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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Jonas R
Wohnort: 
Göttingen

Bewertungen

Insgesamt 53 Bewertungen
Bewertung vom 23.11.2024
Lisa und Lio
Schreiter, Daniela

Lisa und Lio


ausgezeichnet

Lisa ist autistisch und gerade erst mit ihrer Mutter in eine neue Stadt gezogen, wo ihr nun der erste Schultag bevorsteht. Auf dem Weg dorthin begegnet sie einem Alien-Fuchs. Gemeinsam erleben sie den Tag und lernen sich dabei besser kennen.

Lisa und Lio ist ein schöner, kindgerechter Comic über Freundschaft und darüber, wie schwer der Alltag sein kann, wenn man anders ist und es Extra-Kraft kostet, gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen.

Bewertung vom 23.11.2024
Regency Park
Zeichnerin, Amalia

Regency Park


sehr gut

Leo tritt mit seiner Schauspielkarriere auf der Stelle. Vorübergehend verdingt er sich als Kleindarsteller in einem Freizeitpark, der seinen Gästen das Flair der englischen Regency-Periode anbietet. Dabei lernt er Ashley kennen, und zwischen den beiden funkt es. Ashley ist nicht-binär und näht Kleidung nach historischen Vorbildern. Sier wird nach einem schlecht gelaufenen Date von dem Typen gestalkt, außerdem geht ihre Nähmaschine kaputt und sie muss ihre Aufträge vorübergehend von Hand nähen, bis sie sich einen Ersatz leisten kann. Leo hingegen schlägt sich mit unbequemen Regency-Kostümen in der Sommerhitze herum, mit vereinzelten unverschämten Parkgästen und der Tatsache, dass jemand den Park zu sabotieren scheint. Vor allem aber zaudert er, was Zukunftspläne angeht - will er seinen Traum verfolgen und es in Hollywood versuchen?

Regency Park ist eine nette Liebesgeschichte (lose inspiriert von Austenland) mit queeren Protagonisten, die Alltagsprobleme ernst nimmt und Wert auf Consent legt. Die Erzählperspektive wechselt zwischen Ashley und Leo und die einzelnen Abschnitte sind datiert, was die bodenständige Geschichte zusätzlich erdet. Abgesehen vom Epilog liegt die Handlung im Mai bis Juli 2017.
Das Buch lässt sich gut lesen, allerdings fand ich die Spannungsbögen nicht sonderlich ausgeprägt. Speziell das Element der Sabotage im Park plätscherte vor sich hin, zumal ich relativ früh ahnen konnte, wer hinter den Aktionen steckt.

Wer Wert auf große Konflikte legt, bei denen viel auf dem Spiel steht, kommt hier eher nicht auf seine Kosten. Wer aber eine leichte, queere Lovestory (mit ein paar gut geschriebenen Sexszenen) sucht und womöglich das Austen-Fandom oder historisches Reenactment mag, ist hier bestens beraten.

Bewertung vom 19.11.2024
Queer*Welten 11-2023
Nicolaisen, Jasper;Lawaai, Chris_;Moor, Iva

Queer*Welten 11-2023


ausgezeichnet

Coole Kurzgeschichten, stilistisch abwechslungsreich

Die elfte Ausgabe fokussiert thematisch auf Hexen. Sie enthält sechs Kurzgeschichten, die mir alle gut gefallen haben. In aller Kürze drei Beispiele: Jasper Nicolaisens "Rausfinden" ist kombiniert erfrischend Umgangssprache und Unsicherheit mit den großen, alten Problemen (und Großen Alten). Am "Geheimnis der Puddingteilchen" von Chris* Lawaai gefiel mir die bodenständige Erzählweise und die Magie beim Backen. Und mit "Hans und Gerthold" gelingt es Iris Leander Villiam, ein Grimmsches Märchen neu zu erzählen und eine Brücke zu schlagen zwischen hasserfüllten Ideologien und marginalisierter Hoffnung.

Die Mikrofiktionen in dieser Ausgabe (acht "queerfeministische Zaubersprüche") haben mir insgesamt wenig gegeben.

Iva Moors Essay zu Hexen als disruptivem Element in Erzählwelten war interessant, die theoretische oder literaturwissenschaftliche Durchdringung fühlte sich aber relativ dünn an. Natürlich ist ein Essay keine Doktorarbeit, aber manche Beispiele (z.B. die Locked-Tomb-Reihe von Tamsyn Muir) fühlten sich mangels Unterfütterung etwas willkürlich an. Das ist aber ein kleiner Kritikpunkt: Anregend ist der Essay auf jeden Fall.

Zum Schluss möchte ich die Rezensionen im "Queertalsbericht" hervorheben. Da sind immer wieder Titel dabei, die ich mir auf eine (ohnehin schon lange) Leseliste setzen möchte.

Bewertung vom 08.11.2024
Flausch
Schnerring, Almut

Flausch


gut

Beherzt und verkopft - Das Nachwort des Buches macht deutlich, dass sich das Buch auch (vielleicht sogar in erster Linie?) an Erwachsene richtet. Die Stoßrichtung, Individualität und Vielfalt jenseits traditioneller Kategorien zu akzeptieren, finde ich gut, aber so richtig warmgeworden bin ich mit dem Buch trotzdem nicht. Die Bilder sind schön, aber die Geschichte ist mir zu konstruiert und langweilig.

Bewertung vom 08.11.2024
Herr Schnuffels
Wiesner, David

Herr Schnuffels


ausgezeichnet

David Wiesner hat erneut eine Bildergeschichte geschaffen, die mit wenig Sprache auskommt. Vereinzelte Sprechblasen mit wenig Text in Großbuchstaben und einige Sprechblasen mit Symbolen, die die fremde Sprache der Außerirdischen repräsentieren, tragen ihren kleinen Teil zur Geschichte bei. Im Mittelpunkt stehen aber die Bilder, die erzählen, wie ein kleines außerirdisches Raumschiff vom Kater Herrn Schnuffels als Spielzeug verwendet wird, und wie die Außerirdischen anschließend in der menschlichen Wohnung nach einem Ersatz für die defekten Teile suchen - und unerwartete Hilfe bekommen.

Ähnlich wie schon in "Tuesday" (wo Frösche durch eine menschliche Siedlung fliegen) erzeugt Wiesner in "Herr Schnuffels" eine fantastische, abenteuerliche Perspektive auf eine Alltagsumgebung, indem er Fremdkörper in diese Umgebung setzt. Die Illustrationen sind großartig und die Geschichte regt die Fantasie an. Ein wunderbarer Comic!

Bewertung vom 08.11.2024
Invincible Iron Man Vol. 1: Iron Heart
Bendis, Brian Michael

Invincible Iron Man Vol. 1: Iron Heart


gut

Entertaining, but also somehow vacant and meaningless in the way of stuff that tries to be relevant but doesn't really want to take a stance. Don't get me wrong, it's great that a black girl gets to step into the Iron Man legacy. But at the same time, it boils down to 'who can beat whom' and 'choices are difficult', without going deeper into the difficulties of living in an unjust society built on violence. (Comparing another Marvel comic about a racialized teen superhero: I liked Ms. Marvel better than Ironheart.)

Bewertung vom 08.11.2024
Invincible Iron Man: Ironheart Vol. 2 - Choices
Bendis, Brian Michael

Invincible Iron Man: Ironheart Vol. 2 - Choices


gut

Like the first Ironheart volume, this is happy to stick to mostly empty entertainment. I liked Riri's excitement over schools getting built/re-opened in Latveria. I also liked the idea that Tony Stark pays for rehabilitation programs for criminals he brings in, although I dislike the sentiment that he has to do it secretly because otherwise those bigbadevilvillains(tm) wouldn't accept. Let's all Marvel at this wonderful world in which crime is a purely personal choice and superheroes only ever fight individuals but never even glance at systemic evils.
I was also turned off by the worship of Tony Stark holding babies. I liked the cuteness, but I also felt that this particular issue (11) helps normalize and uphold toxic masculinity (in which a man holding a baby apparently has to be a secret, while regularly using heavy weapons in civilian areas is a super accepted behavior. The fantasies we tell each other matter, dude.
Oh, well, sorry. I know there are much worse examples. Ironheart isn't all that bad. I'm just a bit disappointed thinking about what it might have been.

Bewertung vom 08.11.2024
VON ANDROMEDA BIS UTOPIA (eBook, ePUB)
Vejchar, Alfred; Urbanek, Hermann; Lukschandl, Eduard; Straßl, Hubert; Melhardt, Axel; Habeck, Reinhard; Franke, Herbert W.; Schneider, Gerhard; Zimmermann-Lasser, Verena; Schaffer, Bernhard; Eisfeld, Rainer; Braeg, Dieter; Langsteiner, Hans; Christ, Robert; Gaisbauer, Gustav; Rottensteiner, Franz; Ritter, Hermann; Soukup, Peter

VON ANDROMEDA BIS UTOPIA (eBook, ePUB)


sehr gut

Bunter Strauß persönlicher Erinnerungen aus der Geschichte des SF-Fandoms in Österreich

Das Buch ist eine Fundgrube an Geschichten aus dem deutschsprachigen (vor allem österreichischen) Science-Fiction-Fandom. Die meisten Texte stammen vom Herausgeber Alfred Vejchar, der seit den späten 1950ern im österreichischen Fandom aktiv ist. Gut ein Dutzend weiterer Autoren (und eine Autorin) tragen ebenfalls bei (teilweise als Wiederabdruck älterer Texte). So bekommen wir eine Reihe jeweils sehr persönlicher Perspektiven. Schade fand ich bei der Lektüre, dass diese Perspektiven insgesamt recht ähnlich sind. Lediglich in der Einschätzung der zeitweiligen Treffen des SFC Capella (S. 138ff. und S. 233) kann man Diskrepanzen finden, die aber wiederum sehr harmoniebetont auf persönliche Interessen reduziert scheinen. Ich hätte mir gewünscht, dass beispielsweise zu den mehrfach angeschnittenen Spannungen mit den "68ern" (AST, SerCon) nicht nur Vejchars Erinnerungen, sondern auch Positionen der Gegenseite einbezogen werden.

Insgesamt ist es eine extrem männliche, weiße Sicht auf dieses Fandom. Frauen werden in erster Linie als Mütter oder Partnerinnen männlicher Akteure erwähnt, obwohl zwischen den Zeilen herauszulesen ist, welche gewaltige Rolle sie in der Geschichte des Fandoms spielten und spielen - wenn auch teilweise mit anderen Aktivitäten als männliche Fans. Da wäre meines Erachtens mehr drin gewesen - zumindest eine deutlichere Reflektion der Verhältnisse, die der Band darstellt.

Auch etwas mehr Lektorat hätte ich mir gewünscht. In etlichen Beiträgen gibt es chronologische Sprünge und stilistische Schwächen. Expliziten Bezügen auf andere Beiträge im Buch fehlen die Seitenzahlen. Schade, aber verständlich ist, dass das Buch kein Register hat. Einen solchen Index zu erstellen ist ein hoher Aufwand. Trotzdem bedauere ich, dass verschiedene Erinnerungen an bestimmte Personen über das Buch verstreut und nicht leicht auffindbar sind. "Von Andromeda bis Utopia" ist also eher zum Schmökern, aber nicht zum Nachschlagen geeignet.

Bewertung vom 08.11.2024
Queer*Welten 09-2022
Iden, Kaj;Is, June;Gerlach, Gerit Virginia Ariel

Queer*Welten 09-2022


sehr gut

Die neunte Ausgabe der Queer*Welten enthält fünf Kurzgeschichten, einen Essay, zwölf Mikrofiktionen (je neun Sätze lang) und eine handvoll Ausstellungshinweise und Rezensionen. Mein persönlicher Eindruck ist, dass es bereits stärkere Ausgaben gab. Manche Kurzgeschichten fand ich nett, aber nicht besonders stark, manche der 12 Mikrofiktionen zu "Queer Merfolk" gaben mir nichts. Aber natürlich: Die Mischung macht's, und was mich kalt lässt, dürfte andere berühren. Anregend, wenn auch schwer zugänglich, fand ich Gerit Virginia Ariel Gerlachs Geschichte "Vom Kinderkriegen", reizvoll auch Helen Fausts "Schwache Anziehung", in der sie eine egoistische, korrupte Perspektive und Stimme erzählen lässt und darüber interessante Einblicke in ihr Setting aus der nahen Zukunft vermittelt.
Das Layout ist klar und übersichtlich, das Lektorat überwiegend gut. (In ein oder zwei Geschichten werden Eigennamen nicht einheitlich geschrieben, was mich leicht gestört hat: Ellis/Elis (jeweils häufiger), Zsarh/Zsahr(nur einmal?). Die Worttrennung ist in Einzelfällen unschön.)

Für einen kleinen Preis bietet die Queer*Welten auch mit ihrer neunten Ausgabe wieder einen bunten Einblick in die queerfeministische Phantastik in deutscher Sprache.

Bewertung vom 08.11.2024
On Repentance and Repair: Making Amends in an Unapologetic World
Ruttenberg, Danya

On Repentance and Repair: Making Amends in an Unapologetic World


ausgezeichnet

We've all done harm. This book is about how to react - how to acknowledge and own the harm we cause, how to change for the better, how to make amends, apologize, and in the future in similar situations make different choices so we don't repeat the harm. Ruttenberg bases her work on the medieval philosopher and theologian Maimonides, specifically the Laws of Repentance he formulated in his Mishneh Torah.

She doesn't always agree with Maimonides, but she convincingly argues that the five steps he put forth are still a useful framework for repentance today, and not just in the context of Jewish communities and Rabbinic religious law that Maimonides had in mind. The experience of (having caused) harm and the need to repair and improve the state of our world is universal, and both the features of repentance and its effect are not tied to any particular culture or religion. Although the five steps of repentance are about what the perpetrator must do, the approach centers the victim's needs. The process aims not at returning to the status quo, stressing instead that repentance work must transform the harmdoer so that they won't repeat the harm.

Ruttenberg uses clear, calm language, with a few conversational sentences thrown in. Her writing is full of empathy - never mean, condescending, or judgmental from a self-proclaimed moral high ground. The book is well-structured and full of real-life examples used to great effect. Ruttenberg explores what useful repentance work might be (and what isn't) in various settings: interpersonal harm that concerns only few persons, harm that spreads into the public sphere, harm caused by institutions and even by nations.

I found the book illuminating and helpful. It encourages us to engage in the hard, but rewarding work of repentance and become a better version of ourselves.