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Quinty

Bewertungen

Insgesamt 7 Bewertungen
Bewertung vom 14.11.2023
Selbstcoaching zum Glücklichsein
Herden, Rahel

Selbstcoaching zum Glücklichsein


ausgezeichnet

„Wir sollten in uns hinein hören, wenn wir glücklich sein wollen.“

Das ist der erste Selbstcoaching-Ratgeber den ich bisher gelesen habe. Bevor ich dieses kleine orange Buch öffnete, habe ich mich gefragt, was ich für mich erwarte.

Kann es mich auf Augenhöhe abholen, entnehme ich dem Buch einen Mehrwert für mich und wird es einen nachhaltigen Einfluss auf mich haben?

Die Autorin Rahel Herden ist eine gestandene, taffe und kluge Frau. Sie hat selbst Brüche in ihrem Leben verarbeiten müssen und diese Erfahrungen fließen in das Buch ein.

Ich persönlich bin nicht die Frau, die eine Wunschkiste für ihre Träume und Ziele anlegt und auch einen Kummerkasten für negative Gefühle wird man bei mir nicht finden.

Aber meine Aha-Effekte blieben nicht aus.

Ich habe in diesem Buch eine Erklärung gefunden, weshalb eine jahrzehntelange Freundschaft in die Brüche ging.

Und ich habe Worte gefunden, die ich einem jungen Mädchen in Sachen Partnerschaft mit auf den Weg geben kann.

Außerdem habe ich einen dicken Anstupser zum Thema Gesundheit und Ernährung, erhalten, welches Frau Herden hier anreißt und in mir den Impuls ausgelöst hat, hier etwas zu verändern.

Meine Quintessenz, ich bin eine Optimistin obwohl ich mehr Schatten- als Sonnenkind war, ich bin glücklich und auf einem guten Weg aber es gibt durchaus noch einen Bedarf an Selbstoptimierung, denn das Leben unterliegt einem ständigen Wandel und jeder Tag bringt neue Herausforderungen.

Das Buch ist in angenehm großer Schrift geschrieben. Es zeichnet sich durch kurze, prägnante Absätze aus, die das Innehalten erleichtern.
Zusammenfassungen und Tipps findet man in übersichtlichen Schaukästen. Am Ende eines Abschnitts finden sich Fragen an den Leser*in zur Selbstreflektion. Einige weiterführende Literaturhinweise findet man schon im Text und muss nicht erst das Quellenverzeichnis bemühen.

Nach meiner Meinung ein gut strukturiertes und flüssig zu lesendes Sachbuch.

Bewertung vom 17.08.2023
Grenzwege
Köhncke, Dietlind

Grenzwege


ausgezeichnet

„…als trage ich in mir eine Ost- und eine Westhälfte. Im Osten kann ich mich verlieben und im Westen frei denken.“

Der Roman „Grenzwege“ handelt von einer Jugend im geteilten Deutschland der 50er-Jahre.

Ich-Erzählerin Lillibeth genannt Lily ist 14 und lebt zwischen Ost- und Westberlin. Wir begleiten Sie vom Teenager bis zur jungen Erwachsenen in einer Stadt, die zerrissen wird durch die Politik der Großmächte.

1951, noch liegen überall Trümmer in den Straßen Berlins. Der Krieg hat deutliche Spuren hinterlassen. Lily kennt noch die Berliner Bombennächte und jetzt erlebt sie im Ostsektor die Stromsperren, Lebensmittelkarten, die Geldnot und die politische Vereinnahmung der SBZ (Sowjetischen Besatzungszone).

Lily sieht früh, dass im Sozialismus Taten und Worte auseinanderfallen. Sie schließt sich den Quäkern in Westberlin an, denn den sozialistischen Jugendvereinen kann sie wenig abgewinnen. Schon jetzt erkennt sie, dass selbst die Gedanken nicht mehr frei sein sollen.

Der Roman liest sich wie die Tagebucheinträge eines pubertierenden Mädchens, dass langsam den Kinderschuhen entwächst. Sie teilt ihre privaten Sorgen und Nöte, kleine und große Freuden, macht Erzählsprünge in Vergangenheit und Gegenwart ihrer Familie. Im krassen Gegensatz zu dieser zu naiven Betrachtung stehen die zutiefst erwachsenen Einsichten in die politischen Ereignisse ihrer Zeit. Zum Glück lässt Köhncke ihre Protagonistin sprachlich wachsen. Sie wird politischer und zeigt auf, welche Konsequenzen der stärker werdende Einfluss der sozialistischen Diktatur auf ihr Leben und ihr Denken hat.

Unglaublich, wie es der Autorin gelingt den Leser diese Enge spüren zu lassen. Und damit meine ich nicht nur die räumliche Enge sondern die aufkommende Enge im Denken, die zur Begrenzung der Freiheit in allen Lebensbereichen führen wird.
Der Käfig schließt sich. Man hört die Scharniere bereits quietschen. Der Beton wird schon angemischt um eine Mauer zu bauen, die Menschen über 40 Jahre in eine ungewollte Isolation zwingt. Die Fenster und Türen zur Welt schließen sich.

Und dann finde ich dieses Zitat vom guten „Ich-liebe-Euch-doch-alle-Onkel“

„Das ganze Geschwafel von wegen nicht Hinrichtung und nicht Todesurteil – alles Käse, Genossen. Hinrichten, wenn notwendig auch ohne Gerichtsurteil.“
Erich Mielke, Minister für Staatssicherheit der DDR

Wer mehr über den Beginn des Mauerbaus und das Leben im geteilten Berlin erfahren möchte, sollte diesen Roman unbedingt lesen.

Bewertung vom 14.05.2023
Bibliomanie
Jischinski, Mark

Bibliomanie


ausgezeichnet

„Nicht die Bücher sind das Problem, es sind die Leser“.

Schon das Vorwort richtet sich an uns, die Buchfanaten, die hemmungslosen Leser und Regalvollsteller und Literatursammler.

Lieber Blogger*in lies dieses Buch, denn es zeigt dir die Folgen schweren Buchmissbrauchs. Ob Du schon süchtig bist, zeigt Dir dieser Test:

1.) ich komme keinen Tag ohne den Genuss eines Buches aus.
2.) ich bin unruhig, wenn nicht möglichst 4 neue Bücher im Regal stehen habe
3.) ich lese mindestens 2 x am Tag
4.) Ich habe mehr als 99 Bücher im Regal.

Wenn deine Antwort mindestens 3 x ja lautet, dann bist Du buchabhängig.

So wie der Protagonist Bodo in Mark Jischinkis Buch „Bibliomanie“ .
Bodo ist um die 40. Besitzt ca. 3000 Bücher, viele davon ungelesen und eine Mutti, die wie ein Feldwebel über sein Leben herrscht.
Sie verwaltet sein gesamtes Einkommen, was sich aus Hartz IV und einem kleinen Erbe speist. Trotzdem wird sie den Eindruck nicht los, dass der Sprössling immer wieder Mittel und Wege findet um sich volllesen zu lassen.
Kurzerhand steckt sie ihn unter Androhung finanzieller Repressalien in eine Therapiegruppe für anonyme Bibliomane.

Dr. Volker Eichelberger hat hier schillernde Persönlichkeiten unter seiner therapeutischen Fuchtel. Da wäre die geile Bukowski-Tamara, die altabhängige Gertrud, Carsten der bibliophile Erotiker ohne dritte Hand, die getigerte Leggins Katie und Schlafmaskensusie um nur einige zu nennen.

Was Bodo einfällt um doch an Bücher zu kommen ist ein wirklich durchgeknalltes Lesevergnügen, dem es nicht an Wortwitz mangelt.
Besonders der grenzdebile Cordhosenfanatiker und selbst therapiebedürftige Therapeut Volker hatte es mir angetan.

Unser Bodo ist aber auch eine ziemlich schräge Nummer. Trotz Jungfräulichkeit verhält sich seine sexuelle Phantasie wie ein fehlgeleiteter Feuerwerkskörper ohne spezielles Einschlagsziel.

Für alle, die es etwas schräg mögen, kann ich Jischinskis Roman nur empfehlen.

Bewertung vom 01.05.2023
Als wir Vögel waren
Banwo, Ayanna Lloyd

Als wir Vögel waren


gut

„Das Grab ist der einzige Grundbesitz, den die meisten im Leben haben.“

Ayanna Lloyd Banwo hat ihren Debütroman „Als wir Vögel waren“ vorgelegt. Das Cover ist bunt. Zwei Liebende finden zwischen prächtigen Blumen zueinander. Die Handlung spielt in der Karibik und so hat man das Gefühl wenn man das Buch zur Hand nimmt schon die Steel Drums zu hören.

Die Protagonistin Yejide sitzt im Schaukelstuhl auf dem Schoß ihrer Großmutter, die Pfeife rauchend Geschichten erzählt. Geschichten vom Menschen und der Natur, von Narben und Tod und den Rabenvögel, die als Vergeltung für den Krieg zwischen Mensch und Natur als Totenvögel die Stadt bevölkern und sich von Aas ernähren.

Yejide wächst mit diesen Geschichten auf. Sie lebt auf dem Berg Marie Morne in einem Haus, dass sich mit jeder neuen Generation evolutionär entwickelt.

Aberglaube und der Umgang mit Geistern sind in Trinidad tief in der lokalen Kultur verwurzelt. In dem Roman wird ihnen Raum gegeben. Der Sturm fegt die weibliche Vorfahrinnen von Yejide aus dem irdischen Leben, lässt sie als Geister aufleben und ihre Nachgeborenen in einem Nightmare heimsuchen. Ein Matriarchat errichtend in dem Männern und Kindern nur eine Nebenrolle zugewiesen wird.

Darwin ist ein Rastafari und unser zweiter Protagonist. Die Not treibt ihn in die Stadt und zwingt ihn in den Beruf des Totengräbers, obwohl dies seinem Glauben zutiefst zuwiderläuft. Mit dem Tod umzugehen gehört nicht in seine Religion. Darwin rasiert sich den Schädel, die Dreads fallen und mit ihnen deren Schutz, seine Wurzeln, seine Religion. Er legt sie ab, behält eine Wunde, die blutig und eiternd seine Seele beschwert.

Im Laufe des Romans entlud sich über mir ein Zyklon aus Sprachbildern. Wirklichkeit und Traum verschwimmen. Rituale werden gesprochen und Ahninnen stehen wie in einem Alp auf. Alles Vogelfrauen, die den Staffelstab übergeben an ihre Nächste.

So sturmumtost finden sich die Liebenden Yejide und Darwin ein erstes Mal.
Leider war dies für mich der schönste Moment dieser schicksalhaften Liebesgeschichte.
Aber hört man der Autorin zu, dann sind Geistergeschichten immer auch mystische Liebesgeschichten.

In Trinidad war das Buch ein Erfolg.

Für mich zu wenig Liebe und zu viel schmückender Hokuspokus in dem sich einige Lese-Diamanten finden lassen.

Bewertung vom 28.03.2023
Seventeen / Die Seventeen Reihe Bd.1
Brownlow, John

Seventeen / Die Seventeen Reihe Bd.1


ausgezeichnet

Ein Job ist der Job ist der Job.

Das ist Seventeens Mantra. Der Ich-Erzähler Seventeen ist Spion. Aber wir haben es nicht mit einem langweiligen Bürohengst zu tun, der nächtelang Luftaufnahmen durchsiebt oder Telefone abhört.
Wir haben treffen hier auf einen Namenlosen, effizient und gewalttätig und mit einem gehören Schuss Zynismus und ungebremsten Machophantasien.

Er ist der Beste! Alle 16 vor ihm sind unter mehr oder weniger glücklichen Umständen zu Tode gekommen. Alle bis auf einen. Nummer 16 lebt.

Der Drehbuchautor John Bownlow hat für Hollywood gearbeitet bevor er diesen Debütroman veröffentlicht hat. Und so ist auch das Buch großes Kino. Wilde Verfolgungsjagden, schnelle Twist‘s, illoyale Vorgesetzte und coole Sprüche. Alles was das Actionherz höher schlagen lässt.
Wer „Burn notice „ gesehen hat zieht vielleicht Parallelen. Auch der gute Bond könnte Vater des Romans gewesen sein. Allerdings ohne den ungeheuerlichen Verschleiß an weiblichen Schönheiten.

Manchmal blitzt sogar etwas Colombo auf. Ein letzter Satz und man bleibt sprachlos am Ende des Kapitels zurück. Der Showdown ist rasant wie das gesamte Buch und das Ende lässt einen überrascht zurück. Perfekt, absolute Leseempfehlung

Bewertung vom 18.02.2023
Young Mungo (eBook, ePUB)
Stuart, Douglas

Young Mungo (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein Gemisch aus Hoffnungslosigkeit und Wut fegt durch die Straßen des Glagower East Ends in den 90er Jahren. Es legt sich wie ein schmutzig, öliger Film auf das Leben der Menschen dort.
Abgehängt von der Gesellschaft stehen wie kaputtes Mobiliar achtlos am Straßenrand, gehen wie wütende Hunde aufeinander los oder legen jeden Hoffnungsschimmer in Spiritus ein.

Inmitten dieser breugelschen Vorhölle wächst Mungo auf. Schon sein Name wäre Grund genug ihn auf dem Spielplatz zu erschlagen.
Mungo sagt über seine Mutter: „Als mein Dad starb, hat Mo Maw beschlossen, sich nur noch um sich selbst zu kümmern. (S. 149)

Mungo ist sanft, doch wie ein Schilfrohr bewegt er sich zäh und biegsam in dieser unwirtlichen Welt. Er hält fest an seiner saufenden Mutter, zieht mit dem ältesten Bruder in den Krieg gegen die Katholiken und beugt sich dem sanften Zwang der Schwester.

In diesem Nest aus Dornen gibt es nichts woran seine Seele sich wärmen könnte. Hoffnung umfängt ihn erst, als er James tritt.
Ein shakespearisches Drama entwickelt sich. Nur hier sind die Montague die Protestanten und die Capulet die verfeindeten Katholiken.
Was die Lager eint ist eine kollektive Homophobie.

Die Sprache ist hart und ordinär. Es ist der Dialekt der Arbeiterklasse, der Gangmitglieder, Schläger und Säufer. Die Sprache riecht förmlich nach einem harten Leben in ungewaschenen Kleidern, Schweiß und Hoffnungslosigkeit.

Ein Buch so schmerzhaft wie ein Glassplitter im Fuß. Und doch zeigt es schneeglöckchenzart eine sanfte Schönheit, die man einfach nur bewahren möchte.

Bewertung vom 09.02.2023
Für euch
Sayram, Iris

Für euch


sehr gut

Vom Köllner Friesenwall nach New York. Die Autorin Iris Sayman beschreibt autobiografisch ihre Gradwanderung zwischen zwei Welten während ihrer Kindheit und Jugend.

Ihr literarisches Alter Ego ist die Tochter von Mimi und dem türkischen Gastarbeiter Mustafa. Sie wächst in der Friesenstrasse in Köln zwischen Bordellen, Spielern, Zockern, Drogensüchtigen und Prostituierten auf.

Hier, am Rand der Gesellschaft herrschen eigene Gesetze. Ein Unrechtsbewusstsein im landläufigen Sinn kann sich hier keiner leisten.

Doch Iris vermisst nichts. Mutter und Vater schaffen ihr eine kleine heile Welt. Leider bricht in diese Welt nur allzu oft die harte Wirklichkeit ein.

Die Autorin Iris Sayman resümiert über ihr Leben inmitten dieser von Armut und Liebe geprägten Kindheit. Sie beschreibt ihren Lebensweg völlig ungeschönt.

Die unverstellte köllsche Mundart, die Einfachheit der Sprache und deren Direktheit untermauern die gesellschaftliche Stellung der Protagonisten, machen diese glaubhaft und lassen sie uns ans Herz wachsen.

Aber an die Seele geht die bedingungslose Liebe der Mutter, die „Für Euch“ ( so der Titel) jedes Opfer bringt.

Schafft Iris als Aussenseiterin den Spagat zwischen ihrer Herkunft und ihrem Traum? So viel sein verraten, der Abnablungsprozess ist hart, schmerzvoll und oft egoistisch.

Ich empfehle das Buch bedingungslos. Es ist kein literarisches Fastfood und die Sicht des Kindes auf Ihre Umgebung beschert einen Blick hinter den Vorhang der etablierten Gesellschaft, ihrer Vorurteile und scheinbaren Werte.

Absolut lesenswert.