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Benutzername: 
Mrsroman
Wohnort: 
Bremen

Bewertungen

Insgesamt 26 Bewertungen
Bewertung vom 23.10.2024
Das zweite Kind
De Franchi, Marco

Das zweite Kind


ausgezeichnet

Hochspannendes Ermittlungspuzzle !
„Immer wieder ganz von vorne anfangen „, das ist das Motto der beiden zentralen Ermittlerfiguren, wenn die Ermittlung festzustecken scheint; und das müssen sie in diesem zu lösenden komplizierten Kriminalfall immer wieder tun: Sie, die ehrgeizige Valentina Medici, vom SOC in Rom, zuständig für Straftaten gegen die Person, vor allem gegen Kinder und Frauen und Vicequestore Fabio Costa, ein bei SOC in Ungnade Gefallener, der auf einen Nebenposten in Volterra abgeschoben wurde;

Die beiden treffen im Falle eines brutalen Mordes im Zusammenhang mit einem verschleppten Jungen aufeinander und werden, als weitere Vermisstenfälle auftreten, in einen Strudel von brutalen Ereignissen hineingezogen, der beide an ihre physischen und psychischen Grenzen bringt.
Valentina, die beim SOC zuletzt mehr mit Aktenbearbeitung zu tun hatte, wird unvermittelt mit der entsetzlichen Wirklichkeit konfrontiert und muss sich der Realität des Schrecklichen stellen, ist aber von dem Ehrgeiz getragen, den Tätern das Handwerk zu legen und die Entführten zu retten, obwohl die Zeit gegen sie arbeitet.

Abgründe des menschlichen Wahnsinns tun sich vor ihnen auf und die wenigen Spuren, die in die Vergangenheit und in die Kunstszene weisen, aufzudröseln, ist ein komplexes Unterfangen, das viel Fleißarbeit und analytischen Verstand voraussetzt.
Der Autor hat es perfekt verstanden die kleinteilige und anstrengende Ermittlertätigkeit in ihrer Schwierigkeit so nachvollziehbar zu schildern, dass man beim Lesen die Verzweiflung der Ermittler teilt.
Diese ungewöhnlich überzeugende Darstellung der Polizeiarbeit ist sicher darauf zurückzuführen, dass der Autor lange als Hauptkommissar gearbeitet hat und das System genau kennt.

Auch die empathische Schilderungen der beiden Kommissare und deren Mitarbeiter, insbesondere Costas, der schwer an seiner Vergangenheit trägt und auch Valentinas , die nicht aufgeben will, obgleich sie damit ihrer Karriere schadet, machen das Ermittlergespann überzeugend und sehr greifbar.
Wie weit muss man, darf man gehen um einen Fall zu lösen, wie nah darf man das Böse an sich heranlassen?? Fragen, die die spannende Handlung- getragen von den Abgründen der menschlichen, morbiden Psyche- hier prägen, und von welcher ich nicht zuviel verraten möchte.
Der Spannungsbogen, der sich durch das gesamte Buch zieht, ist brillant konstruiert und wird bis zum Schluss aufrechterhalten!
Zwischendurch musste ich das Buch immer wieder aus der Hand legen, weil es einfach zu spannend war..
Ich hoffe sehr dass es dem Autor irgendwann gelingt, nochmals einen so überzeugenden Krimi zu schreiben!
Klare Leseempfehlung für alle, die Krimis mit Tiefgang lieben!

Einziger Kritikpunkt, der sich allerdings an den Verlag richte: die vielen halbleeren Seiten, die durch zum Teil recht kurze Kapitel entstanden sind- leider auch neuerdings bei anderen Büchern zu beobachten..

Bewertung vom 15.09.2024
Der Morgen nach dem Regen
Levensohn, Melanie

Der Morgen nach dem Regen


ausgezeichnet

Komplexe Mutter- Tochter Beziehung
Nach der Leseprobe- die nur das 1. Kapitel umfasste- war ich auf eine eher seichte Geschichte eingestellt, musste diesen Eindruck jedoch schnell revidieren!
Die Autorin schildert eine komplexe Mutter- Tochter Beziehung, die sich von der Kindheit der Tochter an bis ins Erwachsenenalter erstreckt.
Während die Mutter - Johanna- getrieben von ihrer Berufung, sich vorrangig ihrer Arbeit, der Koordinierung humanitärer Angelegenheiten in Krisengebieten bei den vereinbarten Nationen, widmet und nur sporadisch zu Hause bei Tochter Elsa und Mann in New York sein kann, verzehrt sich Elsa nach der Nähe ihrer Mutter. Doch zunehmende Krisensituation in der Welt führen zu noch häufigeren Abwesenheiten und die Entfremdung von Mutter und Tochter nimmt zu. Nach der letztlich unvermeidlichen Scheidung gehen beide getrennte Wege, wobei Elsa, ähnlich ihrer Mutter von Ehrgeiz getrieben, eine Karriere im Bereich der Strafverteidigung am internationalen Gerichtshof in Den Haag verfolgt und hierbei bis an ihre körperlichen und seelischen Grenzen geht. Ein ursprünglich der Annäherung gedachtes Treffen bei Elsa erstem großen Prozess als Verteidigerin eines ehemaligen Kindersoldaten führt zum endgültigen Bruch und es bleibt spannend zu lesen, ob dies nur auf die gegensätzlichen politischen Auffassungen zurückzuführen ist, oder ob es noch tiefergehende Ursachen gibt.
10 Jahre später erleidet Elsa einen Burnout- sehr anschaulich beschrieben - und sucht Zuflucht in dem Haus der verstorbenen Tante Toni am Rhein, welches sie mit ihrer Mutter zusammen geerbt hat und mit dem sie ausschließlich schöne Kindheitserinnerungen verbindet. Dort hält sich jedoch bereits Johanna auf und ist - sehr zum Missfallen ihrer Tochter - mit Renovierungsarbeiten beschäftigt. Ein Zusammentreffen der besonderen Art, da sich zwei völlig entfremdete Frauen gegenüberstehen, Elsa, die ihrer Mutter nachträgt, sie in ihrer Jugend im Stich gelassen zu haben und Johanna, die einerseits ein schlechtes Gewissen deswegen hat, aber auf der anderen Seite auch gewichtige Gründe für ihr Verhalten hatte. Ob und wie die beiden sich annähern ist wahnsinnig gut geschrieben und die Konfliktsituation so nachvollziehbar geschildert, dass man in diesen Mutter- Tochter Konflikt regelrecht hineingezogen wird. Neben der aus meiner Sicht psychologisch feinfühligen Darstellung erfährt man viel über die Arbeit im Bereich der internationalen humanitären Hilfe und den damit verbundenen extremen Schwierigkeiten und Gefahren.
Ein rundum tolles Buch!!

Bewertung vom 19.08.2024
Das größte Rätsel aller Zeiten
Burr, Samuel

Das größte Rätsel aller Zeiten


ausgezeichnet

Phantasievolle Reise durch das Labyrinth des Leben
Ein wunderbares Cover welches bereits die verschlungenen Pfade andeutet, die der Hauptprotagonist, der 25- jährige Clayton, beschreiten muss.
Zauberhaft führt uns der Autor durch Claytons Suche nach seinem erwachsenen Ich und seinen Wurzeln; geschickt wird diese Suche eines unter ungewöhnlich intelligenten Senioren aufgewachsenen Findelkindes nach seine leiblichen Eltern verknüpft mit Begegnungen der besonderen Art, die Clayton nicht nur bereichern sondern ihn auch Schritt für Schritt der Lösung seiner zentralen Lebensfrage näher bringen.
Samuel Burr hat sich mit dem Roman eines Themas angenommen, welches schon häufiger beschrieben wurde, aber außergewöhnlich ist jedoch, in welche Geschichte er den Selbstfindungstrip eingebettet hat. Das ist so erfrischend anders, dass ich mir wünschte es gäbe mehr solcher Geschichten!
Eine Gemeinschaft eher introvertierter Rätsel,- Quiz,- und Knobelgenies findet sich unter Pippa Allsbrook, einer herausragenden Kreuzworträtsel Gestalterin, zu einer im wahrsten Sinne rätselhaften Wohngemeinschaft zusammen. Skurrile Individuen raufen sich zusammen, geben sich gegenseitig Halt, lösen anstehende Probleme und leben gemeinsam ihre Kreativität aus. Der Autor überzieht die liebevoll und empathisch beschriebenen Charaktere hierbei nicht, so dass der Roman trotz seiner ausgefallenen Thematik nicht ins Karikaturartige abgleitet.

Der Roman spielt auf 2 Zeitebenen- die Zeit vor Claytons Auftauchen in der Gemeinschaft und in der Zeit nach Pippas Tod, wobei der Autor beide Ebenen geschickt miteinander verknüpft.
Der Schwerpunkt seiner Beschreibung liegt auf den zentralen Figuren, Pippa und Clayton dem der WG „zugewachsen“ Findelkind. Als Pippa stirbt und Clayton damit quasi mutterlos zurücklässt, hinterlässt diese ihm gleichzeitig eine komplexe Rätselspur, die ihn zu seinen Wurzeln führen und seine Herkunft klären soll. Clayton bis dato immer unter Senioren, für die er aufopferungsvoll sorgt, stürzt sich in das Londoner Leben und greift den Faden auf, den Pippa ihm in die Hand gegeben hat um das Rätsel seiner Herkunft zu entwirren und Perspektiven für seine Zukunft zu entwickeln; was ihm dabei alles widerfährt ist sehr unterhaltsam und detailreich beschrieben, durchsetzt mit grafisch dargestellten z.T. raffinierten Rätselaufgaben, an denen sich auch die Leser die Zähne ausbeißen können, aber nicht zwingend müssen um die Handlung zu verfolgen, ein besonderes Extra dieses Buches. Man begleitet Clayton mit Spannung auf seinem Weg durch das von Pippa angelegte Rätsellabyrinth und es ist sehr erfrischend zu lesen, wie Clayton sich seinen eigenen Lebenswünschen nähert und wie wichtig es ist, sich anderen gegenüber und letztlich auch der Liebe zu öffnen.
Ein äußerst unterhaltsamer Roman dem es aus meiner Sicht nicht an Tiefe fehlt, da die angesprochenen Lebensfragen, ob und wie sich persönliche Erfüllung im Leben finden lässt, einfühlsam anhand der Schicksale der einzelnen Gemeinschaftsmitglieder dargestellt werden. Gerne mehr von diesem Autor!

Bewertung vom 25.05.2024
Das Licht in den Birken
Fölck, Romy

Das Licht in den Birken


sehr gut

Idylle mit Schattenseiten

Romy Fölck hat es mit ihrem neuen Roman geschafft, eine interessante und ansprechende Geschichte dreier Menschen zu erzählen, die an den Lasten ihrer Vergangenheit tragen und sich bemühen, mit diesen im Leben irgendwie zurechtzukommen.
Angesiedelt ist der Roman auf einem Bauernhof in der Lüneburger Heide, der von dem zurückgezogen lebenden eigenbrötlerischen Benno als Gnadenhof für Tiere bewirtschaftet wird. Aus wirtschaftlicher Notlage heraus nimmt er Thea- ebenfalls Mitte fünfzig-, eine heimgekehrte Aussteigerin aus Portugal mitsamt ihren zwei Ziegen als Untermieterin auf. Bereits nach kurzer Zeit wird deutlich, dass ein reibungsloses Zusammenleben erforderlich macht, überkommene Verhaltensweisen zu überdenken um den gemeinsamen Alltag zu meistern- eine Situation, die für beide eine Herausforderung darstellt, zumal sich der Hof in erheblicher wirtschaftlicher Schieflage befindet, die Benno bislang mit Erfolg zu verdrängen versucht hat.

Doch als unfallbedingt die gerade volljährige Juli auf dem Hof Rast machen muss und frischen Wind in den Alltag hineinbringt, scheint sich das Blatt zu wenden und gemeinsam versucht man, die Insolvenz zu vermeiden.
Eine Reihe vorhersehbarer und auch nicht absehbarer Ereignisse führen zu unerwarteten Entwicklungen und gestalten die Geschichte interessant und es wird hinreichend Spannung aufgebaut, ob die Hofgemeinschaft es schafft, den Verkauf des Anwesens zu verhindern und ob sie offen genug ist, sich auf ein Miteinander einzulassen.
Mit einem guten Blick für Details schildert Romy Fölck die norddeutsche Landschaft um die Lüneburger Heide herum so überzeugend, dass man sich mitten in die Natur hineinversetzt fühlt. Die Autorin schafft es, atmosphärisch dicht zu schreiben; so sind aus meiner Sicht auch die Charaktere gut herausgearbeitet, so dass die entstehenden Konflikte nicht zu gekünstelt erscheinen sondern auch recht subtil beleuchtet werden, wobei sich das Ganze natürlich schon in schöner Umgebung mit idyllischer Landschaft abspielt und insgesamt das Leben auf dem Hof doch ein bisschen zu sehr beschönigt wird; insgesamt jedoch ein Wohlfühlroman zum Wegschmökern!

Bewertung vom 28.04.2024
Wo die Asche blüht
Que Mai, Nguyen, Phan

Wo die Asche blüht


ausgezeichnet

Sehr berührender Roman
Dass es in Kriegen nur Verlierer gibt, ist hinlänglich bekannt, aber häufig stehen dabei die Toten und körperlich Versehrten in Blickpunkt. Der Roman „Wo die Asche blüht“ zeigt nicht nur auf welche existenziellen Nöte der Vietnamkrieg für die Bevölkerung mit sich gebracht hat, sondern er befasst sich auch mit den unsichtbaren Wunden der Kriegsbeteiligten und der Privatpersonen, die nicht aktiv am Kampfgeschehen beteiligt waren.
Dass diese psychischen Verletzungen vielfältig und sehr schwerwiegend sein können, hat die Autorin sehr eindrucksvoll und berührend in ihrem Buch geschildert.
So steht auf der einen Seite der Protagonisten der traumatisierte ehemalige US-Soldat Dan, der noch Jahrzehnte nach Kriegsende unter Angststörungen leidet, welche nachhaltig seine Ehe beeinflusst haben. Er versucht durch eine Rückkehr nach Vietnam, sein Traumata zu überwinden und sich seiner Vergangenheit zu stellen. Auf der anderen Seite Phong, der als Kind eines schwarzen US Soldaten in Vietnam aufgewachsen ist , und aufgrund seiner Abstammung „ als Kind des Feindes „ weder in Vietnam akzeptiert, noch von den USA als amerikanischer Staatsbürger anerkannt wird und sich nun verzweifelt um ein Visum für sich und seine Familie für die USA bemüht.
Beide Akteure werden im Rahmen ihrer Bemühungen mit Tatsachen konfrontiert, mit denen sie nicht gerechnet haben und die ihre weiteren Lebensentscheidungen beeinflussen.
Die Autorin wechselt in ihrer Erzählung zwischen der Gegenwart und der Zeit des Vietnamkrieges, in dessen Verlauf die Ursachen gelegt wurden, die das Leben von Dan und Phong nachhaltig beeinflusst haben.
Die Autorin schildert das Geschehen sehr realistisch wobei sie weder bewertet noch anklagt aber aus meiner Sicht empathisch und dabei schonungslos aufzeigt, welche Konsequenzen das Kriegsgeschehen in Vietnam für die Vietnamesen auf beiden Seiten und auch für die im Einsatz befindlichen Soldaten gehabt hat. Berührende Bilder, ein Blick für die Feinheiten des menschlichen Wesens für seine guten und schlechten Seiten sowie eine geschickt angelegte Geschichte machen das Buch so packend, dass man es nicht aus der Hand legen kann.
Den Wegen von Dan und Phong zu folgen und zu erfahren, ob Verbitterung und Kriegsleid überwunden werden können und tatsächlich aus „Asche „ wieder Hoffnung erwachsen kann, ist hochinteressant und macht das Buch gerade in der heutigen Zeit so lesenswert.

Bewertung vom 20.02.2024
Hallo, du Schöne
Napolitano, Ann

Hallo, du Schöne


ausgezeichnet

Familie vor der Zerreißprobe
Mit „Hallo du Schöne" hat Ann Napolitano einen ganz besonderen Familienroman geschrieben, der an Intensität und Dichte seinesgleichen sucht.
Das Buch schildert im Kern das Erwachsenwerden und den Lebensweg von vier Schwestern einer italienischstämmigen Familie in Chicago im Zeitraum zwischen 1963-1985, deren Wege sich mit dem von William, einem lieblos aufgewachsenen Einzelkind kreuzen. Während William mit den Folgen seiner schwierigen Jugend zu kämpfen hat und sein Selbstbewusstsein lediglich aus seiner Basketball Begabung ziehen kann, wachsen die vier Padavano Schwestern in einem zwar eher ärmlichen, aber sehr innigen, zugewandten Familienverband auf, geliebt vom unterschätzten, eher philosophisch veranlagte Vater, der die Erwartung seiner Ehefrau nicht erfüllen kann, seine Töchter hingegen in ihren Eigenarten erkennt und in ihren Fähigkeiten positiv bestärkt. Dominiert wird die Familie von der zielstrebigen Mutter Rose, die bestimmte Lebenswege und gesellschaftlichen Aufstieg für ihre Töchter vor Augen hat.
Erwählt von der ältesten Tochter Julia, die in William den Mann sieht, mit dem sie ihre klaren, karriereorientierten Lebenspläne umsetzen kann, wird William durch die Heirat mit ihr in den lebhaften, funktionierenden Familienverband aufgenommen. Dem ersten Anschein nach wendet sich Williams Leben zum Besseren, und er kann seine psychischen Schwierigkeiten zunächst verdrängen, nicht zuletzt auch durch seine voranschreitende Karriere als Basketballspieler.
Doch das Leben mit seinen unvorhergesehenen Wendungen und auch die Auswirkungen Williams verkorkster Kindheit durchkreuzen die Lebenspläne etlicher Beteiligter und der einstmals starke Familienverband bricht auseinander.
Die Großfamilie in ihrer ursprünglichen Form ist zerfallen und jede der Schwestern versucht, ihren Weg zu finden, um mit diesem Verlust und den damit einhergehenden Enttäuschungen fertig zu werden und im Leben ein bisschen Glück zu finden, wobei die beiden jüngsten Schwestern daneben versuchen, die Restfamilie zusammenzuhalten. Wenngleich nicht jedes Verhalten der Familienmitglieder vernünftig erscheint, hat es die Autorin verstanden, die Sichtweisen der einzelnen Beteiligten sehr empathisch und ausgesprochen eindrucksvoll wiederzugeben, wobei diese Entwicklungen jeweils aus Sicht der verschiedenen Protagonisten geschildert werden.
Ann Napolitano hat sensibel viele Themen aufgegriffen, die für eine Familie zur Belastung werden können, dies dabei, ohne ins Klischeehafte abzugleiten, so fesselnd und berührend beschrieben, dass man förmlich in das komplexe Familiengefüge mit seinen diversen Wirrungen hineingezogen wird.
Ein sehr intensiver, hochinteressanter und sehr gut zu lesender Familienroman, der aufzeigt, dass das Leben an sich nicht planbar ist, aber auch wie stark und belastbar Familienbande sein können, und die Liebe und der Mut zur Offenheit letztlich das verbindende und heilende Element in Krisensituationen sein kann. Ein Buch, das man gerne auch ein zweites Mal lesen wird, unbedingt zu empfehlen für Anhänger von guten Familienromanen!

Bewertung vom 31.01.2024
Verborgen / Mörderisches Island Bd.3
Ægisdóttir, Eva Björg

Verborgen / Mörderisches Island Bd.3


ausgezeichnet

Miss Elma ermittelt...
"Verborgen" war der erste Band, den ich aus der Island Krimireihe von Eva Aegisdottir gelesen habe und es wird sicherlich nicht der letzte sein!
Ein interessant angelegter Krimi mit der alleinstehenden, sympathischen Kommissarin Elma, und einem zur Abwechslung mal intakten familiären Umfeld, die in Akranes, einer Kleinstadt Islands, zu klären versucht, ob das Opfer eines Brandes- ein allgemeine beliebter junger Mann, der offenbar ein unauffälliges Leben geführt hat, einem Mord zum Opfer gefallen ist. Während der Ermittlung zu diesem Fall wird eine weitere Leiche gefunden, die im Zusammenhang mit dem ersten Todesfall zu stehen scheint. Die ersten Befragungen der Anwohner und die Information der neugierigen Mutter von Elma sowie die Auswertung einer Kamera, die auf das Haus des Opfers gerichtet war, ergeben zwar einige Anhaltspunkte, führen jedoch nicht gleich zum Täter. Ein kompliziertes Beziehungsgeflecht des Freundeskreises des ersten Opfers deutet auf Spannungen hin, in denen durchaus ein
Motiv für die Tat begründet sein könnte. Auch die gut bürgerlichen Fassaden in Arkanes täuschen zusätzlich, sodass Elma und ihr Kollege Saevar die losen Enden der zahlreichen Ansätze verknüpfen müssen. Dies hat die Autorin äußerst spannend beschrieben, wobei es erfreulicherweise nicht zu brutal zugeht, im Gegensatz zu manch anderen aktuellen Krimis, die vor drastischen Schilderungen nicht zurückschrecken. Die einzelnen Protagonisten sind gut charakterisiert und es wird eine überzeugende, spannende Handlung entwickelt, die unvorhersehbare Entwicklungen mit sich bringt.
Ein gekonnter Krimi nach welchem man trotzdem noch gut schlafen kann, wobei die Spannung konstant bis zum Ende aufrechterhalten wird.

Bewertung vom 31.01.2024
Die Halbwertszeit von Glück
Pelt, Louise

Die Halbwertszeit von Glück


ausgezeichnet

Kluger, warmherziger Roman
Das wunderschöne, farbintensive Cover mit den stilisierten Bäumen, und seiner besonderen Haptik durch die strukturierte Oberfläche, ist genauso ansprechend wie der Inhalt dieses lesenswerten und warmherzigen Buches, welches sich mit der schwierigen Frage nach dem Glück, und ob man es festhalten kann, befasst.
Louise Pelt hat sich ein schwieriges Thema vorgenommen, es aus meiner Sicht jedoch verstanden, anhand der Geschichte dreier unterschiedlicher Frauen dieser Frage nachzugehen und in sehr eindrucksvoller und unterhaltsamer Form aufzubereiten. Allen drei Frauen, unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Herkunft, die in unterschiedlichen Regionen dieser Welt angesiedelt sind, ist gemeinsam, dass ein Schicksalsschlag sie trifft, beziehungsweise eine unerwartete Wendung im Leben eintritt und das bisher geordnete Dasein, welches sie als glücklich empfanden, verändert.
Während Mylene ihr Glück in der bevorstehenden Heirat und dem Aufbau ihrer Firma sieht, strebt Holly in Los Angeles nach dem Erfolg als Drehbuchautorin und Johanna versucht durch den Rückzug von der Welt ihren Seelenfrieden wiederzufinden. Wie letztlich Schicksalswendungen auch die Vorstellung davon, was Glück für jeden persönlich ausmacht, beeinflussen und die Sicht auf die Dinge verändern, ist wunderbar beschrieben. Aber auch die weiteren Nebenfiguren im Buch haben sich mit dieser Thematik auseinander zu setzen; so verliert Johannas Mutter ihren jüdischen Verlobten, der ein Opfer der Nazis wird- ein Thema das leider wieder an Aktualität gewinnt. Sie muss sich vor Augen führen „wenn das Unmögliche Wahrheit wird, bleibt nicht viel mehr als der Schmerz über die eigene Kurzsichtigkeit.“ Einer von vielen klugen Sätzen dieses Romans.
Louise Pelt hat die Schicksale dieser Frauen sehr empathisch und nachvollziehbar geschildert und auch die jeweils unterschiedlichen Charaktere so beleuchtet, dass man in die jeweilige Geschichte regelrecht hineingezogen wird. Die Autorin schafft es, nicht nur zum Nachdenken über die Frage, inwieweit man Glück festhalten kann, anzuregen, sondern spendet auch mit ihrer Geschichte die Hoffnung, dass verlorenes Glück sich in einer anderen Form wiederfinden lässt.
Wie sie letztlich den Bogen schafft, die verschiedenen Schicksale miteinander zu verknüpfen, ist äußerst gekonnt.
Besser als mit diesem wirklich klugen und lesenswerten Roman, den man am liebsten nicht mehr aus der Hand legen möchte, kann ein Leserjahr nicht beginnen!

Bewertung vom 14.01.2024
Pilgrim / Oxen Bd.6
Jensen, Jens Henrik

Pilgrim / Oxen Bd.6


sehr gut

Vertraue niemandem....
Das neue Buch von Jens Henrik Jensen weist, wie zu erwarten war, die bekannten und bewährten Züge der Oxen Serie auf: mehrere zunächst unzusammenhängend erscheinende Vorfälle werden in einer komplexen Erzählung zusammen geführt, wobei die Spannung auf hohem Niveau gehalten wird.
Der Band „Pilgrim“ knüpft inhaltlich an den vorhergehenden Band „Noctis“ an und es empfiehlt sich in jedem Fall, diesen gelesen zu haben, da die doch sehr komplizierten Zusammenhänge des neuen Buches sich dann besser nachvollziehen lassen. In „Pilgrim“ geht es nicht nur um die Wiederaufnahme der Suche nach den untergetauchten Tätern der Kellermorde, sondern auch um Steuerhinterziehung in großem Stil, dem durch geleakte Unterlagen auf die Spur gekommen werden soll. Dass sich der Tätersuche ständig neue Hindernisse in den Weg stellen, die von Oxen und Margarete Franck und auch Sally Finnsen umschifft werden müssen, war zu erwarten, wobei jedoch erschwerend hinzukommt, dass der amerikanische Geheimdienst auf dänischem Boden ein perfides, mörderisches Spiel betreibt, so dass sich ein spannendes Katz- und Mausspiel entwickelt, in welchem die verschiedenen Interessenlagen zunächst völlig undurchsichtig erscheinen.
Die aktivere Rolle in diesem Band liegt aus meiner Sicht diesmal bei Margarete Franck, die von Mossmann- dem unruhigen, pensionierten Ex-PET-Chef, bei der Sicherung der geleakten Steuerunterlagen hinzugezogen wird. Doch die Beziehung zu ihrem alten Chef wird überschattet von Vorkommnissen, die Mossmann in einem völlig anderen Licht dastehen lassen. Ein wieder mal sehr spannender Thriller, der der sich jedoch aufgrund der Zusammenhänge mit dem Vorgänger Band nicht ganz einfach liest. Ein Muss für alle Oxenfans!