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hamlet

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Insgesamt 4 Bewertungen
Bewertung vom 28.07.2012
Erinnerung an einen schmutzigen Engel
Mankell, Henning

Erinnerung an einen schmutzigen Engel


ausgezeichnet

Diesmal also kein Krimi aus der Feder des skandinavischen Autors, der wohl den meisten Lesern durch seine Romane mit Kommissar Kurt Wallander aus dem schwedischen Ystad ein Begriff sein wird.

Für „Erinnerung an einen schmutzigen Engel“ hat sich Henning Mankell in seiner Wahlheimat Mosambik (Südostafrika) umgesehen. Inspiriert durch historische Dokumente, auf die der Schriftsteller Tor Sällström bei Recherchearbeiten in einem Archiv gestoßen ist, erzählt Mankell die fiktive Geschichte der Hanna Rennström:

Wir schreiben das Jahr 1904. Die Verhältnisse, in denen Hanna aufwächst, sind ärmlich, und als ihr Vater stirbt, trifft ihre Mutter eine folgenschwere Entscheidung über die Zukunft des 17jährigen Mädchens. Sie soll in Sundsvall bei Verwandten unterkommen und für ihren ei-genen Lebensunterhalt arbeiten. Dort angekommen gibt es jedoch von diesen keine Spur, und so bleibt Hanna vorerst im Haushalt des Händlers Forsmann, der sich für sie verantwortlich fühlt. Dieser entscheidet dann auch, dass sie als Köchin auf einem Handelsschiff zur See fahren soll. Auf dem Schiff lernt Hanna den Steuermann Lundmark kenne, heiratet ihn, und wird, da er kurz darauf erkrankt und stirbt, zur jungen Witwe. Als das Schiff in Lourenco Marques Zwischenstation macht, geht die junge Frau heimlich von Bord und mietet sich in einem, wie sich später herausstellt, Bordell ein, dessen Besitzer ihr recht bald Avancen macht und sie um ihre Hand bittet. Nach Abwägen ihrer Situation willigt sie schließlich ein, aber auch diese Beziehung ist nicht von Dauer. Senhor Vaz stirbt überraschend und macht Hanna zur Alleinerbin. Nun ist sie also eine vermögende Bordellbesitzerin, die aber nicht nur an der Mehrung ihres Reichtums interessiert sondern sich auch der Verantwortung für die Prostituierten bewusst ist, die für sie arbeiten.

Hanna hat noch nichts von der Welt gesehen, ist unbedarft und naiv, als sie in Mosambik ankommt und erstmals mit einer Gesellschaft konfrontiert wird, die aus schwarzen und weißen Menschen, Herren und Sklaven besteht. Anfangs übernimmt sie, ohne groß zu hinterfragen, das Verhalten der Kolonialherren. Aber allmählich kommen ihr Zweifel, wird sie sensibel im Umgang – bis sie schließlich offen gegen die Ungerechtigkeiten protestiert, die den Schwarzen widerfahren. Doch auch damit macht sie sich auf beiden Seiten keine Freunde.

Mankell beschreibt die Erlebnisse der jungen Schwedin auf dem ‚Schwarzen Kontinent‘ in einfacher Sprache, sehr distanziert und eher aus der Sicht eines Beobachters. Seine Prota-gonistin ist nicht so, wie man es als Leser eigentlich erwartet. Sie ist spröde und ihre Erleb-nisse, Gedanken und Erfahrungen sind anfangs nicht immer verständlich oder gar nachvoll-ziehbar. Erst dann, als Hanna zunehmend ein Gespür für die Ungerechtigkeiten und die Un-terdrückung ihrer schwarzen Mitmenschen entwickelt und aktiv dagegen vorgeht, wird sie zu einer Sympathieträgerin, an deren Schicksal der Leser Anteil nimmt.

Mit „Erinnerung an einen schmutzigen Engel“ hat Henning Mankell die Reihe seiner Afrika-Romane fortgesetzt und um ein höchst lesenswertes, historisch-politisches Buch mit einer unkonventionellen Hauptfigur erweitert.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.07.2012
Düstermühle / Hauptkommissar Hambrock Bd.5
Holtkötter, Stefan

Düstermühle / Hauptkommissar Hambrock Bd.5


ausgezeichnet

Düstermühle" ist bereits das fünfte Buch der Krimireihe aus dem Münsterland mit Kommissar Hambrock von Stefan Holtkötter. Und wie bereits in den Vorgängerbänden beschreibt Stefan Holtkötter weit zurückliegende Ereignisse, deren Auswirkungen bis in die Gegenwart hineinreichen.

Eine nicht unwesentliche, ja im Gegenteil DIE Rolle spielen die Ereignisse in einem Dorf nahe der niederländischen Grenze während der letzten Tage des Zweiten Weltkrieges, wo eine verschworene Gemeinschaft unverhofft mit Fremden konfrontiert wird. Diese kommen als heimatlose Vertriebene, Zwangsarbeiter und Waisenkinder auf die Bauernhöfe, stören schon durch ihre bloße Anwesenheit den Dorffrieden und werden deshalb nicht nur misstrauisch beäugt, sondern auch schlecht behandelt - und das nicht nur von den Erwachsenen sondern auch von deren Kindern.

Und in Verbindung der traumatischen Ereignisse der Vergangenheit mit tiefliegenden Rivalitäten innerhalb der Dorfgemeinschaft, entsteht hier eine unheilvolle Melange, die sich nun Bahn bricht und ihre mörderischen Auswirkungen zeigt.

Einen breiten Raum nimmt diesmal auch die persönliche Situation des Kommissars ein, der sich eher mit Privatem als dem Fall beschäftigt und deshalb seinem Kollegen mehr und mehr das Feld der Ermittlungen überlässt.

Düster und beklemmend zeichnet Holtkötter das dörfliche Leben im Münsterland, das sich offenbar über die Jahre nicht sonderlich verändert hat. Das schlägt sich auch im Aufbau der Krimihandlung nieder, die sich eher langsam und gemächlich, aber sehr facettenreich entwickelt. Absolut passend zu dieser Geschichte, die nicht auf schnelle Action und Tempo ausgelegt ist, sondern von der Atmosphäre und ihren Figuren lebt.

Bewertung vom 21.07.2012
Erlöst mich
Kernick, Simon

Erlöst mich


sehr gut

In dem neuesten Thriller des britischen Autors Simon Kernick treffen wir gleich zwei alte Bekannte wieder, Dennis Milne und Tina Boyd. Milne ist ein Ex-Cop, der wegen Korruption den Dienst quittiert hat, auf der Fahndungsliste von Interpol steht und nun seinen Lebensunterhalt als Profi-Killer für den Gangsterboss Bertie Schlagel verdient.

Boyd ist eine engagierte Polizistin mit einer hohen Moral, etwas, das Milne im Laufe der Jahre, trotz gegenteiliger Beteuerungen, fast gänzlich abhanden gekommen ist. Und sie ist auf einer Mission, denn sie möchte den gewaltsamen Tod ihres Geliebten rächen. Interessanterweise sind die beiden Protagonisten Täter und Opfer, und ihre Wege kreuzen sich in Manila, der Hauptstadt der Philippinen.

Kernick schreibt spannende Thriller, tempo- und actionreich - und so funktioniert auch dieser. Allerdings finde ich die Figur des Dennis Milne nur in Ansätzen glaubwürdig. Dieser schwadroniert zwar nun schon im dritten Band der Reihe ständig davon, Gewissensbisse zu haben und einige seiner Taten zu bereuen, tötet aber munter ohne Schuldgefühle weiter.

Nicht sonderlich gelungen fand ich auch den Handlungsort Manila, aber das war wohl dem großen Unbekannten und dessen Neigungen hinter dem Auftraggeber geschuldet. Der Autor sollte sich vielleicht beim nächsten Buch wieder auf heimischem Terrain, sprich in England bewegen, denn das wirkt, wenn man den vorliegenden Thriller mit seinen anderen Büchern vergleicht, um einiges authentischer.

Bewertung vom 09.04.2011
Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End
Rautenberg, Juli

Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End


ausgezeichnet

Juli Rautenberg beschreibt in einem Blog-Tagebuch ihre fast schon verzweifelte Suche nach Mr. Right. Über den Zeitraum von einem Jahr testet sie verschiedene Methoden, die üblicherweise von der wohlmeinenden Umwelt oder auch Frauenzeitschriften propagiert werden, um den passenden „Deckel“ zu finden. Die Schilderungen ihrer Erlebnisse bei der Partnersuche mit den unterschiedlichsten Kandidaten kommen meist sehr witzig und pointiert daher, sind aber nie platt und oberflächlich, sondern immer sehr kritisch bzw. selbstkritisch reflektiert. Das hat mir sehr gut gefallen, denn so kann sich die Leserin direkt in Julis Gefühlslage versetzen, mitfühlen und sich mit ihr identifizieren. Denn seien wir doch mal ehrlich, die eine oder andere von uns kennt doch aus eigenem Erleben mit Sicherheit ähnliche Situationen aus der Partnersuche. Ich jedenfalls fühlte mich bei der Lektüre ab und an wie in einer Zeitmaschine und muss gestehen, dass ich froh bin, diese Erlebnisse hinter mir zu haben. Und Juli drücke ich ganz fest die Daumen und hoffe, dass sie zumindest ihren nächsten Lebensabschnitt gemeinsam mit einem lieben Partner verbringen kann - und wer weiss, vielleicht reicht das ja auch für ein ganzes Leben…