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Al

Bewertungen

Insgesamt 15 Bewertungen
12
Bewertung vom 27.10.2022
Das Gesetz der Natur
Winter, Solomonica de

Das Gesetz der Natur


weniger gut

Erst faszinierend, dann enttäuschend.

Viele gute Ideen, schlecht umgesetzt.
Solomonica de Winter hat einen Master in Fiction Writing also im Schreiben von Belletristik. Das merkt man vom Anfang bis zum Ende. Sie hat die Techniken, sie hat das Wissen, aber sie macht zu wenig daraus.
Mein erster Eindruck nach 50 Seiten Leseprobe fiel noch recht positiv aus:
"Eine sehr ungewöhnliche Umsetzung eines postapokalyptischen Settings. Zerstörte, unbewohnbare Kontinente, kleine Fleckchen gemäßigten Klimas dazwischen. Verlorenes Wissen, neue Ordnung und Lebensgemeinschaften innerhalb und außerhalb von Städten (= Nationen?).
Und mittendrin eine Mutantin (Strahlenopfer?)..."
Nachdem ich nun das Ende erreicht habe, bleibt leider nicht viel Positives.
Die neue Ordnung mit neuen Gesetzen spielt kaum eine Rolle, obwohl die Gesetzestexte in voller Länge ausformuliert werden. Ginge es nach diesen, wäre die Geschichte nach dem ersten Viertel für die Mutantin zuende gewesen.
Auch alles was danach kommt - ich möchte nicht spoilern, deshalb so allgemein - wäre unter Beachtung der Gesetze nicht möglich gewesen.
Dafür dass bis zum Auftauchen der Mutantin offenbar minutiös die Gesetze eingehalten worden sind, ignoriert die gesamte verbliebene Nordamerikanische Welt diese sehr plötzlich sehr konsequent.
Nun würde ich das noch verkraften können, würde de Winter die handelnden Personen irgendwie greifbar ausmalen und ihre Beweggründe nachvollziehbar machen. Das tut sie nicht. Alles und jeder wird aus einer urteilenden allwissenden Erzählerperspektive geschildert. Häufig werden Ausblicke gegeben, wie Dinge sich in der Zukunft entwickeln werden. Manche davon finden noch im Text des Romans statt, andere nicht. Das lässt auch darauf schließen, dass Gaias Geschichte mit dem Ende des Buchs nicht zuende erzählt ist.
Die in anderen Rezensionen oft kritisierte Langatmigkeit entsteht für mein Empfinden aus ellenlangen Beschreibungen von allem Möglichen, ohne dass Motivationen der Akteure greifbar werden würden, und ohne dass ausreichend Spannung aufgebaut werden würde.
Selten habe ich für einen Roman soviel Zeit investieren müssen wie für diesen.
Fazit:
Ich wüsste nicht, wem ich diesen SciFi-Mittelalter-Fantasy-Roman guten Gewissens empfehlen könnte. So interessant die Themenkonstellation gewählt ist und so vielversprechend der Start ist, so enttäuschend ist leider das Gesamtwerk und insbesondere die letzten 100 Seiten, die man ohne viel zu verpassen auch überspringen könnte.
2 von 5 Sternen

Bewertung vom 15.10.2022
Weber's Wintergrillbibel
Weyer, Manuel

Weber's Wintergrillbibel


ausgezeichnet

Inspiration für das Grillen an frostigen Tagen

Mit Weber's Winter Grill Bibel hat Manuel Weyer ein Grill-Kochbuch geschaffen, dass unwahrscheinlich viel Vorfreude auf das Grillen im Winter anheizt.

TIPP: Besorgt euch zusammen mit dem Buch einen Mörser (für Gewürze), einen Dutch Oven und eine Gusseiserne Pfanne. Diese benötigt ihr für ca. 90% der Rezepte!

Die Winter Grill Bibel liefert viele nützliche generelle Informationen zur Pflege des Grills im Winter, geeigneten Werkzeugen und Kochgeschirr, übersichtlichen Monatsplänen zur Verfügbarkeit heimischer Produkte (v. a. Gemüse), Tabellen zu Garzeiten, Qualität von Fleisch, Haltung und Ernährung der Tiere und etlichem mehr.
Auch praktisch sind das Sachregister und das Rezepteregister am Ende des Buchs zum schnellen Auffinden von Rezepten bspw. nach Zubereitungsart oder Zutaten.

Besonders positiv finde ich die Rezepte zur Zubereitung von Gewürzmischungen, Saucen und Chutneys, die dann auch in der Zubereitung der einzelnen Speisen Verwendung finden. Anders als das andere "Marken"-Kochbücher tun, wird man so nicht dazu gezwungen teure fertige Gewürzmischungen zu kaufen. Allerdings benötigt man einen Mörser, um die Gewürzmischungen selbst anzufertigen.

Sehr tolle Features sind die Seiten "Geschmacks Upgrade" (8x) und "Weber's Best of Leftover" (5x), die direkt im Anschluss an einige einzelne Rezepte auftauchen. Erstere geben Variationen des Gerichts mit anderen Zutaten oder auch vegetarische Varianten wieder, letztere beinhalten Mini-Rezepte (ohne Bebilderung, nur Text), was man mit übrig gebliebenen Resten des Gerichts anstellen kann. Leider gibt es davon für mein Empfinden viel zu wenige, die Leftover-Seiten gibt es auch nur im ersten Kapitel zu "Holiday's Special Grill & BBQ". Vermutlich will man hier nicht den Anreiz nehmen auch noch andere Grill-Kochbücher zu kaufen.

Negative Punkte:
- In den einleitenden Seiten schmückt sich das Buch damit, dass auch vegetarische Rezepte nicht zu kurz kommen. Allerdings sind die vegetarischen Gerichte nicht gekennzeichnet (ein Symbol o. ä. wäre gut gewesen) und sie sind auch nicht über das Register oder Inhaltsverzeichnis zu finden.
- Die zwei Seiten zu "Nützlichen" Tools sind zwar praktisch, allerdings wird hier nicht wirklich auf das Winter-Grillen eingegangen. Denn die BBQ-Keramik-Casserole (oder -Auflaufform, etc.), die in den Rezepten mehrfach verwendet wird, ist nicht aufgeführt. Die Plancha hingegen wird erklärt, wird aber nur in einem einzigen Gericht im gesamten Buch genutzt. Stattdessen hätte man gerne auf so etwas wie den "Weber Connect Smart Grilling Hub" verzichten können, aber da kommt halt dann doch zum Tragen, dass es sich um ein Weber-Grill-Buch handelt.
- Manche Dinge sind etwas seltsam angeordnet, bspw. die Seiten zu "Flour & Basics" auf denen Infos zur grundsätzlichen Zubereitung von Mehlspeisen wie Tortillas oder Pizzateig aufgeführt sind, denn dieser Bereich befindet sich am Ende des Kapitels "Bake & Cake". Intuitiver wäre das z. B. am Anfang des Kapitels oder im allgemeinen Teil am Anfang oder Ende des Buchs gewesen.

Fazit:
Die Weber's Winter Grill Bibel hält viele spannende und leckere Gerichte bereit, die gut zu kalten Außentemperaturen passen und zeigt die Zubereitung anschaulich und übersichtlich in mehreren Fotos. Super ist, dass man zu jedem Rezept sofort sieht, welche Tools benötigt werden und ob ggf. eine bestimmte Grill-Art die besten Ergebnisse erzielt. Sie enthält nützliche allgemeine Informationen zur Ausstattung, Zubereitung, Zubehör und Zutaten. Und schließlich macht sie Lust darauf überhaupt im Winter zu grillen, was ich mir bis dato nicht vorstellen konnte. Die negativen Punkte können evtl. in einer zweiten Auflage verbessert werden, rechtfertigen für mich aber keinen Punktabzug in der Gesamtwertung. 5 Sterne.

Bewertung vom 05.10.2022
Heat 2
Mann, Michael;Gardiner, Meg;Gardiner/Mann, Meg/Michael

Heat 2


weniger gut

Meine hohen Erwartungen wurden enttäuscht

Verbindung zum Film:

Bei Heat 2 handelt es sich sowohl um die Vorgeschichte zum Kinofilm Heat, als auch um dessen Fortsetzung. Das Konzept ist ähnlich wie beim Film: Mehr oder weniger sympathische, extrem harte Polizisten, ein paar mehr oder weniger sympathische Gangster und ein Ultra-Bösewicht, den sowohl die Polizisten als auch die Gangster am liebsten tot sehen möchten.

Im Unterschied zum Film, beschränkt sich die dargestellte Gewalt nicht auf Schießereien, sondern beinhaltet sehr explizite Folter, Verstümmelungen, Vergewaltigungen und Tötungen. Auch Drogenmissbrauch ist an allen Fronten vertreten.

Ich hatte den Film nicht gesehen als ich begonnen hatte das Buch zu lesen, habe das aber nach den ersten 100 Seiten nachgeholt. Das hätte ich mir sparen können, denn der Roman hat einen verwirrenden, holprigen Start, der verwirrend bleibt auch wenn man den Film gesehen hat. Der Anfang mit Rückblicken und Rück-Rückblicken ist komplett unnötig und nimmt Handlung vorweg, spoilert sich also selbst.

Stil und Struktur:

In fast jedem der knapp hundert Kapitel wird zunächst die Szenerie beschrieben. Ähnlich auffällig ist auch die detaillierte Schilderung der Ausstattung wie Autos und Waffen. Beispiel: "Handfeuerwaffen, zwei Benelli-Halbautomatikschrotgewehre und eine abgesägte Remington 870. CAR-15s, ein H&K-G36-Sturmgewehr mit einklappbarem Schaft, ein TAC-338-Scharfschützengewehr. Schalldämpfer. Klingen."
Hier sind wir auch gleich beim nächsten Problem, der Übersetzung. Manches ist schlecht übersetzt, wie im obigen Beispiel "Klingen", gemeint sind Messer (engl. Wort: "blades"). An anderen Stellen kommt geistreiche englische Wortakrobatik im Deutschen nicht an, Beispiel: "(...) ich bin auf eine ultrahohe Frequenz getunt. Ich höre alles." (Gemeint sind UHF = UKW Radiofrequenzen)

Das Ganze wirkt, als hätte Michael Mann ein Drehbuch geschrieben, das ihm kein Produzent zur Umsetzung als Film finanzieren wollte, so dass er sich dazu entschlossen hat mit Meg Gardiner zusammen einen Roman daraus zu machen.

Es gibt sehr spannende Stellen im Buch, in denen man sich als Leser vorkommt wie von einer Stromschnelle erfasst. Zum überwiegenden Teil dümpelt man allerdings leider nur in einem nicht enden wollenden Rinnsal dahin.

Fazit:

Man muss den Film nicht kennen, um die Handlung zu verstehen. Trotzdem ist diese teilweise an den Haaren herbeigezogen. Technik wird als Wundermittel zur Beseitigung aller Probleme genutzt, menschliche Interaktionen sind zum Teil sehr willkürlich und es gibt einige Logikfehler. Mit der Übersetzung ins Deutsche leidet die Lesbarkeit stark, ohne dass sie auf Englisch sehr viel besser wäre. Denn dieser Roman ist eher ein Drehbuch, als eine gut geschriebene und lesbare Geschichte.
Ich würde Heat 2 ausschließlich Fans des Films empfehlen und auch diese sollten keine zu hohen Erwartungen an den Roman haben.

Bewertung vom 05.10.2022
Heat 2
Mann, Michael;Gardiner, Meg

Heat 2


weniger gut

Meine hohen Erwartungen wurden enttäuscht

Verbindung zum Film:

Bei Heat 2 handelt es sich sowohl um die Vorgeschichte zum Kinofilm Heat, als auch um dessen Fortsetzung. Das Konzept ist ähnlich wie beim Film: Mehr oder weniger sympathische, extrem harte Polizisten, ein paar mehr oder weniger sympathische Gangster und ein Ultra-Bösewicht, den sowohl die Polizisten als auch die Gangster am liebsten tot sehen möchten.

Im Unterschied zum Film, beschränkt sich die dargestellte Gewalt nicht auf Schießereien, sondern beinhaltet sehr explizite Folter, Verstümmelungen, Vergewaltigungen und Tötungen. Auch Drogenmissbrauch ist an allen Fronten vertreten.

Ich hatte den Film nicht gesehen als ich begonnen hatte das Buch zu lesen, habe das aber nach den ersten 100 Seiten nachgeholt. Das hätte ich mir sparen können, denn der Roman hat einen verwirrenden, holprigen Start, der verwirrend bleibt auch wenn man den Film gesehen hat. Der Anfang mit Rückblicken und Rück-Rückblicken ist komplett unnötig und nimmt Handlung vorweg, spoilert sich also selbst.

Stil und Struktur:

In fast jedem der knapp hundert Kapitel wird zunächst die Szenerie beschrieben. Ähnlich auffällig ist auch die detaillierte Schilderung der Ausstattung wie Autos und Waffen. Beispiel: "Handfeuerwaffen, zwei Benelli-Halbautomatikschrotgewehre und eine abgesägte Remington 870. CAR-15s, ein H&K-G36-Sturmgewehr mit einklappbarem Schaft, ein TAC-338-Scharfschützengewehr. Schalldämpfer. Klingen."
Hier sind wir auch gleich beim nächsten Problem, der Übersetzung. Manches ist schlecht übersetzt, wie im obigen Beispiel "Klingen", gemeint sind Messer (engl. Wort: "blades"). An anderen Stellen kommt geistreiche englische Wortakrobatik im Deutschen nicht an, Beispiel: "(...) ich bin auf eine ultrahohe Frequenz getunt. Ich höre alles." (Gemeint sind UHF = UKW Radiofrequenzen)

Das Ganze wirkt, als hätte Michael Mann ein Drehbuch geschrieben, das ihm kein Produzent zur Umsetzung als Film finanzieren wollte, so dass er sich dazu entschlossen hat mit Meg Gardiner zusammen einen Roman daraus zu machen.

Es gibt sehr spannende Stellen im Buch, in denen man sich als Leser vorkommt wie von einer Stromschnelle erfasst. Zum überwiegenden Teil dümpelt man allerdings leider nur in einem nicht enden wollenden Rinnsal dahin.

Fazit:

Man muss den Film nicht kennen, um die Handlung zu verstehen. Trotzdem ist diese teilweise an den Haaren herbeigezogen. Technik wird als Wundermittel zur Beseitigung aller Probleme genutzt, menschliche Interaktionen sind zum Teil sehr willkürlich und es gibt einige Logikfehler. Mit der Übersetzung ins Deutsche leidet die Lesbarkeit stark, ohne dass sie auf Englisch sehr viel besser wäre. Denn dieser Roman ist eher ein Drehbuch, als eine gut geschriebene und lesbare Geschichte.
Ich würde Heat 2 ausschließlich Fans des Films empfehlen und auch diese sollten keine zu hohen Erwartungen an den Roman haben.

Bewertung vom 25.09.2022
Gespräche auf dem Meeresgrund
Leeb, Root

Gespräche auf dem Meeresgrund


sehr gut

Eine Hommage an die Empathie

Alles ist eins. Ein großes Wasser, ein großer Geist, in dem jedoch noch immer individuelle Persönlichkeiten vorhanden sind und ihre Erinnerungen, Gefühle und Gedanken miteinander unfreiwillig teilen.
Ein Vermittlungsversuch zwischen Frau und Mann, dem globalen Westen und dem globalen Süden, oben und unten.
Gewöhnliche, dadurch aber gleichzeitig sehr bewegende Menschenschicksale.
Eine Lehrstunde über den Umgang von Menschen untereinander und der Menschheit mit sich selbst.

Wo der Leser eigentlich Prosa erwarten würde, sind die erinnerten Gespräche und Gedankengänge in sehr förmlicher Schriftsprache verfasst; auch in solchen Situationen in denen man wohl eher nur Schreie von sich geben würde. Emotionen werden so rationalisiert und doch genau deswegen sehr greifbar für den Leser.

Die Illustrationen, vermutlich Aquarelle, verstärken die Immersion.

Fazit:

Eine schöne Geschichte, die es ermöglicht einen Schritt zurückzutreten und ein wenig über unser heutiges Zusammenleben als Menschen unterschiedlichster Herkunft, Bildung und Geschlechts zu reflektieren.

P.S.
Ein handwerklich schön gebundenes Buch aus sehr hochwertig wirkendem Papier.

Bewertung vom 11.09.2022
Bullauge
Ani, Friedrich

Bullauge


ausgezeichnet

Unglaublich spannender, untypischer Krimi

Ein unglaublich spannender Krimi, der sich um einen Wachtmeister außer Dienst in Rekonvaleszenz handelt, der während eines Einsatzes bei einer NVD = AFD Demonstration verwundet wurde und dabei ein Auge verloren hat.
Er begibt sich auf die Suche nach dem Täter und lernt dabei eine der Demonstrantinnen näher kennen.

Jedes weitere Wort über die Handlung wäre zu viel, deshalb nur Folgendes:
Der Klappentext wird dem Roman in keinster Weise gerecht. Die Spannung steigt mit zunehmender Handlung immer weiter.
Das war der beste Krimi den ich seit langem gelesen, ja regelrecht verschlungen habe. Ich kannte den Autor vorher nicht, werde mir jetzt aber das ein oder andere seiner Werke zu Gemüte führen.

Fazit:
Wer die Corona-"Spaziergänge" unter Beteiligung der AFD in absolut unterhaltsamer Krimi-Form im Münchner Setting aufarbeiten will, kommt hier voll auf seine Kosten.

Bewertung vom 09.09.2022
Kerl aus Koks
Brandner, Michael

Kerl aus Koks


gut

Für Brandner-Fans: Brenners Reise zum persönlichen Glück

Michael Brandner mag ich als Schauspieler sehr gerne. Deshalb habe ich mit Vorfreude seinen ersten Gehversuch als Autor erwartet.
Leider ist das Buch keine echte Autobiographie, die ich in Anbetracht seines bewegten Lebens gerne gelesen hätte, sondern enthält lediglich autobiografische Anleihen. Aber man nimmt, was man kriegen kann. ;-)
Wie etliche andere Rezensenten darauf kommen, dass es sich hierbei um eine Milieustudie des Ruhrpotts handeln würde, ist mir schleierhaft. Vermutlich haben diejenigen nur die ersten 50 Seiten gelesen. Brandner stellt in seinem Nachwort sogar selbst klar, dass er dafür gar nicht der Richtige wäre.
Das Nachwort und das diesem vorangestellte Gedicht "Meer" sind im Übrigen die Inhalte, die mir am besten gefallen.
Der Roman selbst startet in der Kindheit eines Jungen der Nachkriegszeit, begleitet diesen durch seine Sturm und Drang-Jahre über viele Stationen, Freundschaften sowie berufliche, Lebens- und Liebschaftsexperimente hinweg und endet mit etwa dem 40. Lebensjahr, in dem er als nun erwachsener Mann sein persönliches Glück findet. Die Schauplätze sind dabei vielfältig, mitnichten nur der Pott.
Die Geschichte startet und endet sehr mitreißend und ist in diesen jeweils etwa 100 Seiten am stärksten. Vielleicht weil sich die Handlung in beiden Fällen primär um die Familie spinnt.
Der Mittelteil mit vielen Reisen, ist über 100 Seiten hinweg eher schwach. Auch ich musste mich hier durchbeißen, um das Buch nicht wegzulegen.
Was bleibt am Ende im Gedächtnis?
Brandner probiert - wie sein Alter Ego Brenner - immer gerne neue Professionen aus, hier ist es die Schriftstellerei. Vielleicht ist das jedoch nicht sein stärkstes Talent, zumindest was Romane angeht. Eine echte Autobiografie, im Stile des kernigen, ehrlichen Nachworts, hätte mir hingegen vermutlich sehr viel besser gefallen.

Fazit:
Für Brandner-Fans empfehlenswert, für alle anderen eher nicht.

Bewertung vom 24.08.2022
Schlangen im Garten
vor Schulte, Stefanie

Schlangen im Garten


ausgezeichnet

Reise in die Unbeschwertheit der Jugend, weil das Leben schneller endet als einem lieb ist

Selten hat mich ein Buch oder überhaupt irgendeine Geschichte so bewegt wie 'Schlangen im Garten'.
Ständig hatte ich Flashbacks an meine eigene Kindheit, schöne und hässliche, traurige und freudige. So bildlich und fühlbar wie ich mich zuletzt vielleicht vor Jahrzehnten daran zurückerinnert hatte.
Stefanie vor Schulte schafft es mit Metaphern und lebendigster blumiger Sprache in Dialogen und Gedankenmonologen die Gefühle und Empfindungen der Familie Mohn, um die sich alles in diesem Buch dreht, nicht nur greifbar und nachvollziehbar zu machen, sondern diese im Leser selbst unmittelbar auszulösen.
Auch wenn das Hauptthema der Geschichte die Trauer einer nun noch vierköpfigen Familie um die verstorbene Mutter ist, so ist die Botschaft – aus meiner Sicht zumindest – dass der Tod nun mal unvermeidlich ist, das Leben in all seinen Etappen von der Geburt bis zu seinem Ende aber verdammt lebenswert ist.

Fazit:
Hör in dich hinein.
Sei mal wieder Kind.
Tu das was dich glücklich macht.
Und wenn du vergessen hast, wie das geht und was das ist, dann lies dieses Buch und es wird dir wieder einfallen.

Bewertung vom 21.08.2022
Das neunte Gemälde / Lennard Lomberg Bd.1
Storm, Andreas

Das neunte Gemälde / Lennard Lomberg Bd.1


ausgezeichnet

Kein klassischer Whodunit, trotzdem höchst unterhaltsam

Mir, als jemandem der noch nie einen historischen Roman gelesen hat – weil ich das Genre immer als viel zu trocken empfand – hat dieser kunsthistorische Roman sehr viel Freude bereitet.
In dem Auftakt zu (hoffentlich) weiteren Romanen zum Sujet "Kunstkriminalität", zeichnet Andreas Storm interessante Charaktere, denen man gerne folgt.
Konkret geht es um kubistische Kunstwerke, Nazi-Beutekunst, den Beginn der Bundesrepublik Deutschland und des Bundeskriminalamtes, sowie um einen plötzlichen Todesfall in der Jetzt-Zeit. In die polizeilichen Ermittlungen zu letzterem wird der Hauptprotagonist und Kunsthistoriker Lennard Lomberg unverhofft als Tatverdächtiger involviert und beginnt kurzerhand eigene Ermittlungen.
Dass mich das Thema überhaupt interessieren könnte, hatte ich nicht erwartet; meine Hoffnung war, dass sich der Roman in einen klassischen "Whodunnit"-Krimi entwickeln würde. Diese Hoffnung wurde zwar nicht gänzlich enttäuscht. Tatsächlich ist das scheibchenweise, jedoch nicht gekünstelte Aufdecken der Verstrickungen von Protagonisten, dreier Zeitstränge (1943, 1966, 2016) und historischer Fakten ungleich spannender.
Gespickt mit viel Zeitgeist in Form von Autos, alkoholischen Getränken, sowie Tabakwaren und den nachvollziehbar skizzierten Motiven der handelnden Personen, wird dem Ganzen eine höchst unterhaltsame Lebendigkeit eingehaucht.

Fazit:
Wer bislang weder mit Kunst, noch mit Historie als Unterhaltungslektüre besonders viel anfangen konnte, sollte diesen Kriminalroman lesen. Man lernt ganz nebenbei eine Menge über die frühe BRD-Geschichte, Verbrechen der Nazis und kubistische Kunst.

Bewertung vom 27.02.2009
Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht
Hein, Jakob

Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht


sehr gut

Kurze Ausschnitte aus dem Leben verschiedener Menschen – so erscheint das Buch auf den ersten Blick. Jedoch wird viel mehr geboten. Denn das Leben der beschriebenen Personen ist immer auf eine bestimmte Art und Weise einzigartig, auch der Rahmen in dem dies präsentiert wird ist definitiv ungewöhnlich.
Den Leser erwartet weniger ein stringenter Roman, als vielmehr eine ausgedehnte Kurzgeschichte. Wie der Klappentext verrät geht es im Kern um einen Romananfang. Aber auch nach der Lektüre ist für mich weiterhin unklar geblieben, welcher Teil des Buches nun den Romananfang darstellt und welche Bereiche die „eigentliche Geschichte“ des Autors sein sollen. Vielleicht ist ja auch das ganze Buch oder jedes Kapitel für sich genommen der Romananfang? Diese Unklarheit ist allerdings eher inspirierend als enttäuschend, denn je nach Variante ergeben sich ganz neue Interpretationen des Gelesenen.

Jakob Hein erzählt sehr mitreißend, immer leicht humorvoll, ohne ins Lächerliche abzugleiten. Auch wenn die Handlung teilweise übernatürliche oder übersinnliche Formen annimmt, wirkt alles in sich stimmig, die Figuren bleiben greifbar und man versteht ihre (oftmals verzweifelte) Situation.

Fazit: Das Buch bietet auf ca. 170 Seiten enorm viel. Ich habe es in nicht einmal zwei Stunden verschlungen, nur um es danach gleich noch ein zweites Mal zu lesen. Es regt zum Nachdenken an und hat in mir die Frage aufgeworfen warum ich vorher noch nichts von dem Autor mitbekommen habe.

12