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meerblick

Bewertungen

Insgesamt 224 Bewertungen
Bewertung vom 20.11.2024
Kafkas Werkstatt
Kilcher, Andreas

Kafkas Werkstatt


sehr gut

Leidenschaftlicher Leser und Schriftsteller

Der Literaturwissenschaftler Andreas Kilcher setzt sich in seinem Buch 'Kafkas Werkstatt' intensiv damit auseinander, in welchem Umfeld Franz Kafka sich als Schriftsteller und überhaupt die Literatur sah, mit welchen Mitteln er seine Ideale verfolgte und umsetzte. Dabei setzte er für erfolgreiche Literatur das immer wehrende Lesen voraus, weil nur hier das niedergeschriebene Gedankengut seinen Ursprung finden kann. Sein ganzes Streben Zeit seines Lebens konzentrierte sich darauf.
Mit Hilfe der Kurzgeschichte 'Die Sorge des Hausvaters' arbeitet der Autor anschaulich heraus, welche Themen des Zeitgeschehens Kafka hier verarbeitete, die seiner täglichen intellektuellen Beschäftigung entspringen, Themen wie Psychoanalyse, Okkultismus, Marxismus und Zionismus.
Wer sich gern etwas näher mit Franz Kafka beschäftigen möchte, findet hier zahlreiche Anregungen.

Bewertung vom 20.11.2024
MICHAEL MÜLLER REISEFÜHRER London MM-City
Nestmeyer, Ralf

MICHAEL MÜLLER REISEFÜHRER London MM-City


ausgezeichnet

Ein hilfreicher Reisebegleiter

Der 'MICHAEL MÜLLER REISEFÜHRER London MM-City' von Ralf Nestmeyer bietet vielfältige Informationen für individuelles Reisen sowohl in der Zeit der vorbereitenden Planung als auch vor Ort, da vielleicht sogar mit Hilfe der mitgelieferten APP. Er eignet sich allerdings auch hervorragend um sich Appetit zu holen, Anregungen zu finden für das kommende Reiseziel oder gedanklich bequem vom Sofa aus, die brodelnde Millionenstadt zu entdecken.
Der London erfahrene Reiseschriftsteller mit historischem Hintergrund bietet nicht weniger als achtzehn Touren durch allseits bekannte und weniger bekannte Stadtviertel der Metropole an. Da dürfte mit Sicherheit für jeden Geschmack etwas dabei sein. Neben praktischen Infos, gibt es immer einen aussagekräftigen Ausschnitt aus dem Stadtplan, indem die zuvor empfohlenen, ausführlich beschriebenen und reichlich bebilderten Sehenswürdigkeiten verzeichnet sind. Natürlich gibt es auch Empfehlungen für Besuche in die Umgebung, wie zum Beispiel nach Windsor und Windsor Castle.
Hinweise zur Stadtgeschichte, zur Wirtschaft und Politik, zum Kultur- und Nachleben, zur modernen Kulinarik und vieles mehr sind unter Nachlesen & Nachlagen festgehalten.
Es gibt so vieles zu entdecken – der 'MICHAEL MÜLLER REISEFÜHRER London MM-City' von Ralf Nestmeyer zeigt, wie es geht.

Bewertung vom 20.11.2024
Verdichtungen - in Kürze mehr (eBook, PDF)
Richter, Frank

Verdichtungen - in Kürze mehr (eBook, PDF)


ausgezeichnet

Kurz und knapp auf den Punkt gebracht

Die Zeit ist wie das gesprochene Wort flüchtig. Den Zeitgeist in seiner herausragenden Eigenart stilvoll in Worte zu gleiten, ihn zu konservieren für den Moment des Gebrauchs ist eine Kunst, die Frank Richter vortrefflich beherrscht. In seinem Lyrikband 'Verdichtungen - in Kürze mehr' ist es ihm wiederum gelungen zu überraschen, indem er sich neu erfindet, die Botschaft kurz und knapp auf den Punkt bringt, dabei den Spielraum für eigene Gedankengänge offenhält und lediglich Impulse versendet. Er nimmt sie auf die Schwingungen des alltäglichen Lebens, die schönen ebenso wie die bedrückenden Seiten und verleiht ihnen ungefilterten Glanz, die wie Blitze einschlagen können aber ebenso den Kreislauf der Gedankenspirale in Schwung versetzen – eine Einladung zum Innehalten, zum Pausieren, um neue Kraft zu tanken oder eigene Perspektiven zu relativieren.
Diesen lyrischen Begleiter für fast alle Lebenslagen empfehle ich sehr gern.

Bewertung vom 17.11.2024
Nur nachts ist es hell (eBook, ePUB)
Taschler, Judith W.

Nur nachts ist es hell (eBook, ePUB)


sehr gut

Schuld und Vergebung als Herausforderung

Der Roman 'Nur nachts ist es hell' von Judith W. Taschler führt die Geschichte um die Familie Brugger weiter aus, liefert den zweiten Teil nach 'Über Carl reden wir morgen'.
Elisabeth ist die jüngste der vier Geschwister und beginnt eines Abends bei einem Glas Sekt aufzuschreiben, wie ihr Leben zwischen zwei Weltkriegen und als eine der ersten Medizinstudentinnen in Wien verlaufen ist und welchen Herausforderungen sich die mutige Frau in ihrem Beruf als Ärztin zu stellen hatte. Darüber hinaus berichtet sie von den Schicksalsschlägen ihres Bruders Eugen, der den 'Schwarzen Freitag' ewig in Erinnerung behalten wird.
Die Autorin wählt die Briefform als stilistische Form in ihrer Erzählung, springt dabei in den Zeiten und im Thema, fügt Vergessenes an. Damit wird das sich Zurückerinnern authentisch gespiegelt, mit dem Zeitgeschehen und Gesellschaftsbild geschickt verwoben.

Bewertung vom 17.11.2024
Der Ruf des schwimmenden Gartens
Haigh, Tara

Der Ruf des schwimmenden Gartens


ausgezeichnet

Eine Frau geht ihren Weg

Tara Haigh beginnt ihren Roman 'Der Ruf des schwimmenden Gartens' mit einem schaurigen, packenden Prolog, der sogleich viele Fragen aufwirft. Diese werden natürlich im Laufe der Geschichte zufriedenstellend beantwortet. Doch zunächst blicken wir Lesenden auf die Protagonistin Sofie, die sich ihren Traum vom Medizinstudium zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts erfüllen konnte. Dafür musste sie in die Schweiz und nach England reisen, ehe sie in einer Bremer Lungenklinik ihr Können unter Beweis stellen kann. Doch die erhoffte Akzeptanz ihrer neuesten Kenntnisse aus der Wissenschaft seitens des ausschließlich männlichen Ärztekollegiums bleibt ihr versagt und so flüchtet sie in ein Angebot, welches ihr der Sohn eines Freundes ihres Vaters, Richard Hauenstein, macht. Kurz entschlossen reist sie nach Madeira, um doch den versprochenen Job als leitende Ärztin in einem deutschen Krankenhaus anzunehmen. Doch zwischen Wirklichkeit und Versprechungen klafft eine riesige Lücke. Gemeinsam mit Ludwig, dem reizenden Bruder von Richard, bei dessen Nähe Sofies Herz höherschlägt, begibt sie sich in ein Abenteuer, dass unerwartete Tatsachen ans Tageslicht bringen.
Die Autorin fesselt durch ihren bezaubernden Schreibstil, der die Protagonisten der Fiktion um eine wahre Geschichte, einzigartig zum Leben erweckt. Die bildhaften Beschreibungen der wunderschönen Insel im Atlantik lässt die Landschaft mit ihren floralen Reizen vor dem geistigen Auge entstehen und verleiht der Geschichte, in der Macht, Intrige aber auch eine große Liebe im Mittelpunkt stehen, einen ganz besonderen Touch.
Ich gebe diesem Roman sehr gern meine Leseempfehlung.

Bewertung vom 17.11.2024
Endlich das ganze Leben
Recchia, Roberta

Endlich das ganze Leben


ausgezeichnet

Eine dunkle Nacht, die alles veränderte

Die lebensfrohe Betta und ihre schüchterne Cousine Miriam wollen zu den Lagerfeuern, an denen sich die Jugend in den Sommermonaten während der Abend- und Nachtstunden am Strand der von den Römern beliebten Badeorte trifft, um ausgelassen, unbeschwert zu feiern. Während die Eltern von Betta, Marisa und Stelvio Ansaldo, ebenso wie die Großmutter Letizia ahnungslos schlafend in den Betten ihres Sommerhauses in Torre Domizia liegen, ereignet sich eine Tragödie, die die Familie auf eine harte Zerreisprobe stellt. Eines der Mädchen wird die Katastrophe nicht überleben, die Andere bleibt schwer traumatisiert zurück.
Roberta Recchia erzählt in ihrem Debütroman 'Endlich das ganze Leben' die emotional äußerst aufwühlende Geschichte von schrecklichen Schicksalsschlägen einer Familie zu Beginn der achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts. Über Generationen hinweg wird hier großer Wert auf die Unantastbarkeit eines unbescholtenen Lebenswandels, der bella figura, gelegt, der den Protagonisten des Buches so manche Herausforderung abverlangt, die vom Alleinsein, von tiefliegendem Trauma, von einer unsagbaren Blindheit, ja von Ausgrenzung, aber auch von der Fähigkeit, bedingungslos zu lieben, geprägt ist. Unaufgeregt, fast schon leise schreibt die Autorin, gibt ihren Charakteren menschliche Züge, die authentisch und lebensnah daherkommen, macht gleichzeitig auf menschliche Schwächen aufmerksam, die aus dem gesellschaftlichen System heraus entstanden und immer wieder entstehen.
Ich gebe diesem Roman meine Leseempfehlung.

Bewertung vom 14.11.2024
Zwei Leben
Arenz, Ewald

Zwei Leben


sehr gut

Träume und Wirklichkeit

Während Roberta davon träumt nach ihrer Schneiderlehre in der Stadt, selbst Kleider zu entwerfen, sehnt Getrud sich nach dem Leben in der Großstadt Hamburg. Doch beide Frauen sind durch ihre familiäre Verbundenheit gefangen in einem kleinen, süddeutschen Dorf.
Robertas Eltern sind wortkarg und erwarten von Ihrer Tochter, dass sie einsteigt in das bäuerliche Familienunternehmen. In gewisser Weise fühlt sich die Tochter dem auch verpflichtet, mag die körperliche Tätigkeit und erfüllt ihre tägliche Arbeit. Eines Tages verliebt sie sich in Wilhelm, den Sohn des Pfarrers und seiner Frau Gertrud, die sich jedoch nie angekommen fühlt im dörflichen Milieu. Sie wünscht sich nichts lieber als auszubrechen aus ihrem Alltag. Da bekommt sie das Angebot von ihrem Bruder Georg, ihn zwei Monate auf seiner Reise durch Europa zu begleiten.
Die Zeit des Dorflebens in den neunzehnhundertsiebziger Jahren beschreibt Ewald Arenz in seinem Roman 'Zwei Leben' sehr authentisch, in einer bildhaften Sprache. Die Protagonisten werden in der Zerrissenheit ihrer Gefühle sehr berührend dargestellt. In einer beeindruckenden Erzählweise gestaltet der Autor den Alltag seiner Charaktere mit ihren Hoffnungen und Träumen zu etwas ganz Besonderem.

Bewertung vom 14.11.2024
Offiziell verrufenes Buch
Scharrenberg, Philipp

Offiziell verrufenes Buch


sehr gut

Stilistische Vielfalt

Philipp Scharrenberg ist preisgekrönter Kabarettist. In dem Buch 'Offiziell verrufenes Buch' präsentiert er seinem Publikum der lesenden Sparte über viele Jahre gesammelte Geschichten, Gedichte aber auch Dialoge, in denen er das Zeitgeschehen unter die Lupe nimmt und mit Wortwitz und philosophischer Herausforderung aufarbeitet. Er gibt seine Meinung zu grotesken, politischen, alltäglichen, herausfordernden, erheiternden Begebenheiten ab, die er geistreich und wortgewandt verpackt. Darunter verstecken sich Gedankenblitze mit Nachhall.
Wer möchte, der kann einen Teil des Dargebotenen auch über einen Audiolink genießen. Hier setzt der Autor sein humoristisches Können ein und bezaubert durch Sprachgeschicklichkeit mit verblüffenden Pointen.

Bewertung vom 14.11.2024
Alles Sisi
Edinger, Verena

Alles Sisi


ausgezeichnet

Lebensstationen der letzten Kaiserin von Österreich-Ungarn – Sisi

Die legendäre Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, auch genannt Sisi, wird in der Biografie 'Alles Sisi – Die Kaiserin in Infografiken' von Verena Edinger, veröffentlicht vom Carl Ueberreuter Verlag, in einem modernen, eher ungewöhnlichen Format präsentiert. In den vier Leseabschnitten sind drei dem Leben und Wirken der Persönlichkeit aus dem 19. Jahrhundert gewidmet. Hier wird ihre Widersprüchlichkeit als Person des öffentlichen Lebens herausgestellt, ihre Pflichten, die im Widerspruch zu ihren Neigungen wie das Reisen und ein ausgeprägtes Körperbewusstsein standen, aber auch ihre gesundheitliche Instabilität, sind in auf das Wesentliche reduzierten Texten und gestalterisch hochwertigen Informationstafeln festgehalten. Der letzte Teil des Buches beschäftigt sich mit dem Vermächtnis und Mythos einer Frau, die durch legendäre Verfilmungen wie mit Romy Schneider und Karl-Heinz Böhm so manches Herz höherschlagen lies und die Augen mit Tränen der Rührung füllten. Es werden aber auch ihre Möglichkeiten herausgestellt, die sie hatte als junge moderne Frau in einer Vorreiterrolle beispielhaft sich zu zeigen.
Das Buch ist grafisch hochwertig gestaltet mit Farben, die Sisis Stimmungsbild als Erwachsene widerspiegeln. Es ist sogleich informativ als auch grafisch ansprechend gemacht.

Bewertung vom 10.11.2024
Die Welt zwischen den Nachrichten
Kuckart, Judith

Die Welt zwischen den Nachrichten


sehr gut

Kantinengespräche und noch mehr

Judith Kuckart legt mit ihrem Roman 'Die Welt zwischen den Nachrichten' einen autofiktionalen Roman vor, der beim Lesen etwas mehr Aufmerksamkeit verlangt. Neben den Berichten zu privaten und den politischen Ereignissen ihrer Zeit gibt es die zwölf Kantinengespräche in einem Opernhaus zwischen Judith und Eva K., einer der Erzählerin lange bekannten Frau. Rückblicke wirft sie auf ihre Familie, aber auch auf das Leben zwischen RAF-Terrorismus, Ölkrise mit Sonntagsfahrverbot und Mauerfall.
Der Roman ist ein Nachdenken über die Vergangenheit mit dem Wunsch Antworten darauf zu finden, was sie als Persönlichkeit im Hier und Jetzt ausmacht.