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Moni
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Frankfurt

Bewertungen

Insgesamt 33 Bewertungen
Bewertung vom 20.06.2024
That Girl
Santos de Lima, Gabriella

That Girl


ausgezeichnet

Schein und Sein

"That Girl" von Gabriella Santos de Lima beschäftigt sich intensiv mit moderner Selbstdarstellung und den damit verbundenen Problemen. Die Protagonistin Tess, eine Influencerin, zeigt online ein perfektes Leben, kämpft aber im Hintergrund mit vielen persönlichen Unsicherheiten und dem Druck, den äußeren Erwartungen gerecht zu werden. Ihr Erfolg mit dem Buch "Date Me" und ihre tatsächlichen Dating-Erfahrungen zeigen die Diskrepanz zwischen ihrem öffentlichen Image und ihrem wahren Ich.

Tess' Entwicklung im Buch ist nachvollziehbar und authentisch. Die Begegnung mit Leo bringt Schwung in die Geschichte und verdeutlicht, wie Beziehungen das Selbstbild beeinflussen können. Obwohl der Einstieg ins Buch etwas oberflächlich wirkt, entfaltet sich die Handlung nach einem Drittel und gewinnt an Tiefe. Der vielleicht absichtlich unauthentische Anfang hebt die Differenz zwischen Tess' online dargestelltem Leben und der Realität hervor. Die Darstellung der toxischen Beziehung zu Leo ist realistisch und verleiht der Geschichte Tiefe.

Der Erzählstil ist abwechslungsreich und lebendig, mit einer Mischung aus Ich-Erzählungen, Manuskriptausschnitten, Instagram-Beiträgen und Nachrichten, was das Lesen interessant macht. Obwohl Tess' Entwicklung nicht immer klar verläuft, bietet das Buch dennoch wichtige Einblicke.

"That Girl" scheint zunächst eine klassische Liebesgeschichte zu sein, doch der Fokus liegt mehr auf Tess' Suche nach Glück und ihrem Umgang mit den negativen Erfahrungen im Datingleben. Der moderne Erzählstil führt schnell durch die Geschichte, auch wenn die Chat- und Nachrichtenkapitel manchmal schwer zu folgen sind.

Tess' Skepsis in Liebesdingen und ihre Sorge um ihre Freundin Cora machen sie sympathisch. Ihre persönliche Entwicklung und das Einstehen für sich selbst sind positive Aspekte, auch wenn die Geschichte manchmal düster und spannungsarm wirkt.

Fazit: "That Girl" thematisiert Selbstliebe, Selbstoptimierung und die Auswirkungen der Selbstdarstellung in sozialen Medien auf eine tiefgründige und nachdenkliche Weise. Gabriella Santos de Lima schafft es, diese Themen sowohl unterhaltsam als auch zum Nachdenken anregend darzustellen. Das Buch bietet wertvolle Einblicke in die moderne Lebenswelt und ist besonders empfehlenswert für Leser, die sich für Body Positivity, Feminismus und die Herausforderungen der Selbstdarstellung interessieren.

Bewertung vom 13.06.2024
Stolz und Vorurteil
Austen, Jane;Kühn, Claudia

Stolz und Vorurteil


ausgezeichnet

Gemischte Gefühle

Die Graphic Novel "Stolz und Vorurteil" nach Jane Austen, adaptiert von Claudia Kühn und Tara Spruit, bietet eine visuell ansprechende Interpretation des zeitlosen Klassikers. Der Klappentext verspricht eine bezaubernde Umsetzung des Romans, mit detaillierten und nuancierten Illustrationen von Tara Spruit, die insbesondere für Fans von Jane Austen und der Regency-Ära gedacht ist.

Ein großes Lob verdient die künstlerische Umsetzung. Die Illustrationen sind nicht nur schön und stimmig, sondern auch ausdrucksstark. Die Gesichtsausdrücke der Charaktere sind detailliert und tragen viel zur Stimmung und Emotionalität der Geschichte bei. Dies trägt dazu bei, dass die Graphic Novel nicht nur als Leseerlebnis, sondern auch als visuelles Erlebnis überzeugt. Tara Spruit hat es geschafft, die Eleganz und den Charme der Regency-Zeit wunderbar einzufangen.

Obwohl ich generell offen für Adaptionen dieses Klassikers bin, hatte ich bei dieser Umsetzung das Gefühl, dass sie sich zu stark an der 2005er Verfilmung mit Keira Knightley orientiert. Es wurden Dialogstrukturen, Settings und Szenen aus dem Film übernommen, die im Originalbuch nicht vorkommen. Dies führte dazu, dass die Adaption wenig eigene Ideen zu Papier gebracht hat. Ein wenig mehr Originalität hätte ich mir gewünscht, um dieser Graphic Novel eine eigene, einzigartige Note zu verleihen.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Erzählweise einiger Handlungsstränge. Manche Sequenzen wirkten abrupt, insbesondere Lydias Geschichte zum Ende hin. Die Tragweite ihrer Entscheidungen und deren Auswirkungen auf ihre Familie kommen kaum zur Geltung, was es schwierig macht, die volle Dramatik und Bedeutung ihrer Handlungen zu verstehen, wenn man die Originalgeschichte nicht bereits kennt. Hier hätte eine ausführlichere Darstellung und ein tieferes Eintauchen in die Charakterentwicklungen der Geschichte gut getan.

Insgesamt ist die Graphic Novel eine ansprechende und visuell beeindruckende Adaption von "Stolz und Vorurteil". Sie eignet sich hervorragend als Geschenk für Jane Austen-Fans und alle, die sich für die Regency-Ära begeistern. Die Illustrationen sind bezaubernd und fangen den Charme des Klassikers wunderbar ein. Dennoch hätte ich mir mehr Originalität und eine sorgfältigere Erzählweise gewünscht, um der Geschichte noch mehr Tiefe und Eigenständigkeit zu verleihen. Trotz dieser Mankos bleibt die Graphic Novel eine wertvolle Ergänzung jeder Austen-Sammlung und lädt zum Träumen ein.

Bewertung vom 12.06.2024
Sorry not sorry
Landsteiner, Anika

Sorry not sorry


ausgezeichnet

Regt zum Nachdenken an

Anika Landsteiner nimmt uns in ihrem Buch "Sorry not sorry" mit auf eine Reise durch die vielen Facetten der weiblichen Scham. In einer Reihe von persönlichen Essays beleuchtet sie, warum Frauen sich so oft für alles Mögliche schämen – sei es ihr Körper, ihr Erfolg, oder ihr Beziehungsstatus.

Die Geschichten sind echt und berührend, und den Schreibstil ist angenehm und verständlich. Sie spricht über alle für wichtigen Bereiche des Lebens einer Frau - von Karriere und Gesundheit bis hin zu Sexualität - und ihrer eigenen Biografie. Dabei aregt sie die Leser*innen an, über ihre eigenen Erfahrungen nachzudenken und offener über diese Themen zu sprechen.

Besonders gut gefällt mir, wie die Autorin persönliche Anekdoten einfließen lässt. Das macht das Buch super zugänglich und leicht nachvollziehbar. Sie zeigt klar auf, wie die Gesellschaft Frauen subtil und nicht so subtil signalisiert, dass sie sich schämen sollten – und das hat viel mit dem Patriarchat zu tun.

Ein paar Mal hätte ich mir gewünscht, dass sie noch tiefer in die Materie eintaucht und vielleicht mehr wissenschaftliche Hintergründe liefert. Aber das tut dem Buch keinen großen Abbruch. Es ist trotzdem ein toller Einstieg in das Thema weibliche Scham.

Ein weiterer Pluspunkt ist, dass nicht nur auf klassische Quellen zurückgegriffen wird, sondern sie auch moderne Medien wie Podcasts und Streaming-Serien einbezieht. Das macht die Inhalte noch greifbarer und zeigt, wie aktuell das Thema ist.

Alles in allem ist "Sorry not sorry" ein starkes und wichtiges Buch, das Mut macht und zum Nachdenken anregt. Wenn du dich für das Thema interessierst, kann ich es dir nur empfehlen!

Bewertung vom 29.04.2024
Funny Story
Henry, Emily

Funny Story


ausgezeichnet

Ein Neuanfang

Emily Henry schreibt seit einigen Jahren romantische Komödien, die für mich einfach immer ins Schwarze treffen. Ihre Figuren sind menschlich, liebenswert und lustig. So auch hier. Daphnes Verlobter verlässt sie für Miles' Partnerin, also ziehen die beiden notgedrungen erst mal zusammen. Zwischen den beidem knistert es bald und doch geht es bei Funny Story um viel mehr als die Möglichkeit einer neuen Beziehung. Daphne, die in ihrer letzten Beziehung komplett im "Wir" aufgegangen ist, muss lernen ihr eigenes Leben leben. Wir begleiten also auch eine Erwachsene, die sich einen neuen Freundeskreis aufbauen möchtet. Besonders schön fand ich auch, dass wir hier Protagonisten jenseits der 30 begleiten, was im Romance Genre doch noch eher selten ist. Das Leben hört mit 30 nicht auf und das Genre sollte hier auch nicht aufhören. Volle Empfehlung!

Bewertung vom 19.04.2024
Geordnete Verhältnisse
Lux, Lana

Geordnete Verhältnisse


ausgezeichnet

Kreisläufe des Missbrauchs

Lana Lux hat einen fesselnden und ergreifenden Roman über den Kreislauf des Missbrauchs geschrieben, der bei mir noch lange nachhallen wird. Wir begleiten die Freunde Faina und Philipp von ihrer Kindheit und und erleben, wie sie beide unter schwierigen familiären Beziehungen, häuslicher Gewalt, Ausgrenzung und Kontrollverlust leiden. Einer der beiden wird daraufhin zum Täter, die andere zum Opfer. Faina ist vielleicht nicht immer die Sympathieträgerin und trotzdem konnte ich nicht anders, als ihr all meine Empathie entgegenzubringen. Philipp dagegen hatte in den Kapiteln über seine Kindheit noch mein Mitleid, der erwachsene Philipp dagegen nur noch meine Verachtung. Er ist kontrollierend, gewalttätig, ignorant und misogyn. Die Kapitel aus seiner Perspektive haben eine beinahe körperliche Reaktion in mir hervorgerufen, was eindeutig für das Talent der Autorin spricht. Obwohl es sich angebahnt hat, hat mich das Ende doch schockiert und wütend gemacht.Ich empfehle den Roman allen, die wissen, dass sie die Thematik verkraften werden. Passt auf euch auf!

Bewertung vom 11.04.2024
Was das Meer verspricht
Blöchl, Alexandra

Was das Meer verspricht


sehr gut

Atmosphärisch und klug

Als Marie auf die kleine, nicht näher benannte Insel in Norddeutschland zieht, erweckt sie sofort eine Neugier in unserer Protagonistin Vida, die ein behütetes und bescheidenes Leben, das ihr bislang immer genug war. Ohne viel Enthusiasmus bereitet Vida gerade ihre Hochzeit mit ihrem Jugendfreund vor und ist drauf und dran den Laden ihrer Eltern zu übernehmen. Ihr Interesse an Marie entwickelt sich schnell zu einer Verliebtheit und Obsession, bis sie an ihrem Lebensentwurf zu Zweifeln beginnt.

In dem sehr kurzen Roman hat Alexandra Blöchl doch sehr viel Bedeutung und Atmosphäre reingebracht. Das rauhe Setting der Insel ist der perfekte Hintergrund für die Handlung. Durch ihre Beziehung zu Marie wacht Vida wie aus einer Starre auf und es gerät Bewegung in ihr Leben, gleichzeitig ist die Insel fast klaustrophobisch einengend.

Die Figuren sind, bis auf Vida, eher eindimensional, was der Geschichte aber nicht schadet, da die Reise uns mehr in Vidas Innenleben mitnimmt. Sympathisch ist sie durch ihr Handeln vielleicht nicht, trotzdem habe ich viel Mitgefühl mit ihr. Es geht um familiäre Spannungen, die eigene Identität und Erwartungen ans Leben.

Der Schreibstil ist eher nüchtern und präzise, bis er es stellenweise doch nicht ist. Diese Inkonsistenz passt meiner Meinung nach gut zur aufgewirbelten Gedankenwelt von Vida.

Man kann sich mit dem Roman wie mit den Wellen treiben lassen und in ihn eintauchen, ohne Gefahr zu laufen darin zu ertrinken.

Bewertung vom 08.04.2024
Yours Truly
Jimenez, Abby

Yours Truly


ausgezeichnet

Heilung und große Gefühle

4.5

Ich war gespannt wie ein Flitzebogen und habe das Buch in kürzester Zeit ausgelesen.

Das Buch enthält Muster/Themen, die ich normalerweise nicht schätze in meinen Romances. Eines davon ist Fehlkommunikation, die hier über lange Strecken hinweg eine große Rolle spielt. Anders als so oft fand ich aber, dass die Fehlkommunikation hier gut in die Story gespielt und zu den Charakteren passte, ohne sie unreif wirken zu lassen. Lediglich im letzten Drittel ging sie mir ein wenig zu weit.

Ab den Briefen, die Briana und Jacob sich am Anfang hin und her schicken, wusste ich, dass ich dieses Buch lieben würde. Ein guter Brief kriegt mich immer. Beide Figuren waren gut entwickelt, mit ihrem eigenen Leben und Hintergrund. Beide wurden verletzt und finden ineinander tiefe Freundschaft und Liebe. Jacob ist aufopfernd und liebevoll und Briana ist eine Bad Bitch, wie sie im Buche steht. Ich will nichts spoilern, aber ihre Reaktion auf ihren fremdgehenden Ex war ein Highlight.

Man kann deutlich sehen, dass Appy Jimenez gründlich recherchiert und Experten hinzugezogen hat, was die Teile der Geschichte angeht, in denen es um mentale Gesundheit geht. Besonders Jacob's Angststörung war für mich sehr verständlich dargestellt.

Bewertung vom 08.04.2024
Issa
Mahn, Mirrianne

Issa


ausgezeichnet

Ein facettenreiches Debüt

Wir lernen die titelgebende Issa auf einem Flug nach Kamerun kennen. Sie lebt in Deutschland, aber da sie nun schwanger ist, hat ihre Mutter sie in ihre Heimat geschickt, um sich einer Reihe von Ritualen für eine sichere Geburt zu unterziehen. Dort angekommen wird sie von ihrer sehr großen Familie, allen voran ihrer Urgroßmutter Marijoh, begrüßt und begleitet. Sie hadert mit ihrer Zugehörigkeit und Identität zu deutsch für Kamerun, zu afrikanisch für Deutschland.

In wechselnden Kapiteln lernen wie die Frauen kennen, die vor ihr kamen. Von ihrer Ur-Ur-Großmutter von über 100 Jahren im von der deutschen Kolonialmacht besetzen Kamerun, bis hin zu ihrer Mutter, die sich als Issa ein Kind ist, in einen Deutschen verliebt und das Land verlässt. Die fünf Generationen von Frauen, die wir so begleiten, müssen sich zurechtfinden und behaupten in einer männergemachten Welt. Sie werden ausgebeutet und geschlagen vom Kolonialismus, Patriarchat, ihren Vätern und Ehemännern. Was sich dabei wie ein roter Faden durch das letzte Jahrhundert zieht, sind die Beziehungen zwischen den Frauen, die zwischen Müttern und ihren Töchtern, Töchtern und ihren Müttern, Freundinnen, Müttern untereinander. Männer und Väter stehen im Hintergrund, manchmal sind sie Tyrannen, mal eine liebevolle Vaterfigur, manchmal finden wir nicht einmal ihren Namen heraus. So spannungsgeladen sie sein mag, immer ist die Mutter-Tochter Bindung die prägende für beide.

Insgesamt ein sehr kraftvolles und bewegendes Debüt, das gleichzeitig sehr lehrreich ist. Uneingeschränkte Empfehlung!

Bewertung vom 04.04.2024
The Happiness Blueprint
Zetterberg, Ally

The Happiness Blueprint


gut

Schöner persönlicher Roman

"The Happiness Blueprint" von Ally Zetterberg ist eine schöne Geschichte rund um Klara, die sich aufgrund einer Erkrankung im engsten Familienkreis genötigt fühlt, das handwerkliche Familienunternehmen im schwedischen Malmö übergangsweise zu leiten.

Klaras Perspektive ließ sie mir sehr schnell ans Herz wachsen. Sie hat Typ 1 Diabetes und das Leben mit dieser Erkrankung spielt eine zentrale Rolle im Roman. Schnell wird klar, dass sie auch Zeichen einer undiagnostizierten Neurodivergenz zeigt, was im weiteren Verlauf eine Rolle spielen wird. Klara ist zu Beginn der Geschichte sehr unsicher und chaotisch in ihrer neuen Rolle in der Firmenführung und lässt sich von den Angestellten auf der Nase rumtanzen und respektlos behandeln. Langsam wächst sie in ihre Rolle und als einer der Angestellten den Bogen überspannt, entlässt sie ihn kurzerhand und versucht die Stelle neu zu besetzen. So lernt sie Alex kennen, der vor kurzem seinem Bruder bei einem Fahrradunfall mit Fahrerflucht verloren hat und an Depressionen erkrankte. Er hilft ihr, Ordnung in die Führung der Firma zu bringen und sie entwickeln Gefühle füreinander. Es stellt sich auch heraus, dass ihre Leben viel stärker miteinander verwoben sind, als bislang angenommen. Die Geschichte wird abwechselnd aus Klaras und Alex' Perspektive erzählt und während ich mich mit Klara durchaus emotional verbunden fühlte, war das bei den Kapiteln aus Alex' Sicht leider nicht so. Sie sind in unvollständigen, abgehackten Sätzen geschrieben, die fast stichpunktartig wirken. Es soll wohl seine wortkarge Art und Depression unterstreichen, ich bin nur leider kein Fan dieser Erzählform.

Ich wünschte beim Marketing des Buches wäre weniger Fokus auf die Romance gelegt worden. Obwohl eine Liebesgeschichte mit eingesponnen ist, ist sie alles andere als der zentrale Punkt. Ich würde sogar behaupten, dass das Buch auch komplett ohne die Lovestory Bestand hätte. Die beiden Protagonisten treffen sich erst nach gut einem Drittel der Handlung und trotz gegenseitiger Gefühle steht ihnen eine Menge Fehlkommunikation im Weg. Ich habe die Chemie zwischen den beiden einfach nicht gespürt und abseits dem "auf dem ersten Blick"-verguckt Aspekt, scheinen sie mir kein gutes Match zu sein. Zudem zeigt Alex gegen Ende der Geschichte ein Verhalten gegenüber Klara, das meiner Meinung nach widersprüchlich zu seiner bisherigen Entwicklung steht und mir ein weiteres Mitfiebern in ihrer Beziehung unmöglich macht.

Alles in allem empfehle ich den Roman weiter, wenn man nicht die süßeste Romance erwartet. Klaras persönliche Entwicklung ist sehr befriedigend zu beobachten. Ich habe die Geschichte als Hörbuch erlebt und die beiden Sprecher sind angenehm zu hören und haben die Story schön interpretiert.

Bewertung vom 24.03.2024
James
Everett, Percival

James


ausgezeichnet

Ein Meisterwerk

"Wie kann n Mensch nem anderen gehören?"

Percival Everett's Roman "James" balanciert meisterhaft zwischen Schrecken der Sklaverei und historischer Satire. Er ist die Aneignung der Figur des Sklaven Jim aus "Die Abenteuer des Huckleberry Finn" von Mark Twain und füllt die Lücken, die Twain offenlässt, sowohl durch räumliche Trennung von Huck in der originalen Erzählung, als auch in seiner Persönlichkeit.

Es ist ein Roman voller Widersprüche und einer Freundschaft, die ungleicher nicht sein könnte, zwischen dem freien, weißen Jungen Huck, dem doch viel Leid widerfährt, meist durch die Hand seines misshandelnden, alkoholkranken Vater, und dem versklavten, schwarzen Jim bzw. James, der eine liebevolle Beziehung zu seiner Familie hat, und sein Schicksal nicht mehr hinnehmen will und es selbst in die Hand zu nehmen versucht und flieht. Es geht um die Freiheit, die von Menschen und die der Gedanken und die Macht des Lesens und der Bildung.

Schwarze Sklaven stellen sich in dieser Geschichte dumm, um sicher zu sein und von den Weißen nicht als Gefahr gesehen zu werden. So unterhalten sich Sklaven untereinander immer in perfekter Grammatik, verfallen aber, sobald sie in Hörweite von Weißen sind, in eine buchstabenverschlingende, vermeintlich ungebildete, Sprechweise, die sie schon früh auch ihren Kindern beibringen und ihren Sklavenfilter nennen.

Immer wieder begegnet James auf seiner Flucht Weißen, die sich als moralisch überlegen und rechtschaffend sehen und doch unglaubliche Verbrechen an ihren Sklaven begehen oder gar solchen, die behaupten gegen die Sklaverei zu sein, aber nichts gegen sie zu unternehmen gedenken und dann doch im Zweifel von ihr profitieren. Wenn du erst einmal beginnst, einen Menschen als weniger wertvoll als dich selbst zu betrachten, kannst du kein guter Mensch mehr sein.

Auch Tage nach dem Beenden des Romans geht er mir noch unter die Haut. Er ist mutig, provokant, klug und spannend und uneingeschränkt empfehlenswert.