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Benutzername: 
Horst Berger
Wohnort: 
Rosenheim

Bewertungen

Insgesamt 4 Bewertungen
Bewertung vom 01.05.2014
Endstation Heißen
Detering, Monika; Radke, Horst-Dieter

Endstation Heißen


ausgezeichnet

Mülheim-Heißen, Schischyphusch und etliche Leichen

Ach ja, es hat sich viel verändert in Mülheim, in gerade mal einem Jahr. Die Leute mit den angeblich weißen Westen sind dort, wo sie hingehören, und Poggel hat einen neuen Chef. Dem Anschein nach ist er ein aufrichtiger, strammer Mensch.

Aber sonst hat sich in Poggels Arbeitsumfeld und Privatleben kaum etwas getan. Immer noch ist er Kriminalinspektor, immer noch wohnt er zur Miete bei der „Dame“ mit dem anrüchigen Namen, Puff, Anna Puff und schließlich hat er noch immer kein Verhältnis mit ihr. Der Hinderungsgrund „Thekla“ ist ebenfalls noch da.
Das hindert Poggel aber nicht daran, mit Anna Puff an den Lago Maggiore zu fahren. Übrigens, weil er muss … denn Anna hat jetzt einen VW-Käfer, aber noch keinen Führerschein. Poggel darf also als Chauffeur herhalten. Ob sich da endlich was anbahnt zwischen den beiden? Wer weiß. In Urlaubsstimmung wären sie ja.

Als die zwei aus dem Urlaub zurück sind, der wohl nicht so verlaufen ist, wie mindestens von einer Seite erhofft (das nehm ich jetzt mal einfach so an), ändert sich auch die Mülheimer Idylle sehr schnell.
In der Nähe der Endstation Heißen, direkt bei der Kirche, ist ein Mord geschehen. Poggel und seine Leute sind gefordert.

Ein Verdächtiger ist auch schnell gefunden, und der Mob ist ebenso schnell zur Stelle, brüllt und demonstriert herum und droht, sich den Schänder und Bösewicht zu holen.
Als ein 2. Mord an gleicher Stelle geschieht, und der Verdächtige zu diesem Zeitpunkt bei der Polizei in Gewahrsam sitzt, weiß Poggel, dass sie sich allesamt in die falsche Richtung vergaloppiert haben. Erst als die Kollegin Stankowski in einem gewagten Einsatz viel riskiert, lernt Poggel endlich dazu und muss einsehen, dass Frauen, – entgegen seiner früheren Ansicht – durchaus gute Polizistinnen sein können. Und mehr noch, dass Frauen halt auch nur Menschen sind.

Aber ob Poggel nun den Mörder der zwei jungen Frauen dingfest machen kann und wer ihm sonst noch dabei hilft, werde ich Ihnen nicht verraten. Das müssen Sie schon selber lesen.
Moment, da ist noch was, denn als die zwei Fälle kurz davor sind, zum Abschluss zu kommen, geschieht plötzlich ein weiterer Mord. Schrecklich ist das, denn dieser vorerst letzte Mord ist für Poggel eine böse und schier unfassbare Angelegenheit.

Jetzt ganz am Schluss verrate ich doch noch was: Dieser Mord wird nicht aufgeklärt!
Ich vermute, – und das jetzt auf eigene Faust und ohne jede Garantie – dieser Fall wird den Kriminaloberinspektor Poggel (wird Zeit, dass man ihn endlich befördert) als Nächstes beschäftigen. Monika Detering und Horst-Dieter Radke, dem Autorenpärchen, wird da was einfallen müssen. Warten wir halt darauf.

Bewertung vom 26.04.2012
Langeooger Liebestöter
Detering, Monika

Langeooger Liebestöter


ausgezeichnet

„Kommissar Nathan Töwer stand nackt vor dem Bügelbrett und plättete seine Jeans …“

Besser als mit diesem ersten Satz hätte Monika Detering die Hauptfigur ihres Romans nicht vorstellen können. Denn wenn ein Mann eine Jeans bügeln kann, muss er ausreichend gebildet und dazu noch handwerklich geschickt sein. Wenn er außerdem vollkommen nackt ist, muss er sehr mutig sein.
Wenn eine Frau nackt am Bügelbrett hantiert, kann das durchaus aufreizend sein. Sonst aber ist es nichts Besonderes. Bei einem Manne ist es was anderes! Wie hoch mag ein Bügelbrett sein? 75 cm? Und was trägt ein nackter Mann von 1,80 m vorn auf dieser Höhe?
Wenn er auch noch von seiner Sonja vor sich hinträumt wie Nathan und das Bügeleisen gedankenverloren von rechts nach links schiebt, kann ihm schnell was auf die Plättfläche geraten. Wie gesagt: auf der Höhe von ca. 75 cm … Oje! Es ist nicht auszudenken! Für mich ist dieser Nathan Töwer, der da nackt vor sich hinbügelt, nicht nur mutig, er ist tollkühn.
Und alle diese Eigenschaften wird er brauchen. Na gut, Tollkühnheit vielleicht nicht, aber Mut und Entschlusskraft zu selbstständigem Handeln wird er brauchen, da die Geschehnisse, so bieder und gemütlich wie sie anfangs scheinen, nicht bleiben werden.

Zur gleichen Zeit, als Nathan bügelt, findet seine Freundin Sonja nämlich drei Gehirne im Wald. Sie liegen hübsch aufgereiht auf Puppenstühlchen. Brennende Grablichter stehen daneben. Wohl eine okkulte Handlung?, denkt man als Leser. Sonja aber denkt nicht, … zumindest nicht lange nach. Sie reihert erstmal ins Gebüsch, bevor sie Nathan anruft. - Vermutlich hat dieser Anruf Nathan vor dem Schlimmsten bewahrt.

Kurz darauf brennen auch noch drei Vogelscheuchen lichterloh. Der Leser erfährt zwar warum, wird sich aber trotzdem vorerst nur wundern. Zum Glück ist Lea Wanders, eine Pflegerin, zur Stelle und ruft die Feuerwehr. Also alles halb so wild.
Und als sich herausgestellt hat, dass die Gehirne ordinären Schweinsköpfen entnommen sind, – vermutlich, weil heute kaum noch jemand so etwas essen will – hätte sich die Unruhe schnell wieder gelegt. Die Inselidylle wäre bald wieder zurückgekehrt, und die alten Leute, mehr oder weniger freiwillig verbannt auf dieses Eiland, könnten weiter gemütlich ihrem Verfall entgegendämmern.

Doch dann kann der Leser plötzlich einem scheinbar lustvollen Schauspiel beiwohnen, an dessen Ende eine steifgefrorene Leiche im Schnee liegt. Auch wenn der Leser die Umstände miterleben darf, die zum Erstarren des eben noch halbwegs lebendigen Menschen geführt haben, wird er die Zusammenhänge nicht durchschauen. Und als schließlich noch eine mumifizierte Leiche aufgefunden wird, werden die Geschehnisse immer geheimnisvoller.

Jetzt ist es an der Zeit, dass Kommissar Nathan Töwer in Aktion tritt. (Übrigens adrett gekleidet und ohne Schaden beim Bügeln genommen zu haben.) Jetzt braucht er den Mut, sich über Weisungen seiner Vorgesetzten hinwegzusetzen. Er braucht die Selbstsicherheit, das Geschwafel seines Kollegen zu ignorieren. Ja, er hat diese Fähigkeiten!
Jetzt hält er, selbst auf die Gefahr hin, sich zu blamieren, an seinen längst schon angestellten Überlegungen fest und löst kurzerhand den Fall.

Monika Deterings Inselkrimi geht ganz schön in die Tiefe. Es wird nicht einfach nur oberflächlich und brutal gemordet. Es liegen Schicksale und Zwänge hinter Opfer und Mörder. Wenn man so will, auch Zeichen der Zeit. Wenn Sie Bücher lieben, die nachwirken und wenn Sie noch dazu über das Altwerden zwar nicht lachen, aber doch lächeln können, sollten Sie diesen Kriminalroman lesen.
Es wäre schön, wenn es eine Fortsetzung gäbe.

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