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Benutzername: 
Gerhard Falk
Wohnort: 
Dautphetal

Bewertungen

Bewertung vom 28.04.2011
Gschichtli und Gedichtli
Dorb, Anna

Gschichtli und Gedichtli


ausgezeichnet

Es mutet erwachsen an, dieses Werk von Anna Dorb und kommt doch locker und leicht daher. Das Titelbild der Schweizerin Vreni Kauth führt in einen blühenden Garten und verführt, sogleich einzutauchen in leseleichte große Buchstaben. Ich habe die „Geschichtli und Gedichtli“ im Garten gelesen, wovon sie ja auch handeln. Von Gärten, die – wie dieses Buch – verzaubern.

Im ersten Garten werde ich nicht nur mit Blumen und Salatpflänzchen empfangen, sondern auch von Omas Rezept für Salatsoße, dass mir das Wasser im Munde zusammenläuft. Anschließend wird an „Storchenschnabel“ als Kraut gegen Kinderlosigkeit erinnert. Da stört es nicht, wenn er zuvor als „Schneckenschreck“ angepriesen wurde. Verbunden mit eingestreuten Kindheitserinnerungen bekommen die vielen Blumennamen, die dem Leser begegnen, eine neue Lebendigkeit. Die kleinen Geschichten mit Oma und Opa stoßen eigene Erinnerungen an. Gleich zu Anfang wird in einer grandios beschriebenen Villa ein „bestgehütetes Geheimnis“ angekündigt und später dann gelüftet. Ich hüte es auch und überlasse den Lesern seine Enthüllung.

Irgendwann beim Lesen werde ich von den gartenbegleiteten Kindheitserinnerungen eingefangen, die so charmant geschildert werden und immer wieder ihre Entsprechung zu den eigenen suchen. Ich halte inne und meine Gedanken folgen ihren eigenen Wegen. Was will eine Autorin mehr, als solche Reaktionen auszulösen?

Gleich nach der Schilderung der erlittenen Kindermode hat es mir ein Rezept für Bärlauchpesto angetan. Es ist diese überraschende Themenmischung, die beim Lesen keine Langeweile aufkommen lässt. Wer nun glaubt, ein Gartenbuch anzutreffen, der wird schnell erkennen, dass die Gärten eher der Rahmen für Kindheits- und Familiengeschichtli abgibt. In der kunstvollen Mischung liegt der Reiz dieses Buches, das mit vielen Überraschungen aufwartet.

Anna Dorb nimmt ihre Leser mit durch zahlreiche Gärten, auf Wanderungen und in ihre Kindheits- und Jugenderinnerungen. An keiner Stelle wird es langweilig. Aber dennoch verbreitet dieses Buche eine Ruhe und Beschwingtheit, wie sie wohl nur in Gärten und der Natur zu finden ist. Man wird es nicht in einem Zug lesen, so wie man einen guten Wein mit Bedacht genießt und sich entfalten lässt. So werde ich es auch immer wieder zur Hand nehmen und mich erfreuen an den „Geschichtli“, den zahlreichen Bildern und eingestreuten „Gedichtli“, wie sie die Autorin ja selbst so liebevoll nennt.

„Geschichtli und Gedichtli“ als gärtnerisch-kulinarische Zeitreise ist ein ganz sicher treuer Begleiter durch das ganze Gartenjahr.

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.