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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Markus1708
Wohnort: 
Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 5 Bewertungen
Bewertung vom 10.03.2025
Nacht der Ruinen
Rademacher, Cay

Nacht der Ruinen


ausgezeichnet

Joseph Salomon erlebt den schönsten Sommer seines Lebens: Er lebt in Köln, die Sonne scheint, er ist jung und er ist verliebt. Heimlich verliebt, denn seine Angebetete Hilda ist mit seinem besten Freund Jakub zusammen. Doch ein Schatten liegt auf seinem Glück, denn Joseph Salomon ist Jude. Es sind die 1930er-Jahre und so muss er schon bald die Flucht in die USA antreten. Über Ostende geht es zusammen mit seiner Familie in die Nähe von Washington D.C.
Ein paar Jahre später liegt halb Europa in Trümmern und Lieutenant Joe Salmon kehrt nach Köln zurück. Noch wird auf der anderen Rheinseite gekämpft, aber linksrheinisch versuchen die Amerikaner bereits, erste zivile Strukturen wieder aufzubauen. Salmon wird mit einer Spezialaufgabe hierher versetzt, weil er die Sprache spricht und über Ortskenntnisse verfügt. Sein Auftrag: Er soll den Mörder eines Bomberpiloten finden. Die Maschine ist in Köln abgestürzt, der Pilot konnte sich mit dem Fallschirm retten, ist aber kurz danach von einem Deutschen erschossen worden. Er soll den Mörder finden, damit er abgeurteilt und hingerichtet werden kann. Salmon fügt sich in sein Schicksal, wird untergebracht in einer herrschaftlichen, beschlagnahmten Villa, hat einen Fahrer der ihn durch Köln kutschiert. Und er hat einen britischen Kriegsreporter an seiner Seite: Eric Arthur Blair, der kurze Zeit später unter seinem Pseudonym George Orwell berühmt werden wird, soll für zwei britische Zeitungen über das Kriegsende und die Zeit danach berichten. Aber Salmon will nicht nur einen Mörder, er will auch private Antworten finden: Was wurde aus seiner geliebten Hilda, was wurde aus seinem besten Freund Jakub. Haben sie den Krieg überlebt? Es ist eine gefährliche Suche, denn er weiß nicht, wem er trauen kann. In einer Stadt die kaum noch wiederzuerkennen ist, stürzen immer noch Trümmer ohne Ankündigung zusammen, liegen Blindgänger neben Leichen in den Straßen…
Meine Meinung: was für ein spannendes, bewegendes, toll geschriebenes Buch! Cay Rademacher versteht es – mal wieder – geschickt, Fakten und Fiktion miteinander zu verweben. Denn George Orwell war – zum Beispiel - tatsächlich bei Kriegsende als Reporter in Köln. Die Beschreibungen des zerstörten Kölns sind so realistisch, dass man meint, selbst im Jeep auf der Fahrt durch die Stadt zu sitzen. Und die Ermittlungen von Joe Salmon sind so spannend, das man mitfiebert und mitleidet – sowohl bei seiner offiziellen Mission, als auch seinen privaten Recherchen. Ich bin zugegebenermaßen ein großer Fan von Cay Rademacher, habe alle seine Bücher gelesen. Und nachdem ich dieses Buch nach der letzten Seite beiseitegelegt habe, weiß ich auch wieder warum: Der Mann schreibt einfach tolle Bücher! Für mich keine Frage, dass es hierfür fünf von fünf Sterne gibt.

Bewertung vom 27.02.2025
Der Fädenzieher
Hebesberger, Roland

Der Fädenzieher


ausgezeichnet

Nach den beiden ersten spektakulären Fällen ist die OPE, die operative Profilerstellungseinheit, mittlerweile ein etablierter Bestandteil der Ermittlungsarbeit. Den beiden Berliner Pionieren Lisa Seifert und Jan Theurer winkt sogar eine Beförderung, sollte die OPE bundesweit etabliert werden. Doch zuvor geschieht ungeheures in Berlin: Auf den Vorgesetzten von Seifert und Theurer, Polizeidirektor Boris Wolff, wird ein Anschlag verübt. Damit nicht genug: Mehrere Mitglieder der ehemaligen Polizeieinheit, bei der Theurer und Wolff gemeinsam Dienst getan haben, kommen ums Leben. Die interne Ermittlerin Emma Scholz schaltet sich ein, ihr dringender Rat an Lisa Seifert: Vertrauen sie Niemandem – auch Jan Theurer nicht! Denn es ist lange Zeit unklar, wer hier im Hintergrund die Fäden zieht - bei einer Verschwörung innerhalb der Berliner Polizei, die wohl schon viele Jahre zurückreicht. Jan Theurer steht mitten im Zentrum, viele Indizien weisen auf ihn. Die Partnerschaft zwischen Seifert und Theurer wird auf eine harte Belastungsprobe gestellt, die beiden geraten mitten im Büro in einen heftigen Streit. Als Theurer kurz danach auch noch auf der „falschen“ Seite im Vernehmungszimmer sitzt, scheint es um die OPE geschehen zu sein…

Meine Meinung: Der dritte Band rund um Seifert und Theurer ist mal wieder Hochspannung pur! Insbesondere die Auflösung – die ich hier natürlich nicht spoilern werde – ist ein Knaller, den ich mal wieder nicht vorhergesehen habe. Auch dieses Buch von Roland Hebesberger kann man theoretisch alleine lesen, die Geschehnisse der beiden ersten Bände werden soweit erläutert, dass man die Zusammenhänge erkennt. Aber da auch diese beiden Bücher spannungsgeladen und toll geschrieben sind, empfehle ich natürlich alle drei – mit diesem Band „Der Fädenzieher“ als dem vorläufigen Höhepunkt. Ich bin schon jetzt gespannt, wie es weitergeht und vergebe selbstverständlich fünf von fünf Sterne.

Bewertung vom 14.02.2025
Ich dachte, bis dahin bin ich tot
Maier-Witt, Silke

Ich dachte, bis dahin bin ich tot


ausgezeichnet

Als jemand der 1964 geboren wurde, habe ich den „deutschen Herbst“ als Schüler miterlebt, bin mit der RAF aufgewachsen, habe ich mich schon früh damit auseinandergesetzt, welche Ziele die Terroristen verfolgten und welche brutale Schneise der  Entführung und Ermordung sie durch Deutschland gezogen haben. Und auch nachdem dann viel Zeit vergangen ist, die RAF sich aufgelöst hat, die in der DDR untergetauchten Mitglieder enttarnt, verhaftet und verurteilt wurden – als politisch interessierter Mensch habe ich all das verfolgt. Durch Zufall bin ich auf das Buch von Silke Maier-Witt gestoßen, einem Mitglied „der zweiten Generation“ der RAF, geboren 1950, die sich Mitte der 1970er Jahre erst radikalisiert und dann entschließt, auch „in den Untergrund“ zu gehen, selbst zur Täterin und damit zu einer der meistgesuchten Terroristinnen Deutschlands zu werden. Eine Frau, an die meine ersten Erinnerungen schwarz-weiße Fahndungsposter und Nachrichten in der Tageschau sind. Die mittlerweile in ihren 70ern ist, an Altersgebrechen leidet und zurückblickt auf ein bewegtes Leben. Und ich habe mich gefragt: Ist das relevant? Will man das wissen? Die Antwort ist ja! Will sich da jemand im nachhinein schönfärben und glorifizieren? Nach Lektüre des Buchs kann ich feststellen: Nein. Silke Maier-Witt hat eine Biographie geschrieben, die ihr Leben in chronologischen Schritten wiedergibt, schildert sachlich ihren Werdegang. Aber sie geht auch hart mit sich ins Gericht, reflektiert ihr damaliges handeln und ordnet es in den geschichtlichen Kontext ein. Zusammen mit ihrem Co-Autoren André Groenewoud schreibt sie flüssig und gut lesbar. Wir begleiten sie von Ihrer Jugend in Hamburg, über die Untergrundzeit, die Jahre in der DDR, Haft und ihr „Leben danach“ als Mitarbeiterin einer Friedensorganisation auf dem Balkan. Sie beschreibt aber nicht nur ihr Leben, sie beschreibt auch ihre Beweggründe und sie gesteht den großen Irrtum ihres Lebens: Zu glauben, dass man als Mitglied einer terroristischen Organisation ein Land zum positiven verändern kann. Dass sie Teil einer Gruppe war, die Mord als legitimes Mittel zum Kampf gegen „den Staat“ betrachtete. Silke Maier-Witt ist ein Buch der Aufarbeitung gelungen. Nicht nur in diesem Buch, sondern auch in ihren wenigen öffentlichen Auftritten, vertritt sie glaubhaft, sich geirrt zu haben und sich nicht mehr erklären zu können, wie sie wurde wer sie ist. Sie hat sich mit dem Sohn von Hanns Martin Schleyer getroffen und um Entschuldigung für ihre Taten gebeten. Sie hat ihre Strafe abgesessen und sich geläutert. Und sie hat ein Buch geschrieben, das ein kleines Mosaik im Bild des „deutschen Herbstes“ ist. Ein wichtiges und lesenswertes Buch. Mich hat es bewegt, ich habe es mit viel Interesse und Neugier gelesen. Ich habe viele Ereignisse, die mich in meiner Jugend bewegt haben, aus einer anderen Perspektive, der Perspektive der Täterin und Mitläuferin, gesehen. Was ich als sehr erhellend und aufschlussreich empfinde. Aber auch für jüngere Generationen kann dieses Buch hilfreich und wichtig sein. Denn es zeigt auch die Mechanismen auf, die eine junge Frau dazu gebracht haben, sich in die Illegalität zu begeben, Teil einer Organisation zu werden, die mit Gewalt versucht, ihre Ziele durchzusetzen. Und wer es aufmerksam liest, mag vielleicht im Vorfeld erkennen, dass der Weg der Gewalt ein Irrweg ist. Silke Maier Witt ist mittlerweile – mit allem Respekt – eine alte Frau, an der man auf der Einkaufsstraße vorbeigehen würde und sie für „die Oma von nebenan“ halten. Von der Frau auf den Fahndungsfotos ist nur noch eine gewisse Ähnlichkeit geblieben. Ihr Buch ist ein spannendes Stück Zeitgeschichte, ein Lehrstück darüber, wie es nicht laufen sollte. Aber auch, ein Buch über die Möglichkeit einer zweiten Chance, seine Fehler einzusehen, aufzuarbeiten und mit dem Wissen darum, zumindest zu versuchen, Wiedergutmachung zu leisten. Für mich ist das ein wichtiges Buch, dass ich geschichtsinteressierten Menschen sehr empfehlen kann. Für mich ein Buch, dass fünf von fünf Sterne verdient hat.

Bewertung vom 25.01.2025
Der Zuschauer
Hebesberger, Roland

Der Zuschauer


ausgezeichnet

Der Frankfurter Hauptkommissar Köhler wird zu einem Tatort gerufen – und erkennt sofort: Hier ist ein alter Serienkiller nach langer Zeit wieder aktiv - der Zuschauer. Er hat seinen Namen verpasst bekommen, weil er nicht selbst tötet, sondern seine Opfer einem mörderischen Duell aussetzt und dabei nur im stillen beobachtet, wer überlebt. Damit das Töten endlich aufhört, wendet sich Köhler an seine Berliner Kollegen von der Verhaltensanalyseeinheit OPE – Lisa Seifert und Jan Theurer. Nachdem die im – ebenfalls hochspannenden – Fall der Vorhersagerin mit ihrer Analyse entscheidend zur Aufklärung einer spektakulären Mordserie beigetragen haben, sind sie nicht nur in Polizeikreisen bekannt und geschätzt. Also machen sich die beiden auf den Weg nach Frankfurt. Aber: Je mehr die beiden ermitteln, desto gefährlicher wird es. Und zwar nicht nur für sie. Denn sie sind näher dran, als sie es erahnen und drohen, von Ermittlern selbst zu Opfern in einem tödlichen „Spiel“ zu werden…

Meine Meinung: Was für ein Pageturner! Auch der zweite Band rund um das Berliner Ermittlerduo Seifert und Theurer ist durchgehend spannend und die Täter-Enttarnung bis zum Ende überraschend. Dabei ist das Buch TOLL geschrieben, die Protagonisten glaubhaft und nachvollziehbar. Ich habe mich glänzend unterhalten gefühlt und vergebe sehr gerne die volle Punktzahl: fünf von fünf Sterne!

Bewertung vom 30.12.2024
Sieg der Blödigkeit
Kalkofe, Oliver

Sieg der Blödigkeit


ausgezeichnet

Oliver Kalkofe ist seit Jahrzehnten Medienschaffender und mit allen Wassern gewaschen. Er hat aufs und abs erlebt, hat die Edgar-Wallace-Filme mit viel Liebe parodiert, präsentiert seit mehr als zehn Jahren die „SCHLEchstesten Filme Aller Zeiten“ und hat schon mit viel Ironie und Spott die Fernsehwelt aufs Korn genommen. Und dieser Oliver Kalkofe schreibt ein Buch in dem er die Fernsehwelt aufs Korn nimmt - wer könnte besser dazu berufen sein? Und so liest sich das Buch dann auch: Kalkofe ist zynisch, gesellschaftskritisch, meinungsstark, lautstark, bitterböse und sarkastisch. Er hebt mahnend den Mittelfinger und bohrt damit in den offenen Wunden dessen, was uns tagtäglich via Glotze in die Haushalte flutet und Potential hat, die Hirne zu degenerieren. Von den sogenannten Influencern über die Sternchen der „reality-TV-Formate“, der Lust am Lügen und der weiteren Verbreitung von Fake-News - hier bekomme viele ihr Fett weg und vielen wird ein Spiegel vorgehalten deren Bild darin nur schwer erträglich ist. Die Sprache ist dabei Kalkofes scharfes Schwert, denn er geht damit in die Tiefe und legt offen, was eigentlich offensichtlich ist, von vielen aber allzu gerne ignoriert wird: die Blödigkeit ist auf dem Vormarsch, und wenn wir nicht aufpassen und einschreiten, dann haben wir eines Tages unser Recht auf freie Meinungsäußerung vertan, verwirkt und freiwillig aufgegeben. Dagegen schreibt Kalkofe an, und er tut es sehr überzeugend. Das Buch liest sich in einem Rutsch, man möchte oftmals laut auflachen, lässt es aber weil es eigentlich gar nicht zum lachen ist. Denn es ist die bittere Wahrheit. Für mich am Ende des Jahres mein bestes Buch des Jahres! Somit vergebe ich sehr gerne die volle Punktzahl: Fünf von fünf Sterne.