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Benutzername: 
S.W.
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Berlin

Bewertungen

Insgesamt 24 Bewertungen
Bewertung vom 20.09.2024
Die Schminkmeisterin von Versailles
Gaspard, Josephine

Die Schminkmeisterin von Versailles


ausgezeichnet

Wunderbarer Roman über Versailles
Dieser Roman der Autorin Josephine Gaspard ließ mich wunderbar in die höfische Zeit in Versailles in den Jahren ab etwa 1773 bis hin zur Hinrichtung Marie Antoinettes 1793 eintauchen.
Erzählt wird die Geschichte des 14-jährigen Mädchens Manon La Belle, das, aus sehr ärmlichen Verhältnissen kommend, in einem Pariser Bordell als Dienstmädchen arbeitet. Ausgerechnet Gräfin du Barry, inzwischen die Favoritin König Ludwigs XV., die einst selbst aus ähnlichen Verhältnissen kam, verhilft ihr zu einer Stelle als Zofe bei Hof. Manon gelingt es, die Freundschaft der Gräfin und später sogar der Königin Marie Antoinettes zu gewinnen, sich als Schminkmeisterin zu etablieren und unentbehrlich zu machen. Hier kommt die ganze Bandbreite der Historie zum Tragen. Angefangen vom Tod König Ludwigs XV., der Geschichte der Jeanne du Barry samt ihrem dunkelhäutigen Pagen Zamor, dem ausschweifenden und verschwenderischen Leben Marie Antoinettes, ihrer sieben Jahre währenden Kinderlosigkeit, der Geburt ihrer Kinder und letztendlich der Halsband-Affäre mit dem Kardinal Rohan und Madame Gräfin de la Motte, die in Verbindung mit den Vorbereitungen der Revolution den ausschlaggebenden Anlass für den Fall des Königreiches gibt – der Roman lässt kaum etwas aus.
Als Kenner:in der französischen Historie hat man sicher schon das eine oder andere Buch über diese Zeit gelesen und erfährt kaum etwas Neues. Dennoch wird man durch die wunderbar leicht fließende und anschauliche Sprache der Autorin auf das Beste unterhalten. Man fühlt sich förmlich in das Petit Trianon mit seinen Gärten und dem Weiher versetzt, vermag das Parfüm der Königin fast zu riechen und die dargebotenen Speisen zu kosten. Die Charaktere sind vortrefflich dargestellt. Letztendlich verspricht die Liebesgeschichte von Manon einen Hoffnungsschimmer am Horizont.
Eine sehr empfehlenswerte Lektüre, die einen in eine längst vergangene Zeit abtauchen lässt. Chapeau!

Bewertung vom 13.08.2024
Genau so, wie es immer war
Lombardo, Claire

Genau so, wie es immer war


gut

Die Befindlichkeiten einer Ehefrau und Mutter
Dieses mehr als 700 Seiten starke Mammutwerk der Autorin Claire Lombardo berichtet von den Befindlichkeiten einer Ehefrau und Mutter. Julia, Ende Fünfzig, ist dabei, den 60. Geburtstag ihres Mannes vorzubereiten, als sie in einem Supermarkt ihre gute alte Freundin Helen wiedertrifft, zu der sie vor 18 Jahren den Kontakt abgebrochen hat. Julia, die in einem Vorstadtidyll in einem schönen Haus mit liebevollem Ehemann, einer Teenagertochter und einem Hund lebt, begibt sich auf Gedankenreise in die Vergangenheit. Von hier an wird man bei der Lektüre hin und her in verschiedene Zeitepochen geschickt. Es gibt nichts, was unbeleuchtet bleibt - sei es die eigene Kindheit mit dem Verhältnis zur alleinerziehenden Mutter, dem Kennenlernen des Ehemannes oder dem unleidlichen Befinden bei der Geburt und den ersten Lebensjahren des ersten Kindes.
Den Schreibstil der Autorin würde ich als sehr ausgefeilt und exzellent beschreiben, allerdings ist für mich die Thematik viel zu langatmig und teilweise langweilig ausgebreitet. Mir fehlte beim Lesen ein echter Spannungsbogen. Ich hätte es besser gefunden, wenn der Stoff etwas komprimierter und packender geschrieben worden wäre. Dennoch ein gutes Buch über Familie mit ihren Höhen und Tiefen, jedoch ohne Dramatik.

Bewertung vom 24.07.2024
Mein drittes Leben
Krien, Daniela

Mein drittes Leben


ausgezeichnet

Zwischen Leben und Tod
Dieses großartige Buch hat mich sehr berührt und betroffen gemacht. Für jeden, der Kinder hat, ist es unvorstellbar, wenn sein Kind - egal in welchem Alter - stirbt und man selbst zurück bleibt. Bis ins kleinste Detail und sehr einfühlsam erzählt Protagonistin Linda in der Ich-Form, wie es sich anfühlt, wenn man plötzlich mit seinem enormen Verlust und dem riesigen Schmerz dasteht und nicht verstehen kann, warum. Alle Werte, die vorher wichtig waren, entgleiten plötzlich ins Nichts. Wohnung, Nahrung, Körperpflege, Ehemann, Familie, Freunde, Beruf, Hobbies - nichts zählt mehr. Der Schmerz scheint einen aufzufressen, das eigene Leben nichtig. So nichtig, dass man es am liebsten selbst aufgeben würde.
Beim Lesen hofft und fiebert man mit Linda, dass doch noch alles gut werden möge. Hat sie ihr Auskommen auf dem Bauernhof gefunden? Rettet sie die Freundschaft zu Natascha und deren behinderter Tochter? Und ist die Trennung von ihrem Mann endgültig? Wird sie ins Leben zurückfinden? Hier spielt letztendlich der Faktor Zeit eine wesentliche Rolle und es kommt der Tag, an dem ihr nicht mehr alles egal ist.
Ein wunderbares Buch von Daniela Krien, das Hoffnung macht und die unvorstellbare Stärke aufzeigt, die uns Menschen inne liegt. Großartig geschrieben, die Situationen werden bis ins kleinste Detail geschildert. Ich habe das Buch verschlungen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.07.2024
Alte Eltern
Kitz, Volker

Alte Eltern


ausgezeichnet

Über den Umgang mit Demenz
In diesem Buch verarbeitet Autor Volker Kitz autobiografisch den Umgang mit seinem demenzkranken Vater. Einfühlsam berichtet er vom Beginn der ersten Anzeichen bis hin zum Tod. In einer Mischung aus Erzählung und Sachbuch erfährt der Leser, welche Symptome es gibt, wie man in einem Berliner Heim unter erschwerten Umständen der Corona-Pandemie damit umging und wie der aktuelle wissenschaftliche Stand ist. Hier werden Literatur und Forschung zitiert. Sehr interessant war für mich der liebevolle und sehr häufige und aufopfernde Einsatz des Sohnes bei seinem Vater, was letztendlich auch erklärt wird. Der Vater hat dem Sohn viel Gutes in Kindheit und Jugend getan, was der Sohn nie vergessen und ihn dankbar gemacht hat. Das kann nicht jedes erwachsene Kind der Generation X von seinen Eltern behaupten, und ich sage: Herzlichen Glückwunsch zu diesem Vater.
Ich habe das Buch mit Freude gelesen. Es ist flüssig geschrieben, man nimmt Anteil. Ein wichtiges Werk für uns alle, da die Eltern immer älter werden und in fast jeder Familie irgendwann Demenz-Alzheimer-Fälle auftreten.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.06.2024
In den Farben des Dunkels
Whitaker, Chris

In den Farben des Dunkels


ausgezeichnet

Grandios und atemberaubend
Der Roman "In den Farben des Dunkels" ist das Beste und Packendste, was ich in letzter Zeit gelesen habe. Erzählt wird die Geschichte der Freunde Patch und Saint, die in ihrem Alter von 13 Jahren beginnt. Als Patch in Gefangenschaft gerät und etwa ein Jahr lang in permanenter Dunkelheit leben muss, verliert das Mädchen Saint nie die Kraft, den Mut und die Ausdauer, um nach ihrem Piratenfreund zu suchen, während die Polizei schon aufgegeben hat.
Doch da ist auch das Mädchen Grace, das Patch in der Dunkelheit begleitet hat. Ist sie Erfindung oder gab es sie wirklich? Ihr Dasein war für den Jungen so intensiv, dass er sie über Jahrzehnte sucht, was viele nicht mehr nachvollziehen können. Was auf dieser Suche, sowohl von Patch als auch von Saint, alles passiert, was ihre Leben ausmacht, das ist so faszinierend, atmosphärisch und packend beschrieben, dass es mich hellauf begeistert hat. Die Charaktere aller Personen und die Orte in Amerika sind so wunderbar feinfühlig gezeichnet, dass man glaubt, man wäre mittendrin im Geschehen. Man fühlt und zittert mit bis zur letzten Seite. Unglaublich auch, wie letztendlich alles miteinander verwoben ist, wie sich alles klärt.
Ein großartiges Werk, das Autor Chris Whitaker mit eindringlicher, zu Herzen gehender Sprachgewalt geschaffen hat. Chapeau! Ich werde auch alle seine anderen Bücher lesen.

Bewertung vom 19.05.2024
Das Baumhaus
Buck, Vera

Das Baumhaus


ausgezeichnet

Nervenkitzel bis zum Schluss
Dieses Buch habe ich verschlungen. Schon lange hat mich ein Buch nicht mehr so in den Bann gezogen wie dieser Thriller von Vera Buck. Die junge Familie, die in einem einsamen Waldhaus in Schweden Ruhe und Erholung sucht, findet einen Albtraum, als ihr fünfjähriger Sohn Fynn entführt wird. Die Spuren gehen zurück in eine Vergangenheit, die 30 Jahre zurückliegt.
Erzählt wird das Buch in einem Perspektivwechsel von Personen, die einem - bis auf das Ehepaar Nora und Henrik -, zunächst fremd sind, später aber alle miteinander verknüpft sind. Besonders nahegehend ist das Erzählen in der Ich-Form jeder Person.
Entsetzen packte mich besonders beim Lesen des Schicksals des Kindes Marla, das auch als kleines Mädchen entführt wurde und das viele Jahre in einem Baumhaus in diesem Wald gefangen gehalten wurde.
Das Buch fesselte mich von der ersten Seite an. Ich wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht und habe es an wenigen Tagen verschlungen. Ein großartig konstruierter Thriller, unbedingt lesen!

Bewertung vom 19.04.2024
Die verkaufte Sängerin / Cristina Bd.1
Lorentz, Iny

Die verkaufte Sängerin / Cristina Bd.1


sehr gut

In altbewährter Manier
"Die verkaufte Sängerin" wurde in altbekannter Manier von Iny Lorentz geschrieben. Der Romanstoff ist interessant und nachvollziehbar. Man kann sich gut in die junge Cristina hineinversetzten, die von ihrer Sippe, einer Gauklertruppe, in der sie jedoch auch nur geduldet wird, an den Herzog von Sachsen-Meiningen als talentierte Sängerin verhökert wird. Auch hier fühlt sie sich anfangs nicht wohl. Obwohl das Leben weitaus komfortabler geworden ist, fühlt sie sich wie ein Vögelchen im goldenen Käfig. Doch Fräulein Elisabeth Karau und Herr von Lauenstein passen gut auf, dass ihnen das Mädchen nicht wieder abhanden kommt, denn auch sie führen, durch Cristina genährt, fortan ein besseres Leben bei Hof.
Mehr als die Hälfte des Buches plätschert das Geschehen so dahin und wirkt für mich fast ein wenig langweilig, als es endlich zum dramatischen Höhepunkt kommt: Der Entführung von Cristina. Ab hier habe ich wieder mit Freude und Spannung gelesen. Allerdings ist das Ende vorhersehbar, wenn auch der Bösewicht, Baron Balduin von Vollendorf, noch frei herumläuft.
Insgesamt jedoch ein schönes Buch, sehr gut und flüssig geschrieben mit einem guten Gespür für die Zeit um 1800.

Bewertung vom 23.03.2024
Gussie
Wortberg, Christoph

Gussie


sehr gut

Bildnis einer Ehe
In diesem melodramatisch erzählten Roman wird die Geschichte der Ehe von Auguste (genannt Gussie) und Konrad Adenauer erzählt. Gussie ist seine zweite Frau, nachdem die erste, Emma, jung gestorben ist und ihn mit drei Kindern zurückgelassen hat. Wie es so üblich war, suchte sich der Mann schnell Ersatz für sich und seine Kinder. Weitere fünf Kinder gebar ihm die junge Auguste. Sie kümmerte sich um Haushalt und Nachwuchs, während er seinen politischen Geschäften nachging.
Das Buch ist dramaturgisch so aufgebaut, dass Gussie mit 52 Jahren auf dem Sterbebett ihr Leben, insbesondere die Ehe mit Konrad Adenauer, Revue passieren lässt. Hierbei stellt sie einiges infrage. Offenbar war es nicht immer leicht, mit diesem wortkargen, eher in sich gekehrten Mann, der selten Emotionen zeigte, zu leben. Letztendlich hadert sie mit sich und einem Verrat, den sie meint, begangen zu haben, als die Gestapo sie 1944 ins Verhör nimmt.
Das Buch ist sehr einfühlsam geschrieben. Meines Erachtens hätten die Gefühle Gussies trotzdem noch besser zum Vorschein kommen können, dann wäre es noch berührender gewesen. Dennoch eine gut geschriebene Biografie über die Ehefrau eines bedeutenden Politikers.

Bewertung vom 14.02.2024
Sturmmädchen (eBook, ePUB)
Bernstein, Lilly

Sturmmädchen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Atemberaubend, dramatisch, grandios!
Die Geschichte von Elli, im Dorf Monschau an der Eifel nur das "Hinkemädchen" genannt, hat mich von der ersten Seite an mitgerissen. Mit wunderbarer Sprachkunst hat es Autorin Lilly Bernstein verstanden, mich in den Sog des Geschehens zu ziehen, um mit Elli und der jüdischen Familie von Margot mitzufiebern. Was hier an
Dramatik geschildert wird, lässt einem das Blut in den Adern gefrieren. Dabei wird sehr authentisch erzählt. Sehr gut kann man sich vorstellen, dass es genau so gewesen sein könnte: Die junge Frau Elli, die mit ihrer Mutter, einer Hebamme, im alten Backhaus auf dem Hof einer reichen Bauernfamilie lebt, und zwar von der Hand in den Mund. Daneben die einst wohlhabende jüdische Freundin Margot, die im Jahr 1939 alles verliert, und deren Leben Elli versucht zu retten. Aber auch die alte Freundin Käthe ist zu verstehen, von der Elli sich abwendet, da sie deren Wirken in der NS-Frauenschaft nicht versteht und in ihr fast eine Verräterin vermutet.
Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, so spannend, anschaulich und atmosphärisch ist es geschrieben. Ein dickes Lob an die Autorin!

Bewertung vom 19.01.2024
Paris Requiem
Lloyd, Chris

Paris Requiem


sehr gut

Intrigen im besetzten Paris
In einem geschlossenen Jazzclub liegt eine Leiche mit zugenähtem Mund. Eddie, ein französischer Polizist, der mit allen Wassern gewaschen ist, kennt die Person und auch die ganze Szene im von deutschen Soldaten besetzten Paris 1940. Bei seinen Ermittlungen, die nicht immer der Sache dienen, gerät er ständig tiefer in einen verwirrenden Strudel von Intrigen, Kleinkriminalität und gefährlichen Machenschaften der Nazis. Erzählt wird in einem flotten Tempo, bei dem ich als Leserin bei all den Verwirrungen nicht immer ganz mitkam. Die Sprache ist salopp, manchmal leicht sarkastisch. Einige Fragen blieben für mich ungeklärt, zum Beispiel, warum der deutsche Offizier Hochstetter immer wieder als Retter in der Not auftaucht, wenn Eddie in Gefahr gerät, und das ist nicht selten. Natürlich wird so Spannung aufgebaut. Aber warum wird Eddie an einem Tag verfolgt und bespitzelt, dann wieder nicht mehr? Einiges hat sich mir nicht ganz erschlossen. Ein bisschen schade fand ich, dass man sehr schnell weiß, wer hinter den Morden steckt. Das ist aber auch alles an Kritik. Insgesamt ist es ein sehr spannend zu lesender Kriminalroman, in dem die Zeit der deutschen Besatzung in Paris eine große Rolle spielt. Die Reglementierungen und Befindlichkeiten der Bevölkerung werden sehr authentisch und schnörkellos dargestellt. Man hat das Gefühl, Autor Chris Lloyd wäre 1940 direkt vor Ort gewesen. Sehr gut gemacht!