben
Decker, Anika

Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben


ausgezeichnet

Trau dich! Wundervoll warmherziges Buch darüber, das zu tun, was man wirklich will
Nina, knapp 50, kämpft mit Hormonschwankungen, mit ihrer mitunter chaotischen Mutter und mit ihrer eher ungewissen Lebens- und Jobsituation. Ihr Ex-Mann Phil macht auf heile Welt mit seiner neuen blutjungen Influencer-Ehefrau und ihre Schwester Lena keinen Hehl aus ihrer Verachtung für Nina. Da verliebt sie sich zu allem Überfluss auch noch Hals über Kopf in den 20 Jahre jüngeren David. Als ihre Mutter Karin schwer krank wird, wollen alle zusammenhalten. Doch am Krankenbett der Mutter kommen alle unterdrückten negativen Gefühle ans Licht, und nicht nur Nina muss ihr Leben komplett umkrempeln.

Ein wundervoll warmherziges Buch über die Liebe in allen Konstellationen, über Zusammenhalt, aber auch über Selbstzweifel, über das Leben in einer scheinbar heilen Welt und über den großen Mut, auszubrechen aus verkrusteten Strukturen und seinen eigenen Weg zu gehen. Nina habe ich sofort geliebt und konnte mich wunderbar in sie hineinversetzen. Sie ist der dominante Charakter in diesem Buch und der Dreh- und Angelpunkt, aus ihrer Perspektive wird am häufigsten erzählt und die meisten der anderen Protagonisten kreisen um sie oder reiben sich an ihr. Nina ist emotional, empathisch und warmherzig und hat eine humorvolle und phasenweise philosophische Sicht auf ihr Leben. Sie selbst ist durchaus zufrieden, es sind die gesellschaftlichen Erwartungen und Normen, die sie stören und die ihren Widerstand wecken. So geht es in einem Erzählstrang um ihren Job, um das Publikmachen von Missständen, die Solidarität unter Frauen und das Auflehnen gegenüber zumeist männlichen Machtstrukturen.

Im zweiten Erzählstrang geht es natürlich um Ninas Beziehung zu David und die Frage, soll sie oder soll sie nicht. Darf sie oder darf sie nicht mit ihm zusammen sein? Auch wenn sie von anderen, allen voran von David und auch von ihrer Schwester Lena, als attraktiv wahrgenommen wird, plagen Nina doch gehörige Selbstzweifel, die sie genüsslich und launig Tagesform abhängig mal den einen, mal den anderen Entschluss fassen lassen. Jeder hat selbstredend seine eigene Meinung dazu und die meisten raten ihr ab. Was will so ein junger Mann mit einer älteren Frau? Kann ja nichts werden.

Die Autorin versteht es meisterhaft, die Achterbahnfahrt der Gefühle nicht nur bei Nina, sondern auch bei David und den anderen Protagonisten einzufangen und sie einfühlsam und pointiert an die Oberfläche zu holen. Am meisten sticht hier Lena, Ninas Schwester heraus, deren Lebensentwurf diametral entgegengesetzt zu Ninas eigenem steht. Je mehr Einblicke man als Leser in diese beiden Lebensweisen erhält, desto mehr wird klar, an welch seidenem Faden sie hängen und wie verknüpft sie doch miteinander sind. Ich fand es außerordentlich gelungen, welche Entwicklung beide Frauen durchmachen. War mir Lena mit ihrem krampfhaft dazu gehören Wollen, ihrer verletzenden Art und ihrem auf heile Welt machen lange Zeit furchtbar unsympathisch, bewies sie doch Voraussicht und Intelligenz im Hinblick auf Ninas Jobsituation und großen Mut, den schönen Schein nicht über ihre Prinzipien und ihre Familie zu stellen. Das Herausragende an Nina ist, dass sie sich nie unterkriegen lässt und sich alles, was ihre Kinder, ihre Familie und ihre Freunde im Hinblick auf ihr Liebesleben sagen, durch den Kopf gehen lässt, sie aber trotzdem ihre eigenen Entscheidungen trifft und zu diesen steht. Und so liegt die Erkenntnis des Ganzen auf der Hand: Man ist nie zu alt für einen Neuanfang.

Fazit: Wer ein wunderschön gebundenes, in fröhlichen Farben gestaltetes Buch in den Händen halten will und in eine manchmal lustige, mitunter traurig oder wütend machende, aber immer kurzweilige Geschichte mit lebensnahen Figuren eintauchen will, dem sei diese Lektüre dringendst empfohlen. Mir jedenfalls sind die Menschen ans Herz gewachsen und ich konnte das Buch, einmal angefangen, nicht mehr aus der Hand legen.