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Lu
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Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 124 Bewertungen
Bewertung vom 19.07.2024
Romantic Comedy
Sittenfeld, Curtis

Romantic Comedy


sehr gut

"Romantic Comedy" von Curtis Sittenfeld ist eine charmante Romcom, die nicht zu klischeehaft ist und mich gut unterhalten hat. Ich hatte jedoch mehr Biss und mehr Feminismus erwartet - es gibt jedoch deutlich weniger Kritik am Patriarchat als gedacht.

Das Buch gliedert sich in drei deutlich unterschiedliche Teile, die jeweils ihre eigene Atmosphäre und Erzählweise mitbringen. Der erste Teil sticht besonders hervor: Mit witzigen und kurzweiligen Dialogen hat er mich schnell in die Welt der Hauptfiguren gezogen: Man bekommt Einblicke hinter die Kulissen von Late Night Shows wie SNL (hier: TNO), wo die Protagonistin Sally als Autorin Sketche schreibt und sich während der Dreharbeiten in den Gaststar Noah verliebt. Aufgrund seiner Berühmtheit und seiner Attraktivität scheint er ihr jedoch unerreichbar zu sein. Der zweite Teil spielt dann während der Pandemie und erinnert ein wenig an den Filmklassiker "Email für dich". Die Charaktere kommunizieren über Emails, was einen intimen und persönlichen Einblick in ihre Gedanken und Gefühle ermöglicht. Der dritte Teil ist dann vielleicht sogar ein bisschen cheesy (Achtung Insider). Hier wird es definitiv konventioneller und klischeehafter.

Insgesamt ist "Romantic Comedy" eine süße, wenn auch nicht überraschende Lektüre. Wer eine leichte, unterhaltsame Liebesgeschichte sucht, die sich durchaus bemüht, den typischen Klischees zu widersprechen oder sie zumindest zu thematisieren, wird hier fündig.

Bewertung vom 15.07.2024
Die schönste Version
Thomas, Ruth-Maria

Die schönste Version


ausgezeichnet

Was für ein Roman! Sprachlich mühelos intensiv und leicht zugleich, die Handlung packend und nebenbei inhaltlich unfassbar intelligent - kurz: Ich bin restlos überzeugt.

Im Zentrum der Geschichte steht die Beziehung zwischen Jella und Yannick, deren erste große Liebe damit endet, dass Yannick Jella fast erwürgt und diese zurück in ihr Kinderzimmer fliehen muss. Hier erinnert sie sich, wie ihr Aufwachsen sie zu diesem Punkt in ihrem Leben geführt hat: die Jugend in einer trostlosen Kleinstadt in der Lausitz, die ersten Erfahrungen, was es bedeutet, männlichem Begehren schutzlos ausgeliefert zu sein, die Rollen, die sie als Frau erfüllen soll, die Unsicherheit über eigene Bedürfnisse, kunstseidenes Verdecken dieser, aber auch Freundinnen, die zu ihr halten. Das klingt zwar nach schwerer, bedrückender Thematik, dennoch liest sich der Roman unglaublich leicht.

Für mich ist dieser Roman bereits jetzt ein moderner Klassiker und hat einen Ehrenplatz neben „Das kunstseidene Mädchen“ von Irmgard Keun verdient, auf die es zahlreiche Anspielungen gibt. Ich habe den Roman atemlos gelesen, zugeklappt und erst einmal geweint, so intensiv werden Jellas Gefühle transportiert. Durch die zugespitzte Schilderung von Jellas Leben als Frau, das immer wieder an alltäglichen Beispielen verdeutlicht wird, hat der Roman mir ermöglicht, auch eigene Verhaltensmuster in der Jugend und im Erwachsenenalter zu reflektieren, die zwar nicht so extrem waren, aber dennoch Züge der Muster aufwiesen, denen Jella ausgesetzt ist. Ich bin überzeugt, dass sich fast alle Frauen in den patriarchalen Strukturen, die Thomas so präzise beschreibt, wiedererkennen können. Gleichzeitig zeigt die Erzählerin, wie bedeutsam Solidarität von Freundinnen und Familie ist. Daher: Lest dieses Buch! Alle!

Bewertung vom 15.07.2024
Im Kaiserreich
Hoyer, Katja

Im Kaiserreich


sehr gut

„Im Kaiserreich“ bietet eine umfassende, chronologische Darstellung der deutschen Geschichte von der Zeit vor 1871 bis hin zur Gründung des Kaiserreichs und seines Endes. Das Buch zeichnet sich durch seine detaillierte und gründliche Aufbereitung historischer Ereignisse aus, die es zu einem wertvollen Nachschlagewerk für Grundwissen macht.

Besonders gelungen ist die Art und Weise, wie das Buch die Ereignisse anhand von Schlüsselfiguren darstellt. Die Rolle Otto von Bismarcks, der vor der Aufgabe stand, die neununddreißig Einzelstaaten unter einem einzigen Kaiser zu vereinen, was eigentlich fast niemand wollte, wird nachvollziehbar geschildert. Ein weiterer interessanter Aspekt, den das Buch aufgreift, ist die Rolle der Kriege mit anderen Staaten als einendes Element des Kaiserreichs. Diese Einsicht trägt dazu bei, die Dynamik der deutschen Einigung und die inneren Spannungen besser zu verstehen.

Trotz dieser positiven Aspekte konnte mich „Im Kaiserreich“ nicht vollständig überzeugen. Ich hatte eine neue Herangehensweise an das Thema erwartet, doch das Buch bietet wenig neue Perspektiven. Insgesamt ist „Im Kaiserreich“ damit eine solide historische Darstellung, die besonders für Leser geeignet ist, die ein fundiertes Verständnis der Epoche gewinnen möchten. Wer jedoch auf der Suche nach innovativen Ansätzen ist, könnte enttäuscht werden.

Bewertung vom 14.07.2024
Die Farbe der Sterne
Briggs, Curtis;Lukschy, Stefan

Die Farbe der Sterne


schlecht

"Die Farbe der Sterne" von Curtis Briggs und Stefan Lukschy versprach in der Ankündigung „die perfekte Mischung aus Spannung und feinster Unterhaltung“, doch leider konnte der Roman diesen Erwartungen nicht gerecht werden. Die Geschichte dreht sich um ein heruntergekommenes Hotel, einen Erben, der es retten will, ein verschollenes Kunstwerk, und diverser weiterer Figuren mit Interesse am Verkauf des Hauses und/ oder Stehlen des Kunstwerks. Doch statt Unterhaltung bietet der Roman vor allem Wiederholungen und Altherrenhumor.

Der Plot des Romans ist alles andere als gut strukturiert. Viele Ideen wiederholen sich mehrfach, was die Handlung zäh und vorhersehbar macht. Statt der versprochenen Spannung und Unterhaltung fand ich die Geschichte oft langweilig und vorhersehbar: Wäre der Roman nicht Teil einer Leserunde gewesen, hätte ich ihn abgebrochen. Auch der Humor des Buches hat mich nicht angesprochen. Wer Olli Pocher und Mario Barth mag, könnte daran vielleicht Gefallen finden, aber ich empfand die Witze entweder als zu platt oder sogar als beleidigend. Zu oft wird sich über die Schwächen anderer, über Homosexuelle, Frauen oder Alkoholismus lustig gemacht, was für mich nicht nur unlustig, sondern auch unangemessen war.

Ein weiterer Kritikpunkt ist das irreführende Genre. Obwohl das Buch als Krimi beworben wird, gibt es kein echtes Verbrechen, das aufgeklärt wird. Stattdessen häufen sich Logikfehler, die den Lesefluss erheblich stören. Der Schluss des Romans ist zwar etwas spannender, bleibt aber dennoch einfallslos. Vielleicht war ich aber auch einfach nur froh, das Buch endlich beendet zu haben.

Insgesamt hat "Die Farbe der Sterne" meine Erwartungen leider nicht erfüllt. Die Ankündigung des Verlags weckt falsche Erwartungen, und sowohl die Handlung als auch der Humor konnten mich nicht überzeugen. Wer auf der Suche nach einem gut geplotteten Krimi oder einer feinsinnigen Unterhaltung ist, wird hier enttäuscht. Schade - denn das hübsche Cover hatte mich sehr angesprochen!

Bewertung vom 13.07.2024
kali orexi
Karapanagiotidis, Kon;Karapanagiotidis, Sia

kali orexi


sehr gut

„Kali Orexi“ ist ein gelungenes vegetarisches Kochbuch, das die griechische Küche in all ihrer frischen und farbenfrohen Pracht präsentiert. Es eignet sich hervorragend für den Sommer, da es eine Vielzahl von Rezepten bietet, die leicht, lecker und gleichzeitig sättigend sind.

Die liebevolle Gestaltung des Buches sticht sofort ins Auge. Jedes Gericht wird von ansprechenden Bildern begleitet, die Lust aufs Kochen machen. Besonders positiv hervorzuheben ist, dass die Gerichte gut gelingen und geschmacklich überzeugen. Ich habe drei Rezepte ausprobiert und war jedes Mal mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Auch die Salate, die in diesem Buch zu finden sind, machen richtig gut satt.
Ein kleiner Kritikpunkt sind jedoch die teilweise langen Zutatenlisten. Zudem sind einige spezifische griechische Käsesorten hierzulande schwer zu bekommen. In meinem Fall musste ich diese durch gängigere Käsearten ersetzen, was zwar funktionierte, aber vermutlich nicht ganz dem Originalgeschmack entsprach.

Insgesamt ist „Kali Orexi“ ein Kochbuch für alle, die die vegetarische griechische Küche entdecken oder vertiefen möchten. Trotz kleinerer Herausforderungen bei der Zutatenbeschaffung bietet es eine Fülle an leckeren und gelingsicheren Rezepten, die den Sommer auf den Teller bringen.

Bewertung vom 09.07.2024
Das Lied des Propheten
Lynch, Paul

Das Lied des Propheten


sehr gut

„Das Lied des Propheten“ von Paul Lynch zeichnet ein bedrückendes und intensives Bild von Irland, das sich unter der Gewalt einer zunehmend tyrannischen Regierung befindet. Der Roman begleitet Eilish und ihre Familie durch die alptraumhafte Realität einer kollabierenden Gesellschaft, in der unsichtbare Kräfte das Leben kontrollieren und bedrohen. Die verzweifelten Versuche von Eilish, ihre Familie zu schützen und zusammenzuhalten, stehen im Mittelpunkt dieses düsteren Romans.

Die Erzählweise von Lynch ist bemerkenswert intensiv und hat mich tief in die beklemmende Atmosphäre des Romans gezogen. Allerdings macht die schwere Thematik das Buch schwer in einem Zug lesbar. Die ständige Konfrontation mit Diktatur, Bürgerkrieg, Flucht und den damit verbundenen Traumata kann erdrückend wirken, daher brauchte ich Pausen zum Durchatmen.

Ein Kritikpunkt von mir betrifft die Ankündigung des Buches: Die Beschreibung als „Porträt einer Familie am Rande der Katastrophe“ ist irreführend. Tatsächlich ist die Katastrophe längst eingetreten, und der Roman befasst sich mit den realen Folgen von Unterdrückung und Gewalt. Die Darstellung der gesellschaftlichen und politischen Zerrüttung geht weit über eine bloße Andeutung einer bevorstehenden Katastrophe hinaus.
Auch die Aussage, das Buch sei ein „Appell, die entstehenden autoritären Regime der Gegenwart zu bekämpfen“, trifft nicht ganz den Kern des Romans. Lynch konzentriert sich mehr auf die Auswirkungen des Bürgerkriegs und weniger auf den Aufstieg der tyrannischen Regierung. Somit bleibt der Aspekt der Warnung und des Appells eher implizit.

Trotz dieser Punkte ist „Prophet Song“ ein bedeutendes Buch, das wichtige Themen der Gegenwart anspricht. Es zwingt, sich mit den düsteren Realitäten von Tyrannei, Krieg, Flucht und sozialem Zerfall auseinanderzusetzen.

Bewertung vom 07.07.2024
Das Pfauengemälde
Bidian, Maria

Das Pfauengemälde


ausgezeichnet

„Das Pfauengemälde“ von Maria Bidian ist mir zuerst aufgefallen, weil es einem anderen gerade erschienen Roman vom Cover her erstaunlich ähnlich sieht. Nachdem ich angefangen hatte, zu lesen, wusste ich aber schnell, dass dies hier ein einzigartiges Debüt ist.

Zwei Jahre nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters beschließt Ana im Sommer nach Rumänien zu fahren, um ihre rumänische Familie zu unterstützen, enteigneten Familienbesitz zurückzubekommen. Im Gegensatz zu ihrer Verwandtschaft, die hauptsächlich an der großen alten Familienvilla interessiert ist, möchte Ana das „Pfauengemälde“ finden, ein Erbstück, von dem ihr Vater oft geredet hatte. Vor Ort taucht sie einerseits in die Geschichte ihrer Familie und ihres Vaters im Kommunismus ein, andererseits gerät sie in die aktuellen Proteste für Demokratie.

Der Roman thematisiert so Fragen von Erinnerung, Identität, Wahrheit und Verantwortung. Bidian gelingt es dabei, diese Fragen in eine fesselnde Handlung einzubetten und diese in einer Weise zu erzählen, die einfühlsam, melancholisch, komisch, politisch und sehr persönlich ist.

Insgesamt war „Das Pfauengemälde“ ein überraschend packendes Debüt, das mich nicht nur sehr gut unterhalten und gefesselt hat, sondern auch sprachlich überzeugt und neugierig auf die Geschichte und aktuelle Politik Rumäniens gemacht hat, mit der ich mich noch nie beschäftigt habe. Eine klare Leseempfehlung für alle, die Anas Reflexionen über ihre rumänische Familie folgen möchten und Lust auf schöne Sprache haben!

Bewertung vom 06.07.2024
Aus guter Familie. Leidensgeschichte eines Mädchens
Reuter, Gabriele

Aus guter Familie. Leidensgeschichte eines Mädchens


ausgezeichnet

Endlich, endlich, endlich habe ich diesen Roman gelesen, der seit Nicole Seiferts Empfehlung in „Frauenliteratur“ auf meiner Wunschliste stand – und ich wurde nicht enttäuscht. Dank der Neuauflage des Reclam Verlags konnte ich nun in Agathes Leben eintauchen. Mein Fazit: Ich bin restlos begeistert! Was für ein toller, mitreißender, tiefgründiger, zur Diskussion anregender Roman!

Gabriele Reuters „Aus guter Familie“ erzählt die Geschichte der jungen Agathe, die in der Enge der bürgerlichen Gesellschaft um 1900 aufwächst. Es handelt sich dabei um einen ganz ungewöhnlichen Entwicklungsroman, denn Agatha wird von außen beständig an ihrer Entwicklung gehindert. Der Roman schildert dabei eindrucksvoll ihre innere Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Zwängen und den Erwartungen an Frauen ihrer Zeit. Agathes Entwicklung und ihr Schicksal werden so lebendig dargestellt, dass man tief in ihre Welt eintaucht und einerseits mit Agathe leidet und hofft, andererseits durch ihr Schicksal und das anderer geschilderter Frauenfiguren immer wieder wütend wird. Auch Reuters Schreibstil beinhaltet für mich schon alles, was die Moderne um 1900 so anziehend macht. Wie kann es sein, dass eine solch kraftvolle und bedeutende Stimme der Literaturgeschichte bisher so wenig Beachtung gefunden hat? Ich kann kaum nachvollziehen, warum ich im Studium der Literaturwissenschaft nicht von der Autorin gehört habe, auch in Material zu Literatur um 1900 kommt sie nicht vor.

Diese liebevoll gestaltete Neuauflage des Reclam Verlags kommt aber nicht nur inhaltlich, sondern auch äußerlich wunderbar daher. „Aus guter Familie“ wird definitiv einen Ehrenplatz bei mir finden. Insgesamt ist dieser Roman ein Muss für alle Literaturfans. Er fordert heraus, regt zur Diskussion an und bleibt lange im Gedächtnis. Gabriele Reuter verdient es, aus der Vergessenheit hervorgeholt und neu entdeckt zu werden. Ich kann „Aus guter Familie“ nur wärmstens empfehlen.

Bewertung vom 02.07.2024
Man sieht sich
Karnick, Julia

Man sieht sich


ausgezeichnet

Frie und Robert sind seit der Schulzeit gute Freunde und auch immer mal wieder ineinander verliebt, aber sie finden einfach nicht zueinander. Klingt erst einmal nach Harry und Sally, allerdings bietet „Man sieht sich“ von Julia Karnick sehr viel mehr als eine romantische Geschichte. Der Autorin gelingt es, die Entwicklung der Charaktere im Laufe ihres Lebens darzustellen und dabei verpasste Chancen und wichtige Lebensentscheidungen zu thematisieren. Ihre Coming-of-Age-Geschichte ist dabei unterhaltsam und tiefgründig zugleich.

Besonders spannend fand ich es, Frie und Robert beim Erwachsenwerden in den 80ern und 90ern zuzuschauen, wie sie sich mit den Höhen und Tiefen des Lebens auseinandersetzen. Der Roman vermittelt hier eine große Leichtigkeit, was ich sehr mochte. Ein weiterer Pluspunkt sind die zahlreichen Bezüge zu Hamburg, die dem Roman eine authentische Note verleihen.

Je älter die Charaktere werden, desto weniger handlungsgetrieben und reflexiver werden die Kapitel. Anfangs hat mich das langsame Tempo etwas vom Weiterlesen abgehalten, da eben auch unangenehme Themen wie verpasste Chancen und unerfüllte Träume angesprochen werden, aber rückblickend scheint mir dieser Aufbau sehr stimmig zu sein und den Charakteren mehr Tiefe zu verleihen. Die letzten Kapitel haben mich deshalb emotional sehr berührt und mitgenommen. Ich kann deshalb den Roman allen empfehlen, die gerne nachdenkliche Coming-of-age-Geschichten und Liebesgeschichten mit sehr viel Tiefgang lesen. Ich freue mich auf jeden Fall auf weitere Bücher von Julia Karnick.

Bewertung vom 30.06.2024
Das erste Licht des Sommers
Raimondi, Daniela

Das erste Licht des Sommers


sehr gut

Das erste Licht des Sommers“ ist eine Fortsetzung des Romans „An den Ufern von Stellata“, wobei der Roman auch ohne den ersten Band gelesen werden kann, denn er führt die Leser:innen dieses Mal durch das Leben von Norma, einer Protagonistin, deren Lebensgeschichte von Schmerz und Verlust geprägt ist, die aber auch immer wieder Glück findet.

Im Vergleich zum ersten Band, der die epische Geschichte der Familie Casadio über 200 Jahre hinweg erzählt und durch die verschiedenen Generationen hindurch immer wieder Hoffnung und Happy Ends bietet, ist die Fortsetzung melancholischer. Dies liegt hauptsächlich daran, dass „Das erste Licht des Sommers“ sich auf das einzelne Leben von Norma konzentriert, das von Traurigkeit und Enttäuschungen durchzogen ist. Die Geschichte springt zwischen Normas Gegenwart, in der sie das Sterben ihrer Mutter Elsa begleitet, und ihrer Vergangenheit, die durch die schwierige Beziehung zu ihrer Mutter, den Selbstmord der besten Freundin und Enttäuschungen in der Liebe geprägt ist. Dennoch gibt es auch immer wieder Lichtblicke, wie die gute Beziehung zur Großmutter und den kleinen Jungen aus dem Dorf, den sie kennenlernt.

Der Roman hat in der Mitte ein paar Längen, da Normas anhaltende Traurigkeit und die ständigen Rückschläge das Tempo der Geschichte verlangsamen. Dennoch schafft es die Autorin, die inneren Konflikte und emotionalen Turbulenzen von Norma eindrucksvoll darzustellen. Raimondi ist einfach eine großartige Geschichtenerzählerin und ich werde sicher auch alle weiteren Romane von ihr lesen.

Insgesamt ist „Das erste Licht des Sommers“ ein intensives Leseerlebnis, welches Fans des ersten Bands sicher nicht verpassen sollten. Denjenigen, die „An den Ufern von Stellata“ noch nicht gelesen haben, würde ich aber zuerst den ersten Band ans Herz legen. Für mich hatte der erste Band noch mehr Magie, noch mehr Wärme und noch mehr Sogwirkung.