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Bücherfan
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NRW

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Insgesamt 6 Bewertungen
Bewertung vom 13.03.2009
Nacht unter Tag / Karen Pirie Bd.2
McDermid, Val

Nacht unter Tag / Karen Pirie Bd.2


ausgezeichnet

Die gebürtige Schottin Val McDermid hat mit “Nacht unter Tag“ erneut einen Thriller außerhalb ihrer drei Erfolgsserien (u.a. mit dem Profiler Tony Hill) geschrieben. Das ermittelnde Duo Pirie und Parhatka hatte schnell meine Sympathien, da die Autorin gerade so viele Informationen aus dem Privat- und Berufsleben der beiden liefert, dass ich eine gute Vorstellung ihres Charakters und ihrer Lebensweise erhielt, ohne mich durch zu ausführliche Beschreibungen gelangweilt zu fühlen. Vor allem Karen Pirie ist mir mit ihrer direkten, sehr eigenwilligen und leicht spöttischen Art ans Herz gewachsen.

Die Geschichte behandelt abwechselnd den Entführungsfall und die Vermisstensache und springt in sehr kurzen Abständen zwischen Vergangenheit und Gegenwart und zudem noch zwischen Schottland und Italien hin und her. Was sich im ersten Moment verwirrend anhört, erweist sich schnell als kluger Schachzug von Val McDermid. Jede Vernehmung und Spurensicherung in der heutigen Zeit wird durch Erinnerungen und Rückblenden ergänzt und erläutert. Genau zum richtigen Zeitpunkt wird die jeweilige Szene abgebrochen, um den nächsten losen Faden weiterzuspinnen. McDermid ist es gelungen, den Plot dadurch noch interessanter und spannender zu gestalten. Gleichzeitig machen die schnellen Wechsel von einem Ermittlungsort zum anderen die große Diskrepanz zwischen den verschiedenen Lebensumständen der Protagonisten umso deutlicher und lassen die ehemalige Bergarbeitersiedlung im Gegensatz zum sonnigen, südlichen Flair der Toskana und dem scharf bewachten, luxuriösen Anwesen von Sir Brodie überaus ärmlich und düster wirken.

Schon nach einiger Zeit hatte ich zwei bestimmte Personen als Hauptdrahtzieher der Entführung im Verdacht, war mir aber bezüglich der Komplizen, der Umstände und des Motivs nicht ganz im Klaren. Meine Vermutung zum ersten Punkt hat sich am Schluss zwar bestätigt, mit dem Rest lag ich jedoch ziemlich daneben, da die Autorin viele falsche Fährten legt und die Auflösung wirklich nur schrittweise vorankommt, mit etlichen Überraschungen und weiteren Morden bis zum Ende hin. Alle wichtigen Figuren werden bis in die Tiefen ihrer Psyche ausgelotet, so dass sich ihre Beweggründe von selbst erklären.

Das Besondere an dem neuen Thriller ist jedoch der persönliche Bezug von Val McDermid zu dem hier verwendeten Stoff. Ihre beiden Großväter waren Bergarbeiter in East Wemyss und sie verbrachte in ihrer Kindheit viel Zeit dort, weshalb ihr wohl auch der verlorene Streik von 1984 noch sehr gegenwärtig ist. Wahrscheinlich ist es ihr aufgrund ihrer eigenen Herkunft so gut gelungen, die Nöte und Bedürfnisse der Bergarbeiterfamilien sehr plastisch und nachvollziehbar darzustellen. Die Autorin nimmt hierbei kein Blatt vor den Mund und auch die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher wird heftig kritisiert.

Fazit: Insgesamt gesehen handelt es sich bei “Nacht unter Tag“ um einen Thriller, der spannende Unterhaltung, psychologisch ausgefeilte Figuren und viele interessante Informationen rund um das Bergarbeitermilieu zu bieten hat. Schön, dass im Spannungsgenre noch Bücher erscheinen, die auch ohne viel Blutvergießen und reißerische Schockelemente so fesselnd und wendungsreich sind! Absolut empfehlenswert!!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.09.2008
Seelen
Meyer, Stephenie

Seelen


ausgezeichnet

Romantische Lovestory im Science-Fiction-Gewand

Zum Inhalt:

Der Roman spielt in einer fernen Zukunft, in der die Menschheit von außerirdischen Seelen beherrscht wird. Diese brauchen die menschlichen Körper als Wirte, um auf der Erde überleben zu können. Die "Parasiten" verdrängen bei der Implantation die Persönlichkeit der Menschen bis auf deren Erinnerungen. Eine dieser Seelen ist Wanda, die bald feststellt, dass ihre Wirtin Melanie zu stark ist, um sie aus ihrem Bewusstsein entfernen zu können. Die beiden sind bald so vertraut miteinander, dass sich Wanda auf Melanies Wunsch hin auf die Suche nach Melanies großer Liebe Jared und ihrem kleinen Bruder Jamie macht. Denn einige wenige Menschen konnten entkommen und kämpfen nun im Verborgenen um ihr Leben und das ihrer Angehörigen. Als Wanda und Melanie am Ziel angelangt sind, kommt es zu etlichen Komplikationen, denn Wanda hat sich ebenfalls in Jared verliebt. Als auch noch Ian in Wandas Leben tritt, ist das emotionale Verwirrspiel perfekt...

Meine Meinung:

Stephenie Meyer hat mit "Seelen" einen unglaublich packenden Roman geschrieben. Dabei ist eine Welt entstanden, die sich abgesehen von grundlegenden Neuerungen im medizinischen Bereich und in der Wahl der Fortbewegungsmittel äußerlich nicht sehr verändert hat. Ihre neuen Bewohner sind es, die anders miteinander umgehen und andere Regeln haben als ihre menschlichen Vorgänger. Die Handlung ist zwar im Science-Fiction-Bereich angesiedelt, aber im Vergleich zu einigen anderen Werken dieses Genres wird der Leser zum Glück nicht mit einer Fülle an technischen Informationen erschlagen. Andere Welten beispielsweise werden eher nach Fantasy-Art beschrieben. An erster Stelle steht aber immer die Liebesgeschichte. Und die ist der Autorin wirklich gut gelungen. Die ganze Konfusion, die entstehen muss, wenn sich zwei Lebewesen einen Körper teilen und auch noch den gleichen Mann lieben, ist sehr romantisch und spannend dargestellt. Doch es geht in dem Roman nicht nur um die Liebe zwischen Mann und Frau, sondern auch zwischen Schwester und Bruder, Seele zu Mensch, etc.- also um die Liebe im Allgemeinen und was der Einzelne dafür zu opfern bereit ist. Die inneren Kämpfe sowohl von Wanda als auch ihrer menschlichen Freunde und Feinde sind sehr einfühlsam und gut verständlich ausgearbeitet. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Geschichte ist die unterschiedliche Einstellung von Menschen und Seelen hinsichtlich der eigenen Spezies. Während Seelen sehr sanftmütig sind und liebevoll miteinander umgehen, ist die menschliche Welt voller Misstrauen und Gewalt. Ebenso haben aber auch starke positive Gefühle wie Liebe und starker Zusammenhalt einen Platz in ihr. Das Problem der Seelen wiederum ist ihr uneingeschränkter Herrschaftsanspruch. Stephenie Meyer scheint sich viele Gedanken zu der Frage gemacht zu haben, was passiert, wenn Vertreter der einen Geisteshaltung auf die andere Seite treffen und was für ein Ort die Welt sein könnte, wenn Menschen ein bisschen mehr von den positiven Eigenschaften der Seelen hätten. Herausgekommen ist ein Plädoyer für mehr Toleranz und Mitgefühl im Umgang miteinander. Und dass etwas Andersartiges nicht automatisch schlecht sein muss.

Fazit:

Leser, die actionreiche Science-Fiction bevorzugen, werden den Roman wohl eher nicht zu schätzen wissen. Diejenigen, die sich auf die Geschichte einlassen können, werden mit einer herzzerreißenden Lovestory und vielen Fragen zum Nachdenken belohnt. "Seelen" ist ohne Altersbeschränkung für alle hoffnungslos romantischen Gemüter geeignet. Da das gesamte Geschehen allein aus weiblicher Sicht geschildert wird und es wirklich sehr emotional in dem Buch zugeht, ist es wohl eher für Frauen zu empfehlen. Wer sich nicht von 864 Seiten abschrecken lässt, den erwartet ein sehr berührendes und warmherziges Lesevergnügen!
Bücherfan aus NRW

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.08.2008
Schrei nach Stille
Chaplet, Anne

Schrei nach Stille


sehr gut

Ein verhängnisvoller Sommer

Zum Inhalt:

Sophie Winter, eine erfolgreiche Schriftstellerin Anfang 60, bewohnt seit einiger Zeit in Groß-Roda, Oberhessen, ein verfallenes Haus. Hier lebten vierzig Jahre zuvor drei junge Hippies, die den Dorfbewohnern mehr als unwillkommen waren. Als sich auch noch ein Mädchen aus dem Ort mit den unkonventionellen Zugezogenen anfreundete, eskalierte die Situation. Kurz darauf verschwand ein weibliches Mitglied der Hippiegemeinschaft spurlos. Sophie, die in ihrem Buch die Dörfler des Mordes an der Vermissten anklagt, versucht die damaligen Schuldigen durch ihre Anwesenheit zu provozieren. Denn sie kennt die Geschichte nicht nur aus zweiter Hand. Ihr Nachbar Paul Bremer interessiert sich ebenfalls für die Wahrheit und auch ein Kommissar aus Frankfurt wird durch Zufall in den Fall hineingezogen. Zeitgleich verschwindet ein Junge aus dem benachbarten Klein-Roda und die Ereignisse überschlagen sich...

Meine Meinung:

"Schrei nach Stille" hebt sich wohltuend vom üblichen Krimi-Einheitsbrei ab. Anne Chaplet gelingt es grandios, die Mechanismen des dörflichen Zusammenlebens zu entlarven. Auch die Diskrepanz zwischen Landbevölkerung und den zugezogenen Städtern sowie die sich daraus zwangsläufig ergebenden Konflikte sind sehr gut herausgearbeitet. Nach der Lektüre hat man für die Haltung beider Seiten Verständnis. Eine Gut-Böse-Konstellation ist in diesem Buch nicht zu finden. Neben den sozialkritischen Aspekten ist der Roman aber vor allem eins, nämlich sehr spannend. Und das, obwohl die Autorin auf die gängigen Blutbade gänzlich verzichtet. Statt dessen durchziehen mysteriöse Vorkommnisse das gesamte Buch und durch die für einen Krimi ungewöhnlich plastischen Naturbeobachtungen wirken Sophies Haus und seine Umgebung sehr lebendig und bedrohlich. Chaplets Sprache ist sowohl bildreich als auch fantasievoll, was das Lesen sehr interessant gestaltet. Es gibt im Ganzen drei Personen aus deren Sicht die Geschehnisse erzählt werden. Neben der geheimnisvollen Hauptfigur Sophie Winter wären da noch der ehemalige Werbefachmann Bremer, der erst seit kurzem in der Gegend wohnt und Kommissar Giorgio DeLange. Man erfährt viele persönliche Details aus dem Leben der drei, die die Geschichte angenehm auflockern. Ziemlich schnell wird klar, dass Sophie Probleme mit ihrem Gedächtnis hat. Der Grund dafür wird allerdings erst auf den letzten Seiten ersichtlich, vorher hängt der Leser etwas in der Luft. Am Schluss verbinden sich die einzelnen Handlungsstränge sinnvoll miteinander und die Auflösung der beiden Vermisstenfälle ist überraschend und anders als erwartet, jedoch sehr passend.

Fazit:

Ein stimmungsvoller Kriminalroman mit einer gelungenen Spannungskurve und mystischen Elementen. Sehr zu empfehlen!
Bücherfan aus NRW

Bewertung vom 28.08.2008
Der norwegische Gast
Holt, Anne

Der norwegische Gast


ausgezeichnet

Spannender Kriminalroman der klassischen Art

Zum Inhalt:

Im tiefsten Winter entgleist nahe des norwegischen Bergdorfes Finse ein Zug mit mehr als 250 Insassen. Da im Hochgebirge gerade ein Schneesturm wütet, muss ein Großteil der Fahrgäste im Hotel Finse1222 untergebracht werden. Unter ihnen befindet sich auch die ehemalige Kommissarin Hanne Wilhelmsen, die seit einem Berufsunfall an den Rollstuhl gefesselt ist. Der Sturm wird immer heftiger und während die Eingeschlossenen auf Hilfe warten, wird ein bekanntes Mitglied der Gruppe ermordet aufgefunden. Zudem sorgen die mysteriösen Passagiere eines Sonderwaggons des Zuges für Unruhe unter den unfreiwilligen Hotelgästen. Als die Situation zu eskalieren droht, geschieht ein weiterer brutaler Mord und Hanne Wilhelmsen sieht sich gezwungen, ihre etwas eingerosteten Ermittler-Fähigkeiten ein weiteres Mal einzusetzen...

Meine Meinung:

“Der norwegische Gast“ ist ohne Zweifel Kriminalliteratur vom Feinsten. Anne Holt beschreibt die für die Handlung wichtigen Personen und Orte außerordentlich detailliert und plastisch. Die Hauptfigur Hanne ist ein sehr komplexer Charakter mit vielen Widersprüchen und einem komplizierten Innenleben. Mit der Zeit erfährt der Leser einiges aus ihrem Privatleben und kann somit ihr Verhalten und ihre Gefühlswelt besser verstehen. Die Spannung kommt nie zu kurz und es finden viele überraschende Wendungen statt. Der ruhige Erzählfluss und die Art, wie dem Leser nach und nach die nötigen Puzzleteile für die Lösung der Morde vorgelegt werden, erinnern stark an die Werke von Agatha Christie. Wie in “Mord im Orientexpress“ gibt es einen einzelgängerischen Ermittler, der durch Zufall in einen verzwickten Mordfall verwickelt wird und diesen allein durch aufmerksames Beobachten und scharfe Kombinationsgabe löst. Zudem konzentriert sich die Handlung ebenfalls nur auf einen Ort. Diese Anleihen sind allem Anschein nach beabsichtigt und stellen eine stimmungsvolle Hommage an die klassische Krimi-Kultur dar. Die Autorin zeigt außerdem sehr eindrucksvoll, wie unterschiedlich sich Menschen in Extremsituationen verhalten und was Gruppenzwang bewirken kann. Dadurch, dass Anne Holt ethischen und moralischen Fragen viel Raum lässt, gewinnt der Roman einiges an Tiefgang. Am Ende werden die meisten Fragen zufriedenstellend beantwortet und im Nachhinein ist die Aufklärung der Morde logisch gut nachvollziehbar. Auch der zweite Handlungsstrang um die Insassen des Sonderwaggons wird verständlich aufgelöst, wenn auch mit einem kleinen Fragezeichen am Schluss.

Fazit:

“Der norwegische Gast“ ist ein geschickt konstruierter Krimi mit solidem Spannungsaufbau, der das soziale Bewusstsein des Lesers schärft. Wer anspruchsvolle und intelligente Unterhaltung mag oder mal eine Auszeit von blutrünstigen und actionreichen Krimis nehmen möchte, ist mit diesem Roman bestens beraten!
Bücherfan aus NRW

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.08.2008
Der nützliche Freund / Ein Fall für Jacques Ricou Bd.3
Wickert, Ulrich

Der nützliche Freund / Ein Fall für Jacques Ricou Bd.3


schlecht

Richter Ricou und der französische Lebensstil

Zum Inhalt:

Der ehemalige französische Agent Marc Leroc wird in Paris tot aufgefunden. Zuvor hatte er sich mit Margaux, der Freundin von Jacques Ricou, zu einem Interview getroffen. Untersuchungsrichter Ricou wird mit der Aufklärung des Falls betreut und merkt bald, dass er es mit dem größten Korruptionsfall der deutsch-französischen Geschichte zu tun hat. Es geht dabei um Geldwäsche, Verrat und politische Intrigen. Sehr einflussreiche Leute haben ihre Hände im Spiel und es dauert nicht lange bis der Richter ihnen in die Quere kommt und damit sein Leben und das seiner Freunde aufs Spiel setzt...

Meine Meinung:

Selten habe ich ein Buch gelesen, das mich dermaßen gelangweilt hat. Ich mußte mich richtig zwingen, es zu Ende zu lesen. Mit einem guten Krimi hat dieser Roman nichts gemein. Wickert schafft es nicht, auch nur den Hauch von Spannung aufkommen zu lassen und erschlägt den Leser mit einer Fülle an wirtschaftlichen und politischen Informationen, die eher verwirren, als dass sie erklären.

Mir kam das Ganze vor wie ein Zeitungsbericht, der auf die Länge eines Pseudo-Krimis aufgebläht worden ist. Nach den ersten sechzig Seiten weiss man alles Nötige und darf sich die restliche Zeit mit Wiederholungen und vorhersehbaren Handlungen herumplagen. Die zwei einzigen überraschenden Wendungen wollen so gar nicht zum bisher Erzählten passen und berührten mich unangenehm durch ihre Unglaubwürdigkeit.

Die Protagonisten sind allesamt so oberflächlich charakterisiert, dass sie farblos und holzschnittartig wirken und mir fremd blieben. Als sehr störend empfand ich zudem Wickerts ständige Zurschaustellung seiner Allgemeinbildung und seiner Kenntnisse in französischer Lebensart. Auch der doch etwas simple Schreibstil konnte mich nicht überzeugen und die ständige Einstreuung bekannter Namen nervte. Schade, ich hatte mir mehr versprochen!

Fazit:

Nur etwas für eingefleischte Wickert-Fans und diejenigen, die “Der Richter aus Paris“ und “Die Wüstenkönigin: Der Richter in Angola“ gern gelesen haben!
Bücherfan aus NRW

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.08.2008
Firmin
Savage, Sam

Firmin


sehr gut

Firmin und das Leben am Scollay Square

Anfang der sechziger Jahre am Scollay Square, einem baufälligen Stadtviertel von Boston. Hier wird Firmin als das letzte von dreizehn Rattenkindern – zwölf kann die Mutter eigentlich nur ernähren – geboren und schwächelt dementsprechend stetig vor sich hin. Um einigermaßen satt zu werden, ernährt er sich von Büchern. Eines Tages macht Firmin dabei die Entdeckung, dass er lesen kann und fortan widmet er sich hingebungsvoll seinem neuen Hobby. Er entwickelt eine starke Zuneigung zu Norman, dem eine heruntergekommene Buchhandlung gehört. Doch die Liebe zu dem Buchhändler erweist sich als sehr einseitig...

Sam Savage zeigt uns in seinem Roman, dass Außenseiter – seien es nun menschliche oder tierische – durchaus ihre Daseinsberechtigung haben und sogar sehr liebenswert sein können. Die eigentlicheTragik in Firmins Leben besteht darin, dass er nie zeigen kann, was wirklich in ihm steckt. Alle, die ihm begegnen, beurteilen ihn nur nach dem äußeren Eindruck und so bleibt er letztendlich allein mit all seinen Hoffnungen und Sehnsüchten.

Firmin spricht als Ich-Erzähler den Leser an vielen Stellen direkt an, so dass es mir nicht schwer fiel mit ihm zu sympathisieren. Freud und Leid habe ich gerne mit der kleinen Ratte geteilt, da das Buch sehr flüssig geschrieben ist, durchweg gut unterhält und den Leser an vielen Stellen durch humorige Einlagen schmunzeln läßt. Auch die Verweise auf verschiedene kleine und große Werke der Weltliteratur gefielen mir. Das Ende des Romans kam für meinen Geschmack zu plötzlich und wirkte wie mittendrin abgebrochen, so als wenn dem Autor am Schluss die Puste ausgegangen wäre. Schade, denn ein etwas versöhnlicheres und technisch ausgefeilteres Ende hätte dem Buch besser zu Gesicht gestanden! So ließen mich die letzten Seiten etwas unbefriedigt zurück.

Abgesehen davon finde ich den Roman stimmig und sehr originell. Die Figuren sind durch die Bank liebevoll gezeichnet und den Leser erwarten viele anrührende Momente. Firmin ist mir im Verlauf der Geschichte richtig ans Herz gewachsen und ich bin froh, das Buch gelesen zu haben.

Ich möchte die Lektüre von “Firmin- Ein Rattenleben“ allen empfehlen, die ruhige und fantasievolle Geschichten abseits des Mainstreams mögen!
Bücherfan aus NRW