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Lu
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Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 176 Bewertungen
Bewertung vom 31.01.2025
Klapper
Prödel, Kurt

Klapper


sehr gut

„Klapper“ ist ein klassischer Coming-of-Age-Roman ganz nach meinem Geschmack: Mit viel Witz und Melancholie wird erzählt, wie sich der nerdige Außenseiter Klapper und die eigenwillige Bär anfreunden. Diese Dynamik ist das Herzstück des Romans. Bär - unbeeindruckt von sozialen Erwartungen, stark und gleichzeitig schwer greifbar - lockt den Computercrack Klapper immer mehr aus seinen eigenen, einsamen Routinen. Die Geschichte springt zwischen 2011 und 2025 und verwebt Erinnerungen an die jugendliche Intensität dieser besonderen Freundschaft mit der Ernüchterung von Klappers Erwachsenenleben.

Besonders gefallen hat mir der Erzählstil: locker, unterhaltsam und oft pointiert. Kurt Prödel hat ein gutes Gespür für absurde Details, die die Zeit und die Figuren lebendig machen – sei es die Erwähnung des großen leuchtenden M von McDonald's oder die typische Technik der Nullerjahre mit Overheadprojektoren und LAN-Partys. Einige Beschreibungen und popkulturelle Anspielungen hätten für meinen Geschmack nicht ganz so oft wiederholt werden müssen und waren mir mitunter auch doch etwas zu klischeehaft, aber insgesamt fand ich die Tonalität gelungen.

Wer Coming-of-Age-Geschichten mit schrägen, liebenswerten Charakteren mag, wird Klapper sicher mögen. Gerade für Millenials bietet der Roman viele nostalgische Momente, die den Charme der Geschichte ausmachen. Ich habe das Buch an einem Tag in einem Rutsch gelesen!

Bewertung vom 25.01.2025
Not your Darling
Blake, Katherine

Not your Darling


gut

„Not your Darling“ begleitet Loretta, die 1950 nach Los Angeles kommt, um sich in der schillernden, aber gnadenlosen Welt Hollywoods zu behaupten. Loretta war mir sofort sympathisch, ich mochte, wie sie sich durchsetzt, um ihren Weg zu gehen. Gleichzeitig zeigt sie eine impulsive, verletzliche Seite, die sie teilweise in Schwierigkeiten bringt und sie als vielschichtigen Charakter glaubwürdig macht.

Lorettas Einstieg in die glamouröse, aber oft grausame Filmbranche ist ein ständiges Auf und Ab. Sie navigiert durch eine Welt voller schlechter Manieren und Machtspielchen, wobei mir vor allem auch die Girlhood der Frauen gefallen hat. Ich mochte, wie unterschiedlich die anderen weiblichen Charaktere gestaltet waren: die toughe Geschäftsfrau Primrose, die naive Alice, die schlagfertige Sally und die strategische Grace! Mit ihnen zusammen schafft es Loretta, sich in Hollywood durchzuschlagen, wobei es auch zu psychischer und physischer Gewalt von Männern kommt, der die Frauen immer wieder ausgesetzt sind und die auch Lorettas Happy End gefährdet.

Der Schreibstil des Romans ist konventionell, aber unterhaltsam. Die kurzen Kapitel und die klare Sprache der Übersetzung von Astrid Finke machen es leicht, der Geschichte zu folgen. Besonders das Ende des Romans fiel für mich im Vergleich zum Rest des Romans aber ab, da es zu schnell abgehandelt wirkte. Dennoch ist Lorettas Entwicklung in einer nostalgischen Kulisse voller Glamour und Intrigen insgesamt durchaus spannend zu verfolgen, wobei mir die Geschichte vermutlich nicht länger in Erinnerung bleiben wird.

Bewertung vom 25.01.2025
Rückkehr nach Budapest
Kiss, Nikoletta

Rückkehr nach Budapest


sehr gut

„Rückkehr nach Budapest“ ist ein atmosphärisch dichter Roman, der im sozialistischen Budapest der 1980er Jahre und dem subversiven Ost-Berlin der Künstlerinnen und Künstler spielt. Dieses Setting bildet den Hintergrund für eine Dreiecksbeziehung - so etwas ist ja eigentlich immer spannend!

Die Handlung dreht sich um Márta und ihre intensive Beziehung zu ihrer Cousine Theresa – einer dynamischen, selbstbewussten jungen Frau, deren Unbeschwertheit Márta fasziniert und zugleich einschüchtert. Márta wächst am Plattensee auf und will zum Studium nach Budapest, während Theresa schon lange nicht mehr in Ungarn, sondern in Ostberlin lebt. Als Márta sie dort besucht, lernen beide den geheimnisvollen Schriftsteller Konstantin Berger kennen und verlieben sich in ihn, während dieser sich nicht festlegen will. Zahlreiche Wendungen und Dramen, die sich bis in die Gegenwart lange nach der Wende ziehen, sind vorprogrammiert.

Ich habe den Roman an einem Tag verschlungen, weil mich Handlung und Setting so in ihren Bann gezogen haben. Auch die gleichzeitig poetische und klare Sprache hat mir gut gefallen. Insgesamt ist „Rückkehr nach Budapest“ ein fesselnder Roman über Freundschaft, Liebe, Verrat und die Frage nach persönlicher Schuld und Freiheit.

Bewertung vom 21.01.2025
Middletide
Crouch, Sarah

Middletide


ausgezeichnet

Autor Elijah kehrt nach einer gescheiterten Karriere und einer gescheiterten Liebe zurück in seine Heimat Point Orchards in sein abgelegenes Elternhaus an einer stürmischen Meerenge im Staat Washington, das er von seinem Vater geerbt hat. Seine Jugendliebe Nakita wohnt dort noch immer in einem Reservat. Was zunächst wie ein Versuch wirkt, mit seiner Vergangenheit abzuschließen, wird bald zur lebensgefährlichen Herausforderung, als die angesehene Ärztin Erin Landry tot auf seinem Grundstück gefunden wird – unter Umständen, die erschreckende Parallelen zu Elijahs erstem Roman aufweisen.

Die Autorin Sarah Crouch hat es geschafft, mich in die atmosphärische Landschaft von Point Orchard hineinzuziehen und gleichzeitig eine dichte, emotional aufgeladene Geschichte zu erzählen, wobei sich die Übersetzung von Lena Kraus flüssig lesen lässt. Die Rückblenden in Elijahs Vergangenheit, die sich mit den Kapiteln der Gegenwart abwechseln, in denen wegen des Todesfalls ermittelt wird, sorgen fühl eine abwechslungsreiche Lektüre, bei der Charakterentwicklung und Spannung sich die Waage halten, was mir persönlich einfach richtig gut gefallen hat. Die Figuren des Romans sind dabei größtenteils sympathisch gestaltet, auch wenn einige Männer in ihrer „harte Schale, weicher Kern“-Darstellung leicht klischeehaft wirken. Schade fand ich deshalb, dass Nakitas Perspektive auf die Ereignisse wenig Raum bekommt, obwohl sie als zentrale Figur in Elijahs Vergangenheit und Gefühlen dient.

„Middletide“ ist eine gelungene Mischung aus Krimi, Naturroman, Liebesgeschichte und Entwicklungsroman, der mich mit seinem Sog und seiner Atmosphäre tatsächlich an „Der Gesang der Flusskrebse“ erinnert hat, was ich auch schon mochte. Wer diesen Roman mochte, wird sicher auch "Middletide" mögen. Ich habe die Lektüre sehr genossen und habe den Roman deshalb kaum aus der Hand legen können.

Bewertung vom 19.01.2025
30 Pflanzen pro Woche
Seiser, Katharina

30 Pflanzen pro Woche


sehr gut

Ich habe mir schon öfter vorgenommen, mindestens 30 verschiedene Pflanzen pro Woche zu essen, weil das sehr gut für das Mikrobiom im Darm sein soll. Meistens habe ich das Ziel dann aber schnell nicht mehr aktiv und bewusst verfolgt. „30 Pflanzen pro Woche“ ist ein Kochbuch, das nicht nur zum Nachkochen einlädt, sondern auch einen Motivationsboost zu einem gesünderen Lebensstil liefert. Basierend auf Erkenntnissen der Mikrobiomforschung zeigt Katharina Seiser, wie wichtig pflanzliche Vielfalt für unsere Gesundheit ist – und wie leicht man sie im Alltag umsetzen kann. Von Gemüse und Obst bis zu Nüssen, Kräutern und Gewürzen: Das Buch macht Lust darauf, neue Zutaten auszuprobieren und die eigene Küche bunter und abwechslungsreicher zu gestalten.

Besonders gefallen hat mir der übersichtliche und interessante Infoteil zu Beginn. Die beiliegende Wochen-Checkliste – sowohl im Buch als Kopiervorlage als auch online verfügbar – ist ein praktisches Tool, das den spielerischen Ansatz des Buches unterstreicht und hilft, die guten Vorsätze zu verfolgen. Die anschließenden Rezepte sind vielfältig und jedes Rezept ist anschaulich bebildert. Die Gerichte stammen nicht nur von Seiser selbst, sondern auch von renommierten Köch*innen wie Haya Molcho, Stevan Paul oder Feminine Food, was die Qualität und Kreativität der Rezepte garantiert. Besonders gelungen finde ich, wie durch die Rezepte die Tipps aus dem Infoteil konkret umgesetzt werden: Es wird mit einer breiten Palette an Kräutern, Gewürzen und Gemüsesorten gearbeitet, die über die gewohnte Alltagsküche hinausgehen, was sich als Prinzip aber auch auf eigene Lieblingsgerichte übertragen lässt. Ein kleiner Wermutstropfen ist, dass einige Zutaten – wie Yuzu, Sumach oder Asafoetida – selbst für mich in einer Großstadt schwer im direkten Umfeld zu bekommen sind. Hier hätte ich mir Vorschläge für Alternativen gewünscht, um den Zugang zu den Gerichten zu erleichtern.

Insgesamt ist „30 Pflanzen pro Woche“ aber ein inspirierendes und durchdachtes Kochbuch, das nicht nur leckere Rezepte bietet, sondern auch einen wichtigen Beitrag zu einer gesünderen Ernährung leistet. Es ist ein Buch, das ich gerne zur Hand nehme – sei es, um die Checkliste für meine Woche zu nutzen, oder einfach, um mich von den farbenfrohen Gerichten inspirieren zu lassen.

Bewertung vom 18.01.2025
Tunesisch vegan
M'hiri, Malek

Tunesisch vegan


gut

„Tunesisch vegan“ bietet eine spannende Reise durch die tunesische Küche – authentisch, vielfältig und rein pflanzlich interpretiert. Mit 60 Rezepten, die von Frühstücksideen über einfache und aufwendigere Hauptgerichte bis hin zu Gebäck reichen, richtet sich das Kochbuch an alle, die die Aromen Tunesiens entdecken wollen. Besonders gelungen sind die einführenden Kapitel: Sie erklären nicht nur die typischen Gewürze und Zutaten, sondern setzen sich auch kritisch mit kultureller Aneignung auseinander. Solche Gedanken findet man selten in Kochbüchern und sie verleihen dem Buch zusätzliche Tiefe. Es hat mir großen Spaß gemacht, das Kochbuch nicht nur zu nutzen, sondern tatsächlich von vorne bis hinten durchzulesen – was bei mir eine Seltenheit ist!

Allerdings bleibt „Tunesisch vegan“ hinter seinem Potenzial zurück. Der Verzicht auf Fotos für jedes Rezept ist ein großer Schwachpunkt, besonders bei einem Kochbuch, das sich auf weniger bekannte Gerichte konzentriert. Oft bleibt die Vorstellungskraft gefragt, da viele Seiten neben den Rezepten nur mit dekorativen Zeichnungen gefüllt sind. Das wirkte auf mich unfertig. Auch die Vielfalt der Rezepte hätte durch geschickteres Zusammenfassen und Ergänzen noch besser zur Geltung kommen können – gerade die zahlreichen Shakshuka-Varianten hätten auf einer Doppelseite gebündelt werden können. Auch wenn das Buch auf Authentizität setzt, hätte ich mir generell mehr Flexibilität und Variationsvorschläge gewünscht, etwa wie man bestimmte Zutaten ersetzt, die man vor Ort nicht bekommen kann, oder wie man das Nährstoffprofil der Gerichte mit oft wenigen Zutaten durch die Zugabe von Gemüse oder frischen Kräutern anreichern kann. Für Leser*innen ohne Zugang zu spezialisierten Märkten wären solche Hinweise hilfreich gewesen. Die Gerichte, die ich ausprobiert habe, habe ich tatsächlich selbst noch ergänzt, weil mir oft etwas Frisches gefehlt hat, ich wäre neugierig gewesen, was hier die Vorschläge des Autors gewesen wären.

Insgesamt ist „Tunesisch vegan“ ein ambitioniertes Kochbuch mit einem tollen Konzept, das aber in der Umsetzung noch Luft nach oben hat. Ich hoffe sehr, dass es eine zweite, überarbeitete Auflage geben wird. Das Potenzial ist definitiv da, denn ich finde sowohl den Löwenzahn Verlag als auch den Autoren des Kochbuchs ganz großartig!

Bewertung vom 18.01.2025
Mama Muh. Willst du mein Freund sein?
Wieslander, Jujja

Mama Muh. Willst du mein Freund sein?


ausgezeichnet

Mit „Mama Muh – Willst du mein Freund sein?“ kehrt die liebenswerte Kuh Mama Muh mit einer warmherzigen Geschichte über Freundschaft zurück. Der neuste Band der Reihe beleuchtet, was wahre Freundschaft ausmacht, und erzählt dabei von einem Missverständnis zwischen Mama Muh und ihrer besten Freundin, der frechen Krähe. Als die Krähe die Tochter der Bäuerin als ihre „einzige Freundin“ bezeichnet, weil sie ihr Essen hingestellt hat, ist Mama Muh tief enttäuscht. Es folgt ein Auf und Ab der Emotionen bei Krähe und Mama Muh, bis schließlich alles gut wird.

Ich mag an der Reihe, wie einfühlsam und gewitzt die Dialoge geschrieben sind, sodass Kinder und Erwachsene sich darüber freuen. Dazu trägt auch die durchdachte Übersetzung von Maike Dörries bei. Die Zeichnungen von Sven Nordqvist sind wie immer ein Highlight: Sie fangen die gesamte Bandbreite an Emotionen – von Enttäuschung über Wut bis hin zu Freude – detailreich und ausdrucksstark ein. Ein schöner Pluspunkt an der Geschichte ist für mich, dass Mama Muhs vorherige Abenteuer in den neuen Band eingeflochten werden: Ihre Fähigkeiten, die sie in anderen Geschichten gelernt hat, kommen hier erneut zum Einsatz, wie etwa ihr Fahrradfahren.

„Mama Muh – Willst du mein Freund sein?“ ist eine wunderbar illustrierte und herzerwärmende Geschichte, die vermittelt, wie wichtig es ist, Enttäuschungen in einer Freundschaft zu überwinden, einander zu verstehen und gut zu kommunizieren. Ein Must-have für alle kleinen und großen Fans von Mama Muh – und für alle, die Geschichten über Freundschaft lieben.

Bewertung vom 18.01.2025
Für Polina
Würger, Takis

Für Polina


ausgezeichnet

Der Roman wird vom Verlag auf dem Klappentext als „Liebesroman des Jahres“ angekündigt, worauf ich erst mit innerem Augenrollen reagiert habe - nach dem Lesen muss ich zugeben: Es stimmt, vielleicht ist es sogar zusätzlich noch der Coming-of-age-Roman des Jahres!

Erzählt wird die Geschichte des in sich gekehrten Hannes Prager, der mit der intelligenten Polina aufwächst und sich in sie verliebt. Hannes’ Talent ist das Klavierspielen und er komponiert Polina deshalb eine Melodie, die ihre ganze Persönlichkeit einzufangen scheint. Durch einen Schicksalsschlag leben sich die beiden auseinander. Jahre später spürt Hannes die Leere in seinem Inneren so stark, dass er sich mit Hilfe seiner Musik auf die Suche nach Polina macht.

Takis Würger hat eine so einfühlsame und intensive Geschichte geschrieben, dass ich den Roman in nur zwei Tagen verschlungen habe. Die Figuren sind liebevoll und detailliert gezeichnet, auch die Nebencharaktere wie Hannes‘ Mutter, der alte Nachbar Heinrich oder der loyale Kollege Bosch. Alle tragen dazu bei, die Welt von Hannes lebendig und glaubwürdig zu machen. Besonders gelungen fand ich auch das Setting in Hamburg – die Stadt spielt eine spürbare Rolle in weiten Teilen der Geschichte, die Details wirken authentisch und atmosphärisch.

Die Stimmung des Romans ist oft melancholisch, was gut zu Hannes‘ innerer Reise und den Themen des Romans passt. Trotzdem wird diese Melancholie immer wieder durchbrochen, sei es durch Momente der Hoffnung, menschliche Verbundenheit oder humorvolle Augenblicke. Gerade dieser Balanceakt hat mich an Benedict Wells erinnert, einer meiner Lieblingsautoren, und er sorgt dafür, dass der Roman trotz Schwere niemals erdrückend wirkt.

„Für Polina“ ist ein Roman über Verlust, Sehnsucht und die Kraft der Musik und der Liebe – ein Buch, das ich kaum aus der Hand legen konnte. Ich freue mich schon darauf, mehr von Würger zu lesen, das war nämlich mein erstes Buch von ihm, aber definitiv nicht mein letztes.

Bewertung vom 11.01.2025
In einem Zug
Glattauer, Daniel

In einem Zug


gut

„In einem Zug“ von Daniel Glattauer spielt auf einer vierstündigen Zugfahrt von Wien nach München – und der kurzweilige Roman könnte ungefähr auch in dieser Zeit gelesen werden! Im Mittelpunkt steht Eduard Brünhofer, ein erfolgreicher, aber ideenloser Autor von Liebesromanen, der sich mit seiner Ehefrau Gina seit Jahrzehnten in einer stabilen Beziehung befindet. Während der Zugfahrt trifft er auf die neugierige und unverblümte Catrin Meyr, die ihn nicht nur mit indiskreten Fragen zu seiner Ehe löchert, sondern auch auf subtile Weise herausfordert, sich mit seiner Sicht auf die Liebe auseinanderzusetzen.

Die Gespräche zwischen Eduard und Catrin sind geprägt von schlagfertigen Dialogen, die einen starken Fokus auf Witz und Ironie legen. Während viele dies sicherlich als eine Stärke von Glattauer empfinden, war es für mich manchmal etwas zu konstruiert und erinnerte mich stilistisch zu sehr an Autoren wie Horst Evers, dessen Schreibstil mich persönlich nicht anspricht. Der in anderen Rezensionen oft gelobte Twist am Ende des Romans war für mich leider auch vorhersehbar, was mir etwas die Spannung beim Weiterlesen genommen hat.

Was mir allerdings gut gefallen hat, war die Darstellung von Eduards glücklicher Ehe mit Gina. Hier zeigt Glattauer, dass er die leiseren Töne genauso beherrscht wie die humorvollen Spitzen. Die Reflexionen über Langzeitbeziehungen und das, was Liebe nach Jahrzehnten noch ausmacht, haben mir persönlich besser gefallen als die spritzigen Dialoge mit Catrin.

Alles in allem ist „In einem Zug“ ein leicht zu lesender Roman, der mit seinem humorvollen Ton und originellen Szenario unterhält, mich aber nicht nachhaltig begeistert hat. Wer auf tiefere Emotionen oder überraschende Wendungen hofft, könnte etwas enttäuscht werden.

Bewertung vom 11.01.2025
Barfuß in Tetas Garten
Abboud, Aline;Heymann, Nana

Barfuß in Tetas Garten


sehr gut

In „Barfuß in Tetas Garten“ erzählen Aline Abboud und Nana Heymann von Alines Aufwachsen in zwei Heimaten: Berlin, wo sie lebt und aufgewachsen ist und Jbeil im Libanon, ihrem Sehnsuchts- und Wohlfühlort, wo sie fast jede Sommerferien verbracht hat. Aline Abboud, bekannt als Journalistin und Moderatorin, erzählt von ihrer Kindheit und Jugend zwischen zwei Kulturen. Vor allem möchte sie dabei die verschiedenen Facetten des Libanons beleuchten, da viele Menschen ihn nur aus Negativschlagzeilen in den Nachrichten kennen.

Das Buch ist anekdotisch und locker geschrieben, was es leicht und unterhaltsam macht, gleichzeitig aber auch tiefgründige Themen anspricht: das Gefühl, in den Sommerferien nach Hause zu fahren und sofort dazuzugehören, die Schönheit des Libanons, aber auch Armut, Krieg und das Leben in einem Land voller Kontraste und Gefahren. Besonders spannend fand ich, wie Abboud beschreibt, was es bedeutet, mit zwei Heimaten aufzuwachsen und was das für ihre Identität und ihre Familie bedeutet.

Die vielen persönlichen Geschichten und Erinnerungen machen das Buch lebendig und abwechslungsreich – von den Gerüchen der Küche über das Chaos großer Familienfeste bis hin zu den schwierigen politischen Realitäten. Allerdings fand ich die Sprache manchmal etwas zu salopp, sodass ich über Formulierungen gestolpert bin.

„Barfuß in Tetas Garten“ ist eine liebevolle Hommage an den Libanon und an die Kraft der Familie, die Brücken zwischen Kulturen baut. Ich muss gestehen, dass ich mich vorher noch nicht viel mit dem Libanon auseinandergesetzt hatte. Dieses Buch hat bei mir definitiv die Lust geweckt, das Land mit seinen Gegensätzen zu entdecken und mehr über die Geschichten hinter den Bildern zu erfahren, die wir aus den Nachrichten kennen.