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Benutzername: 
Igelmanu
Wohnort: 
Mülheim

Bewertungen

Insgesamt 1031 Bewertungen
Bewertung vom 18.02.2025
Die Fledermaus (Restauflage)
Decker, Gunnar

Die Fledermaus (Restauflage)


sehr gut

»Trotz ihres Fleißes als Insektenvertilger ist das Image der Fledermaus in der christlich geprägten Kultur schlecht. Man erblickte in ihr etwas Dämonisches. Während der Engel mit seinen weißen Federn aus dem Himmel herabschwebt, scheint die Fledermaus mit ihren knochigen dunklen Lederhautflügeln, dem schmutzig wirkenden Fell und dem fratzenhaften Gesicht direkt aus der Hölle heraufzusteigen – so jedenfalls stellt es die christliche Mythologie über Jahrhunderte hinweg dar. Die Fledermaus: ein Inbegriff des Bösen.«

Eine Fledermaus im Schlafzimmer versetzte Gunnar Decker zunächst einen gewaltigen Schreck, machte ihn dann aber neugierig und er begann zu recherchieren.
Im ersten Teil des Buchs legt er zahlreiche, teils unglaublich klingende Fakten über die faszinierenden Geschöpfe der Nacht dar – das fesselte mich besonders. Dieser Infoteil war zudem höchst unterhaltsam geschrieben und wurde durch diverse Illustrationen ergänzt. Obwohl ich mich schon durch viele Tiersachbücher gelesen habe, konnte ich noch Neues erfahren. Dass eine Vampirfledermaus regelmäßig mehr als ihr eigenes Körpergewicht trinkt und sich dann, vorübergehend flugunfähig, „zu Fuß“ von ihrem Opfer entfernen muss, kurbelte sofort mein Kopfkino an.

Im nächsten Teil befasst sich der Autor dann mit dem Mythos des Vampirs, beleuchtet sowohl Geschichtliches als auch die Behandlung in Literatur und Film. Von hier schlägt er zuletzt einen Bogen, um die Rolle der Fledermaus als Vampir zu beleuchten. Diesen Abschnitt fand ich durchaus interessant, in der Umsetzung aber manchmal für mein Empfinden zu philosophisch.

Fazit: Sehr informatives und unterhaltsames Buch, nur im letzten Teil ein wenig sehr philosophisch.

Bewertung vom 16.02.2025
Professor Unrat
Mann, Heinrich

Professor Unrat


gut

»Liebes Fräulein, falls Sie der Blumensträuße und des Sektes nicht entraten mögen, sollen Sie sie von mir bekommen. Es ist nicht zulässig, dass Sie dieser Dinge durch Schüler teilhaftig werden.«

Sein ganzes Leben hat Professor Rath als guter Bürger seine Pflicht getan, alles musste stets seine Ordnung haben. Als höchst gestrenger Lehrer war er gefürchtet und wenn jemand ihn „Unrat“ nannte, verstand er keinen Spaß. Im Gegenteil fühlte er sich schwer gekränkt und konnte sich nicht vorstellen, dass weniger als eine schwere Beleidigungsabsicht damit verbunden sein könnte.
Als er eines Tages ein anrüchiges Lokal betritt, um eine dort auftretende, noch anrüchigere Sängerin aufzufordern, schleunigst die Stadt zu verlassen, läuft dies aber anders als geplant. Er verfällt der Künstlerin namens Rosa Fröhlich und ruiniert dadurch in der Folge sein gesamtes Leben.

Eine tragische Geschichte, die man sich gut und zu allen Zeiten vorstellen kann. Ein verschrobener, verbiesterter Spätfünfziger, der in seinem ganzen Leben nie so etwas wie Spaß kennengelernt hat, verfällt den Verführungskünsten einer jungen Frau. Natürlich will er sich das zunächst nicht eingestehen, vielmehr redet er sich lange ein, sich täglich um Rosa zu kümmern, damit seine Schüler nicht zu ihr können und so vor dem schädlichen Einfluss geschützt sind. Er, der zwar nicht beliebt, aber doch zumindest geachtet war, verliert nach und nach alles, was er sich im Leben an Ansehen erarbeitet hat und stürzt letztlich, blind für die wahre Erkenntnis der Zusammenhänge, in einen regelrechten Abgrund.

Auch wenn all das sehr realistisch wirkt, war es für mich nicht schön zu lesen. Da hätte mir ein unrealistisches Happy End besser gefallen. Zudem sorgte die alte Sprache (das Buch erschien erstmals 1905) dafür, dass mir der Zugang noch schwerer fiel.

Fazit: Gut vorstellbare Handlung, aber darüber hinaus schlicht tragisch.

Bewertung vom 14.02.2025
Ein Freund des Verblichenen
Kurkow, Andrej

Ein Freund des Verblichenen


sehr gut

»Ich stellte mir vor, wie sie alle bei der Kriminalpolizei saßen, die Dutzende von lästigen Fragen stellte. ... Ich musste nur noch einen erschwinglichen Killer finden, das Geld für sein Honorar auftreiben, und dann würde der von mir ideal ausgedachte Mord ein weiteres ungelöstes Rätsel werden. Ein sinnloses Leben effektvoll zu beenden, reizte mich. Und bei den rätselhaften Morden gibt es noch einen bestechenden Aspekt – man schreibt häufig in Zeitungen und Büchern über sie, man erinnert sich an alle Einzelheiten und an den Namen des Opfers, so dass ich eine reale Chance hatte, wenn schon nicht für alle Ewigkeit, so doch für lange Zeit im Gedächtnis der Menschheit zu bleiben.«

Tolja hat genug von diesem Leben. Er ist arbeitslos, seine Frau betrügt ihn, nichts macht mehr Spaß und nichts macht mehr Sinn. Eigentlich wäre er ein Kandidat für einen Selbstmord, aber das gelingt ihm auch nicht. Mit Hilfe eines Freundes heuert er schließlich einen Killer an, der ihn ermorden soll. An seinem geplant letzten Abend nimmt er eine junge Prostituierte mit in seine Wohnung und verbringt eine so schöne Zeit mit ihr, dass sie am nächsten Morgen kein Geld von ihm nimmt und ihm ihren richtigen Namen nennt. Jetzt hat Tolja eigentlich keine Lust mehr zu sterben, aber der Auftrag läuft bereits…

Andrej Kurkow ist ein renommierter und politisch engagierter ukrainischer Schriftsteller, für mich war dies sein erstes Buch von ihm. Sein Stil gefiel mir sofort, mit liebevollem Blick schaut er auf seinen Protagonisten, der sich durch ein kompliziert werdendes Leben kämpft. Die Ausgangssituation fand ich reizvoll und hatte lange keine Ahnung, wie das alles wohl ausgehen wird. Nach Unmengen von Alkohol (scheint normal zu sein in Kiew ;-) läuft es auf einen zur Atmosphäre perfekt passenden Schluss zu. So kurz das Buch ist, ist es doch rund und hat mich gut unterhalten.

Fazit: Kurz, aber gut. Tolle Atmosphäre und interessante Handlung.

Bewertung vom 07.02.2025
Gottes Mühlen
Beil, Lilo

Gottes Mühlen


sehr gut

»Der hergelaufene Wackes – beim Adolf hätt‘ man nicht lang gefackelt.«

Pfaffenbronn, ein kleines Dorf in der Südpfalz im Jahr 1957. Der Tod eines kleinen Mädchens reißt alle aus ihrer Beschaulichkeit, Evi wurde ganz offensichtlich ermordet. Für die Volksseele ist ein Verdächtiger schnell ausgemacht, Otto Straub, der „Fremde“ aus dem Elsass, der muss es gewesen sein!

Kriminalkommissar Friedrich Gontard, aus Ludwigshafen angereist, um den Mord aufzuklären, hat es unter diesen Umständen nicht leicht, seine Ermittlungen durchzuführen. Und dass er den „Fremden“ nicht einfach verhaftet, stößt auf großes Unverständnis. Doch Gontard, ein junger und motivierter Mann, gibt nicht so leicht auf…

Der Autorin ist es gelungen, auf wenigen Seiten einen rundum stimmigen und spannenden Krimi zu schreiben, der sowohl die regionalen als auch die zeitgeschichtlichen Aspekte hervorragend umsetzt und zu einer dichten Atmosphäre verwebt.
Der junge Kommissar leidet wie so viele andere auch unter einem Kriegstrauma, im Dorf gibt es Flüchtlinge aus Ostpreußen, die unter Vorurteilen und Anfeindungen leiden und denen man stetig zu verstehen gibt, dass sie nicht erwünscht sind. Und auf verschiedenen einflussreichen Positionen sitzen Personen, die das aufgrund ihrer Nazi-Vergangenheit eigentlich nicht dürften.

Was Fremdenhass und Vorbehalte gegenüber Flüchtlingen angeht ist dieser Krimi leider von erschreckender Aktualität. Ich bin regelmäßig fassungslos, wie sich Menschen erdreisten können, sich über andere zu erheben, bloß weil sie selbst das Glück hatten, in einem friedlichen Land geboren zu werden.

Die Auflösung ist ebenfalls stimmig und gefiel mir sehr. Ich freue mich, dass dies der erste von mittlerweile sieben Bänden ist und habe gleich den Folgeband auf meine Liste gesetzt.

Fazit: Regional und zeitgeschichtlich interessanter Krimi mit sympathischem Ermittler. Die Reihe verfolge ich gern weiter.

Bewertung vom 02.02.2025
Schwimmen Tote immer oben?
Tsokos, Michael

Schwimmen Tote immer oben?


sehr gut

»Das ist zwar eine naheliegende, aber völlig irrige Vorstellung, die häufig nicht nur im Fernsehen, sondern auch in Zeitungsartikeln propagiert wird. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Beim Ertrinken in Süßwasser sind die Schnittflächen der Lungen völlig trocken – also in über 90 Prozent der Fälle von Ertrunkenen, die in der Rechtsmedizin untersucht werden.«

Der renommierte Forensik-Experte Michael Tsokos widmet sich in diesem Buch den zahlreichen Irrtümern und Klischees, die sich rund um die Arbeit von Rechtsmedizinern ranken. Wer sein Wissen hauptsächlich aus Tatort und Co. zieht, hat nicht selten Vorstellungen, die mit der Realität nicht viel gemein haben. In 30 Kapiteln, kurz aber informativ, stellt Tsokos vor, wie die Arbeit von ihm, seinen Kolleginnen und Kollegen und auch Mordermittlern von dem abweicht, was gemeinhin propagiert wird. Da gibt es nicht selten gewaltige Unterschiede!

Für mich war vieles nicht neu, allerdings habe ich mich schon früh mit True Crime befasst und komme aus einem entsprechenden familiären Umfeld. Die Ausführungen habe ich aber auch bei diesen Punkten gern gelesen, zumal sie sehr unterhaltsam formuliert waren. Und wer sich noch nicht so intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt hat, darf sich auf leicht lesbare Informationen freuen.

Fazit: Ein Blick ins wahre Leben, informativ und unterhaltsam zugleich.

Bewertung vom 01.02.2025
Buchhaltung kompakt für Dummies
Griga, Michael;Krauleidis, Raymund

Buchhaltung kompakt für Dummies


ausgezeichnet

»Keine Buchung ohne Beleg« ist also ein überlebensnotwendiger Grundsatz. Damit Sie das niemals vergessen, werden wir diesen Spruch hier im Buch so oft wie möglich wiederholen. Lassen Sie sich dann noch nachts ein paarmal von einer in Ihrem Haushalt lebenden Person wecken, die Ihnen die folgende Frage stellen soll: »Keine Buchung ohne was?« Nach ein paar Nächten wohnen Sie dann entweder allein oder haben den Grundsatz endgültig komplett verinnerlicht.

Ich habe tatsächlich noch nie zuvor ein Buch aus der „Dummies“-Reihe gelesen. Als ich jetzt vor der Situation stand, meine Buchhaltungskenntnisse aus der lang zurückliegenden Ausbildung auffrischen zu wollen, sprang mir dieses nette Werk ins Auge.

Mein Eindruck ist durchweg positiv. Das Buch bietet eine umfassende und leicht verständliche Einführung zu allen üblicherweise benötigten Punkten, angefangen bei gesetzlichen Regelungen über die einfachsten Grundlagen bis hin zu kompletten Buchungsbeispielen einschließlich Steuer. Mir fiel auf der Stelle alles vergessen Geglaubte wieder ein und ich bin zuversichtlich, dass dem einfachen Aufbau auch komplette Buchhaltungsneulinge folgen können.

Grundsätzliche Regeln werden immer wieder an den passenden Stellen wiederholt, so dass sich das Wissen besser setzen kann. Der Stil ist herrlich locker und trotz aller notwendiger Sachlichkeit unterhaltsam, so dass niemand Angst vor dem „trockenen Thema“ haben muss. Ich werde nach dieser positiven Erfahrung bei Bedarf auch zu anderen „Dummies“-Büchern greifen.

Fazit: Alles, was man rund um die Buchhaltung grundlegend wissen muss. Leicht verständlich und in lockerem Ton rübergebracht.

Bewertung vom 26.01.2025
Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen
Sträter, Torsten

Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen


gut

»Viele von Ihnen nehmen mich, wenn ich der gelegentlich eingehenden Post glauben darf als zutiefst lässigen und eloquenten Menschen wahr, und niemand wäre glücklicher als ich, wenn das stimmen würde. Aber einen Großteil meiner entspannten Ausstrahlung verdanke ich vor allem dem Umstand, dass ich ein ziemlicher Idiot bin.«

Dieses Buch von Torsten Sträter bekam ich von einem Freund geschenkt. Als Komiker und Kabarettist gehörte er für mich bislang in die Kategorie „ganz ok“, das hat sich nach der Lektüre auch nicht geändert. In insgesamt 64 Kurzgeschichten präsentiert er eine ordentliche Themenvielfalt, von denen mich nicht wenige sehr ansprachen. Bei der Umsetzung präsentiert er sich als einfachen Kerl von der Straße, einschließlich der damit verbundenen derben Wortwahl. Das gefällt mir oft nicht so sehr. Ich fand das sehr schade, denn man merkt deutlich, welch klarer Verstand hinter allem steckt, aber ich kann satirische Geschichten einfach mehr genießen, wenn dabei nicht immer wieder Ausdrücke genutzt werden, die nicht zu meinem Sprachgebrauch zählen.

Sehr lachen musste ich über die ständigen Abschweifungen, die er meisterlich präsentiert. Der Stil ist dadurch extrem locker, führt aber regelmäßig zu durchaus wichtigen Botschaften. Besonders das Thema Depressionen liegt ihm aus eigener Erfahrung sehr am Herzen und ich könnte mir vorstellen, dass seine sehr persönlichen Berichte und Worte für Betroffene und deren Angehörige hilfreich sein können.

Wie immer bei Sammlungen von Kurzgeschichten habe ich jede einzeln bewertet und daraus einen Schnitt ermittelt. Für eine Geschichte konnte ich fünf Sterne vergeben, bei neunzehn Geschichten kam ich auf vier Sterne, bei fünfunddreißig auf drei Sterne und neun Episoden sprachen mich leider gar nicht an und erreichten lediglich zwei Sterne. Der Durchschnitt liegt entsprechend bei 3,2 Sternen.

Fazit: Tolle und oft sehr wichtige Themen. Unterhaltsam präsentiert mit herrlichen Abschweifungen, nur die Wortwahl sagt mir nicht immer zu.

»Was wollte ich eigentlich sagen?«

Bewertung vom 26.01.2025
Altes Leid / Ida Rabe Bd.1
Stein, Lea

Altes Leid / Ida Rabe Bd.1


sehr gut

»Frauen bei der Polizei … Das mag funktionieren, solange die Männer in Kriegsgefangenschaft sind. Aber wenn sie erst wieder zurück sind, wenn wieder Ruhe und Ordnung herrscht und alles beim Alten ist, dann wird es in allerlei Haushalten ein gewaltiges Donnerwetter geben … Dann heißt es: zurück in Ihren Wirkungskreis, Beste, ins traute Heim zu Kindern und Kochtöpfen.«

Hamburg im Frühjahr 1947. Nach einer extrem kurzen Ausbildung beginnt Ida Rabe ihren Dienst bei der weiblichen Polizei. Von einer freundlichen Begrüßung ist nichts zu merken, ihr Vorgesetzter auf der Davidwache macht mehr als deutlich, was er von Frauen bei der Polizei hält und dass sie, wenn es nach ihm ginge, so schnell wie möglich wieder an den heimischen Herd zurückkehren sollten. Bis dahin weist er Ida und ihrer Kollegin streng umrissene Aufgaben zu, sie sollen sich um Kinder und Frauen kümmern und Anzeigen abtippen. Wobei letzteres schon daran scheitert, dass man ihnen kein Papier zur Verfügung stellt.

Der toughen Ida werden also zahlreiche Steine in den Weg gelegt, trotzdem macht sie sich motiviert an die Arbeit und bemüht sich um kreative Lösungen beispielsweise für das Papierproblem. Schnell merkt sie, wo es im derzeitigen System hakt, denn in Hamburg treibt ein Vergewaltiger sein Unwesen, was er auch unbesorgt und ohne sonderliche Angst vor Entdeckung tun kann, da kaum eine Frau bereit ist, auszusagen. Die Männerwelt würde ihnen eh nicht glauben!

Ida will sich damit nicht abfinden und beginnt mit eigenen Ermittlungen. Damit eckt sie bei Vorgesetzten und Kollegen gewaltig an, gehört so etwas doch nicht zu ihren Aufgaben. Und Ida hätte eigentlich allen Grund, sich still und unauffällig einzufügen, denn ihr eigener Hintergrund ist alles andere als gut und sie hat bei den Einstellungsgesprächen einiges verschwiegen. Als jedoch auch noch eine Frau ermordet und grausam verstümmelt aufgefunden wird, gibt es für sie kein Zögern mehr und sie riskiert alles…

Die Ausgangssituation fand ich hochinteressant und Ida verdient für den Mut, mit der sie sich allen Schwierigkeiten zum Trotz ihrer Aufgabe widmet, große Achtung. Sehr intensiv werden auch die Lebensbedingungen im Nachkriegshamburg beschrieben, Trümmer, Hunger, große Not regieren an allen Ecken und Kanten. Die Atmosphäre ist sehr dicht, beim Lesen stand mir alles deutlich vor Augen. Und auch der Fall selbst passt genau in die damalige Zeit.

Über ein paar Punkte bin ich trotzdem gestolpert. Ich erfahre über die private Ida zu wenig, oft bleibt es bei Andeutungen. Gut, vielleicht sollte es da in den Folgebänden mehr Infos geben, aber für mich ist sie als Charakter noch nicht rund. Wie kann es darüber hinaus sein, dass der kritische Hintergrund Idas, der eine Beschäftigung bei der Polizei klar ausschließen würde, nicht überprüft wurde? Ist es wahrscheinlich, dass man eine blutige Anfängerin, die ständig eigene Dinge tut statt die angeordneten, tagelang gewähren lässt und sie nicht in hohem Bogen rausschmeißt? Und wieso bloß muss bei einer solch starken Frau unbedingt eine Liebesgeschichte eingeflochten werden? Ein männlicher Ermittler verliebt sich schließlich auch nicht zwingend in jedem Buch. Ich lande bei 3,5 Sternen, die ich auf 4 Sterne aufrunde. Die Reihe werde ich aber wohl nicht weiterverfolgen.

Fazit: Spannende und reizvolle Ausgangssituation, leider mit etwas unnötiger Romantik und ein paar Logikschwächen.

»Ich habe kein hübsches Näschen, sondern eine ganz normale Nase. Ich bin auch kein Blümchen. Ich bin überhaupt kein -chen. Oder soll ich zu Ihnen Kommissarchen sagen?«

Bewertung vom 19.01.2025
Die rätselhaften Honjin-Morde / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.1
Yokomizo, Seishi

Die rätselhaften Honjin-Morde / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.1


sehr gut

»Was war aus dem Traum von einer himmlischen Hochzeitsnacht geworden? Eine Szene wie aus der Hölle, mehr war davon nicht geblieben.«

Winter 1937 in einem kleinen japanischen Dorf. Der älteste Sohn einer angesehenen und wohlhabenden Familie wird zusammen mit seiner gerade frisch angetrauten Frau tot aufgefunden, im Brautgemach fand ein wahres Gemetzel statt. Besonders mysteriös ist dabei, dass der Raum, in dem das Verbrechen geschah, von innen verschlossen war. Ein klassischer „Locked Room Murder“ also, was auch den berühmten Privatdetektiv Kosuke Kindaichi reizt, der zur Unterstützung der örtlichen Polizei angereist ist.

Was mir an diesem Detektiv besonders gefällt, ist die Tatsache, dass er so gar nicht dem gängigen Klischee des Star-Ermittlers entspricht. Er ist ein junger Mann mit zotteligen Haaren und schmuddeliger Kleidung, der zudem noch leicht stottert. Oft würden andere (ältere) Beteiligte einen solchen jungen Mann nicht für voll nehmen, doch ihm begegnen alle mit großem Respekt.

Darüber hinaus besticht der Krimi natürlich durch seine intensiven Einblicke in die japanische Kultur. Vieles dreht sich hier um den überaus hohen Stellenwert der Abstammung, ein Punkt, über den ich zwar fasziniert lese, den ich persönlich aber nicht nachvollziehen kann. Die Fremdheit der Kultur macht es für mich auch schwieriger, mitzuermitteln und ein Motiv zu suchen. Aber auch das hat seinen Reiz!

Seishi Yokomizo ist einer der berühmtesten und beliebtesten japanischen Autoren von Kriminalromanen. Allein die Reihe um Kosuke Kindaichi umfasst 77 Bücher, von denen bislang lediglich 4 ins Deutsche übersetzt wurden. Ich hoffe, da kommt noch was!

Fazit: Ein kultiger Detektiv und faszinierende Einblicke in die japanische Kultur. Hoffentlich werden noch weitere Bände der Reihe übersetzt!

Bewertung vom 19.01.2025
Mord am Walberla
Wilkes, Johannes

Mord am Walberla


sehr gut

»Karl-Dieter schaute entsetzt und fasziniert zugleich, als Mütze ihm erklärte, was er mit ihm vorhatte. Ja, er spürte eine leise Genugtuung, vielleicht sogar einen gewissen Stolz. Endlich nahm ihn Mütze ernst, endlich bat er ihn einmal aktiv um Hilfe. Üblicherweise hielt Mütze gar nichts davon, wenn sich Karl-Dieter in die Ermittlungen einmischte, im Gegenteil, er konnte sich furchtbar darüber aufregen. Und nun bat er ihn sogar aus freien Stücken darum.«

Es muss wirklich einiges passieren, damit Kriminalkommissar Mütze seinen Lebensgefährten um Mithilfe bei den Ermittlungen bittet. Obwohl Karl-Dieter in der Vergangenheit nicht selten den richtigen Riecher hatte, ist und bleibt Polizeiarbeit nun mal gefährlich. Aber Mütze tut sich enorm schwer mit diesem Fall, der, wenn es um seinen Vorgesetzten geht, keiner sein darf. Für den nämlich ist die Sache klar, der Mann im Teufelskostüm, der nach der Walpurgisnacht tot am Fuß des Walberla aufgefunden wird, hat Selbstmord begangen. Tatsächlich sprechen auch zahlreiche Indizien für diese Annahme, lediglich Mützes Bauchgefühl sieht das anders…

Ich mag die Krimis dieser Reihe sehr, auch wenn sie manchmal, so wie dieser hier, ziemlich kurz sind. Trotzdem wird ordentlich ermittelt, Spannung ist da und natürlich reichlich Platz für die unterhaltsamen Protagonisten Mütze und Karl-Dieter. Beide sind zwar grundverschieden, aber mir gleichermaßen ans Herz gewachsen. Auch als Regionalkrimi funktioniert das Buch, der Schauplatz (das Frankenland), Sprache und Besonderheiten werden sehr schön dargestellt.

Fazit: Ich mag die Reihe sehr, sie bietet ordentliche Krimikost mit liebenswerten Charakteren und Unterhaltungswert.